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Die neue Stadt: internationale Monatsschrift für architektonische Planung und städtische Kultur — 6.1932-1933

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Gantner, Joseph: Stil und Zukunft einer Hauptstadt: Zu dem Wettbewerb für einen "Allgemeinen Erweiterungsplan der Stadt Bern und ihrer Vororte"
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https://doi.org/10.11588/diglit.17521#0153

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STADT BERN UND VORORTE: DIE
ERWERBSTÄTIGEM NACH ERWERBS-
ZWEIGEN. STAND AM 51. DEZ. L9Z0.

ZEICHENERKLÄRUNG.
C33NLXJSTRIE UND GEWERBE imuuuuum i ippponi ii/nriM
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Tabelle der Erwerbstätigen nach Erwerbs-
zweigen. 1920.

Aus dem Wettbewerbsprogramm.

Table of Employed Persons by Professions. 1920.

From the competitive programme.

Tableau des professions.

Tiree du programme du concours.

zehnten. Man hat längst eingesehen, daß das Wachstum der Städte a tout prix
sich zu einem großen Unglück auszuwachsen beginnt, sobald die wirtschaft-
liche Prosperität auch nur im geringsten nachläßt, man hat statistisch einwand-
frei errechnet, daß Städte von rund 100 000 Einwohnern, also gerade in der
Größe des heutigen Bern, die günstigsten kommunalen Verwaltungskörper dar-
stellen, die ohne zwingende Gründe nicht zu weiterem Wachstum veranlaßt
werden sollen, und daß alle weitere Entwicklung sozusagen in andere, selbst-
verständlich von der Stadt aus regulierte Kanäle abgeleitet werden muß.
Der Aufschluß, den das Wettbewerbsprogramm über diese Frage gibt, lautet
relativ günstig: Die Industriearbeiter machen 9 Prozent der Bevölkerung aus, in
der öffentlichen Verwaltung arbeiten 15 Prozent, in Handel und Verkehr
30 Prozent, und einen großen Prozentsatz weist das Kleingewerbe auf. Mit
andern Worten: Bern ist heute noch die ausgesprochene StadtdesMittel-
standesunddesBeamtentums, und es wäre, von einem höhern Ge-
sichtspunkte aus, zweifellos ein Fehler, diesen Charakter der Stadt in dem zu-
künftigen Generalbebauungsplan zu verwischen!

III.

Selbst wenn man den relativ weiten Termin des Wettbewerbes (31. Juli 1933) in
Betracht zieht, so fällt seine Ausschreibung doch in einen Zeitpunkt, in wel-
chem die Entwicklung all dieser städtebaulichen Fragen auch für die Schweiz
völlig unabsehbar erscheint. Daß die Stadt Bern als Hauptstadt, als typische
Stadt des Mittelstandes und des Beamtentums auch für ihre Zukunft sozusagen
einen besondern Wegweiser für sich beanspruchen muß, ist schon angedeutet
worden. Aber weiterhin: haben nicht die Ereignisse der letzten Jahre in ganz
Europa gelehrt, daß es mit dem Anwachsen der Städte durch Bevölkerungsver-
mehrung aus ist? Geht nicht gerade in der Schweiz die Geburtenziffer fühlbar
zurück? Ist nicht auch die sonst so seßhafte Schweizer Bevölkerung durch die
wirtschaftliche Not der Alpentäler, durch die Not der Industrien im Jura, durch
das Absinken des Fremdenverkehrs, durch die Konzentration des geschäft-
lichen Lebens in Zürich, langsam in Bewegung geraten? Wird man nicht auch in
der Schweiz sich unter dem Zwang dieser Ereignisse genau wie an andern
Ländern mehr als bisher mit den Fragen einer Umschichtung, d. h. mit den
Problemen der Landesplanung befassen müssen? Ansätze dazu sind
schon vorhanden, (wir publizieren in diesem Heft die Studie eines jungen
Schweizer Architekten, der diese Fragen aus dem Gesichtsfeld seines Ar-
beitsgebietes aufwirft) und sicher werden auch einzelne Arbeiten des Wett-
bewerbs auf diese Dinge eingehen, obwohl das Programm die komimunalen
Grenzen innehält und stets nur von dem Gebiet der Stadt und ihrer Vororte
spricht.

Wir meinen: ein Generalbebauungsplan, welcher Stadt auch immer, ist heute
unvollständig ohne genaue Berücksichtigung der Fragen einer zukünftigen
Landesplanung. Insbesondere eine Hauptstadt, die so sehr wie Bern Anlaß hat,
diesen hauptstädtischen Charakter zu erhalten und zu betonen, darf an solchen
Fragen nicht vorbeigehen, ja mehr noch, sie hat allen Grund, diese Fragen zur
Diskussion zu stellen, denn erst eine schöpferische Landesplanung vermag in
Zeiten zunehmender wirtschaftlicher Verwirrung und Not die Auswüchse die-
ser Not einzudämmen und die aktiven Kräfte auf lange Sicht zu disponieren!
Nachdem die Stadt Bern durch kleinere Wettbewerbe einige städtebauliche
Teilfragen — Bahnhof, Altstadtsanierung — geklärt hatte, wäre die Aufstellung

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