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Monatsberichte über Kunstwissenschaft und Kunsthandel — 2.1902

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Nr. 6
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https://doi.org/10.11588/diglit.47724#0326

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— 215 —

Persönlichkeit wie Cornelius Gurlitt gut, dass er
auch bei Abfassung seines neuesten Werkes dem
bewährten allgemeinen Grundsatz treu geblieben
ist und die Darstellung des Verlaufs der Kunst-
epochen auf dem zivilisierten Erdenrund mit einem
guten Teil seines selbsteigenen Kunsturteils und
seiner lebensirischen Weltanschauung gewürzt hat.
Seine Urwüchsigkeit, besonders im Schildern von
Künstlerkoryphäen und deren charakteristischsten
Schöpfungen, drängt ihm allerdings so manche
Geschmacklosigkeit in die Feder; so fiel uns die
Stelle (II S. 437) aui, wo er Rembrandts liebens-
werten „brüllenden, pissenden Buben“, genannt
Ganymed, abhandelt. Von Rubens rühmt Gurlitt,
dass er erst gelehrt habe, in dem blühenden
glänzenden Fell (sic!) der blonden Vläminnen zu
schwelgen, und er warnt, nicht allzuviele Bilder
dieses Meisters und seiner Schule in Reihen neben-
einander zu hängen, sonst „könne einem bei so viel
fettem Weiberfleisch übel werden.“ Eine derartig
krasse und saloppe Ausdrucksweise in einem
ästhetisierenden Schriftwerk dürfte die durch die
flotte, kernige Darstellung beim Leser geweckte
Kunstbegeisterung gerade an diesen bedeutungs-
vollen Stellen für Augenblicke etwas nüchterner
stimmen. Bei Gelegenheit der Rubens-Biographie
wollen wir gleich auf den Uebelstand hinweisen,
dass trotz des im Vorwort einer jüngeren (?) Kraft
für geleistete Korrekturhilfe ausgesprochenen Dankes
sich doch zahlreiche Druckfehler, oft sinnentstellender
Art, vorfinden. So auf S. 369 gleich drei recht
störende: „Nicht umsonst hatte er Annibale, Caracci
und Guido Reni bei der Arbeit zugeschaut — — —,
der Raub der Tochter (NB. zwei Töchter) des

Leukippos — — —. Malte Helene Fourment (in.
Windsor Castle, mit ihrem nackten Sohn (in der
Pinakothek zu München) — — —.“ Etwas störend

ist ferner der ungewöhnliche und zu häufige Ge-
brauch des Kolons; so z. B. S. 576: „(Seine Kunst)
deckt sich in ihrer ganzen Haltung mit dem, was
Mozart in seinen reiisten Werken bietet: Noch ist
die Quelle des Schaffens italienisch — — —: Aber
der Geist ist ein neuer geworden: Es ist jene An-
mut — — —.“ Dass der Verfasser den in den
Abschnitten über die neueste Zeit etwas gedrängt
auf einander folgenden Künstlernamen kurze Lebens-
daten in Klammer hinzugefügt.hat, ist sehr lobens-
wert; doch hätte nicht übersehen werden dürfen,
dass bereits gestorben sind:

Erdmann Encke (7 18396), Falguiere (+ 1900),
Konr. Knoll (+ 1899), Rud. Koller (+ 1898), Morelli
(+ Aug. 1901), Alb. Pasini (+ 1899). Der Londoner
Akademiepräsident Poynter („7 1900?‘“) ist dagegen
noch nicht ins Jenseits abberufen worden. „Fertig
wird ein Buch wie das vorliegende nie‘, heisst’s
am Eingang des Vorworts. Allerdings nicht, wenn
sich gleich beim ersten Anhieb diese und andere
Mängel, wie oben besprochen, vorfinden.

Dr. F. Sauerhering.



Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlungen des aller-
höchsten Kaiserhauses. Red.: H. Zimmermann.
Bd. 22 Heit 5 u. 6. Lpzg. 1902. Fol. 5. Wick-
hoff, F., Die Bilder weiblicher Halbfiguren aus der
Zeit und Umgebung Franz I. v. Frankreich. Mit
9 Taf. u. 11 Textillustr. — 6. List, C., Wendelin
Boeheim. — Dörnhöffer, F., Eduard Chmelarz. —
Register zum 1. Thl. — Quellen zur Geschichte
der kaiserl. Haussammlungen und der Kunstbe-
strebungen des allerdurchlauchtigsten Erzhauses :
Documente üb. Bildersendungen von Venedig nach

Wien in den J. 1816 u. 1838, aus dem Archivo di
Stato zu Venedig. Hrsg. v. G. Ludwig. — Register
zum 2. Ihl.

Jahrbuch der bildenden Kunst 1902. Unter Mit-
wirkung von Dr. W. von Seidlitz-Dresden heraus-
gegeben von Max Martersteig. Mit 63 Textillustr.
u. 15 Kunstbeilagen. Berlin 1902. Folio.

Mit diesem Werk ist nicht nur allen Künstlern,
kunstgewerblichen und kunstindustriellen Kreisen,
Gallerien, Museen, Privatsammlungen etc. ein un-
entbehrliches Nachschlagebuch erstanden, sondern
es ist auch jedem, der mit der Kunst auf freund-
schaftlichem Fusse steht, in einigen dreissig Artikeln
aus der Feder namhafter Kunstschriftsteller, ein
reichhaltiger, wenn auch vielleicht etwas einseitiger
Rückblick auf das gesamte Kunstschaffen des ver-
gangenen Jahres geboten. Hans Rosenhagen, Singer,
Hartmann, Matthäi, W. Gensel, Malaguzzi, de Saint-
Hubert, Aubert, H. Obrist, W. v. Seidlitz, Kautzsch,
Graul u. A. rekapitulieren die Gemälde-, Kunst-
gewerbe- und graphischen Ausstellungen des In-
und Auslandes, Kienzle, Schumacher, Oechelhäuser
berichten über die Denkmäler, Lehrs über die
graphischen, Seidlitz u. Graul über die reprodu-
zierenden Künste und A. Hofmann behandelt die
deutsche Baukunst an der Wende des Jahrhunderts.
Man kann sagen, dass jede der bemerkenswerteren
Kunstleistungen und künstlerischen Fragen des
Jahres 1901 eine ausführliche Erörterung erfahren
hat, umsomehr als ein umfangreicher Illustrations-
apparat mit Beiträgen hervorragender Künstler für
die Bereicherung der Anschauung sorgt. Der um-
fangreiche Anhang mit Angabe biographischer
Daten bei den Künstlern, den Vorständen und In-
habern von Sammlungen, Gallerien, Museen, Schulen
und Anstalten etc. etc., macht diese Publikation
ausserdem zu einem brauchbaren Nachschlagebuch.

Dr. P.

Jellinek, A. J. Internationale Bibliographie der Kunst-
wissenschaft. Jahrgang I, Heft 1. Jährlich 6 Hefte.
Berlin 1902.

Diese Bibliographie entspricht einem in der ge-
samten Kunstwissenschaft fühlbar gewordenen Be-
dürfnis und orientiert namentlich über die in Zeit-
schriften und Zeitungen enthaltenen kunstwissen-
schaftlichen Abhandlungen. Ausgeschlossen ist
jedoch alles, was sich auf die Technik der Kunst,
ohne Rücksicht auf das Künstlerische bezieht.

Joesten Jos. Kulturbilder aus dem Rheinland. Bei-
träge zur Geschichte der geistigen und sozialen
Beweggn. des 18. u. 19. Jahrh. am Rhein. (X, 303 S.
m. Bildnis.) Gr. 8°. . Bonn 1902.

Kunstgeschichte in Bildern. Systematische Dar-
stellung der Entwicklg. der bild. Kunst vom klass.
Altertum bis zum Ende des 18. Jahrh. II. Abtlg.
Fol. Leipzig 1902. — II. Dehio, G., Das Mittelalter.
109 Taf. (VIH S. Text).

Luckenbach, H. Kunst und Geschichte. 1. Tl. Ab-
bildungen zur alten Geschichte. 4. verm: Auflage.
München 1902.

Der Stil in den bildenden Künsten und Ge=-
werben. Hrsg.: G. Hirth. I. Serie: Der schöne
Mensch in der Kunst aller Zeiten. 50. Lig. (Neuzeit,
bearb. v. H. Hirth. Taf. 169—180 m. Text. S. 39—42.)
gr. 4°... München 1902.

Bau= u. Kunstdenkmäler Thüringens. Im Auftrage
der Regiergn. v. Sachsen-Weimar-Eisenach, Sachsen-
Meiningen u. Hildburghausen, Sachsen-Altenburg,
Sachsen-Coburg u. Gotha, Schwarzburg-Rudolstadt,
Reuss älterer Linie u. Reuss jüngerer Linie bearb.
 
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