gen als Outsider empfunden, die von dem „Amateur-Stil" abgegangen sind.
Andererseits geht das Bestreben der tüchtigen Filmamateure dahin, allerhand
Tricks und Raffinessen auszuhecken und bei ihrer Kamera-Arbeit in Anwen-
dung zu bringen. Die selbst gebastelten Geräte und Vorrichtungen geben oft
erstaunliche Resultate. Aber auch dieser Weg führt eher vom Wesentlichen ab;
erinnern wir uns, daß ein Pionier des Absoluten-Films, Viking Eggeling, seine
„Symphonie Diagonale" vor 15 Dahren mit den primitivsten Hilfsmitteln schuf.
Natürlich hat sich auch die Schmalfilm-Apparate-bauende Industrie der Sache
noch weitergehend angenommen. Denn sie will ja nicht nur Aufnahme-Apparate,
sondern auch Projektoren verkaufen, und dafür muß und will sie Programme
liefern. Sie hat alte Stummfilme auf Schmalfilm umkopiert, unter denen sich
bestenfalls einige Chaplin-Grotesken befinden. Sie läßt auch selbst Schmalfilme
herstellen, sowohl sogenannte Kultur- als Spielfilme, die dann zu mäßigen Sätzen
ausgeliehen werden und als kurzweilige Abendunterhaltung in Familien und
Klubs dienen. Diese Schmalfilmproduktion bewegt sich im großen und ganzen
auf der gleichen Linie wie ihr älterer „normaler" Bruder. Hier ihre Namen:
„Kinagfa, das Fenster der Welt", „Kodagraph", „Ufa-Schmalfilm-Abonnement".
im Sommer 1932 wurde in München ein Schmalfilm-Kino eröffnet, und die
„Kamera" in Berlin hat in einer Reihe von Matineen die besten Amateur Schmal-
filmarbeiten gezeigt. Auch der Bund „das neue frankfurt" hat die Veranstaltung
von Schmalfilm-Matineen in sein Programm einbezogen. Erwähnt sei noch, daß
die Schmalfilme über eine beachtliche Fach-Literatur und Presse verfügen, die
im wesentlichen bei Wilhelm Knapp, Halle, und im Photokino-Verlag, Berlin,
erscheint.
WARUM ALSO SCHMALFILM?
Der Schmalfilm ist zunächst noch stumm. Als die Industrie den Tonfilm einführte,
war der stumme Film bei weitem nicht zu Ende entwickelt. Wenn es den Wün-
schen der Ingenieure und auch der Kaufleute, die die Geschicke des Films
bestimmen, nachginge, so hätten wir heute schon den plastischen Farbentonfilm,
möglichst eine tausendprozentige Wirklichkeit. Das Schmalfilmgerät soll der
Weiterentwicklung der schwarz-weißen Bildsprache dienen, der Weiterentwick-
lung ihrerEigengesetze. Es soll den dokumentarischen Film neu schaffen,
nicht die seichte genrehafte Reportage, nicht den oft überheblichen im Grunde
genommen wenig aufschlußreichen Kulturfilm, sondern die Durchleuchtung der
wirklichen Welt, ihrer biologischen und soziologischen Ordnung oder Unord-
nung. Möglich, daß die Zensur die öffentliche Vorführung derartiger Filmstreifen
unterbinden wird. In kleineren Gruppen wird es immer möglich sein, sie zu
zeigen und damit zur Erziehung der Menschen beizutragen. Die relativ niedrigen
Kosten der Schmalfilmaufnahme- und Wiedergabegeräte sowie die relativ
niedrigen Filmmaterialpreise ermöglichen eine unabhängige Produktion von
Filmen, die weder nach dem Geldgeber noch nach dem vermeintlichen
Publikumsgeschmack oder der Meinung einer Regierung fragen muß.
Der Rat der Industrie
(aus einem Prospekt der I. G. Farben):
„Kinagfa ist eine Sammlung von Films aller
Art, die der Kino-Amateur zur Vorführung
neben seinen selbst aufgenommenen Films
beim Händler käuflich erwerben kann, sodaß
er zum Beispiel schöne Italien-Auf-
nahmen in seinen selbst aufge-
nommenen Italien-Reise-Film
hineinschneiden kan n."
Foto Carre-Rotterdam
10
Aus dem Schmalfilm: „Die Straße"
ca. 2mal vergrößert
Shots from „Streets" 16 mm eine film
entarged double slze
Scenes du film etroit „Rue"
agrandissement env. 2 fois
214
Andererseits geht das Bestreben der tüchtigen Filmamateure dahin, allerhand
Tricks und Raffinessen auszuhecken und bei ihrer Kamera-Arbeit in Anwen-
dung zu bringen. Die selbst gebastelten Geräte und Vorrichtungen geben oft
erstaunliche Resultate. Aber auch dieser Weg führt eher vom Wesentlichen ab;
erinnern wir uns, daß ein Pionier des Absoluten-Films, Viking Eggeling, seine
„Symphonie Diagonale" vor 15 Dahren mit den primitivsten Hilfsmitteln schuf.
Natürlich hat sich auch die Schmalfilm-Apparate-bauende Industrie der Sache
noch weitergehend angenommen. Denn sie will ja nicht nur Aufnahme-Apparate,
sondern auch Projektoren verkaufen, und dafür muß und will sie Programme
liefern. Sie hat alte Stummfilme auf Schmalfilm umkopiert, unter denen sich
bestenfalls einige Chaplin-Grotesken befinden. Sie läßt auch selbst Schmalfilme
herstellen, sowohl sogenannte Kultur- als Spielfilme, die dann zu mäßigen Sätzen
ausgeliehen werden und als kurzweilige Abendunterhaltung in Familien und
Klubs dienen. Diese Schmalfilmproduktion bewegt sich im großen und ganzen
auf der gleichen Linie wie ihr älterer „normaler" Bruder. Hier ihre Namen:
„Kinagfa, das Fenster der Welt", „Kodagraph", „Ufa-Schmalfilm-Abonnement".
im Sommer 1932 wurde in München ein Schmalfilm-Kino eröffnet, und die
„Kamera" in Berlin hat in einer Reihe von Matineen die besten Amateur Schmal-
filmarbeiten gezeigt. Auch der Bund „das neue frankfurt" hat die Veranstaltung
von Schmalfilm-Matineen in sein Programm einbezogen. Erwähnt sei noch, daß
die Schmalfilme über eine beachtliche Fach-Literatur und Presse verfügen, die
im wesentlichen bei Wilhelm Knapp, Halle, und im Photokino-Verlag, Berlin,
erscheint.
WARUM ALSO SCHMALFILM?
Der Schmalfilm ist zunächst noch stumm. Als die Industrie den Tonfilm einführte,
war der stumme Film bei weitem nicht zu Ende entwickelt. Wenn es den Wün-
schen der Ingenieure und auch der Kaufleute, die die Geschicke des Films
bestimmen, nachginge, so hätten wir heute schon den plastischen Farbentonfilm,
möglichst eine tausendprozentige Wirklichkeit. Das Schmalfilmgerät soll der
Weiterentwicklung der schwarz-weißen Bildsprache dienen, der Weiterentwick-
lung ihrerEigengesetze. Es soll den dokumentarischen Film neu schaffen,
nicht die seichte genrehafte Reportage, nicht den oft überheblichen im Grunde
genommen wenig aufschlußreichen Kulturfilm, sondern die Durchleuchtung der
wirklichen Welt, ihrer biologischen und soziologischen Ordnung oder Unord-
nung. Möglich, daß die Zensur die öffentliche Vorführung derartiger Filmstreifen
unterbinden wird. In kleineren Gruppen wird es immer möglich sein, sie zu
zeigen und damit zur Erziehung der Menschen beizutragen. Die relativ niedrigen
Kosten der Schmalfilmaufnahme- und Wiedergabegeräte sowie die relativ
niedrigen Filmmaterialpreise ermöglichen eine unabhängige Produktion von
Filmen, die weder nach dem Geldgeber noch nach dem vermeintlichen
Publikumsgeschmack oder der Meinung einer Regierung fragen muß.
Der Rat der Industrie
(aus einem Prospekt der I. G. Farben):
„Kinagfa ist eine Sammlung von Films aller
Art, die der Kino-Amateur zur Vorführung
neben seinen selbst aufgenommenen Films
beim Händler käuflich erwerben kann, sodaß
er zum Beispiel schöne Italien-Auf-
nahmen in seinen selbst aufge-
nommenen Italien-Reise-Film
hineinschneiden kan n."
Foto Carre-Rotterdam
10
Aus dem Schmalfilm: „Die Straße"
ca. 2mal vergrößert
Shots from „Streets" 16 mm eine film
entarged double slze
Scenes du film etroit „Rue"
agrandissement env. 2 fois
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