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Die neue Stadt: internationale Monatsschrift für architektonische Planung und städtische Kultur — 6.1932-1933

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Grohmann, Will: Neue schöpferische Kräfte in der europäischen Malerei der Gegenwart
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https://doi.org/10.11588/diglit.17521#0129

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Pa p a zoff

Kindertraum. 1928. Reve d'enfant. Childs dream

Bulgarien Bulgarie Bulgaria

Umfang erreicht, die vollkommen neu und überzeugend sind. Während um-
gekehrt bei M. Campigli die Metapher des Gedankens in eine überraschend
eindeutige Form einmündet. Alle die Maler, bei denen sich Picasso-Anregun-
gen mit solchen Klees oder Kandinskys oder Legers mischen, besonders die
Surrealisten, sind nicht mit angeführt. Diese Aufzählung soll nichts weiter als
die ungeheure Ausdehnung einer grundlegenden künstlerischen Erkenntnis
Tschechoslowakei Cechoslovaquie Cxecho- beweisen. Gleichzeitig zeigen, in welchen Ländern sie am tiefsten wirkte, näm-
Slovakia lieh überall dort, wo Gegenkräfte fehlten, in Spanien, Italien, der Tschecho-

slowakei, Polen. In Frankreich wirkten immerhin Matisse und die Fauves weiter,
dazu Braque und Leger, in Deutschland die Brücke, Klee und Kandinsky, Schlem-
mer und Baumeister, Hofer und Beckmann, in Rußland die Konstruktivisten. In
den skandinavischen Ländern und in England war die Wirkung gleich null, im be-
nachbarten Belgien ganz unbedeutend. Beherrschend blieb in den skandinavi-
schen Ländern Münch, in Belgien Ensor, in England die Royal Akademy. Wo
aber die neue künstlerische Erkenntnis eindrang, verschob sie die Wertmaß-
stäbe und degradierte die realistische Kunst zu einer Möglichkeit unter vielen,
vorausgesetzt, daß sie sich überhaupt als zeitgemäß ausweisen konnte. Man
begann wieder zu begreifen, daß die Kunst nicht dazu da ist, sich bloß optisch
oder gefühlsmäßig mit der Welt auseinanderzusetzen, sondern geistig und auf-
bauend, und wenn dies auch anders geartete Maler wie Matisse und Nolde
etwa schon getan hatten, die durchgreifende Umschichtung der schöpferischen
Funktionen und ihrer Darstellungsmittel machte den Riß zwischen dem neun-
zehnten und zwanzigsten Jahrhundert erst evident. Hier war selbst mit ge-
schmeidiger Anpassung der alten ästhetischen Begriffe nichts mehr zu machen.
Hier mußte man die sichtbare Welt als ein Beispiel unter vielen begreifen oder
darauf verzichten, Zeitgenosse zu sein.

Und ebenso befruchteten Braque, Leger und der frühverstorbene Juan Gris. In
geringerem Maße die Mitkämpfer Gleizes, Metzinger, Delaunay. Besonders
Braques Verbindung von gestaltentem Simultane in seinen „spectacles des ob-
jets" mit klassisch französischem Geist und LegersVerbindung von Aktualität und
Toyen bewußtem Kontrast der verschiedenen Wirklichkeiten gaben Mut, in der Kunst

Aloe. 1928 Analyse und Aufbau der Zeit zu geben. Hierbei entsteht meist Neues, die Ab-

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