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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 2.1888-1889

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Heft 13
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Vom Tage
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https://doi.org/10.11588/diglit.11724#0210

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ursprüngliche Absicht, als Begrünbung hinzuzufügen: »für Aus-
fchreibung eines Wettbewerbes uin Pläne zu einein Doine«
— wie man wisfen will, auf Allerhöchste Veranlasfung —
fallen gelafsen worden. Es erscheint foinit entschieden, daß
Geheimrat Raschdorf mit der Ausführung fcines Lntwurfes
nach Aaifer Friedrichs Ideen betraut werden foll. 5o ift dem
Glücklichen in den Schooß gefallen, wonach feit Schinkel
alle bedeutenden Baukünstler nur streben konnten. Die »Deutfche
Bauzeitung« fchließt ihre kurze Mitteilung dieses Ausfalles
langgehegter kfoffnungen mit den kvorten: Der Architekten-
fchaft »bleibt sonach kaum etwas anderes übrig, als ihre
Biederlage zu bekennen. 5ie mag sich in derfelben allerdings mit
dem Bewußtfein trösten, in ihren, lcdiglich auf ein ideales Ziel
gerichteten Bestrebungen fo gut wic einmütig gewefen zu
fein. Der Rest ist Schweigen.« Diefe Resignation wird
von allen Aünstlern und Aunstverständigen, mit Ausnahme
etwa von Milhelm Lübke und Iulius Rafchdorff, verftanden
werden. Man wird sich aber angesichts der bestehenden nahezu
fchmachvollen Derfallsznstände beim jetzigen Dome auch damit
tröften müfsen, daß nun doch wenigstens etwas geschieht.
Die Znkunft wird das weitere bringen. Dem Aünstler aber,
deffen Berdienste nach mancherlei Richtung niemals geleugnet
werden können, wünfchen wir von kferzen, daß ihn bei feiner
verantwortungsvollen Aufgabe der monumental denkende Geist
des gütigen und vertrauensvollen Lferrschers überfchatten möge,
der leider die vollendung feines planes nicht mehr erleben
sollte. Aus Raschdorffs eigenem Geist ist noch kein monn-
mentales Werk hervorgcgangen. Seine Begabung bcstcht
in einer trefflichen Mache und einer staunenswerten Bibliothek-
kenntnis, die er mit feinsinnigster Auswahl gefchmackvoll zu
verwenden weiß. Ähnlich wie bei dem noch zarter befaiteten
edlen Strack sind feine Zchöpfungen um so besser, je genre-
hafter sie sind. Zein Reichstagshausentwurf war jedes großen
Zuges baar; möge ihm nun der Riefenfchritt von feinem
chemifchen Lllboratorium der Lharlottenburger bjochfchule kopf-
fchüttelnswerten Angedenkens bis zum Dome des ^rotestantis-
mus trotz feiner Iahre wohlgelingenl" Im Gegensatze zur
„Dtsch. Bauz." will das „wochenbl. f. Bauk." die ksoffnung
auf einen!Vettbewerb noch nicht ganz aufgeben. Die deutsche
Architektenschaft müffe darauf halten, daß fo hervorragende
Aufgaben anch nnr von denen übernommen würden, die bewiefen,
daß sie berufen feien. Der Aufsatz schließt mit dem bjinweis darauf,
daß Aaifer Wilhelm sich nicht fcheute, gerade im Andenken
an feinen knnstsinnigen Bruder und obwohl die Fnndamente
des unter Friedrich lVilhelm IV. geplanten Domes in der
Zpree schon gelegt waren, die Architekten der ganzen IVelt
zu einem allgemeinen lVettkampf aufzufordern. Von diefem
. 5tandpunkt stehe auch jetzt dem lVettbewerb nichts im lVege.
-x- Eine fcharfe Aritik des Reichs-preisausschreibens für
ein Aaiser-lVilhelm-Denkma! (Aw. II. 9) bringt I.
Is. Schulz-Lurtius in der „lviesbad. Preffe." „Die ganze
Publikation zeugt wieder von der großen Befangenhcit nnd
Unklarheit, in der sich auch die höchsten Staatsbcamten künstle-
rischen Dingen gegenüber befinden. lVarum ist unter diesen
llmständen nicht die Akademie des Bauwesens gleich für die
ersten Schritte in der Angelegenheit in Ansxruch genommen
worden?" Das Nebcnsächliche, die platzfrage, fei zur lfaupt-
! fache gemacht; des Platzes wegen das erste, des Denkmals
wegen unter Umständen das zweite, engere Ausfchreibcn!
„Ein erstes fdreisausschreiben follte lediglich die Gewinnung
einer erfchöxfenden Formidee zum Ziele haben; das
Ubrige ergiebt fich dann." Ganz befonders gefährlich erfcheint
j dem Verfasfer auch jene der „Bedingungen", welche besagt:
! „Gegen Zahlung der jdreise erwirbt die Reichsverwaltung

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das Recht, über die Lntwürfe und deren Inhalt zu verfügen."
„lfiergegen muß jeder Aünstler, der des Namens wert ist,
Front machen; er muß um keines preifes willen gestatten,
daß die Reichsverwaltung mit dem, was er als feine Über-
zeugung in der 5ache hingiebt, nach Belieben verfahre; er
muß es fich vorbehalten, daß fein Lntwurf nur unter feiner
Zustimmung Verwendung sinde — daß also etwa gewünfchte
Änderungen daran unter allen Umständen feiner Bewilligung
bedürfen." 5chulz-Gurtius geht nun zu Allgemeinerem über:
er fordert, daß endlich eine bewußte Erziehung zur Annst bei
uns die verloren gegangene »unbewußte lViffenschaft« der
Alten erfetze, und sieht nicht nur das beste, fondern fogar das
einzige Nittel, „um das Aunstverständnis, um Urteil in das
volk zu bringen", im Zeichnen: „Das Fehlen des rechten
Unterrichts im Zeichnen ist der Grund der Urteilslosigkeit in
5achen der bildenden Uunst. Diese Disziplin darf nicht
äußerlich, als »ljandfertigkeit«, sie muß nach dem Aunstgesetz
gepflegt und die cntfprechende lUethode in den präxaranden-
Anstalten und Seminaren eingeübt werden. Das wird das
rechte Leben, Gharaktere, die rechte Arbeit und fdroduktion
im Reiche lebendig machen, und es wird Niemand auch den
Dingen der bildenden Uunst gegenüber mehr sagen können:
»Ich verstehe nichts davon.« Über das Formale, rein Tech-
nische, wird ftets der chachmann gehört werden müssen; aber
über das lUatcrielle, lvesentliche der Dinge kann jeder durch
das Zeichnen recht Gebildete felbständig urteilen." Dann
brauchte es keincr „5auvegardc von Fachmännern, um dieser
die Verantwortung für ihre Zxrüche zu überlassen."

-x- Die vierte internationale Runstausstellung in
lUünchen soll Z892 stattsinden.

-x- Ljannover soll im lUai eine Ausstellung von Trzeugnissen
der Aeramik erhalten. — Tine sehr nachahmenswerte An-
weisung seitens der kirchlichen Behörden wird ebendorther
gemeldet: 5ie betrifft die Erhaltung alter Grabsteine
im Interesse der Denkmalsxslege.

-x- Der Generalinspektor der historischen Banwerke Frank-
reichs Architekt Boeswillwald in ^>aris und der Dombaumeister
zu St. Ztexhan v. Schmidt in lvien haben einen aussühr-
lichen Bericht über den baulichen Zustand des Straßburger
Münsters erstattet, nach dem der herrliche Bau sich in einem
erbärmlichen Zustand besinden soll. Sie verlangen weitgehende
Ausbesserungen, mit denen noch in diesem Iahre begonnen
werden dürste.

-x- Gotische Stearinkerzen sind die „Nouveauts"
eines Stettiner lsauses. lVir sinden iiber sie den solgenden
lustigen Bericht. „Die neue Stearinkerze, die sortan bestimmt
ist, die geselligen Freuden der Modemenschen zu bescheinen,
entsteigt einem rundcn Talgsockel. Aühn geschnittene, nach
oben zn sich domartig verjüngende Aanten, welche die Form
von Strebepfeilern besitzen, laufen in ein kleines, gotisch ge-
schnitztes Türmchen aus, das seinerseits den Docht in die
Lüftr sendet. Die ersinderische Firma, welcher die deutschen
Ljaushaltungen diese sinnige Stearingabe verdanken, scheint
zu beabsichtigen, ganz Deutschland mit ihrem neuen Lichte zu
erhellen. Das ljandlungshaus ist nämlich durch die Trrichtung
von zahllosen Verkaufsstellen bestrebt, den Bewohnern der
entferntesten Ztädte die Nöglichkeit zu bieten, sich schleunigst
in den Besitz von gotischen Rerzen zu setzen. So ist denn
gegründete Aussicht vorhanden, daß die cherrschaft der griechi-
schen Antike, wie sie sich in der bekannten »Apollo-Aerzen«-
Form kundgab, bald vollständig gebrochen sein wird. Die in
einfächer lhoheit strahlende dorische Stearinsäule fällt und der
verschnörkelte Spitzbau der gotischen Rerze erhebt sich aus den
 
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