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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 2.1888-1889

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Heft 13
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https://doi.org/10.11588/diglit.11724#0209

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* Auttübrungen neuer Gpern. Lugen Lindners
„Meisterdieb" kam in weimar zur Lrstaufführung. Iin Tert
(der eine fchöne Dichtung Fitgers sehr frei behandelt) sind
vielleicht znin Nachteil des Ganzen alle jDersonen durchaus
fentiinental gehalten, obgleich „jeder tragifche Anstug fehlt";
auch wird das eigentlich Drainatische nicht ansgeführt, währeud
lz-rifche Lrgüsfe fehr hervortreten. „Auch der Schwerpunkt
der Musik", so berichtet Leßinanns Musikzeitung, „ruht in den
eingefügten Liedern, die vielfach ansprcchend und effektvoll,
alle nüt großer Sorgfalt koinponirt sind. Nit zu großer Sorg-
falt, möchte ich fagen: denn in dem Bestreben, das Lied auf
das Niveau der Mper zu heben, geht Lindner öfters über
den Lied-Lharakter hinaus; er ist zu ängstlich beinüht, durch
kräftiges Instruinental-Uolorit, durch häufigen Teinpowechsel
inehr daraus zu inachen, als der Sache felbst entfpricht. Ein
weiteres Bedenken aber inöchte ich ausfprechen hinsichtlich der
inusikalischen Behandlung der Nnterredungen und der dra-
inatischen Borgäuge überhaupt. Ls ist ja eine fchwer zu
beantwortende Frage, welche Forin dafür in dein leichteren
Genre der Gper in Zukunft zu wählen fein wird. Soll man
das gesprochene wort der Lortzing'fchen, der Nicolai'fchen
Gper beibehalten, foll inan, wie Rreutzer und Flotow gethan,
Rezitative dafür fetzen, oder foll man in wagner'fcher weise
die Singstiinmen anf einem orchestralen Untergrunde deklamiren
lafsen? Ich halte, fchon um der künstlerifchen Linheit willen,
die wahl des letzteren 5tils für das einzig Richtige. kfat
doch wagner in vielen 5zenen der Meistersinger gezeigt, daß
damit nicht nur eine eindringliche, fondern auch eine unge-
mein leichte Behandlung des Dialogs zu erreichen ist. Freilich
kommt dabei gar viel auf des »wie« an. Auch Lindner hat
Liniges in dieser weife recht gefchickt behandelt, auch hat er
einzelne Leitmotive dabei verwendet. In dem weitaus größten
Teile der Gxer indeß entfcheidet er sich für keine jener Alter-
nativen; er bringt vielmehr auch da, wo es sich um dramatifche
Lutwickelung handelt, liederartige Gebilde. Diefe aber stehen
häufig recht unvermittelt nebeneinander und beeinträchtigen
den musikalifchen Fluß; andererseits gewähren fie der Sing-
stimme, die Lindner gern an den liederartigen Rhythmus
kettet, nicht die genügende Freiheit zur deklamatorifchen Lnt-
faltung. wenn die Deklamation, so korrekt sie fonst auch sein
mag, zu ängftlich dem Akzente des Berses folgt, den logischen
Akzent und den Affekt aber nicht kräftig genug hervorhebt,
fo helfen auch Ritardando, Fermate und Temxowechfel nicht
über die Linförmigkeit des Rhythmus hinweg und, was mir
noch bedenklicher erfcheint, die Deklamation wird undeutlich,
da sie nicht ihrem eigenen Gefetze zu folgen, fich nicht zn
siegender Araft und Eindringlichkeit zu erheben vermag. wie
manche wichtige 5telle ist so auch am aufmerkfamen Zuhörer
fpurlos vorübergegangen, ohne daß den Sängern ein Bcr-
fchulden beizumesfen wäre! Eine gute Gper zu fchreiben ist
ja recht fchwer, und Manches, was dazu gehört und leider
das Lntfcheidende ist, läßt sich überhaupt nicht erlernen. Zu
dem Erlernbaren aber rechne ich die ausdrucksvolle Behandlung
der Sxrache und nicht genug kann ich das Studium wagners
dafür empfehlen, der mit feiner Deklamation stets den Nagel
auf den Koxf trifft. Meine Bemerkung richtet fich indcß
nicht gegen die Lindner'sche Gxer allein; auch in mancher
anderen neueren Gper ist das nämliche die Freiheit der
Deklamation verkümmernde Derfahren zu bemerken. Gelingt
es Lindner, feine Deklamation zu kräftigen, dabei klarer,
natürlicher und stießender zu fchreiben, auch zu augenfällige
Anlehnungen an bekannte Motive zu vermeiden, fo wird fein
Talent gewiß noch manche erfreuliche Blüte zeitigen." — In
§ wien wurde R. Fuchs' romantifch-komische Gper „Die Rönigs-

-I_

braut", Text von 5chmitzer, erstmalig aufgeführt. Der Tert
wird albern genannt. von der Musik fagt Göllerich im
„Dtfch. volksbl.": „Gbwohl innerlich dürftig und eintönig
instrumentirt, entwickelt fie die liebenswürdigen Seiten des
Ljauskomponisten unferer ferenadenbedürftigen Philharmoniker
ohne jedoch von befonderer Lrfindung heimgefucht zu feiu.
Nur felten verletzt sie durch anfpruchsvolles Auftreten, iiberall
aber zeugt sie von forgfältiger Arbeit des sympathifchen Rom-
poniften, welcher feinen ersten Bühnenverfuch mit freundlichem
Erfolge unternommen hat. Im Ganzen ähnelt die operettcn-
hafte Partitur des Ljerrn Fuchs in ihrem gefälligen Kolorite
dem »verwunfchenen Schlofse« Millöckers in für unfer 6of-
institut manchmal doch gar zu gewöhnlicher wcife. Die an-
gewendeten Ausdrucksmittel wären nach küuftlerifchem Sinne
nur dann gerechtfertigt, weun die kjandlung in unferer Zeit
und in der fchönen grünen Steiermark fxielen würde."

» Der Bayreuther verwaltungsrat macht bekannt:
„vom 2;. Iuli bis j8. August d. I. werden an allen Sonn-
tagen und Donnerstagen Aufführungen des Bühnenweihfest-
fxiels Parsifal — an allen Montagen Aufführungen von
Tristan und Isolde, — an allen Mittwochen und am Sonn-
abend dem t?. August Aufführungen der Meistersinger von
Nürnberg stattfinden. Lintrittsxreis 20 Mark. Ausgabe der
Rarten vom Mai ab. vormerkungen werden fchon jetzt ent-
gegengenommen und ausführliche jdrogramme auf verlangen
verfendet. Tristan und Ifolde und Die Meistersinger von
Nürnberg werden anf abfehbare Zeit hinaus nicht mehr znr
Auffiihrung gelangen. Im Iahre ^90 werden keine Auf-
führungen stattsinden."

-x- „Seitdem der Imprefsionismus", fo läßt sich die
„Aff. I." aus ff>aris fchreiben, „in der Runstkritik bis zu
einem gewissen Grade Anerkennnug gefunden hat, genügt er
bereits der hochstrebenden j?hantasie einiger Maler nicht mehr.
Den Eindruck malen, welchen die Gegenstände auf uns aus-
üben, anstatt der Gegenstände fclbft, ist fchon ganz gut, aber
find wir uns unferer Eindrücke auch immer bewußt? Manche
Dinge machen nur einen halben, ungewissen Eindruck; ihr
richtiges Bild muß also eine Art Rätfel fein, vor welchem
fich der Beschauer den Aopf darüber zerbricht, was der Rünftler
eigentlich gemeint oder gewollt habe. Die große malerifche
wahrheit liegt alfo — jns^n'L nouvsl orllrs — im »Inten-
tionismus.« Sein j?rinzix ift, Figuren und Landfchaften
wie verfchleiert, wie im Nebel liegend darzustellen, durch
Lichter und Schatten Neugierde und Sxannung hervorzurufen.
Seine Ljauptmittel bestehen in ungelösten Umrisfen, tiefen
kfintergründen und überrafchender Farbengebung. Der Prophet
der neuen Schule, der f. Z. auch unter den ))mpressionisten
hervorragte, ist Besnard, desfen dekorative Gemälde durch
ihren weichen, warmen Ton beliebt sind. Linige Bilder von
jüngeren Aünstlern feiner Richtung sind von der Salonjury,
in welcher der strengere akademische Gefchmack vorherrfcht,
zurückgewiefen worden; wie wir hören, wollen nun die »In-
tentionisten« eine Sonderausstellung veranstalten. Natürlich
wird es denfelben an Sxott nicht fehlen. Ist auch die Malerei
fchlecht, meint man, fo ist doch immer die Intention an-
zuerkennen. Andere fchlagen vor, die jdreise nicht für die
Naler, sondern für diejenigen Beschauer, welche die »Inten-
tionen« erraten, anzufetzen."

» „Ghne Aufhebeus in der Geffcntlichkeit zu machcn,"
fo fchreibt die „T. R." „ist in diesen Tagen, wie es fcheint,
die Lntfcheidung in einer Sache gefallen, die feit 70 Iahren
unfere edelsten Geister befchäftigt hat. Das Abgeordnetenhaus
hat in feiner Sitzung vom d. M. für die Zwecke des
Berliner Dombaues 600000 M. bewilligt, nachdem die

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