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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 14,2.1901

DOI Heft:
Heft 24 (2. Septemberheft 1901)
DOI Artikel:
Rauter, Gustav; Albrecht, J.: Sprechsaal: in Sachen: "Ueber die Wahrheit in der Architektur"
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.7962#0550

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hinklebt, möchte ich sagen. Vorgekröpfte Säulen und Giebel über Fenstern
und Thüren sind beliebte Formen. Der Architekt will hier zum Maler
wcrden bei grundverschiedenem Werkzeug; er täuscht eine dem Gebäude
fremde Konstruktion vor. Sollte es denn nicht möglich sein, die kahle
Wand zu schmücken, ohne so zu lügen? Gewiß ist es möglich; nur
vermeide man die Anwendung ausgesprochener Konstruktionsmittel zu
rein formalen Zwecken. Grotze Flächen können mannichfach belebt
werden durch Bänder, Rahmen und dergl., etwa in Verbindung mit
der Farbe, endlich durch Ornamente und Malereien, die keinen Anspruch
darauf machen, Architekturglieder zu sein, sondern sich streng im Nahmen
der Dekoration bewegen.

Sei es mir noch erlaubt, meine Ansichten über den besprochenen
Punkt kurz zusammenzufassen.

Formale Wahrheit in der Architektur wird nur unter folgenden
Voraussetzungen erreicht:

s. Der praktische und der ideale Zweck, beides nur zwei Seiten
eines Zieles, bestimmen die Konstruktion.

2. Die Konstruktion bestimmt alle jene Formen, die Konstruktions-
teile sind.

Auch ideale Ausgestaltungen von ursprünglich sehr einfachen Konstruk-
tionselementen sind nur als solche zulässig.

S. Die Ausstattung dieser Formen mutz reiu dekorativen Charakter
tragen. Sie kann mit dieser Beschränkung das Wesen des zu schmücken-
den Konstruktionsteils betonen und wird durch den idealen Zweck ge-
leitet.

Konstruktion und Dekoration dienen dann dem gleichen Ziele und
vereinigen sich zu einheitlicher Wirkung.

I.Albrecht.


Lose klätter.

Vergessene Oickter. 2.

Vorbemerkung. Wir genügen heut unserm Versprechen, abermals
auf „Verschollenes" hinzuweisen, das nicht verschollen bleiben sollte Wer weitz
heute noch etwas von Woldemar Nürnberger, der untec dem Decknamen
M- Solitaire vor etwa fünfzig Jahren seine merkwürdigen Bekenntnisse
seelischer Zerrissenheit und glühenden Phantasielebens herausgab? Die folgen-
den entstammen einem vergessenen Büchlein von ihm, „Bilder der Nacht" ge-
heißen, das ^852 bei Volger L Klein zu Landsberg a. d. W. erschienen ist.
Gewiß, diese Seufzer vom Krankenbette gelten einem ganz besonderen Menschen-
schicksal, gewiß, diese Verse sind durchaus „subjektiv" und nicht „allgemein-
gültig", — aber aus wclcher Glut des Leidens sind sie hingeflossen! Für mich
wenigstens gehören sie trotz alles Störenden zu dem Ergreifendsten, waS
von solcher Poesie der heißen Dunkelheit unsre Sprache kennt.

*

605

2. Sextemberheft
 
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