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Kunstwart und Kulturwart — 36,1.1922-1923

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Heft 6 (Märzheft 1923)
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Vom Heute fürs Morgen
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Unsre Bilder und Losen Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.14437#0307

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über seine eigene Absicht, Ansicht, Be--
gabung, Fähigkeit usw. usw. plaudern
lese („herrliche Botschaft weitertragen",
Strauß' „Hinbrausendes Lebenslied",
„Zeugnis ablegen", „Mysterium" usw.)
und dann kommen die Hunderte ^ von!
Seiten, wo alles Wissenswerte, Bicht-<
Wissenswerte, Bekannte, Anbekannte,
der ganze übliche Älufwand von bio--
graphischer Schilderung, Werk-Berede--
rei, Problemchen-Gewälze daherquillt
in stets gleicher, eleganter, ausgelernter,
der bestenZeitschriften würdigerSprache,
und doch könnte alles genau ebensogut
auch anders gesagt sein, ist nichts fest§
nichts geprägt, nichts gehämmert oder
gar aus der Tiefe geboren ;— meine
Hand drauf, Richard Specht, ich kanns
nicht anders sehen! Den Kunstwart-4
Lesern aber dies: selbstverständ--
lich ist das Buch für alle, bie über
N. Strauß viel wissen wollen, un-i

entbehrlich. Ich sagte schon: alles
Wissenswerte ist da! und in an--
derm Sinne als ich eben sprach: lerneu
kann man hier überreichlich, Zeitliches,
Musikalisches, Psychologisches usw.
„Llnregungen" die Fülle! Kurz, im her-
gebrachten Verstande: „Das Strauß«
Buch", neben dem keines sonst an In--
haltsschwere und Bützlichkeit besteht.

Daß die Menschen es so schwer fassen,
wie über Musik sich doch eigentlich
nichts sagen läßt, es sei denn fachlicher
Art und für „Laien" kaum faßlich, oder
es sei ganz rein, knapp, innig Wieder-;
gabe eines tiefsten persönlichen Srleb-«
nisses oder endlich: historisch-soziolo--
gisch. Daß alles andre leer ist, wenn nicht
zufällig ein Genie, mindestens ein'Kopf
von hohem Rang spricht. — Ich werde
mir „Salome" anhören geheu und
„Zarathustra" . . da werde ich das ganze
Buch vergessen. F. S.

Unsre Bilder und Losen Blätter

^V ber unsere Bildbeigaben — Werke der Käthe Kollwitz — wolle man
/I Beate Bonus' Beitrag in diesem Hefte nachlesen.

^^"Die Gedichte von Marianne Bruns erscheinen wie die im Oktober-
heft zum ersten Mal im Druck. Äber die Dichterin werden wir später eiu weniges
sagen.

Die Dichtung „Süße Srde" von Albert Trentini, dem Verfasser des
bekannteu Goethe-Eomans, ist entnommen dem Frauen-Almanach auf
das Iahr MZ" (Rikola-Verlag, Wien). ^Dieses schon buchgewerblich sehr
gefällige Taschenbüchlein, das u. a. reizende Nachbildungen kleiner Stiche Chodo-
wieckis enthält, ist eine sehr gelungene Aeubelebung einer älteren Spielart von
Buch. Früher gab es viel mehr solcher Almanache und Iahresgaben. Meist
waren sie allzusehr „für Damen", iwaren füßlich oder nichtssagend. Diese Wiener
Gabe hat ein sehr hohes Niveau! Zusammengehalten durch eine leichte, feine
erotische Stimmung der meisten Beiträge, mnter denen auch so tief ernste stehen
wie Trentinis „Süße Srde", sind Gedichte, Novellen, Bemerkungen, literarische
Kleinigkeiten hier zum Strauß vereinigt. -Verfasser wie Hofmannsthal, Finckh,^
Max Mell, H. Mann, B. v. Münchhausen, Schmidtbonn, H. Hesse, Fel. Braun,
W. v. Scholz haben dies und jenes beigesteuert, vielfach bleibend wertvolle Bei-
träge. Wenn je ein „Almanach" Gehalt uud damit Berechtigung hatte über sein
Iahr hinaus, so gilt das von diesem Büchlein. An einen anderen Wiener Dichter
erinnern die Losen Blätter dann: Peter Altenberg. Wer er war, — braucht
man das noch zu sagen? .Gin Bündel Nerven, ein Vündel innerer Widersprüche,
eine unsäglich fein lebendige, weiblich fast abgestimmte Seele (und doch Mann
ganz und gar), Dichter 'vieler Bücher voll kleiner Prosastücke von Reiz und
Gehalt und eigener Prägung, von denen wir eine Probe („Klage" — an eine
Frau, nein: an — „das Weib" gerichtet) briugen. Äber ihn bringen wir ein
Stück aus einem Brlef Heinrich Manns, von ähm noch einen Teil eines Briefes
an Schnitzler, in dem er selber sich zeichnet. Diese drei Stücke sind Eg. Friedells
„A ltenberg-Buch" (Verlag der Wiener Graphischen Werkstätte) entnommen,

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