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Kunstwart und Kulturwart — 27,2.1914

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Heft 10 (2. Februarheft 1914)
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.14288#0328

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gebunden M. 5.50); Meyrrnk, Des deutschen Spreßers Wunderhorn,
3 Bände (Verlag Albert Langen, München, geheftet M. 6.—, gebnnden
M. (0.—); Scheerbart, Immer nrutrg! 2 Bände (I. C. C. Bruns,
Mrnden, gehestet M. H.50, gebunden M. 6.—) und Thonra, „Nachbars--
leute^ (Langen, München, geheftet M. 2.50, gebunden M. 3.50). Der „Un-
verantwortliche^ von I. von Bülow erschren zuerst rn der „Frank-
furter Zertung".

Wintersport

^T^ine der größten Entwicklungen im physiologischen Leben der Mensch--
I^I^Heit ist die Entdeckung der Schönheit der Winterlandschaft! Der
^^Schwede Fjaestad begann den Schnee zu malen wie keiner vor ihm.
Denn er liebte ihn; nur liebevolle Augen können im Schnee so viel
verborgene Schönheit, Poesie, Melancholie ausfindig machen» gleichsam
wie in dem vergötterten Antlitz einer geliebten Frau! Die Poesie der
Winterlandschaft, die früher einigen wenigen Träumern und Dichtern auf--
gegangen war, ist nun auf dem Umwege „sportlicher Vergnügungen" in
die Gesamtheit eingedrungen und erfüllt die nervös gewordene Menschheit
mit unermeßlichen neuen Lebensenergien!

Der Wintersport hat seine Äbertreibungen, wie alle guten vorteilhaften
Dinge auf Erden; aber er ist der einzige Vermittler zwischen dem in
Arbeit und Sorge dahinvegetierenden Menschenkinde und Gottes friede-
voller Winterpracht! Man sieht am Semmering nun Recken und Hünen--
gestalten wie aus deutschen Sagenbüchern erstanden! Es werden Gefahren
aufgesucht im tief verschneiten und vereisten Bergwald!

Frauen schweben dahin wie fliegende Engel, Kraft und Lebendigkeiten
einheimsend aus der Winterluft für kommende Generationen! Mensch
sein heißt „Stoff wechseln" im energischesten Grade. Und dazu verhilft
allein der Wintersport in eisiger Luft! Er ist das Regenerationsmittel
der Zukunft! Dichter, Denker und Träumer leben von „innerem Stoff--
wechsel"; aber der Mensch des realen, lebendigen, unerbittlichen Lebens
muß es sich durch „frische Tat" erzeugen.

Der Wintersport gibt Millionen Kräfte denen, die noch zu nehmen,
noch zu geben haben, in ihren gutorganisierten Lebensmaschinen. Die
anderen mögen abseits wandeln und mit den Augen allein die Kräfte der
heiligen Winterlandschaft in sich hineintrinken! Alle Versuche moderner
Physiologen, die Menschheit zu regenerieren, sind kindische Unternehmungen
gegenüber dem Walten eines Wintertages mit seiner eisigen, sonnigen,
urreinen Luft! Amen. PeLer Altenberg

Der Zunggeselle

(W^eshalb sind unsre Restaurants so schrecklich konservativ und die Gäste
^^so langmütig?! Weshalb gibt es keinen Neuerer, keinen Revolutio-
när, keinen Anbahner und Pfadfinder unter den Gasthausbesitzern und
Cafetiers?! Zum Beispiel: zum Tee eine gläserne Zitronenpresse zu er--
halten, um den ganzen edlen Saft der Zitrone sogleich und bequem heraus--
zubekommen?! Man hört da entweder die Antwort: „Ia, das hat bisher
noch niemand verlangt", oder die Antwort: „Ia, wo käm man da hin,

wenn man sich das alles auch noch zulegen müßt-?" Beides ist

grundsalsch, wie der technische Ausdruck für Blödsinn lautet. Denn erstens
hat eben der Restaurateur gleichsam Tag und Nacht Verbesserungen nach--
zusinnen, nachzuspüren; zweitens aber belohnt sich jede wichtige, noch so

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