Rittertum
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weltliche Kriegertum übertragen worden istA Aufgenommen und fortgeführt
wurden diese Überlegungen in der klassischen Arbeit von Carl Erdmann, in der es
vornehmlich um die Entstehung des Kreuzzugsgedankens ging, die aber in die-
sem Rahmen eine sehr viel umfassendere Fragestellung verfolgte^. Erdmann zeig-
te die Annäherung der Kirche an den Krieg, die u.a. mit der Theorie des Augusti-
nus vom gerechten Krieg schon in der Spätantike begann. Die positivere Bewer-
tung von Kriegen für bestimmte Zwecke führte zu einer allmählichen Neubewer-
tung auch der Krieger selber und damit zur Formulierung eines Kriegerideals aus
kirchlicher Sicht, das zu einem Identifikationsangebot wurde. Als politischen Hin-
tergrund betrachtete Erdmann die Gottesfriedensbewegung des 10. und 11. Jahr-
hunderts, die Kirchenreform und schließlich die Entwicklung des Kreuzzugsge-
dankens. Die Herausbildung eines Ideals des christlichen Kriegers werde auch an
der Übernahme kirchlicher Symbolik durch das weltliche Kriegertum deutlich:
Durch Schwertsegen und Ritterweihe sei die Übertragung ethischer Forderungen
vom Herrscher auf den einzelnen Krieger sichtbar gemacht worden. Im Zusam-
menhang damit wurde auch ein neues Heiligenbild entworfen. Seit dem 11. Jahr-
hundert konnte man auch als Adliger, der im Laienstand verblieb und ein Leben
als Ritter führte, unter die Heiligen auf genommen wer den A Es ist wenig erstaun-
lich, daß in dieser Perspektive der Kirche die zentrale, zum Teil sogar die konstitu-
tive Rolle für die Anfänge des Rittertums zugeschrieben wurde. Gerd Althoff hob
bei seiner Untersuchung von Memorialquellen den Einfluß von Cluny hervor. Das
Rittertum sei durch Fremdbestimmung entstanden; es sei als der Versuch aufzu-
fassen, die Laienwelt auf christliche Ideale zu verpflichten^.
Der Einfluß der Kirche jedenfalls hat das Königtum offenbar sogar zu einer Re-
aktion gezwungen. Karl Schmid hat auf der Basis einer Analyse von Memorial-
quellen festgestellt, daß unter Heinrich IV. das Gedenken an die ^z'zMes reyrzz inten-
siviert wurde, und deutete dies als Versuch, den Gedanken des Königsdienstes als
Gegenbewegung gegen die vom Papsttum propagierte Idee von der neuen zzzz'üfz'zz
szzrzcfz Pehz zu fördern^.
Letztlich wirft diese Sicht allerdings auch ein Problem auf: Bestimmte Elemente
dieses Bildes vom Rittertum konnten sehr weit zurückgeführt werden. Als „Ur-
text" für alle Schwertsegnungen gilt das Mainzer Pontificale des 10. Jahrhun-
derts^. Karl Leyser stellte bereits in den Kirchenkonzilen des 8. Jahrhunderts Ver-
69 Vgl. HARNACK, Militia Christi.
70 Vgl. ERDMANN, Entstehung.
71 Vgl. ERDMANN, Entstehung, S. 250-267; DUBY, Ursprünge, S. 362; OEXLE, Potens, S. 139; LOTTER,
Idealbild.
72 Vgl. ALTHOFF, Christi milites.
73 Vgl. K. SCHMID, Gedenkstiitungen.
74 Vgl. VOGEL/ELZE, Pontifical; KEEN, Rittertum, S. 112.
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weltliche Kriegertum übertragen worden istA Aufgenommen und fortgeführt
wurden diese Überlegungen in der klassischen Arbeit von Carl Erdmann, in der es
vornehmlich um die Entstehung des Kreuzzugsgedankens ging, die aber in die-
sem Rahmen eine sehr viel umfassendere Fragestellung verfolgte^. Erdmann zeig-
te die Annäherung der Kirche an den Krieg, die u.a. mit der Theorie des Augusti-
nus vom gerechten Krieg schon in der Spätantike begann. Die positivere Bewer-
tung von Kriegen für bestimmte Zwecke führte zu einer allmählichen Neubewer-
tung auch der Krieger selber und damit zur Formulierung eines Kriegerideals aus
kirchlicher Sicht, das zu einem Identifikationsangebot wurde. Als politischen Hin-
tergrund betrachtete Erdmann die Gottesfriedensbewegung des 10. und 11. Jahr-
hunderts, die Kirchenreform und schließlich die Entwicklung des Kreuzzugsge-
dankens. Die Herausbildung eines Ideals des christlichen Kriegers werde auch an
der Übernahme kirchlicher Symbolik durch das weltliche Kriegertum deutlich:
Durch Schwertsegen und Ritterweihe sei die Übertragung ethischer Forderungen
vom Herrscher auf den einzelnen Krieger sichtbar gemacht worden. Im Zusam-
menhang damit wurde auch ein neues Heiligenbild entworfen. Seit dem 11. Jahr-
hundert konnte man auch als Adliger, der im Laienstand verblieb und ein Leben
als Ritter führte, unter die Heiligen auf genommen wer den A Es ist wenig erstaun-
lich, daß in dieser Perspektive der Kirche die zentrale, zum Teil sogar die konstitu-
tive Rolle für die Anfänge des Rittertums zugeschrieben wurde. Gerd Althoff hob
bei seiner Untersuchung von Memorialquellen den Einfluß von Cluny hervor. Das
Rittertum sei durch Fremdbestimmung entstanden; es sei als der Versuch aufzu-
fassen, die Laienwelt auf christliche Ideale zu verpflichten^.
Der Einfluß der Kirche jedenfalls hat das Königtum offenbar sogar zu einer Re-
aktion gezwungen. Karl Schmid hat auf der Basis einer Analyse von Memorial-
quellen festgestellt, daß unter Heinrich IV. das Gedenken an die ^z'zMes reyrzz inten-
siviert wurde, und deutete dies als Versuch, den Gedanken des Königsdienstes als
Gegenbewegung gegen die vom Papsttum propagierte Idee von der neuen zzzz'üfz'zz
szzrzcfz Pehz zu fördern^.
Letztlich wirft diese Sicht allerdings auch ein Problem auf: Bestimmte Elemente
dieses Bildes vom Rittertum konnten sehr weit zurückgeführt werden. Als „Ur-
text" für alle Schwertsegnungen gilt das Mainzer Pontificale des 10. Jahrhun-
derts^. Karl Leyser stellte bereits in den Kirchenkonzilen des 8. Jahrhunderts Ver-
69 Vgl. HARNACK, Militia Christi.
70 Vgl. ERDMANN, Entstehung.
71 Vgl. ERDMANN, Entstehung, S. 250-267; DUBY, Ursprünge, S. 362; OEXLE, Potens, S. 139; LOTTER,
Idealbild.
72 Vgl. ALTHOFF, Christi milites.
73 Vgl. K. SCHMID, Gedenkstiitungen.
74 Vgl. VOGEL/ELZE, Pontifical; KEEN, Rittertum, S. 112.