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Hechberger, Werner; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Adel im fränkisch-deutschen Mittelalter: zur Anatomie eines Forschungsproblems — Mittelalter-Forschungen, Band 17: Ostfildern, 2005

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https://doi.org/10.11588/diglit.34731#0388

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384

Kapitel 9

zusammen^. Die lehnrechtlichen Kriterien seien als Schichtungskriterien wichtiger
geworden und hätten die alte geburtsständische Gliederung überlagert. Dies habe
nicht zuletzt die zeitgenössischen Gesellschaftsbilder beeinflußt. Der Zeitpunkt
der echten Lehnsfähigkeit und die Zugehörigkeit zum Heerschild waren regional
offensichtlich uneinheitlich^. Mit Ficker geht der größte Teil der Forschung davon
aus, daß er nicht vor der Mitte des 12. Jahrhunderts festzustellen sehL Früher setzt
ihn Schaab arU, während ein Teil der neueren Forschung, hier in Abgrenzung von
Bosl, davon spricht, daß es Einschränkungen beim Lehnsbesitz noch im 13. Jahr-
hundert gegeben habeA Für die Veräußerungen von Eigengütern der Reichsmini-
sterialen konstatierte Spieß, daß nach 1232 Mitwirkungen des Königs nicht mehr
festzustellen seien. Demnach wären in dieser Zeit die Beschränkungen beim In-
wärtseigen weggefallenG Andreas C. Schiunk entwickelte für die Reichsministeri-
alität ein Stufenmodell, das die Entwicklung von der Testierfähigkeit über die
Erblichkeit der Reichsämter, die Verfügung über Eigenbesitz, den Besitz von
Dienstlehen, den Besitz echter Lehen (passive Lehnsfähigkeit), die Vergabe echter
Lehen (aktive Lehnsfähigkeit) bis zur Verfügung über sich selbst erfaßt^. Schiunk
wies darauf hin, daß es Einschränkungen über Besitz noch in der zweiten Hälfte
des 13. Jahrhunderts gegeben habe. Auch der Bau von Burgen durch Ministerialen
habe erst nach 1241 eingesetzt^. Demnach sei die Emanzipation der Ministerialen
eher spät anzusetzerF°°. Auf jeden Fall macht das Modell von Schiunk deutlich,
daß es wenig Sinn hat, präzise Daten für die Frage zu suchen, ab wann die Mini-
sterialen zum Adel gezählt wurden. Von der Einschätzung der Bedeutung dieser
Kriterien hängt es ab, wann man die Emanzipation zeitlich ansetzt; dies erklärt die
recht unterschiedlichen Angaben von Regionalstudien. Eine Ausnahme blieb bis-
lang die von Max Weltin geäußerte Grundsatzkritik an der Vorstellung, der Auf-
stieg der Ministerialität sei als ein Prozeß zu beschreiben, in dem ursprüngliche
rechtliche Beschränkungen bei Grund- und Lehnsbesitz verblaßten und schließlich
entfielen. Einen Aufstieg der Ministerialität aus der Unfreiheit zur relativen Frei-
heit habe es in Österreich und in der Steiermark im 12. und 13. Jahrhundert nicht
92 Vgl. Zoiz, Formierung, S. 34; DERS., Bischöfliche Herrschaft, S. 113.
93 Vgl. GLADISS, Beiträge, 6ff.; WERLE, Feudalisierung, S. 67-77; RÖDEL, Reichslehenswesen, S. 195; K.-
H. SPIESS, Inwärtseigen, S. 89ff.; B. ARNOLD, Knighthood, S. 110-114; SCHLUNK, Königsmacht, S. 72.
94 Vgl. FICKER, Heerschild, Bd. 1, S. 178; KLUCKHOHN, Ministerialität in Südostdeutschland, S. 76f.;
MERKER, Bremen, S. 21f.; FENSKE, Genese, S. 695; RÖSENER, Wirtschaftsverhältnisse, S. 305.
95 Vgl. SCHAAB, Ministerialität, S. 109f. Die Auffassung von NEUMEISTER, Ministerialen, S. 82, daß die
Ministerialität schon im 11. Jahrhundert einer der beiden Hauptklassen, und zwar der Feudalklasse,
zuzuordnen sei, beruht natürlich auf einem anderen Gesellschaftsmodell, das nach anderen Krite-
96 Vgl. RÖDEL, Reichslehenswesen, S. 195; K.-H. SPIESS, Inwärtseigen, S. 91; SCHLUNK, Königsmacht, S.
78; gegen BOSL, Reichsministerialität, Bd. 2, S. 611; GLADISS, Beiträge, S. 6.
97 Vgl. K.-H. SPIESS, Inwärtseigen, S. 87f. Vgl. dazu auch EBNER, Eigen, S. 74f.
98 Vgl. SCHLUNK, Königsmacht, S. 72.
99 Vgl. SCHLUNK, Königsmacht, S. 75,122f., 127.
100 Vgl. SCHLUNK, Königsmacht, S. 80ff.
 
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