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Kunstwart und Kulturwart — 36,1.1922-1923

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Heft 1 (Oktoberheft 1922)
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Plato: Aus Platons "Gastmahl"
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Fuchs, Emil: Eine Woche in London
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https://doi.org/10.11588/diglit.14437#0052

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die einen schön die nnderen haßlich; und wieder wird sich das Schöne
ihm nicht offenbaren wie ein Antlitz oder Hände oder etwas anderes, was
dem Leibe angehört, anch nicht als ein Wort oder eine Erkenntnis, auch
nicht als in etwas anderm enthalten, in der Kreatur oder auf Erden oder
im Himmel oder in irgend etwas, sondern als ein mit sich selbst für sich
selbst ewig eingestaltiges Sein. Aber alles andere Schöne hat an jenem
auf irgendeine Weise derart teil, daß wenn dies andere entsteht und ver»
geht, jenes weder zunimmt noch abnimmt und auch sonst nichts erleidet.
Wenn aber einer von diesem andern aufsteigend durch die echte Liebe zu
Knaben jenes Schöne zu schauen beginnt, dann berührt er sast das Ziel.
Denn dies heißt richtig zum Erotischen gehen oder geführt werden, daß man
von diesen schönen Dingen beginnend jenes Schönen wegen immer hinauf-
steige, gleichsam auf Stufen steigend, von einem zu zweien und von zweien
zu allen schönen Leibern und von den schönen Leibern zur schönen Lebens»
führung und von der schönen Lebensführung zu den schönen Erkennt-
nissen, bis man von den Erkenntnissen endlich zu jener Erkenntnis
gelangt, welche die Lrkenntnis von nichts anderem als jenem Schönen
selbst ist und man am Ende jenes Selbst, welches schön ist, erkenne. Und
hier, wenn irgendwo, o lieber Sokrates, sagte der Gast aus Mantinea,
ist das Leben dem Menschen lebenswert, wo er das Schöne selbst schaut.
Das, wenn du es jemals schaust, dir nicht scheinen wird wie Gold und
Gewänder und die schönen Knaben und Iünglinge, bei deren Anblick
du erschüttert bist und gewillt bist — du und viele andere — die
Lieblinge zu sehen und immer mit ihnen zusammen zu sein und wenn
es möglich wäre nicht zu essen, nicht zu trinken, sondern allein zu schauen
und zusammen zu sein. Was aber sollen wir gar glauben, wenn einer das
Schöne selbst sonnenhaft rein ungemischt sehen dürfte, aber nicht gefüllt
mlt menschlichem Fleische und Farben und vielem anderen sterblichen Tand,
sondern das Göttliche Schön in seiner Eingestalt zu erschauen vermöchte
— glaubst du wohl, es könnte gering sein das Leben eines Menschen, der
dorthin blickt und jenes anschaut und mit ihm zusammen ist? Oder ist dir
nicht bewußt: dort allein ist ihm bestimmt, blickend mit dem Auge, von dem
das Schöne sich erblicken läßt, nicht Schattenbilder der Tüchtigkeit zu -ge-
bären, weil er nicht ein Schattenbild umarmt, sondern wahre Tüchtigkeit,
weil er das Wahre umarmt? Wer aber wahre Tüchtigkeit gebiert und er-
nährt, dem ist vergönnt ein Götterfreund zu werden, und wenn irgendein
Mensch darf er unsterblich sein.

Das war es, Phädros und ihr anderen, was Diotima sagte; gewonnen
bin ich und als Gewonnener versuche ich auch die anderen zu gewinnen dafür,
daß man für dieses Gut wohl nicht leicht der menschlichen Natur einen
besseren Helfer fände als Eros. Ich behaupte deswegeN) jedermann müsse
den Eros ehren, und ich selbst ehre alles Erotische und übe es sonderlich und
empfehle es den anderen. Auch lobsinge ich jetzt und immer der Gewalt
und Kühnheit des Eros soviel an mir ist.

Eine Woche in London

nerschüttert! Das ist der starke Eindruck englischen Lebens auf uns
Deutsche. Mit Bitterkeit müssen wir kämpfen, wenn wir über
^^Trafalgar Square, White tzall zu Westminster Abbey gehen. Ange-
brochen die alte, stolze Tradition Englands, innerlich und äußerlich.
 
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