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Kunstwart und Kulturwart — 36,1.1922-1923

DOI Heft:
Heft 1 (Oktoberheft 1922)
DOI Artikel:
Schumann, Wolfgang: Die Härte der Aufgabe und die Aufgabe der Härte
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https://doi.org/10.11588/diglit.14437#0017

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Die Härte der Aufgabe und die Aufgabe der Härte

August war eiu Deutsch-Amerikaner bei mir. Es war gerade die
^ ^ Zeit) als die Mark „einstürzte") wie man jetzt sagt, wenn ihr Wechsel-


preis sinkt, als ein deutscher Geistesarbeiter mit zehn täglichen Arbeit-
stunden Hundert holländische Gulden Iahreseinkommen verdiente und . . .

Genug! wir sprachen selbstverständlich auch davon.

„Uns sind die tzände ziemlich gebunden") sagte ich; „die Mächte spielen
Schach auf unsre KosteN) eine) um uns zu vernichteN) die andre) um uns . ."
Ich zögerte.

Sie meinen England? fiel der Gast ein.

„Ia".

NuN) es spielt) um Deutschland auszubeuten. tzilfe wird vom Westen
nicht kommen.

Wir waren durchaus einig über das, was nicht geschehen würde. Doch
zunächst nicht über das, was geschehen könnte. Anserm Gast gefiel es
nicht recht in Deutschland. tzätte er gewußt, wie es hier aussieht) so wäre
er lieber zu tzause geblieben. Ein anwesendes Gemüt dünkte diese klare
Außerung Häßlich) ja beinahe beleidigend. Aber es wurde kräftig ausge-
pfiffen: Soll der tzerr uns vielleicht vorlügen, es gefalle ihm? Ans vielleicht
schmeicheln: Ihr ehemaligen Landsleute) in eurem Elend seid ihr mir lieber
als je? Ich wüßte in der Welt keinen reizenderen Aufenthalt als bei eurem
großen Sterben? IN) wenn er helfen und fördern könnte) dann vielleicht.
Aber ein schlichter Privatmann kann nichts tun als einigen alten Freunden
ein paar Iigarren schenkeN) im übrigen die Dinge mit klarem Blick ansehen
und die Wahrheit sageN) hier und — zu Hause. Da er es hier tut, wird er
es zu tzause auch tun, das Vertrauen darf man nach dieser Probe haben.

Amerikaner würden nicht zugrundegehen in Ihrer Lage! sagte der Gast
weiter. Dies Wal schwieg das anwesende Gemüt bereits; es schien sich an
die tzärte der Wahrhaftigkeit zu gewöhnen.

„Wieso?"

O, wenn ein Amerikaner heute ein nennenswertes Vermögen, sagen wir
zweihunderttausend Dollar, verliert, so bedauert er es einen Tag und fängt
am nächsten als Arbeiter wieder an.

„Gut. Das ist tüchtig und anständig. Doch keine absolut anwendbare
Lösung für Deutschland!"

Wieso?


Oktoberheft t922 (XXXVI, 0
 
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