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Hechberger, Werner; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Adel im fränkisch-deutschen Mittelalter: zur Anatomie eines Forschungsproblems — Mittelalter-Forschungen, Band 17: Ostfildern, 2005

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https://doi.org/10.11588/diglit.34731#0472

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468

Kapitel 11

überzeugend. Gerd Schwerhoff hat demgemäß Elias unzutreffende Vorstellungen
von Verhaltensweisen im „Rittertum" und am „Hof" vorgeworfenA Im Hinblick
auf diese Frage allerdings dürfte zumindest die mediävistische Forschung noch
am Anfang stehen.

11.3. Parallelitäten auf Reichsebene: Horizontale Gruppenbildungen
im Kontext der Veränderung der Reichsverfassung
Als man den Beginn der Fandesherrschaft im Rahmen des Bündelungsmodells
und vor dem Hintergrund der Bedeutung personaler Beziehungen betrachtete,
fielen schließlich die Parallelitäten auf der Reichsebene auf. Ernst Schubert be-
schrieb die Entwicklung der spätmittelalterlichen Verfassung als Entstehung eines
Dualismus zwischen König und Reich, wobei unter Reich die Gesamtheit der
Reichsstände verstanden wurdet Peter Moraw betrachtete die Entstehung des
Reichstags als Parallelerscheinung zur Entwicklung landständischer Verfassun-
gen^; Karl-Friedrich Krieger zeigte die Rolle des Lehnswesens für die Reichsver-
fassung9h
Demgemäß hat sich die neuere Forschung von der Vorstellung verabschiedet,
die politischen Entwicklungen des Spätmittelalters auf Reichs- und Landesebene
seien als eine Art Nullsummenspiel zu betrachten, in dem „die Reichsgewalt" auf
Kosten der Länder geschwächt worden sei. Das Spätmittelalter erscheint heute
eher als eine Aufbauzeit mit parallel auf Reichs- und auf Landesebene stattfinden-
den Entwicklungen^"". Peter Moraws Arbeiten über die Entstehung des Reichstags
übertrugen Fragestellungen und Hypothesen, die bislang nahezu ausschließlich
für die Erforschung der Landesherrschaft verwendet worden waren, auf die
Reichsebene. Die Vorstellung, man solle besser von der „Entstehung" des
Reichstags sprechen statt von dessen Umbildung, konnte nicht nur mit dem Ver-
weis auf die Terminologie der Quellen begründet werden - Moraw hat dies kei-
neswegs als zentralen Punkt seiner Argumentation betrachtet^ sie führte vor
allem auch dazu, daß die Idee von einer „Reichsreform" am Ende des 15. Jahrhun-
derts als nicht mehr unproblematisch erschien. Die Entwicklung des 14. und ins-
besondere des 15. Jahrhunderts wird in dieser Perspektive auch auf Reichsebene,

96 Vgl. SCHWERHOFF, Zivilisationsprozeß.
97 Vgl. E. SCHUBERT, König, bes. S. 254-276.
98 Vgl. MORAW, Versuch.
99 Vgl. KRIEGER, Lehnshoheit.
100 Zu diesem Wechsel der Perspektive vgl. programmatisch MORAW, Landesgeschichte; zu den Folgen
vgl. DERS., Ergebnisse.
101 Vgl. MORAW, Versuch, S. 212.
 
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