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Hechberger, Werner; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Adel im fränkisch-deutschen Mittelalter: zur Anatomie eines Forschungsproblems — Mittelalter-Forschungen, Band 17: Ostfildern, 2005

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https://doi.org/10.11588/diglit.34731#0401

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nig brauchbar, da es über diese Ministerialen keine gemeinsame Herrschaft gege-
ben habe. Explizit betrachtete Wolfram diese Einschätzung als eine Rückkehr zur
klassischen Sicht von Ficker.
Eine andere Auffassung vertrat dagegen Heinrich Appelt. Da die Hofverwal-
tung mit der Landesverwaltung in eins zusammengefallen sei, hätten sich die
Hofämter zu Eandesämtern entwickelt; die Dienstmannschaft des Landesfürsten
sei dadurch zur Landesministerialität geworden^. Besonders harsche Kritik an
der rechtsgeschichtlichen Erklärung wurde im Rahmen der bereits erwähnten
Kontroverse um die Entstehung der hochmittelalterlichen Adelsherrschaften ge-
übt. Max Weltin konstatierte, daß die Ministerialen nach dem Tod des letzten Ba-
benbergers das Land gebildet haben. Demzufolge hätten sie schon im 12. Jahrhun-
dert die Hochgerichtsbarkeit ausgeübt. Man müsse auch bei den Ministerialen von
Herrschaftsbildung auf „autogener" Grundlage sprechen; die Vorstellung von
„Inwärtseigen" lehnte Weltin ab^k Dieses Modell entspricht im wesentlichen der
These von der „Verdichtung" von Herrschaft, doch spielt dabei - in Anknüpfung
an Otto Brunners Begriff vom „Land" - der Landesherr keine bedeutende Rolle. In
Weltins Konzeption ist die Herkunft der Ministerialen kaum von Belang, doch
erschien es ihm als unwahrscheinlich, daß sie ursprünglich Teil des Lehens waren
und mit Königsgut ausgestattet worden seien.
Generell wird man festhalten dürfen, daß die Einschätzung der königlich-
fürstlichen „Doppelministerialität" wiederum vom verwendeten Verlaufsmodell
abhängig ist. Man kann zum einen annehmen, daß Ministerialen von Reichskir-
chen und Fürsten, rechtlich betrachtet, ursprünglich als Bestandteil von Lehen
Eigentum des Reichs gewesen sind. Wenn man weiter davon ausgeht, daß diese
Beziehung zum Reich im Laufe der Zeit verlorenging, erscheinen die Maßnahmen
Friedrichs II., ähnlich wie die sogenannten „Fürstengesetze", als Handlungen des
Herrschers, mit denen Auflösungstendenzen entgegengetreten werden sollten.
Allerdings kann man dies wiederum umgekehrt sehen. Die Ansprüche Friedrichs
II. könnten auch Teil des Versuchs sein, im Zuge einer offensiven Politik königli-
che Ambitionen überhaupt erst zu formulieren und rechtlich zu begründen. Die
Mehrdeutigkeit der Quellen zu dieser Frage wäre demnach darauf zurückzufüh-
ren, daß schon die Zeitgenossen bei diesem Problem unterschiedliche Auffassun-
gen vertreten haben.

205 Vgl. APPELT, Grundlagen.
206 Vgl. WELTtN, Landesherr, S. 159ff.; vgl. auch F. REICHERT, Landesherrschait, S. 74.
 
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