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Kunstwart und Kulturwart — 27,2.1914

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Heft 12 2. Märzheft 1914)
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https://doi.org/10.11588/diglit.14288#0538

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Die Furien

HV>erne Furien, sagte Pluto zu dem Boten der Götter, werden alt und
^^stumpf. Ich brauche frische. Geh also, Merkur, und suche mir auf der
Oberwelt drei tüchtige Weibspersonen dazu aus. Merkur ging. —

Kurz hierauf sagte Iuno zu ihrer Dienerin: Glaubst du wohl, Iris,
unter den Sterblichen zwei oder drei vollkommen strenge, züchtige Mädchen
zu sinden? Aber vollkommen strenge! Verstehst du mich? Um Eytheren
Hohn zu sprechen, die sich das ganze weibliche Geschlecht unterworfen
zu haben rühmet. Geh immer, und sieh, wo du sie auftreibest. Iris ging. —
In welchem Winkel der Erde suchte nicht die gute Iris! Und dennoch
umsonst! Sie kam ganz allein wieder, und Iuno rief ihr entgegen: Ist es
möglich? O Keuschheit! O Tugend!

Göttin, sagte Iris; ich hätte dir wohl drei Mädchen bringen können,
die alle drei vollkommen streng und züchtig gewesen; die alle drei nie
einer Mannsperson gelächelt; die alle drei den geringsten Funken der
Liebe in ihrem Herzen erstickt: aber ich kam leider zu spät. —

Zu spät? sagte Iuno. Wieso?

„Eben hatte sie Merkur für den Pluto abgeholt." Für den Pluto?
And wozu will Pluto diese Tugendhaften? —

»Zu Furien.« — Lessing

Salomos, Königs von Jsrael und Inda, güldne Worte von der Zeder bis

znm Ysop

^Ls stand eine herrliche Zeder auf Libanon, in ihrer Kraft vor dem Antlitz
^des Himmels. Rnd daß sie so stark dastund, des ergrimmten die Dorn-
sträuche umher und riefen: Wehe dem Stolzen, er überhebt sich seines
Wuchses! Und wie die Winde die Macht seiner Aste bewegten und
Balsamgeruch das Land erfüllte, wandten sich die Dörner und schrien:
Wehe dem Äbermütigen, sein Stolz braust auf wie Wellen des Meers,
verdirb ihn, Heiliger vom Himmel!

Eine Zeder wuchs auf zwischen Tannen, sie teilten mit ihr Regen
und Sonnenschein. Und sie wuchs, und wuchs über ihre Häupter und
schaute weit ins Tal umher. Da riefen die Tannen: Ist das der Dank,
daß du dich nun überhebst, dich, die du so klein warst, dich, die wir genährt
haben! Uud die Zeder sprach: Rechtet mit dem, der mich wachsen hieß.

Und um die Zeder stunden Sträucher. Da nun die Männer kamen vom
Meer und die Axt ihr an die Wurzel legten, da erhub sich ein Frohlocken:
Also strafet der Herr die Stolzen, also demütigt er die Gewaltigen!

Und sie stürzte und zerschmetterte die Frohlocker, die verzettelt wurden
unter dem Reisig.

And sie stürzte und rief: Ich habe gestanden, und ich werde stehen!
Und die Männer richteten sie auf zum Maste im Schiffe des Königs,
und die Segel wehten von ihm her, und brachte die Schätze aus Ophrr
in des Königs Kammer.

Eine junge Zeder wuchs schlank auf und schnell und drohte, die andern
zu überwachsen. Da beneideten sie alle. Und ein Held kam und hieb
sie nieder, und stutzte ihre Aste, sich zur Lanze wider die Riesen. Da
riefen ihre Brüder: Schade! schade!

Die Eiche sprach: Ich gleiche dir, Zeder! — Tor! sagte die Zeder;
als wollt ich sagen, ich gleiche dir.

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