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Hechberger, Werner; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Adel im fränkisch-deutschen Mittelalter: zur Anatomie eines Forschungsproblems — Mittelalter-Forschungen, Band 17: Ostfildern, 2005

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https://doi.org/10.11588/diglit.34731#0135

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Die Merowingerzeit

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gewesen sei, eine Gefolgschaft zu unterhalten^. Wirklich gut begründet werden
konnte diese Ansicht allerdings nur, wenn man einen weiten Gefolgschaftsbegriff
verwendete. So meinte Reinhard Wenskus explizit, daß auch der Lite, der seinem
Herrn folgte, zur Gefolgschaft zu rechnen seiW Franz Irsigler hat im Rahmen
seines Entwurfs der fränkischen Sozialgeschichte schließlich das Recht auf Gefolg-
schaften sogar als eines der wichtigsten Vorrechte des Adels bezeichnet^. Dieser
Sicht hat sich in jüngerer Zeit etwa auch Regine Le Jan angeschlossen; erst die
karolingischen Herrscher hätten sich bemüht, private Gefolgschaften zu verbie-
ten^.
Gegen diese Auffassung sprach sich wiederum Hans K. Schulze aus. Von adli-
gen Gefolgschaften solle man deshalb nicht sprechen, da es sich bei den Gefolgs-
leuten nur um Unfreie gehandelt habe. Adlige Gefolgschaften seien mit einer Aus-
nahme (der bei Gregor mehrfach erwähnte Chram, der allerdings zur Königssippe
gehörte) auch nicht nachzuweisen. Der Adel bediente sich bei seinen Auseinan-
dersetzungen bewaffneter Knechte (pngn), Freier und Verwandter^". Im Merowin-
gerreich könne man demnach tatsächlich von einem Gefolgschaftsmonopol des
Königs sprechende Dieser Ansicht folgte zuletzt auch Gabriele von Olberg an
einschlägiger Stelle^.
Grundsätzlich macht die Debatte um die Gefolgschaft deutlich, daß der Begriff
von der modernen Forschung unterschiedlich definiert werden kann, da die Ter-
minologie der Quellen mehrere Möglichkeiten eröffnet. Wenn Gregor von Tours
dabei allerdings Ungenauigkeit vorgeworfen wird^A so trifft dies wohl nicht die
Ursache des Problems, sondern zeigt lediglich die Folgen der uneinheitlichen Be-
griffsbildung von Historikern. Des weiteren ist die Einschätzung des Phänomens
nicht unabhängig von der Vorstellung über den Gesamtverlauf der Geschichte.
Die ältere Forschung betrachtete das angebliche Gefolgschaftsmonopol als Aus-
gangspunkt; im Zuge des Machtverfalls des Königtums seien dann Privatgefolg-
schaften aufgekommen. Die neuere Forschung wertet das Verbot privater Gefolg-
schaften dagegen als einen weiteren Ausdruck des - nie ganz geglückten - Ver-
suchs, den Adel „einzustaaten". Karl Ferdinand Werner hat im Rahmen seiner
Einschätzung der Bedeutung spätantiker Kontinuitäten schließlich darauf hinge-
wiesen, daß die Gefolgschaft als Institution im fränkischen Reich auch römische

156 Vgl. D. CLAUDE, Rezension zu BERGENGRUEN, Adel und Grundherrschaft, in: Westfälische For-
schungen 15,1962, S. 197.
157 WENSKUS, Amt, S. 49f; vgl. zum Problem auch DERS., Stammesbildung, S. 351-355.
158 Vgl. IRSIGLER, Untersuchungen, S. 229ff.
159 Vgl. LE JAN-HENNEB!CQUE, Satellites, S. 98-105.
160 Vgl. H.K. SCHULZE, Grafschaftsverfassung, S. 49f.
161 Vgl. H.K. SCHULZE, Grundstrukturen, Bd. 1, S. 49.
162 Vgl. OLBERG, Gefolgschaft, in: LexMA, Bd. 4,1989, Sp. 1171.
163 Vgl. IRSIGLER, Untersuchungen, S. 231.
 
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