Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Hechberger, Werner; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Adel im fränkisch-deutschen Mittelalter: zur Anatomie eines Forschungsproblems — Mittelalter-Forschungen, Band 17: Ostfildern, 2005

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.34731#0022

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
18

Kapitel 1

nannten prüidpgg einen Stand, nicht etwa gewählte Beamte. Der alte Adel sei in
den Leges der fränkischen Zeit „zufällig" nicht erwähnt worden, habe im
Antrustionat aber fortgelebtA Eine ähnliche Auffassung vertrat Theodor Mundt in
seiner Geschichte der deutschen Stände^. Jacob Grimm meinte, daß die Frage, ob
eine ständische Unterscheidung zwischen Freien und Adligen für alle deutschen
„Völkerstämme" anzunehmen sei, nicht „scharf" zu beantworten sei, hielt diese
allerdings für „höchst wahrscheinlich"^.
Generell wird man allerdings sagen dürfen, daß die Interpretation Mösers die
Meinung des größten Teils der FFistoriker in der folgenden Zeit widerspiegelte.
Carl Welcker faßte 1845 in seinem Artikel zum Thema „Adel" in der ersten Aufla-
ge des Staatslexikons den Forschungsstand zusammen und lehnte die Thesen
Eichhorns, Savignys und Grimms dezidiert abC Die Bedeutung der germanischen
Aristokratie wurde im allgemeinen als eher gering eingeschätztA So folgte etwa
Karl D. Hüllmann in seiner Geschichte des Ursprungs der Stände in Deutschland
weitgehend der Position Mösers^, und Johann Wilhelm Loebell wandte sich in
seiner grundlegenden Arbeit über Gregor von Tours und seine Zeit als erster ex-
plizit gegen die Antrustionats-These von Eichhorn und SavignyA Ebenfalls als
erster schloß er aus der Nachricht Gregors von Tours, Chlodwig habe konkurrie-
rende Könige beseitigt, daß auch die alte Aristokratie ausgerottet worden seiA
Von einem Adel als erblichen Stand könne man nicht sprechen, doch habe es her-
vorragende Franken aus guten Familien mit Reichtum und Güterbesitz gegeben^.
Dem schlossen sich mit wenigen Ausnahmen^ fast alle folgenden Autoren an.
Loebell schilderte die fränkische Zeit als einen Kampf zwischen König und kleine-
ren, ärmeren Freien auf der einen Seite gegen die Aristokratie auf der anderen. Als
diese Aristokratie siegte, verschwanden die FreienA In den Antrustionen sah Loe-
bell vornehmlich einen Dienstadel gemischter Herkunft, der sich zu einem neuen

24 SAVIGNY, Geschichte, Bd. 1, S. 223.
25 Vgl. MUNDT, Geschichte, S. 22-33.
26 Vgl. GRIMM, Rechtsalterthümer, Bd. 1, S. 373.
27 Vgl. WELCKER, Adel, S. 260f.
28 Vgl. allgemein den Forschungsüberblick bei KOSS, Wesen, insbes. S. 5; ferner BÜLOW, Geschichte, S.
8; MÖLLENHOFF, Altertumskunde, S. 193f.
29 Vgl. HÜLLMANN, Geschichte, S. lff. Hüllmann sieht die Eigentümer von Grund und Boden als dieje-
nigen, die die „volle Staatsbürgerschaft unter den ältesten Deutschen" besaßen; die Adligen der Le-
ges betrachtete er demgemäß als „reichbegüterte Geschlechter". Die fränkische Zeit schildert Hüll-
mann als eine Epoche, in der sich die „Herrschaft der öffentlichen Beamten" verselbständigt habe (S.
41-183).
30 Vgl. LOEBELL, Gregor, S. 130,139.
31 Vgl. LOEBELL, Gregor, S. 127.
32 Vgl. LOEBELL, Gregor, S. 130,135.
33 Zu den Ausnahmen (vgl. v.a. SYBEL, Königtum, und - mit Einschränkungen - Köpke) vgl. MÜLLEN-
HOFF, Altertumskunde, S. 193f.
34 Vgl. LOEBELL, Gregor, S. 139.
 
Annotationen