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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 14,2.1901

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Heft 16 (2. Maiheft 1901)
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.7962#0183

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verlernen, den Schnabel zu brauchen,
wie er gewachsen ist!

* Zur Lehre von der geistigen
Volksernährung geben wir auf der
nebenstehenden Seite einen Beitrag.
Diese Neklame da ist den deutschen Kol-
portagezeitnngen entnommen, ,Viktor
von Falk" ist nach Mitteilung seines
Verlegers, „darüber besteht kein
Zweifel": «der genialste und erfolg-
reichste allor deulschen Schriftsteller'",
und dieser Verleger, Weichert, ver-
treibt, worüber allerdings leider kein
Zweifel besteht, in Millionen von
Heften seinen Schund. Wir haben
schon im vorigen Jahre (Kw. XIII, ,o)
eine Ankündigung dieser Trefflichen
abgedruckt, wir werden mit solchen
Dokumenten fortfahren, bis dieser An-
schauungsuntcrricht endlich auch ein-
mal den Regierenden und den Volks-
vertretern klar macht, wie ohne das
leiseste Verantwortlichkeitsgefühl die
Brunncn im Volke von Geschästswegen
vcrgiftet wcrden. So lange wir denken,
eine möglichst kapitalistische Aus-
gestaltung des Urheberrechts sei für
alle „Jnteressen" der Literatur die
Hauptsache, so lange halten wir drei
Bäume für den ganzen Wald; eine
Verlängerung des Urheberrechts auf
sünfzig Jahre und eine Besteuerung
billiger Ausgaben mit io°/o, das thut's
wirklich nicht. Wir brauchen nicht eine
Vcrteuerung der Bücher, sondern eine
Verbilligung, wir brauchen eine Er-
leichterung billiger Ausgaben und ihrer
Verbreitung durch die Allgemeinheit,
mir brauchen, immer und immer
müssen wir's wiederholen: eine Volks-
wirtschaft der geistigen Güter so gut,
wie wir eine der materiellen haben.

Okeater.

* Münchner Theater.

Jm Residenztheater wurde Willy
Nöllinghoffs Zwei-Akter „Der
Tod aus Reisen" gegeben. Er kann
einer ernstcren Kritik nicht Stand halten.
Röllinghoff jläßt den Tod.stn der Ge-

stalt eines deutschen Arztes erscheinen;
der führt eine in ihrer Gattentreue
j wankend gemachte Frau zu Pflicht
und Liebe dadurch zurück, datz er ihr
! vortäuscht, ihr Mann sei in dem
Augenblick am Bett einer Pestkranken
gestorben, da er in ihrem Herzen ein
Toter geworden. Weshalb zu der
Ausführung dieser Aufgabe, der jede
normaleMenschenkraft gewachsen wäre,
gerade der Dämon herbei muh, ist
aus Gründen innerer Notwendigkeit
nicht zu ersehn. Großer Aufwand zu
kleinem Zweck zieht immer unfrei-
willige Komik nach sich. Aber abgesehn
von diesem Mitzoerhältnis, Röllinghoff
eignet sich überhaupt nicht recht zum
Umgang mit Geistern: wer mir den
Tod als einen bestimmten Menschen
mit bestimmtem Beruf glaubhaft vor-
sühren will, der muh über eine kind-
lich naive Gestaltungskraft verfügen,
wie sie sich in unsren Märchen zeigt.
Ein schristgewandter Plauderer wird
sich umsonst bemühen, symbolischen
Gestalten Leben zu geben; und mit
dem tiessinnigen Auskramen von ge-
rührten Feuilletonweisheiten ist's da
vollends nicht gethan. L. lveber.

* Björnsons „Paul Lange"' ist
nicht, wie Grunsky im Stuttgarter
Theaterbericht des vorigen Heftes irr-
tümlich berichtet, zum ersten Mal jetzt
in Stuttgart, sondern er ist schon im
Mai i8yy im Münchner Hoftheater ge-
geben worden.

Musik.

* Friedrich II. und Graun.

Der bevorstehende zweihundertste

Geburtstag von Karl Heinrich Graun
(7. Mai) lenkt die Aufmerksamkeit
wieder einmal auf den einst so be-
rühmten Tonmeister. „Nie starb Je-
mand mehr geliebt und mehr bewun-
dert", hietz es von ihm nach seinem
Tode (>7Zy). Jetzt ist selbst das ein-
zige Werk, das ins >y. Jahrhundert
hinüberging, das Oratorium »Der
2- Maiheft iyoi
 
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