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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 14,2.1901

DOI issue:
Heft 20 (2. Juliheft 1901)
DOI article:
Schumacher, Fritz: Farbige Architektur
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https://doi.org/10.11588/diglit.7962#0327

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Die Sehnsucht nach Farbe, die neuerdings durch unsere graue Zeit
hindurch geht, beginnt auch an der Thür der Architcktur zu rütteln.
Nachdem man zuerst im Jnnern nnscrer Häuser die Farbe wieder in
ihre Herrschaftsrechte einzusetzen bemüht war, fangt man jetzt auch an,
die Frage nach Farbe in der Außenarchitektur aufzuwerfen. Der Kunst-
wart ruft schon längst nach sarbigen Häusern und weist hin auf die
einfache Art, wie man durch getönle Putzflächen farbige Wirkungen er-
reichen kann. Man siehl auch hin und wieder Versuche, dem Putz
koloristische Neize abzugewinnen: Diilfer -in München ist hier mutig
vorausgegangen, — man sieht Anläufe, das Holzwerk lebendig zu
tönen: Schilling und Gräbner unter andercn thun das neuerdings
meistens an ihren Villen, — und es ist schon ein großer Vorteil, daß
man auf dem Gebiete der ländlichen Villa, anknüpfend an das Bauern-
haus, den Farbenmnt etwas in Fluß gebracht hat.

Aber damit ist die Aufgabe noch nicht erschöpft; diesc ländliche
Villa ist der einfachste Fall, der uns in der Frage nach farbiger Architektur
entgegentritt, und wenn hier schon manchmal der heutige Architekt
mangcls einer sicher erprobten Ucberlieserung schwankend werden kann,
so ist er noch weit hilsloser aufs Experimentieren gestellt, wenn er in
komplizierteren architektonischen Zusammenhängen seinem Farbenbedürfnis
Ausdruck geben will.

Diese Ratlosigkeit hat einen sehr einfachen Grund: es ist schr
schwer, ein Gebäude, das nicht von Anbeginn an auf Farbe berechnet ist, so-
zusagen hinterher durch Wahl des Materials oder durch Tönung farbig
zu machen. Die ganze ästhetischc Oekonomie eines Gebäudes müßte von
vornherein auf Farbe angelegt sein; man kann mit einem Worte —
außer bei ganz primitiven Anlagen — die Art des Bauens, die sich
ohne Farbe entwickelt hat, dadurch nicht ohne weiteres bereichern, daß
man nun das Element der Farbe gleichsam noch hinzu thut, sondern
man muß bauend anders disponieren, wenn man auf farbige Wirkung

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