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Die neue Stadt: internationale Monatsschrift für architektonische Planung und städtische Kultur — 6.1932-1933

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Grohmann, Will: Neue schöpferische Kräfte in der europäischen Malerei der Gegenwart
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https://doi.org/10.11588/diglit.17521#0125

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unterbauten Kunstgestaltung, bezw. zur architektonisch-technischen Verwirk-
lichung, also um Grenzfälle vom Standpunkt der bisherigen Kunst aus. Fast
jeder der hierbei auftretenden Namen vertritt und erschöpft eine Richtung,
nirgends ist die „Sprachverwirrung" größer. An den jüngeren Vertretern aber
zeigt sich entschieden die Fruchtbarkeit der Methode, mit mathematischen,
bezw. technischen Vorzeichen gestalterisch zu arbeiten, und in beiden Fällen
wird eine Konkretisierung erreicht, die den Begriff Kunst revidiert Da wir die
Grenzen der Kunst nicht erkennen, sondern erfahren, wäre es müßig, diesen
Ergebnissen der Gestaltung die Bezeichnung Kunst zu verweigern.

Als ein Korrelat zu dieser Ueberwachheit synthetischer Schaffenskräfte könnte
man die dämonische, analysierende Methode eines Groß oder des frühen Dix
ansehen. Auch hier ein supranaturalistisches Ergebnis, wobei die frei er-
findende abstrahierende Form die zerfressende Schärfe der Beobachtung
und der Gesinnung paralysiert. Die sogenannte „Neue Sachlichkeit" hat damit
nichts zu tun, sie ist in den meisten Fällen ein Rückfall in die Akademie, also
bedeutungslos, seltener eine Anknüpfung an H. Rousseau mit mehr oder
weniger naiven Bildungsmitteln, wie die Bombois und Vivin in Frankreich
beweisen. Bei einzelnen ein Mittel zur politischen Propaganda. (Otto Griebel),
bezw. zur zeitgemäßen Seinserforschung (A. W. Dreßler * 1886, B. Kretzschmar
* 1889, C. Großberg * 1894).

Vom italienischen Futurismus (1910) blieb als wirkende Kraft nicht das Pro-
gramm übrig, sondern ein einziger Künstler, Chirico (* 1888), dessen aktuelle
Mythologie, gemischt aus futuristischer Zahlenmystik und Ressentiments eines
reichen literarischen Unterbewußtseins, nicht ohne Wirkung auf spätere Ver-
suche einzelner dem Surrealismus nahestehender Maler blieb.

Wie immer in der Geschichte gehen nicht alle Anreger in der Hilfskonstruktion
der Geschichtsklitterung auf. Ist Dufy (* 1880) z. B. ein Ausklang der „Fauves",

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