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Kunstwart und Kulturwart — 27,2.1914

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Heft 12 2. Märzheft 1914)
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.14288#0537

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Das höret Nachbars tzans, dre Sage gehet weiter,

Und man erzählt von Haus zu Haus:

Der kleine Töffel geht nach Böhmen mit hinaus.

Der Töffel will vor Wut ersticken.

Indessen kriegt der Sachsen Heer
Befehl, in Böhmen einzurücken.

Nunmehr ist Töffel fort, man spricht von ihm nicht mehr;

Die Sachsen dringen ein, gehn bis nach Mähren hinter,

And Töffel gehet mit. Es geht ein ganzer Winter,

Ein halber Sommer hin, man senkt den Weinstock ein,

Als man den Ruf vernimmt: Es sollte Friede sein.

Da meint nun unser Held, daß man die Kinderpossen,

Die ihn vordem so oft verdrossen,

Vorlängst schon ausgeschwitzt. Er wirkt sich Urlaub aus,

And suchet seines Vaters Haus.

Er hörte schon den Klang der nahen Bauernkühe;

Ein altes Mütterchen, das an den Zäunen kroch,

Ersah ihn ungefähr, und schrie:

Ie kleiner TöffeU lebt ihr noch?

Das Vorurteil der Landesleute
Verändert nicht der Srter Weite,

Tilgt weder Ehre, Zeit noch Glück;

Reist, geht zur See, kommt alt zurück,

Der Eindruck siegt, da hilft kein Sträuben,

Ihr müßt der kleine Töffel bleiben.

Magnus Gottfried Lichtwer

Der Hirsch. Der Hase. Der Esel

>^in Hirsch mit prächtigem Geweih
^Von achtzehn Enden ging spazieren.

Ein Hase lief vorbei,

Sah ihn und stutzte.

Starr auf allen Vieren
Steht er, und gafft ihn an,

Macht Männchen, geht heran,

And sagt:

Sieh mich doch an!

Ich bin ein kleiner Hirsch!

Denn spitz ich meine Ohren,

So hab ich solch Geweih wie du.

Ein Esel hörte zu
And sagte: du hast recht,

Wir sind von einerlei Geschlecht,

Der Hirsch, und ich, und du.

Der Hirsch tat einen Seitenblick
And ging in dicken Wald zurück.

Iohann Wilhelm Ludwig Gleim

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