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Kunstwart und Kulturwart — 36,1.1922-1923

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Heft 5 (Februarheft 1923)
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Unsre Bilder und Noten
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https://doi.org/10.11588/diglit.14437#0256

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in ihm erhalten blieb, unbeholfen unb unvollkommen im Einzelnen, und in
ihm doch reifte zum klaren Bild und aus dem Bild zu uns zurückschwingt und
halb Entschlafenes in uns weckt. Der ewige Kindertraum, jenseit aller Lehre,
aller Konfession, aller Aufklärung, aller Zeit und aller Gsdanklichkeit.

Ansre zweite Beilage stammt von Fritz Boehle, dem Frankfurter,
der im Februar dieses Iahres sein Fünfzigstes erreicht hätte. Auch Boehle
gehört zu denen, auf die der Kunstwart Iahre hindurch entgegen den Mode--
strömungen mit Nachdruck hingewiesen hat. Gine unserer schönsten Mappen
ist ihm gewidmet. In deren Einleitung sagt Avenarius: „Großgefühltes zu
übertragen verlangt: Hervorhebung des Wesentlichen, Busschaltung des Gleich«
gültigen, Großschauen im Gestalten; Zusammenschließung des Mannigfaltigen
und Auseinanderstrebenden zur harmonischen Einheitlichkeit." „Erstens: Was
ist für Boehle wesentlich, was unwesentlich? Einem, der mit Lhrfurcht vor dem
Seienden steht, ist unwesentlich nichts, was für das Sein, das Dasein der
Dinge selber wichtig ist, am wenigsten, wenn in seiner überlieferten Gestalt
zugleich die 'Arbeit und Gesinnung von GeschlechlLrn lebt." „Zweitens: Aus--
schaltung des Gleichgültigen. Man wird bei Boehle kaum je etwas finden,
was bloß redet, aber nichts sagt. Kaum je das Geringste, was bloß äußerllich
füllt oder bloß schmückt. Kompositionell: kein Stück mehr, als zu dem gewollten
Eindruck gebraucht wird, anders gesagt: keinen Leil, der nicht Beziehungen zu
den andere^ Leilen hat. Tuts der Kopf, nur den Kopf. „Drittens: Groß--
schauen im Gestalten. Die Beschränkung des Bildraumes macht nicht nur das
Wiedergegebene äußerlich so groß wie möglich im Bild, sondern auch innerlich^
denn es steigert wie im Raum, so auch seine relative Bedeutung in dem
künstlerischen Akt, der unser Bewußtsein in Anspruch nimmt. Aber damit. .
ist die Wirkung der Großheit doch noch nicht verbürgt. .Auch nicht, wenn man
Boehles Vorliebe für kräftig entwickelte Organismen dazunimmt. Das Groß--
sehen zeigt sich weiter in dem Vereinfachen verwickelter und dem Zusammen--
ziehn benachbarter kleiner Formen . ." „Zu den Idealisten und Stilisten
freilich gehört auch Boehle. Nur: er versucht in seinen wertvollsten, seinen
eigentlichen Meisterschöpfungen nicht, eine fremde Schönheit irgendwoher zu
holen und den Dingen überzuziehn, sondern die Schönheit herauszustellen die
das Auge des Künstlers, wenn es wirklich interessiert ist, in jedem natürlichen
Dinge sieh" in dem, was es mit Lust betont. Also bei Boehle: . . aus dem
Bauern das Bäurische." Dieje Worte, vor Iahren geschrieben zur Charakteristik
eines wundervoll sachlichen und reifen Künstlers, mögen zugleich an den Ver-
storbenen erinnern und als Einstellung auf unsern ergreifenden Bauernkopf
dienen.

Herausgeber: Prof. !)r. K. c-. Ferdinand Avenarius in Dresden--BlaseWitz. Verantwortlich: i. V
Wolfgang Schumann, Dresden-Blasewitz. Mitleiter: !)r. E K.Fischer. InSsterreich verantwortlich:
Hofrat Qr. Karl Giannoni, Mödling bei Wien, Dominikanergasse Sendungen für den Text
ohne Angabe eines Person ennamens an die „Kunstwart-Leitung" in Dresden-Blasewitz —
Manuskripte nur nach vorherigerVereinb arung, widrigenfalls keine Verantwortung über»
nommen werden kann — Verlag von Georg D. W. Gallwey, Druck von Kaftner L Lallwey, Buchdruckerei
in München — Geschästsstelle sür Berlin: Georg Siemens, ^ 57, Kursürftenstraße 8.
 
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