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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 14,2.1901

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Heft 19 (1. Juliheft 1901)
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Unsre Noten und Bilder
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https://doi.org/10.11588/diglit.7962#0326

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Unsere heutigen Bilder erbitten die Aufmerksamkeit für einen Mann,
der sern von der Mode in Treuem schafft, für Karl Haider. Freilich, wer
zuerst vor ein Werk dieses Künstlers tritt, den verroundert es wohl mehr, als
daß es ihn zum Bewundern stimmte: eine autzerordentlich peinliche Durch-
sührung und Einzelzeichnerei, die doch wieder z. B. den Habitus der Bäume
mitunter beinahe schematisch darstellt und auch wohl einmal Unmöglichkeiten
gibt (etwa eine Mondsichel, die nur aus einem aufrechtstehenden Ovalc ge-
schnitten sein kann), dazu eine dunkle einförmige Farbe — ja, es ist wahr,
dcrgleichen trifft man bei Haider an. Wer nur durch die modische Brille sieht,
den stöht es ab, so lang er sie aufbehalten mag. Und wer durch keine Brille
sieht, den überrascht — daß er trotz so deutlicher Absonderlichkeiten sich zu den
Bildern hingezogen fühlt. Gibt er aber dem stillen Zuge nach, so lernt er in
Haider einen der innerlichsten und einen der deutschesten Künstler lieben, die
wir überhaupt haben. Er geht die Wege der älteren deutschen Landschafts-
malerei, die Lbrigens seit Koch ununterbrochen von dem oder jenem begangen
worden, die also trotz allem Neuen nie ganz verlassen gewesen sind. Die
jungen Bestrebungen um eine Erwciterung der Ausdrucksmittel, die Freilicht-
malerei u.s.w. haben Haider nicht gekümmert, dcnn seine besondere Persönlichkeit
ging ja auf ganz anüeres aus. Er hätte mit Farbentönen und Lichtwerten
neuartige Kompositionen auch gar nicht gestalten können, weil seinem
Künstlerauge, wie's einmal sah, ganz andcre Dinge in der Landschaft wichtig
waren. Haidcr ist ein Malerpo et wie Böcklin, mit dem er auch in der
Schaffensweise mancherlei Verwandtes zeigt, mehr noch: wie Thoma. Wer
gewohnt ist, dem Künstler nichts abzuverlangen, sondern sich von ihm führen
zu lassen, den wird er zu Schätzen geleiten. Erschauern wir nicht wohlig in
der erfrischenden Kühle dieser Gewitterlandschaft? Jubeln wir nicht mit der
Blumenseligkeit jener Frühlingswiese? Mögen unsere Leser, wenn sie in den
Kunstausstellungen dieses Sommers bei dcn Münchner Malern auch dem
Meister von Schliersee begegnen, nicht hastig vorübergehn!

Arbeiterkunst. (A.) — Auch^seine Anthologie. Von L. W. —
Allerhand Musikalien. Von Georg Göhler. — Wie man über
Frauenkleidung schreibt. Von Ludwig Bartning. — Lose Blätter: Zwei Er-
zählungen von Marie von Ebner-Eschenbach. — Rundschau: Was ist aus Zola
geworden? — „Leonore und anderes". Von Johannes Schlaf. — Die Jagd
nach dem Ungedruckten- — Hamburger Theater. — Alte Violinmusik. I. —

— Komponist oder Tonsetzer? — Zwei deutsche Musikfeste. — Zur Frage des
lyrischen Chordramas. — Das Berliner Bismarckdenkmal. — Die Jnternationale
Kunstausstellung in Dresden. — „Männer wie Cornelius und Kaulbach". —

— Herman Grimm. — Notenbeilage: A. Corelli,'Berühmte Stücke. — Bilder-
beilagen: Karl Haider, Gewitterlandschaft; Frühlingswiese.

verantwortl.: der Herausgeber Ferdinand Avenariusin Dresden-Blasewitz. Mitredakteure: für Mustk:
Or. Richard Batka in j)rag-weinberge, für bildende Aunst : j)aul Lchultze-Nauinburgin Berlin
 
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