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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 14,2.1901

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Heft 20 (2. Juliheft 1901)
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Unsre Noten und Bilder
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https://doi.org/10.11588/diglit.7962#0362

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Von unsern Bildern zeigt das erste Constantin Meuniers „Lränke",
den sogenannten „Brunnenreiter", neben BartholomeS Totendenkmal die edelste
Zierde des großen Skulpturensaals der diesjährigen Dresdner Ausstellung und
ivohl überhaupt das großartigste plastische Werk, das in diesem Sommer auf
irgend einer Kunstausstellung zu sehen ist.

Das Motiv ist äutzerst schlicht: cin Arbeiter, nur mit Hosen bekleidet,
reitet ein Pferd zu Tränke und Bad an den Flutz, und nun neigt es gierig
den Kopf zum Wasser. Die klare Stimmung überträgt sich sofort auf uns;
ivir freuen uns mit dem mühseligen Tier der Erquickung, wir gönnen sie ihm
mit dem sehnigen Mann, der es leitet. Unsre plastischen Pferde, unsre Denk-
mals-Rosse zumal, sind fast immer „Ueberpferde", sie haben etwas Menschlichcs,
die Seele des Tiers kommt in ihnen fast niemals als solche, als Seele eincs
Tiers zum Ausdruck. Wie anders Meuniers Pferd in der Haltung wie im
Mienenspiele des Kopfes. Aber das betrifft nur einen der Werte, dio hier in
höchster Vollkommenheit erreicht sind. Nur eine Künstlcrphantasie, in dcr die
Formen der Wirklichkeit sind, pulsen und sich bewegen wie in der Schöpfung
selbst, kann diese Einfachheit in der Schönheit erreichen. Ohne den leisestcn
Widerstreit mit der Natur bilden diese Formen den klarsten Umritz, den maii
sich denken kann, und ordnen sie sich incinander zu jener vollkommencn
Harmonie, die Beruhigung über den Beschauer ausströmt. Glücklich die belgische
Stadt, der dieses Werk einen öffentlichen Brunnen weihcn wirdl Das ist
grotzgesehene moniimentale Kunst, gegen die unsre übliche bis zu den Begasschen
Bismarck- und Kaiserdenkmälern hinauf doch nur wie schönes Kunstgewerbe
wirkt.

Nach dem plastischen Werke ein Gemülde von der Drcsdner Ausstellung:
„Das Geleise" von Menniers Landsmann Eugt-ne Laermans. Die be-
deutendste unter den Schopfungen dieses Künstlers, die uns bisher bekannt
gewordcn sind, war dcr „Streik", der vvr Jahren Aufsehcn erregte, abcr auch
diescs Bild hier ist von einer merkwürdigen suggestiven Kraft- Das Lcben
der Bedrückten, das zwischen hohen Mauern hinschlcicht, hinter denen dic
Heimstätten des Glücks und die Gürten der Freude liegen. Was ist cs wohl,
was das Bild so sonderbar eindringlich macht? Es ist nichts in der Wirklich-
keit Unmögliches, nichts Ur-Realistisches darin, dic räumliche Vcrtiefnng z. B.
ist so plastisch gegeben, datz wir nur mit einem Auge den richtigen Punkt zu
suchcn brauchen, um Alles ganz körperhast zu sehen — und doch bleibt ein
Etwas, das uns wie in die Vision eines Traumes versetzt. Dadurch wird
das blotz Bcgriffliche, das Allegorische aufgelöst in die Stimmung initer-
lebenden Erschauens — zu allen Zeiten das Merkmal symbolischer Kunst.

L. «1- Farbige Architektur. Von Fritz Schumacher. — Aesthetik und
Kunstwerk. Von Egon Distl. — Die musikalische „Moderne".
sSchlutz.) Von Richard Batka. — Lose Blätter: Vcrgessene Dichtcr. — Rund-
schau. — Notenbeilagcn: Hans Pfitzner, Lockung; Violinslimme zn Corcllis
Sonatensätzen. — Bilderbeilagen: Constantin Meunier, „Tränke"; Eugöne Lacr-
mans, „Das Geleise".

verantwortl.: der herausgeber Ferdinand Avenariusin Dresden-Blasewitz. Mitredakteure : für Musik:
Or. Richard Batka in prag-lveinberge, für bildende Kunst : ssaul L ch u l tz e «N a u nl b u r g in Berlin.

Lendungen für den Text an den Herausgeber, über Musik an Dr. Batka.
verlag von Georg D. lv. Callwe^. — Kgl. tzofbuchdruckerei Rastner 6c Lossen, beide in München.
Bestellungen, Anzeigen und Geldsendungen an den v er la g: Georg D. lv. Lallwes in München.
 
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