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Hechberger, Werner; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Adel im fränkisch-deutschen Mittelalter: zur Anatomie eines Forschungsproblems — Mittelalter-Forschungen, Band 17: Ostfildern, 2005

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https://doi.org/10.11588/diglit.34731#0331

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Die Struktur der adligen Familien: Von der Sippe zum Geschlecht

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familien oder -geschlechter überhaupt als konstante soziale Gruppen verstehen
solle. Je nach Kontext, Situation und Quellengattung seien sehr verschiedene For-
men der Familie zu fassen^.
Zuletzt wurde noch methodische Kritik an prosopographischen Forschungen
geäußert. Dies gilt insbesondere für die Auswertung von Nekrologen. Johannes
Fried hat wegen der Eigenart der Quellengattung daran gezweifelt, daß auf diese
Weise hinreichend sichere Aufschlüsse über politisch handelnde Verbände zu
erzielen seiend Hartmut Hoffmann hat allgemein bestritten, daß die Auswertung
der Lzürz Mcmonf&s zur Unterstützung der These Althoffs und Kellers herangezo-
gen werden können, wonach Heinrich I. mit Hilfe von zunzczYza-Bünden das Reich
zu stabilisieren hoffte, während Otto I. eine andere Politik eingeschlagen habe.
Eine Vielzahl hypothetischer Überlegungen und Gleichsetzung von Namen lassen
nach Hoffmann das Ergebnis spekulativ erscheinen. Die Gruppeneinträge seien
nicht unbedingt Gebetsbünde und wiesen keineswegs in jedem Fall auf eine ge-
schlossene Gruppe hin. Eine politische Dimension sei nicht erkennbar. Hoffmann
hat seine Kritik an einigen Beispielen demonstriert und vor allzu schnellen Schlüs-
sen angesichts einer unzureichenden Quellenbasis gewarnt^". Gerd Althoff und
Joachim Wollasch allerdings haben ihren Ansatz mit Nachdruck verteidigt und
vor allem die Art der Argumentation gerechtfertigt. Das Bezweifeln einzelner
Gleichsetzungen und Verbindungen von Namen ändere an der These nichts, da
„eine Kette von Indizien" stärker sei als „ihre einzelnen Glieder" W
Ganz unabhängig von diesen Fragen ist das vielleicht grundsätzliche Problem
der Memorialquellen für die Adelsforschung. Mit Karl Schmid sind alle Forscher,
die sich mit diesen Quellen beschäftigten, davon ausgegangen, daß hier der früh-
mittelalterliche Adel konkret zu fassen sei. Wenn man zudem davon überzeugt ist,
daß auch die Tradenten in Urkunden dem Adel angehörten, dann ergibt sich das
von Wenskus gezeichnete Bild einer Gesellschaft, an deren Spitze „Zehntausen-
de"n2 von Adligen stehen. Karl Schmid meinte, daß alle identifizierbaren Personen
durch Reichtum, Besitz und vornehme Herkunft ausgezeichnet seien. Ihre Zahl sei
so groß, daß man sagen könne, in den Gedenkbüchern seien neben den geistlichen
Gemeinschaften in erster Linie adlige Sippengemeinschaften aufgezeichnet wor-
denW Wilhelm Stürmer meinte explizit, daß die Tradenten in den frühen bayeri-
schen Quellen „weitgehend" als Adlige bezeichnet werden müßtenW Diese Auf-
fassung läßt sich allerdings keineswegs in irgendeiner Form belegen; sie ist viel-
mehr die Prämisse des Ansatzes, die wiederum ein Teil des veränderten Bilds der
138 Vgl. St. WHITE, Custom, bes. S. 86-129.
139 Vgl. FRIED, Methode (mit Replik v. Gerd ALTHOFF).
140 Vgl. H. HOFFMANN, Anmerkungen.
141 ALTHOFF/ WOLLASCH, Libri memoriales, S. 34.
142 So - kritisch - H.K. SCHULZE, Reichsaristokratie, S. 369.
143 Vgl. K. SCHMID, Verhältnis, S. 384f.
144 Vgl. STÜRMER, Adel als Träger von Rodung, S. 291.
 
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