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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 14,2.1901

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Heft 14 (2. Aprilheft 1901)
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Batka, Richard: Der Herzog Wildfang-Rummel
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Schultze-Naumburg, Paul: Kulturarbeiten, [9]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7962#0066

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lich. Lortzing, dessen letztcn Akte auch merklich nachzulassen pflegen,
hilst sich mit einem in der Volksoper sehr zweckmäßigen Kunstgriff, in-
dem er hier eine schlagkräftige Liednummer anbringt, deren Melodie sich
dem Hörer einprägt, auf die er sich beim wiederholten Hören geradezu
freut. Das ist im Herzog Wildfang leider versüumt worden. Gleich-
wohl zeugt die Bchauptung, daß die Oper ohne den Namen Siegfried
Wagner schwerlich ihren Weg an die Oeffentlichkeit gefunden hätte, von
befremdlicher Unkenntnis der Verhältnisse. Jch bin vielmehr überzeugt:
man hätte, wenn ein anderer Autorname am Titel stände, bei der
schrecklichen Not an halbwegs brauchbaren Opernneuheiten die Mängel
zwar nicht übersehen, aber die Vorzüge viel herzlicher anerkannt- Vom
Sohne Richard Wagners verlangt die Welt nun einmal mehr, ja sie
war nach dem verheißungsvollen „Bärenhüuter" berechtigt, ein bcsser
ausgereiftes Kunstwerk zu erwarten. So empfing sie wieder nur eine
Talentprobe. Man darf an der frischen künstlerischen Jntuition darin
sich erfreuen, dem fortschrittlichen Bemühen des Tondichters Achtung
zollen und hoffen, daß ihm die jüngsten Erlebnisse zur heilsamen Lehre
dienen werden, sich durch seine leicht und mühelos gestaltende Hand
nicht zu Flüchtigkeiten verlciten zu lasscn und sich im Augesichte scharf
aufmerkender, unbarmherzigcr Gegner keine ttberflüssigeu Blößen mehr
zu geben. Siegsried Wagner wäre nicht dcr grundehrliche Künstler, als
den ich ihn schätze, wenn er sich nunmehr nicht mit gesammelter Kraft
in ein drittes Werk würfe, das die Feinde entwaffnet, die Freunde be-
stärkt und der Opernbühne einen dauernden Gewinn bedeutet.

Richard Batka.

Kullurarbeilen. 9.

Wenu man eine größerere Menge vergleichenden Jllustrations-
materials beisammen hat, so liegt es sehr nahe, mit ihm den Versuch
einer Entwicklungsgeschichte zu wagen. Zwar siud die vorhandenen
Blätter an Zahl viel zu beschränkt, um eine allgemein-umfassende histo-
rische Entwicklung zu geben, doch bringen sie von einer lokalen Ent-
wicklung durchaus ein richtiges Bild. Sie würde zudem an cinem andern
Orte kein so wesentlich anderes geben, daß man nicht die gleichen Schluß-
folgerungeu aus ihr ziehen könnte.

Nr. zeigt cinen wunderoollen Thürbogen mit gotischen Formen,
der lange Zeiten unter Putz verborgen war. Erst in den letzten Jahren
hat ein Zufall ihn zu Tage gefördert, doch konnte man ihn nicht vor
dem Schicksal bewahren, von dem unsere Abbildung erzählt. Dieser
Bogen ist ein außerordentlich intecessanter Gegenstand. Die Jahreszahl
zeigt Es lst bckannt, daß dies schon eine spätere Zeit der deut-

scheu Renaissance war. Und doch hier diese rein gotischen Formen von
einer Schönheit, die in dieser einfachen Lösung sehr selten ist in Deutsch-
land. Sie sprechen wieder einmal davon, wie leicht sich iu kleinen
Städten und abgelegenen Orten eine gute Ueberlieferung unverdorben
bewahrt. Unser Bogen zeigt aber nicht allein ein Bewahren einer
guteu alten Form, sondern zugleich sast eine Neuschöpfung aus dem
Geiste der Gotik heraus. Man beachte hierbei einmal, worin die
zwingende Gewalt dieser Gestaltung liegt. Die Hauptaufgabe heißt:

Kunstwart

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