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Kunstwart und Kulturwart — 36,1.1922-1923

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Heft 5 (Februarheft 1923)
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Vom Heute fürs Morgen
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https://doi.org/10.11588/diglit.14437#0254

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pflegt von einer besonderen katholischen
Kirchenherrschaft. Schwer „verständ-
lich" in seiner träurnerischen Spätzeit.
aber dem Auge und dem offenen Herzen
nahbar wie alles Unverstellte und Un-
verzerrte. — Wir haben wenig nen-
nenswerte Bücher über Spanien. Zu
ihnen gesellt sich jetzt Kurt Hiel-
schers Werk „Das unbekannte Spa-
nien" <E. Wasmuth, Berlin). Mit
schlichten, sehr naiven Worten schil-
dert er eine Anzahl seiner jahrelangen
Neisen durch das Land und überträgl
immerhin schon dadurch einen echten,
rein empfundenenLindruck vonMensch-
tum !,und Landeswesenheit auf den
Leser. Gewaltig und tief aber wir-
ken die Photographien, deren Wieder-
gaben das Buch bringt. Es ist kein
kunstgeschichtliches und kein lehrhaftes
Werk. Sinige Bauten, aber weit mehr
Landschaft-, Städte-, Straßen-, Sit-
ten-, Figurenbilder aller Art, wie der
Augenblick sie dem Wachsamen ein-
trägt. Und in dieser Fülle zusammen
ein schlechthin unentrinnbarer Lotal-
Eindruck. Ganz unwillkürlich wird
man durch diese Bilder hineingezwun-
gen in eine Vision eines ganzen Volkes
und all feiner Wesenszüge. Man blät-
tert und blättert und begreift aus dem
Abgebildeten die Geschichte, die Poesie,
die Künst und Sitte der Menschen, man
wird hineingezogen in ihr tägliches
Leben, ihre Weltauffassung, ihre Ro-
mane; das Werk wird zum schönsten
Film, und was unbeweglich auf der
Platte steht, wird im Zusammenklang
nacherlebbares beglückendes Leben.
Nichts Ginzelnes lohnt es zu rühmen,
es sei denn die unerhörte Pracht der
maurischen Bauten, die herrlich wieder-
gegeben sind, erneuter Beweis, daß die
Grde nur ein einziges Mal reine, von
„Sinn" unbeschwerte, beziehunglos
musizierende Pracht hervorbrachte: im
Jslamischen; es sei denn das stolz
herrliche Cordoba, das entzückende Se-
villa, die sagenhafte Höhlenstadt von
Sierra de Guadix, Avilas Mittelalter,
die Ureinsamkeit der Phrenäen, der
Kinderstolz der Menschen . . es sei
denn — nein, genug. Es ist eine Neise
nach Spanien, dieses Buch, ein Stück
„Welt" im vollen shmbolischen Wort-
sinn, erschlossen mit wenig Kunst und
reinem Sinn, echte Weiterung unseres

Gesichtsfeldes und damit bleibender Ge-
winn.

Auch Concha Espinas Roman
„Das Metall der Loten" erschließt un-
bekanntes Spanien (Verlag W. I.
Mörlins, Berlin, 3V S.)> Nicht nur,
weil wir Spaniens Literatur ja kaum
kennen und fast jede neue Äbersetzung
eines ihrer Werke heute einen wichtigen
Beitrag zur Kenntnis dieser geistigen
Kültur bedeutet. In diesem Sinne ist
das Buch ein sorgfältig, klar und kraft-
voll geschriebener und aufgebauter
Wirklichkeit-Roman, der starkes, reifes
Können und eine reine, echte Inner-
lichkeit verrät. Unmittelbarer aber als
durch diese Vorzüge fühlen wir uns
gepackt durch den Inhalt des Buches.
Es schildert spanisches Bergwerk- und
Bergarbeiterwesen; einen Ausschnitt
aus dem spanischen Volksleben, wo
europäische Mechanisierung und Groß-
wirtschaft sich mächtig in das alte
Land einfrißt und — wie überall in
den Anfängen — Liefe Verheerungen
anrichtet. Bittere Leiden, schwere
Kämpfe, Macht- und Besitztrieb im
Kampf mit Massenwahn und Massen-
idealismus. Dies alles sind bekannte
Vorgänge, die hier aber mit jungen
Augen gesehen sind und in der be-
sonderen Farbe und Ausprägung des
spanischen Temperamentes zum ersten
Male auftreten. Auch dies eine Er«
weiterung unseres Blickes überMensch-
liches und Geschichtliches, die wir gern
begrüßen.

NaLur und Demokratie

emokratie ist vor allem andern mit
der frischen Luft verwandt, ist sonnig
und stark nur in Verbindung mit der
Natur — genau so wie die Kunst.
Etwas ist erforderlich. um beide zu
mäßigen, sie im Zaum zu halten und
sie vor Ausschreitung und Verfall zu
bewahren. Ich wollte zum Schluß
Zeugnis ablegen für eine sehr alte
Weisheit und Notwendigkeit. Die ame-
rikanische Demokratie mit ihren Mh-
riaden von Einzelpersönlichkeiten, mit
ihren Fabriken, Werkstätten, Läden,
Bureaus, mit all den dichtgedrängten
Straßen und Häusern ihrer Städte
und all ihren mannigfachen und ver-
künstelten Lebensbedingungen muß ent-
 
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