SlT-
sD
Ob das so leicht beisammen zu haben ist, ist eine
andere Frage. — wenn notwendig eins gegen das
andere in der wagschale steigen oder sinken muß,
erwidert dann freilich der Iunge, so gestehe ich, ich
werde stets aus der Seite jener alten venezianer,
des Greco und des Herrera sein, mit ihrer frappanten
jAastik und unnnttelbarem Leben, ihrer Leuchtkraft und
ihrein Impasto der Farbe, und gern aus das Lob
derer verzichten, die ein Bild nur genießen können,
wenn sie ihre Nasenspitze mit der großen Brille aus
der Leinwaud spazieren sühren (tos).
Der versasser sügt hinzu (t OH, Anm. 2.): Das Necht
dessen, was die Spanier hier dorrones nennen, und
sonst rnmreso lidre / nraAisterioso, die Otaliener
drnvuru cii tocco, des slotten, unverschmolzenen
sOinselstrichs, gründet sich aus optische Beobachtungen,
nach welchen gewisse plastische, farbige und LichdLr-
scheinungen besser herauskommen, wenn man das
Zusammengehen der Teile, Striche und Larben dem
vorgang im Sehorgan überläßt, statt sie schon im
Bilde zu bewerkstelligen, was allerdings der Natur-
wahrheit entsprechen würde . . . Dies ist der Grund,
weshalb sene Maler sorgsältig vollendete Gemälde
nachträglich mit solchen Golpes übergingen. Da aber
abgesehen hiervon Bravour, geistreicher sAnselstrich
und dergl. keinen malerischen lVert haben und kein
Zeichen höherer Begabung sind, so war der Aerger
des Alten (im Dialog) berechtigt gegen die, welche
Unsertigkeit und künstliche Nohheit zum Ariterium des
Genies machten und damit eigentlich der Faulheit
nach dem Nlund redeten.
Unvollendung giebt sreilich den Lindruck, daß
man weniger gesagt hat als man gekonnt hätte. —
Aber wo hinter diesen (nicht immer) geistreichen
Ukanipulationen keine werte der Darstellung ;u ent-
decken find, da sind sie eben ohne wert. Mit Lha-
farrinadas, Nlanchado-Malen, Tolpeggiare, ist es nicht
gethan. Man sollte nicht vergessen, daß seurige Lsand,
fiotte U"lache, Lrnvuru cli tocco, Vsrve und Lrio des
sAnsels in keiner engern Beziehung zum Genie stehe
als Gründlichkeit und jDhlegma der Vollendung. Den-
jenigen, welche hysterisch fiebernde und sprungweise
Gedankenbildung sür genial halten, muß gesagt werden,
daß- ebensoviel Mahrheit der Satz hat: Zenius is
putience. ksat es nicht Zeiten gegeben, z. B. die des
Barockstils, wo Zedermann die Furie, diese Bravour
in sich sand? Und auch heute noch begegnen uns
unter ihren Adepten sehr langsame und mechanische
Talente, die keinen ^chritt thun können, den sie nicht
andern abgelernt haben. Sie ist eben 5ache der
Ulode und Übung. Maren Albrecht Dürer und Zan
von Tvck weniger Ulaler, als Tintoretto, und Franz
ksals weniger genial, weil sie malten wie Goldschmiede
ciseliren? Ulan braucht ja uur etwas Uohlensäure
in die Flasche zu pressen, und sie wird ebenso aus.
schäumen, mag der N)ein in der Lhampagne oder
im Laboratorium gewachsen sein, im letzteren Falle
solgt nur ein augenblickliches j?rickeln und ein ver-
dorbener Ntagen (II, 2 8-t:).
U)ohl in keinem Zahrhundert, bemerkt Zusti ander-
wärts, ist in Ulalerkreisen so viel und so tragisch von
großen „Rämpsen" gesprochen worden, als in dem
unsrigen. Ls schien zuweilen, als ob von dem Lrsolg
^ einer neuen Ulanier nicht nur die Gesundheit der
Aunfi, sondern die Uloral und die Zukunst von Nation
und Ulenschheit abbänge. L)ier (im ^7. Zahrh.) haben
wir auch einen Ramps, der mit den tiessten Prinzipien-
debatten hätte ausgesochten werden können. Die Art
wie es geschehen ifi (vier bsosmaler, unter ihnen
velazquez, wurden vom Rönig veranlaßt, im wett-
bewerb die Vertreibung der Uloriscos zu malen, wo-
bei Oelazquez den Sieg errang), hatte jedensalls den
Bortheil, daß die heutzutage unvermeidliche wort-
und j)apiervergeudung erspart blieb. Nichts vom
Oualm hochtönender j)hrasen, aus denen verfolgungs-
und Größenwahn herausklingt; nichts von der UIalerei
der „Neuzeit", der messianischen Zeit, die in jedem
Ulenschenalter angekündigt wird und noch ehe ihre
j)ropheten graue Isaare bekommen, schon ein kleiner
grauer Ring in dem Dämmerungskreis der alten Zeit
geworden ist, wo nicht in die Nacht des Vergessens ver-
sunken. Nur die Iserstellung eines Uleisterwerks. —
5o ost und heftig übrigens Naturalismus und Ula-
nierismns gegen einander geprallt sind, niemals ist
man wieder aus diese hispauische Zdee eines Ulaler-
gesechts versallen (I, 23.zsg.).
Noch eine andere j)arallele mit unserer Zeit wird
nahe gelegt. Die großen Reiterbildnisse, Breda, die
Linsiedler, meist also werke aus der mittleren Zeit des
velazquez, find die üauptbeispiele der alten Zeit sür
jene Ulalerei des dissussen Lichts, welche neuer-
diugs mit Leidenschast und Lrsolg auss Tapet ge-
bracht worden ist und, was nicht nötig war, nach
der Sitte dieses Zahrhunderts der Nervosität, zu j)ar-
teisache und sanatischem Sektenbekenntnis gemacht
worden ist. Ulan kann sagen, sie sei von allen Arten
der Beleuchtung die schwierigste und ungesälligste —
vom Gesichtspunkt der Schönfarbigkeit und der Farben-
harmonie, aber doch die natürlichste und schließlich
schlage sie alle übrigen. — Ligentlich war ja das
Neuste hier wieder eine Rückkehr zuin Aeltesten. Die
italienischen Tempera- und Freskomaler des t3. Zahrh.
hat nicht bloß die Natur ihrer Farben ost auf die
natürlichste Art der Beleuchtung geführt (z. B. j)ier
della Francesea); und die altfiandrische und nieder-
rheinische Ulalerei würde ihr noch öfter nahe ge-
kommen sein, wenn nicht die Liebe zu schönen und
leuchtenden Farben, wie die neue Technik sie ermög-
lichte, davon abgelenkt hätte, jene Beleuchtung auch
in der Farbenabtönung folgerichtig durchzuführen.
Aber die Ztaliener der großen Zeit seit Leonardo
haben sich unter dem Linfiuß der Melmalerei den
starken Gegensätzen zugewendet: diese kamen dem
Streben nach Oereinfachung des vortrags, srappanten
wirkungen, Sammlung des Znteresses entgegen
(II, 2 82 sg.).
Ulan sieht, mit welch ungewöhnlicher Vornrteils-
losigkeit Zusti — die Bewunderung seines ü^kden
wird ihm Niemand als Voreingenommenheit auslegen
können — allen Lrscheinungen des Runstlebens gegen-
übersteht.
R e a l i s m u s.
Über den Realismus, dieses Systein, welches stets
die wirkung gehabt, Ligentümlichkeiten zu besreien,
weil es aus die wahre Ouelle, die nächstliegende Natur
hinweist und das Talent aus eigene Füße stellt (I, 3),
wird natürlich auch in dem Dialog (dö sg.) eisrig
verhandelt. Sehen die ck>chulen heutiges Tages, ^
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Ob das so leicht beisammen zu haben ist, ist eine
andere Frage. — wenn notwendig eins gegen das
andere in der wagschale steigen oder sinken muß,
erwidert dann freilich der Iunge, so gestehe ich, ich
werde stets aus der Seite jener alten venezianer,
des Greco und des Herrera sein, mit ihrer frappanten
jAastik und unnnttelbarem Leben, ihrer Leuchtkraft und
ihrein Impasto der Farbe, und gern aus das Lob
derer verzichten, die ein Bild nur genießen können,
wenn sie ihre Nasenspitze mit der großen Brille aus
der Leinwaud spazieren sühren (tos).
Der versasser sügt hinzu (t OH, Anm. 2.): Das Necht
dessen, was die Spanier hier dorrones nennen, und
sonst rnmreso lidre / nraAisterioso, die Otaliener
drnvuru cii tocco, des slotten, unverschmolzenen
sOinselstrichs, gründet sich aus optische Beobachtungen,
nach welchen gewisse plastische, farbige und LichdLr-
scheinungen besser herauskommen, wenn man das
Zusammengehen der Teile, Striche und Larben dem
vorgang im Sehorgan überläßt, statt sie schon im
Bilde zu bewerkstelligen, was allerdings der Natur-
wahrheit entsprechen würde . . . Dies ist der Grund,
weshalb sene Maler sorgsältig vollendete Gemälde
nachträglich mit solchen Golpes übergingen. Da aber
abgesehen hiervon Bravour, geistreicher sAnselstrich
und dergl. keinen malerischen lVert haben und kein
Zeichen höherer Begabung sind, so war der Aerger
des Alten (im Dialog) berechtigt gegen die, welche
Unsertigkeit und künstliche Nohheit zum Ariterium des
Genies machten und damit eigentlich der Faulheit
nach dem Nlund redeten.
Unvollendung giebt sreilich den Lindruck, daß
man weniger gesagt hat als man gekonnt hätte. —
Aber wo hinter diesen (nicht immer) geistreichen
Ukanipulationen keine werte der Darstellung ;u ent-
decken find, da sind sie eben ohne wert. Mit Lha-
farrinadas, Nlanchado-Malen, Tolpeggiare, ist es nicht
gethan. Man sollte nicht vergessen, daß seurige Lsand,
fiotte U"lache, Lrnvuru cli tocco, Vsrve und Lrio des
sAnsels in keiner engern Beziehung zum Genie stehe
als Gründlichkeit und jDhlegma der Vollendung. Den-
jenigen, welche hysterisch fiebernde und sprungweise
Gedankenbildung sür genial halten, muß gesagt werden,
daß- ebensoviel Mahrheit der Satz hat: Zenius is
putience. ksat es nicht Zeiten gegeben, z. B. die des
Barockstils, wo Zedermann die Furie, diese Bravour
in sich sand? Und auch heute noch begegnen uns
unter ihren Adepten sehr langsame und mechanische
Talente, die keinen ^chritt thun können, den sie nicht
andern abgelernt haben. Sie ist eben 5ache der
Ulode und Übung. Maren Albrecht Dürer und Zan
von Tvck weniger Ulaler, als Tintoretto, und Franz
ksals weniger genial, weil sie malten wie Goldschmiede
ciseliren? Ulan braucht ja uur etwas Uohlensäure
in die Flasche zu pressen, und sie wird ebenso aus.
schäumen, mag der N)ein in der Lhampagne oder
im Laboratorium gewachsen sein, im letzteren Falle
solgt nur ein augenblickliches j?rickeln und ein ver-
dorbener Ntagen (II, 2 8-t:).
U)ohl in keinem Zahrhundert, bemerkt Zusti ander-
wärts, ist in Ulalerkreisen so viel und so tragisch von
großen „Rämpsen" gesprochen worden, als in dem
unsrigen. Ls schien zuweilen, als ob von dem Lrsolg
^ einer neuen Ulanier nicht nur die Gesundheit der
Aunfi, sondern die Uloral und die Zukunst von Nation
und Ulenschheit abbänge. L)ier (im ^7. Zahrh.) haben
wir auch einen Ramps, der mit den tiessten Prinzipien-
debatten hätte ausgesochten werden können. Die Art
wie es geschehen ifi (vier bsosmaler, unter ihnen
velazquez, wurden vom Rönig veranlaßt, im wett-
bewerb die Vertreibung der Uloriscos zu malen, wo-
bei Oelazquez den Sieg errang), hatte jedensalls den
Bortheil, daß die heutzutage unvermeidliche wort-
und j)apiervergeudung erspart blieb. Nichts vom
Oualm hochtönender j)hrasen, aus denen verfolgungs-
und Größenwahn herausklingt; nichts von der UIalerei
der „Neuzeit", der messianischen Zeit, die in jedem
Ulenschenalter angekündigt wird und noch ehe ihre
j)ropheten graue Isaare bekommen, schon ein kleiner
grauer Ring in dem Dämmerungskreis der alten Zeit
geworden ist, wo nicht in die Nacht des Vergessens ver-
sunken. Nur die Iserstellung eines Uleisterwerks. —
5o ost und heftig übrigens Naturalismus und Ula-
nierismns gegen einander geprallt sind, niemals ist
man wieder aus diese hispauische Zdee eines Ulaler-
gesechts versallen (I, 23.zsg.).
Noch eine andere j)arallele mit unserer Zeit wird
nahe gelegt. Die großen Reiterbildnisse, Breda, die
Linsiedler, meist also werke aus der mittleren Zeit des
velazquez, find die üauptbeispiele der alten Zeit sür
jene Ulalerei des dissussen Lichts, welche neuer-
diugs mit Leidenschast und Lrsolg auss Tapet ge-
bracht worden ist und, was nicht nötig war, nach
der Sitte dieses Zahrhunderts der Nervosität, zu j)ar-
teisache und sanatischem Sektenbekenntnis gemacht
worden ist. Ulan kann sagen, sie sei von allen Arten
der Beleuchtung die schwierigste und ungesälligste —
vom Gesichtspunkt der Schönfarbigkeit und der Farben-
harmonie, aber doch die natürlichste und schließlich
schlage sie alle übrigen. — Ligentlich war ja das
Neuste hier wieder eine Rückkehr zuin Aeltesten. Die
italienischen Tempera- und Freskomaler des t3. Zahrh.
hat nicht bloß die Natur ihrer Farben ost auf die
natürlichste Art der Beleuchtung geführt (z. B. j)ier
della Francesea); und die altfiandrische und nieder-
rheinische Ulalerei würde ihr noch öfter nahe ge-
kommen sein, wenn nicht die Liebe zu schönen und
leuchtenden Farben, wie die neue Technik sie ermög-
lichte, davon abgelenkt hätte, jene Beleuchtung auch
in der Farbenabtönung folgerichtig durchzuführen.
Aber die Ztaliener der großen Zeit seit Leonardo
haben sich unter dem Linfiuß der Melmalerei den
starken Gegensätzen zugewendet: diese kamen dem
Streben nach Oereinfachung des vortrags, srappanten
wirkungen, Sammlung des Znteresses entgegen
(II, 2 82 sg.).
Ulan sieht, mit welch ungewöhnlicher Vornrteils-
losigkeit Zusti — die Bewunderung seines ü^kden
wird ihm Niemand als Voreingenommenheit auslegen
können — allen Lrscheinungen des Runstlebens gegen-
übersteht.
R e a l i s m u s.
Über den Realismus, dieses Systein, welches stets
die wirkung gehabt, Ligentümlichkeiten zu besreien,
weil es aus die wahre Ouelle, die nächstliegende Natur
hinweist und das Talent aus eigene Füße stellt (I, 3),
wird natürlich auch in dem Dialog (dö sg.) eisrig
verhandelt. Sehen die ck>chulen heutiges Tages, ^
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