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Monatsberichte über Kunstwissenschaft und Kunsthandel — 2.1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.47724#0111

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Wanderung auf eine prächtige geräumige Galerie,
hierauf in die Tiefe, d. h. in unterirdische Aus-
stellungsräume, die durch ihre eigenartige Be-
leuchtung einen ganz besonderen Reiz ausüben,
von da steigen wir wiederum hinauf, und gelangen
in einen Komplex kleiner, ganz intimer Kunstsalons,
dieausserordentlich kontrastieren mit dem imposanten
Eindruck der Raumverhältnisse des grossen Haupt-
saales, in den wir schliesslich zurückgelangen. Durch
eine höchst geschmackvolle, wahrhaft künstlerische
Dekoration gelangen die interessanten Jagdtrophäen,
die bemerkenswerten ausgestellten Waffen des XVI.,
XVII. und XVII. Jahrhunderts, die prächtigen
Gobelins, die Gemälde, schwarzen und farbigen
Kupferstiche, die alten Holzschnittbücher mit Jagd-
. darstellungen und alle die anderen Schätze erst zu
voller Wirkung. So kann man denn diese Ausstellung
eine in der Idee wie in der Ausführung gleich
prächtige Veranstaltung nennen, deren Besuch einem
Jeden interessant sein wird, gleichviel ob er selbst
ein gewaltiger Nimrod ist oder lediglich aus Inte-
resse an alter Kunst- und Kunstthätigkeit in die
prächtigen Räume eingetreten ist. G. K.

Paris. Sammlung R. Kann. Wir haben im

ersten Jahrgang wiederholt über diese herrliche
Gemäldesammlung und über das prächtige,
100 Photogravuren nach den hervorragendsten
Bildern dieser Galerie umfassende Werk der
Gesellschaft für vervielfältigende Kunst in Wien
berichtet (Vgl. S. 111, 154, 195 („Rembrandt
in der Sammlung R. Kann“) 235, 265, 307,
338, 384, 422, 509.) Wir setzen hier die
Schilderung der wichtigsten Gemälde der
Sammlung auf Grund der von W. Bode ver-
fassten Beschreibung fort und stellen einen
illustrierten Artikel über die Galerie für eines
unserer nächsten Hefte in Aussicht.

Im Verfolg unserer Uebersicht über die
Schätze der Galerie gelangen wir jetzt zu den
grossen Meistern der „belebten Landschaft“,
denen auch Isack van Ostade schon zugezählt
werden darf: von ihnen fehlt keiner in der
Sammlung: Paulus Potter, Philips Wouwerman
und Aelbert Cuyp sind sämtlich mit einem oder
mehreren Bildern vertreten, die an Güte den
Werken der übrigen Meister nichts nachgeben.
Die Gemälde des Paulus Potter sind schon im
Laufe des vorigen Jahrhundert fast sämtlich in
öffentliche Sammlungen übergegangen; nament-
lich die Viehstücke dieses „Raphaels der Tier-
malerei“ gehörten damals schon zu den ge-
suchtesten und .‚höchstbezahlten Gemälden.
Weniger geschätzt waren seine landschaft-
lichen Kompositionen mit einzelnen Reitern,
einer Heerde von Schweinen, mit Pferden
an der Schwemme oder ähnlicher Staffage,
sowie kleine Pferdeportraits in Landschaft.
Motive dieser Art sind es, die jetzt noch
hie und da einmal im Kunsthandel auf-
tauchen; auch diese pflegen dann meist hohe
Preise zu erreichen. Ein besonders gutes Bild

dieser Art besitzt Herr Rudolf Kann, das sich
irüher in der Galerie des Grafen Perregaux-
Laffitte befand : „Vor der Schmiede“ (im Galerie-
werk Tafel 24), a. d. Jahre 1648 datiert und
daher mit zwei- oder dreiundzwanzig Jahren
vom Künstler gemalt, der gar zu zeitig, im
Alter von 28 Jahren, wie Isack van Ostade,
seine Laufbahn abschliessen sollte. Wie in
den meisten Bildern dieser früheren Zeit ist
die Behandlung breit und pastos, ist die Wirkung
in Licht und Farbe energisch und sind die
Figuren derb, dem Isack van Ostade verwandt.
In der Beobachtung der Tiere zeigt der Künstler
schon dieselbe Schärfe wie in den späteren
Bildern, aber er deutet mehr an, statt durch-
zuführen; in der Landschaft besitzt er gerade in
diesen früheren Werken einen besonderen
feinen Sinn für Licht- und Luftperspektive, die
einzelne seiner Bilder, wie die grosse Farm
der Eremitage und ein ähnliches kleineres Bild
beim Duke of Westminster, auch landschaftlich
zu hervorragenden Werken der holländischen
Schule machen.

Noch mehr als bei Potter ist neuerdings bei
Philips Wouwerman, durch den vorwiegend
malerischen Sinn unserer Zeit, das Landschaft-
liche in seinen Gemälden zur Anerkennung
gekommen. Nicht mehr die novellistisch kom-
ponierten grossen Reiterschlachten, die Pferde-
märkte, Jagden u. a. mit Menschen und Tieren
vollgedrängte, durch lebendige Bewegung und
reiche Färbung leicht unruhig wirkende Kom-
positionen, sondern die -selteneren einfachen
Landschaften des Künstlers: Ansichten aus
den Dünen bei Haarlem, Fernblicke über hüge-
liges Terrain und ähnliche Motive, mit ein
paar Reitern, Jägern, Fussgängern oder einem
Heuwagen belebt, werden heute von den
Sammlern bevorzugt. Die Kann’sche Galerie

- besitzt drei Bilder dieser Art; sämtlich wenig

umfangreich, aber künstlerisch von grösster
Feinheit. Eines derselben, „ein junges Paar
zur Jagd ausreitend, das von einem Pilger an-
gebettelt wird“ (im Galeriewerk Tafel 25), öffnet
den Blick über eine weite hügelige Ferne, über
welcher der Dunst der Mittagssonne liegt und
welche die kräftigen, reichen Farben des Hoch-
sommers zeigt. Es könnte passend als „der
Sommer“ bezeichnet werden, zumal das als
Gegenstück aufgestellte Bild des Künstlers (im
Galeriewerk Tafel 26) ein „Winter“ ist: ein maler-
ischer Holzsteg führt über einen zugefrorenen
Bach und bietet den Durchblick auf die be-
schneiten Häuser eines Dorfes. Wenige kleine
Figuren beleben das einfache Motiv, aber der

Aufbau des Bildes ist durch die maüächtige

Wolke, die sich über dem dunklen Vorder-
grunde ballt und deren Ränder sich hell
leuchtend vom düsteren Himmel abheben, von
grosser Wirkung.

(Fortsetzung folgt.)
 
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