Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Monatsberichte über Kunst und Kunstwissenschaft — 3.1903

DOI Artikel:
Pudor, Heinrich: Die bildende Kunst in Dänemark
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.47725#0215

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
179

L. Hasselriis (geb. 1844), dessen grösstes Werk
das Dänemark-Monument vor dem neuen Kunst-
museum in Kopenhagen ist, das indessen künst-
lerisch gar nichts wert ist und an italienische
Hausierplastik erinnert. Er hat noch eine Reihe
von Portrait-Statuetten geschaffen.
Zu den talentvolleren Künstlern des jungen
Dänemark gehört der Bildhauer Ludwig Brand-
strup (geb. 1861), der sich von der Thorwaldsen-
schen Tradition weit entfernt und dem Realismus
nähert. Er hat eine Reihe bemerkenswerter Portrait-
Statuen und Büsten modelliert, darunter diejenige
des grossen dänischen Mäcen Jacobsen, der in
einzig dastehender Weise die Kunst seiner Zeit
materiell unterstützt, allerdings leider mehr die
Mittelmässigkeit, als das wirkliche Talent.
Es mögen endlich unter den jüngeren Bild-
hauern Dänemarks noch genannt werden: Karl
J. Bonnesen (geb. 1868), R. Boegebjaerg (geb.
1859), Thod Christensen Edelmann (geb. 1856),
N. Hansen Jacobsen (1861), dessen Statue des an
den Felsen geschmiedeten Loki gut, aber etwas
dekorativ ist, Anna Maria Karl Nielsen (geb. 1863),
der Originalität zeigt, und Julius Schultz (geb. 1851).
Im allgemeinen steht die dänische Plastik im
Zeichen Thorwaldsens. Das heisst so viel, als
dass es eine nationale dänische Plastik noch nicht
gibt. Dieselbe kann erst kommen, wenn sich die
dänischen Künstler eine Zeit lang rückhaltlos dem
Realismus hingeben und nicht bei den französischen
Klassizisten, sondern bei den französischen und
bei den belgischen Realisten in die Schule gehen.
* *
*
Im Sommer des Jahres 1901 fand in den
Räumen des neuerbauten Rathauses in Kopenhagen
eine kunstgeschichtliche dänische Ausstellung statt,
welche von dem grossen Reichtum Dänemarks an
malerischen Talenten ein glänzendes Zeugnis ab-
legte. Allerdings hat die dänische Malerei, wie
diejenige aller anderen skandinavischen Länder,
unter dem Uebelstand zu leiden gehabt, dass die
Künstler sich lange Zeit dem ausländischen Ein-
fluss willenlos hingaben und dass sich demzufolge
eine eigentliche nationale Malerei nicht recht ent-
wickeln wollte. Unter Christian III. und IV. und
unter Frederik II. wurden deutsche Maler und
Kunsthandwerker wie Jakob Binck, Th. Gemperlin
nach Kopenhagen berufen, unter Christian IV. und
Frederik III. namentlich Holländer, wie Karl van
Mander und Abr. Wuchters. Ersterer (1610—1670)
war ein ausgezeichneter Porträtmaler, von dem
in der genannten Kopenhagener Ausstellung zwölf
Bilder zu sehen waren, darunter das interessante
Porträt der Leonora Christine Ulfeld (im Besitze
des Lensbaron Rosenkrantz). Er hat sich an
Rubens und van Dyck gebildet. Die Kopenhagener
Galerie besitzt sechs Werke von seiner Hand.
Auch die spätere Zeit ermangelte nicht tüchtiger
Maler aber sie standen sämtlich im Banne der
ausländischen Schulen oder waren selbst zum
grossen Teil Ausländer. N i c. A b i 1 d g a a r d (1742
bis 1804) studierte im Ausland die Antike und

benutzte bei seinen Gemälden, die zum Teil Alle-
gorien darstellten, antike Stoffe. Er studierte
auch Michelangelo, Rafael, Tizian und Poussin und
wurde ein akademischer Maler, der für den Hof
die nötigen Repräsentationsbilder schuf. Als ein
das Volk verachtender Despot liebt er das künst-
lerische Latein und eine allegorisierende Sprache.
Die Kopenhagener Galerie besitzt von ihm Szenen
zu Holbergs Niels Klimm und Terentius’schen
und Apulejus’schen Märchen. Als Lehrer war er
sehr einflussreich, ohne indessen Naturbeachtung
lehren zu können. Unter seinen Schülern seien
genannt C. F. Hoyer, die Porträtmaler C. G. Kratzen-
stein-Stub und J. L. Lund, vor allem aber der
talentvolle Christian Wilhelm Eckersberg (1783 bis
1853) — nicht zu verwechseln mit dem Norweger
Johann Frederik Eckersberg. C. W. Eckers-
berg wurde in Blaakrog in Schleswig geboren
und wurde nicht nur Schüler Abildgaards,
sondern auch Louis Davids während seines Auf-
enthaltes in Paris. Als Schüler Davids wurde er
das Haupt der neueren dänischen Malerschule und
führte in dieselbe die sichere Zeichnung, aber auch
den theatralischen Pathos Davids ein. Er ist sehr
fruchtbar gewesen und hat neben Marinen und
Landschaften religiöse, mythologische und histori-
sche Bilder, Genrebilder und Porträts gemalt. Die
Kopenhagener Galerie besitzt von seiner Hand drei-
undzwanzig Bilder, darunter das ausgezeichnete
Marinebild „Et dansk Orlogsskib under Sejl“; auf
der Rathaus - Ausstellung waren nicht weniger
als sechsundzwanzig Eckersberg zu sehen, zum
grössten Teil Marinebilder im holländischen Stil,
von einer gewissen Gleichförmigkeit: helle gelb-
rote Segel über leichtgekräuseltem, hellblauem
Wasser wird er nicht müde zu malen. Auch gute
Porträts sah man da; das Beste war das Bild der
Frau des Kaufmanns Schmidt, vortrefflich auch
das Doppelporträt des Grafen Bille-Brahe und
seiner Frau. Es mag zugestanden werden, dass
Eckersberg nach Realismus strebte, aber der Ein-
fluss Davids in Paris und Thorwaldsens in Rom
verhinderte den Bruch mit der idealistischen Tra-
dition. Und wenn er seine Schüler lehrte, die
Natur anzuschauen, so taten bei diesen letzteren
die Reisen nach Italien und die Beeinflussung
durch Thorwaldsen und Freund ein übriges, das
Aufkommen eines kräftigen Realismus zu ver-
hindern.
Bevor wir auf die Schüler Eckersbergs kommen,
wollen wir die Porträtmäler Vigilius Erichsen
(1722—1782) und Jens Juel (1745—1802) erwähnen.
Von ersterem hängt ein ausgezeichnetes Porträt
der Königin Julianne Marie in der Kopenhagener
Galerie. Jens Juel ist in Gamborg auf der Insel
Fyen geboren. Er war erst Schüler Gehrmanns
in Hamburg und bezog darauf die Akademie1) in
Kopenhagen. Im Jahre 1771 gewann er die
goldene Medaille, reiste im folgenden Jahre nach
Rom, Paris und Genf, wo er sich bis 1780 auf-
hielt. In diesem Jahre kehrte er heim und wurde
Hofporträtmaler, Mitglied der Akademie, dann
1) Die Kopenhagener Kunstschule war bereits im Jahre 1754 zur
staatlichen Akademie erhoben worden.
 
Annotationen