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Die neue Stadt: internationale Monatsschrift für architektonische Planung und städtische Kultur — 6.1932-1933

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Döcker, Richard: Stuttgart - die schöne und moderne Stadt
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https://doi.org/10.11588/diglit.17521#0283

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Nicht die „schöne" Stadt!

Städtebauliche Leistung ist anders!

Die Enge der Straßen, die Kürze der Straßenblöcke, die Straßen der Bauwiche
(Hausabstände) und die Beschränktheit der Stadtanlage des letzten Jahr-
hunderts, — was die Jetztzeit nicht mehr grundlegend ändern kann — ersticken
alles. Gewiß hat das Zentrum gute Baudenkmäler, es gibt aber nur Weniges,
was bei einem objektiv sachlichen, städtebaulichen Maßstab bestehen kann.
So der Schloßplatz, — der Platz der Stadt!

Mit dem Neuen Schloß, dem Königsbau, dem Alten Schloß und Prinzenbau und
Th. Fischers Kunstgebäude, umrandet von einem Saum Kastanien, in der Mitte
eine granitene Jubiläumssäule, die Platzfläche mit Sitzbänken, Kandelabern in
Form von übergroßen Glaskugeln und „Anlägehen" in Ornamentform und
einem Labyrinth von Wegchen aufgeteilt.

Dann der sogenannte Schillerplatz — mit alten — schönen Architekturen als

einheitliche Platzanlage.

Im Gegensatz hierzu — der Marktplatz!

Wohl mit wenigen aus der guten Zeit schwäbischen Bürgertums erhaltenen
Giebelhäusern, dafür aber mit einem in gotischer Romantik und falscher
Achsialität dastehenden Rathaus (1904) mit Uhrturm. Der Marktplatz ist so um
seinen geschichtlichen Wert eines Platzes berechtigten Bürgerstolzes gebracht
worden.

Die „schönste" Straße ist die Königstraße, die Hauptgeschäftsstraße der Stadt,
noch vor 80 Jahren die mittelalterliche Grabenstraße. Ein reizendes zwei-
stöckiges Haus aus dem 18. Jahrhundert steht zwischen Renaissancepalästen,
Pseudostilen der 90er Jahre und viel Jugendstil. Bis jetzt als einziger Zeuge
des 20. Jahrhunderts ein Glashaus. Die große städtebauliche Achse vom Neuen
Schloß durch die Anlagen bis Cannstatt, der Vorteil fürstlichen Städtebaues,
ist heute noch spürbar. Eine heutige städtebauliche Absicht — der „Hinden-
burg"platz (in Stuttgart) — als Bahnhofsplatz ist dagegen kein Platz, sondern
nur eine schmale Straße geworden.

Aber die schöngelegene Stadt!

Die Plastik der Landschaft — ringsum Hügel und Kuppen, Nasen und Ein-
sprünge, Täler und Wälder — bildet den Raum für das Werden dieser Stadt.
Mit einem märchenhaften Blick von allen Höhen in einen Rundkessel mit
knappem Boden, dicht bebaut, als ob man sich ängstigte, die Hänge anzu-
greifen. Im Frühling ein Blütenmeer, im Sommer ein einziger Garten die Hänge
hinauf, die oben Wald fortsetzt.

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Projekt Stuttgarter Turmhäuser 1920.

Plan of Stuttgart skyscrapers, 1920.

Projet des gratte-ciels pour Stuttgart, de 1920.

Architekten Dr. Richard Docker u. Prof. Hugo Keuerleber.

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