Erscheint
wöchentlich drei Mal:
Dienstag, Dinnerstag,
nnd Samstag.
Alle Postanstalten
und Boten nehmen Be-
stellungen an.
AmtsverkündigungsßkatL für den Amts- und Amtsger chtsöczirk Schwetzingen.
Badische Hopfenzeitung.
Allgemeiner Anzeiger snr die badische und bayerische Rhein Pfalz.
Expedition, Druck und Verlag der C. W. Moriell 'schcn Buchdruckerei in Schwetzingen
Vierteljahr,. Abonnement:
Ftir's Wochenblat 1 Mark
50 Pfennioe»
Unterhaltungsblatt
35 Pfennige.
Inserate:
die vierg.spaltene Gar-
mondzcileoder deren Raum
12 Pfennige.
M. 3._Samstag, 9. Januar 1875.___IX. Jahrgang.
Inserate von Auswärts nehmen für uns auch entgegen die Annoncen-Bureaux von Kaasenstein L Jogker, Iiudois Waffe und H. AauSe L Ko., Süddeutsche Annonceu-Krpeditio«
von K. SiöLhardt in Frankfurt, Stuttgart, Berlin, Lipzig, München, Wien, Zürich, Basel und Stratzburg, sowie das Käger'sche Lentral-Bureaux für Inserate in Frankfurt a./M.
* Wochenschau.
Schwetzingen, 7. Januar.
Der Königin-Mutter von Bayern steht, wie wir be-
reits mittheilten, als Lohn für ihren Uebertritt zur römi-
schen Kirche die Uedersendung der goldenen Tugendrose be-
vor. Jetzt wird mit Bestimmtheit aus München gemeldet
daß der bayerische Gesandte beauftragt worden, diese Ver-
leihung, die durch die gleiche Auszeichnung der Exkönigin
Jsabella von Spanien etwas anrüchig geworden, rechtzeitig
rückgängig zu machen.
Die ultramontane „Germania" setzt ihre Ausführungen
gegen die Zirkulardepesche des Fürsten Bismarck, die Papst-
wahl betreffend, fort und faßt dabei den Trotz der ultra-
montanen Partei .in diese Worte zusammen: „Wir werden
sofort und ohne jedes Bedenken jeden Papst anerkennen, den
uns das Wahlkollegium der Kardinäle als Papst verkündet,
mag Bismarck mit seinen Freunden an der Wahlhandlung
oder an der Person des Gewählten noch so viel auszusetzen
finden. Die Kardinäle aber werden wählen unter dem Bei-
stände Gottes, des hl. Geistes, der in so schwerer Zeit seine
Kirche nicht verlassen wird, und sie werden wählen gemäß
den kirchlichen Gesetzen, welche für die Papstwahl bestehen.
Darunter wird allerdings auch eine Konstitution unseres
glorreich regierenden Papstes PiuS sein, welche besondere
auf die gegenwärtigen schwierigen Zeitverhältnisse bezügliche
Anordnungen trifft. Affo hat Pins IX. nach dem Geständ-
niß der „Germania" in der That die alten kirchlichen Be-
stimmungen über die Pnpstwahl nach Willkühr geändert!
In Oesterreich herrscht gegenwärtig viel Geschrei
über die paar Groschen, welche als „Nationalgeschenk" den
Mitgliedern der Nordpol-Expedition ausgeworfen wurden.
Weyprecht und Payer haben je 6000 fl, Kepes 5000 fl.,
Brosch und Orel je 3600 fl., die Mannschaft als kleinsten
Antheil je 600 fl. einzelne von 800 bis zu 1500 fl., die
Erben des in Franz Josephsland begrabenen Krisch 2000
fl. erhalten.
lieber den Eindruck, welchen die neueste Veränderung
in Spanien auf unsere höchsten Rcgierungskreise gemacht
hat, und die Stellung, welche das deutsche Reich gegenüber
dem neuen Königreich cinnehmen wird, gehen die Ansichten
und Vermuthungen weit auseinander. Die Einen sehen in
der unblutigen Revolution ein Werk Bismarck's, welcher ans
diese Art zwei Fliegen, die Karlisten und die Ultramontanen,
mit einer Klappe getroffen habe. Die Anderen schließen
aus dem Stillschweigen der officiösen Blätter, daß man an
höchster Stelle noch nicht einig ist über die Bahn, welche
einzuschlagen sei. Dritte endlich möchten in dem Falle
Serrano's geradezu eine Niederlage der deutschen Politik
wittern.
Uns scheint die Sache sehr einfach zu liegen. Die j
Thronbesteigung Alfonso's ist eine Niederlage der Karlisten ^
und Ultraniontanen. Insofern muß sie dem Leiter unserer .
auswärtigen Politik erwünscht sein. Scho» die Rücksicht !
ans den voraussichtlich noch längere Zeit als Guerillakrieg ^
fortdauernden Kampf gegen Don Karlos zwingt die neue
Regierung zu einer versöhnlichen und zuvorkommenden Hal-
tung gegenüber den Liberalen, um nicht von vornherein die
oppositionellen Elemente, welche an dem Sturze Jsabellen's
mithalfen ^ zu entschiedenen Gegnern zu haben. Das wird
freilich nicht hindern, daß König Alfons trotz aller consti-
tutionellen Versprechungen nach und nach in das Fahrwasser i
der römischen Kurie geräth. Die Ultramontanen sind nicht
heikel in der Wahl der Personen, von denen sie Unter- ^
stützung erwarten. Thut es HanS nicht, so thut es Kunz, i
Geht es nicht mit Don Karlos, so wird auch Alfons nicht j
verschmäht, genau so, wie wir es in Frankreich erleben i
werden, daß sie von den eifrigsten Patronen des Lilienrit- !
ters Chanchord zu Parteigängern Lulu's bekehrt werden, ^
wenn Mac Mahon demselben einst so gütig Platz macht,
wie Serrano dem Asturier. Das deutsche Reich wird des-
halb nie auf eine über das Maß der gewöhnlichen conven- ^
tionellen Höflichkeit hinausgehenüe Zuvorkommenheit der Re- '
gierung Alfons XII. rechnen dürfen. Es hat dieselbe aber !
auch nicht nöthig Für die europäische Politik ist Spanien ^
auf lange, lange Jahre hinaus ein todter Factor. Weder ^
in Haß noch in Liebe läßt sich auf dasselbe stützen, und wer ^
auf seine Allianz rechnen wollte, würde bald die Erfahrung
machen, daß das in Wahrheit olrübaa-rr sind.
Der neugebackene König Alfons hat bereits offizielle Besuche
von Seiten des Herzogs DecazeS und der meisten Miiglie- -
der des diplomatischen Corps in Paris erhalten. Er soll !
sich schon heute nach Marseille begeben, wo er d e spani-
schen Fregatten, welche sein Geleite bilden werden, vorfin-
den wird. Er wird nun den Thron seiner vor 7 Jahren
fortgeschickten Mutter besteigen uiw ein constitulionclles Re-
gime um sich versammeln. Sein Wille mag gut sein, aber
— . . Spanien ist so lief zerrüttet, es blutet aus so vielen
Wunden und hat so durchaus anormale Zustände, daß die
constitutionellc Schablone für dasselbe nicht genügt. Ein
starker Wille und zugleich ein echt moderner Geist muß seine
Regierung durchdringen, wenn sie der obwaltenden Schwie-
rigkeiten Herr werden will: beide sind von dem jugendlichen
Monarchen allein nicht zn erwarten, werden aber auch bei
seinen Rathgebern, so wie wir sie von hier aus kennen,
schwerlich zn finden sein. Die Canovas del Castillo, die
Velasco, die Primo de Rivera, um von den anderen Erb-
stücken aus den Zeiten des Narvaez und O'Donnell gar nicht
zu sprechen, stecken bis an den Hals in römisch-katholischen
iVorurtheilen und zählen gewiß in erster Reihe auf den
Klerus, um sich der Republikaner einer- und der Karlisten
andererseits zu erwehren. — Die spanischen Gesandten in
Wien und in Paris haben ihre Entlastung eingereicht. Hin-
gegen würden die übrigen der neuen Regierung ihre Dienste
anbietcn. Der spanische Geschäftsträger in Bern hat dies,^
wie aus unserem Telegramm hervorgeht, bereits gethan.
Das Verbleiben des Grafen Rascon in Berlin wird gleich-
falls als gesichert betrachtet. — Die Nachricht vom Abfall
carlistischer Truppen, welche von Madrid aus in die Welt
geschickt wird, harrt noch immer einer offiziellen Bestätigung,
welche die bis jetzt hierüber auftauchenden Zweifel verscheucht.
— Die „Times" bringt einen StimmungSberich aus Madrid,
welcher zugleich Urtheile über einzelne Männer des spani-
schen Direktoriums enthält. Derselbe hebt hervor, daß der
Bevölkerung der Hauptstadt der plötzliche Dekorationswechsel
doch sehr überraschend kam. Die Aristokratie und der Be-
amtenstand sind sehr befriedigt, während die Führer der
Altrepublikaner und der Radikalen aller Färbungen sich in
düsteres Schweigen hüllen. Ueberhaupt ist die Ruhe zu
groß, als daß man überzeugt sein dürfte, daß die alte Ar-
beit der geheimen Verschwörung nicht wieder anfanzcn sollte.
Das diplomatische Corps hält in der Mehrzahl die ganze
Sache für übereilt, und schon jetzt möchten viele Alfonsisten
lieoer gewartet haben, bis der Prinz etwas älter geworden
wäre. Das neue Ministerium besteht hauptsächlich aus Mo-
derados von der Schule Narvaez. Lopez Ayala und Ro-
mera Robledo, die beide im Jahre 1868 bedeutenden An-
thcil bei der Revolution gehabt, sind starke Gegner der
Abschaffung der Sklaverei und ausgesprochene Feinde des
allgemeinen Stimmrechts. Letzteres wird sicher eingeschränkt
werden. Sodann soll noch das Concordat wiederhergestcllt,
der heilige Stuhl mit Spanien in's Einvernehmen gebracht
und m'iiches Andere abgestelll oder umgekehrt werden.
Eines nur wird allgemein mit Vergnügen in Spanien be-
grüßt, nämlich das Aufhören der Diktatur Serrano's.
Wie der Telegraph signalisirt, veröffentlichen jetzt die
italienischen Blätter den Beschluß des königlichen Ge-
richtes, wodurch die Verfolgung gegen die Verhafteten in der
Villa Ruffi eingestellt wird. — Die langen Vacanzen, welche
sich die italienische Depulirtenkammer gegönnt, rufen in allen
Kreisen die übelste Stimmung hervor, welche sich zu förm-
lichen Mißtrauensvoten zu verdichten scheint. — Die natio-
nalgesinnte Presse commentirt mit einem Gefühle berechtig-
ter Genugthuung die Neujahrs-Worte Viktor-Emanuel'S; In
Rom sind wir und hier bleiben wir. Nur wäre es nützlich,
daß sie hiebei auch Regierung wie Parlament daran erinnern
würde, daß cS noch gilt, durch den geistigen Kilt einer guten
Nationalerziehnng dos neue Gebäude italienischer Einheit
für die Dauer zu festigen.
Aus Amerika treffen Nachrichten von neuerlichen
Fntillrtü».
Die Waben.
(Fortsetzung.)
Unterdessen verbreitete sich im Dorfe das Gerücht, daß
0 sseroufse und sein Knecht in großem Unfrieden lebten, daß
sic sich fast alle Tage zankten, daß Perondi auf dem Punkte
stunde, seinen Herrn zu verkästen und in seine Heimath zurück-
zukehren. Man wunderte sich übrigens darüber nicht, da
man Beide für schlechte Subjekte hielt; viel erstaunlicher
war es, daß sie vier Jahre mit einander ausgehalten hatten.
Aber man fügte hinzu, daß es sich um Geldstreitig-
kciten handele, was freilich schließlich auch wieder erklärlich
schien.
In der That, Niemand konnte zweifeln, daß Cosserouste's
Angelegenheiten schlecht standen. Man sagte zwar, ohne es
jedoch sicher zu wissen, daß er seine seit 1823 aufgesammelte
Ernte zu einem guten Preise verkauft habe. Aber hatte er
sich nicht ein Pferd kaufen müssen? War er nicht mit seinem
Pachtgeld im Rückstand ? Und die Schulden? Und die dringende
Nothwendigkeit, einige Baureparaturen vorzunehmen, weil das
Gehöft zur Ruine zu werden drohte.
Aus Allem ging augenscheinlich hervor, daß Anselm
kein Geld hatte, um Perondi seinen Lohn zu zahlen. Und
hieraus erklärte man sich die fortwährenden Streitigkeiten.
Weil aber der Herr, sowie der Knecht wenig beliebt waren,
so rieben sich die Einwohner der Gemeinde die Hände. Sie
ahnten fast, daß es eine Skandal geben würde.
Bis jetzt Halle man sich so wenig als möglich mit Cosse-
rouste und Perondi beschäftigt, eben so wenig, wie man selten
an ihrem Gehöft vorbeiging, denn Jeder vermied das Haus.
Aber von dem Augenblicke an, wo sie Stoff für die Unter-
haltung des Dorfes boten, traten sie aus ihrem dunklen
Schatten heraus und wurden beachtete Persönlichkeiten.
Was hierzu viel beitrug, war die Besorgniß, Susanne
in der Umgebung des Hofes umherirren und Gelegenheiten
aufsuchen zu sehen, um Matteo zu begegnen. Es waren
die Gefahren, welche sie lief, die augenscheinliche Liebe des
Piemonlesen für das arnie junge Mädchen, die Furcht, daß
diese Liebe eine neues Unglück herbeiführen könnte, die Ge-
wohnheit, den geachteten Namen Susannens mit dem ver-
dächtigen Perondi's in Berührung zu bringen.
Alle diese Gerüchte mit den unvermeiolichen Ueber-
treibungen konnten nicht verfehlen, bis zu Herrn von Esterac,
dessen Schwester und Schwager zu gelangen. Peter Vialat
war cs, welcher sich zum Dolmetscher des öffentlichen GeredeS
machte; der junge Bewunderer Susannens that natürlich
viel hinzu. Sie beunruhigten sich; endlich, um die Wahr-
heit zu erfahren und Maßregeln zu treffen, die Gefahr zu
beschwören, veranstalteten sic eine Landpartie nach dem Forst-
haus von Mercoire.
Es war Allerseclentag; aber durch eine Gunst des
Himmels, so selten in diesen Bergen, schien die schöne Jahres-
zeit sich bis zum November zu verlängern.
Susanne hatte Villefort mit Tagesanbruch verlassen.
Sie lenkte ihre Schritte wie gewöhnlich nach diesem finsteren
und gefährlichen Orte, wohin sie eine unbesiegbare Anziehungs-
kraft zog. Obwohl man noch am Rande der Gräben und
in den Abgründen einige verspätete Blumen sah, deren Kelche
der Reif versilberte, hielt sie sich doch nicht auf, um sie zn
pflücken oder zu betrachten.
Sie ging vorsichtig spähend und horchend vorwärts.
Wenn ein fernes Geräusch sie fürchten ließ, einem Hirten
zu begegnen, so zauderte sie und verbarg sich hinter einer
Gruppe von Bäumen oder einer Hecke. Das war das Er-
staunliche, daß diesem unglücklichen Kinde, welches kein Be-
wußtsein von seinen Handlungen zu haben schien, doch noch
die Scham blieb.
wöchentlich drei Mal:
Dienstag, Dinnerstag,
nnd Samstag.
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stellungen an.
AmtsverkündigungsßkatL für den Amts- und Amtsger chtsöczirk Schwetzingen.
Badische Hopfenzeitung.
Allgemeiner Anzeiger snr die badische und bayerische Rhein Pfalz.
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35 Pfennige.
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M. 3._Samstag, 9. Januar 1875.___IX. Jahrgang.
Inserate von Auswärts nehmen für uns auch entgegen die Annoncen-Bureaux von Kaasenstein L Jogker, Iiudois Waffe und H. AauSe L Ko., Süddeutsche Annonceu-Krpeditio«
von K. SiöLhardt in Frankfurt, Stuttgart, Berlin, Lipzig, München, Wien, Zürich, Basel und Stratzburg, sowie das Käger'sche Lentral-Bureaux für Inserate in Frankfurt a./M.
* Wochenschau.
Schwetzingen, 7. Januar.
Der Königin-Mutter von Bayern steht, wie wir be-
reits mittheilten, als Lohn für ihren Uebertritt zur römi-
schen Kirche die Uedersendung der goldenen Tugendrose be-
vor. Jetzt wird mit Bestimmtheit aus München gemeldet
daß der bayerische Gesandte beauftragt worden, diese Ver-
leihung, die durch die gleiche Auszeichnung der Exkönigin
Jsabella von Spanien etwas anrüchig geworden, rechtzeitig
rückgängig zu machen.
Die ultramontane „Germania" setzt ihre Ausführungen
gegen die Zirkulardepesche des Fürsten Bismarck, die Papst-
wahl betreffend, fort und faßt dabei den Trotz der ultra-
montanen Partei .in diese Worte zusammen: „Wir werden
sofort und ohne jedes Bedenken jeden Papst anerkennen, den
uns das Wahlkollegium der Kardinäle als Papst verkündet,
mag Bismarck mit seinen Freunden an der Wahlhandlung
oder an der Person des Gewählten noch so viel auszusetzen
finden. Die Kardinäle aber werden wählen unter dem Bei-
stände Gottes, des hl. Geistes, der in so schwerer Zeit seine
Kirche nicht verlassen wird, und sie werden wählen gemäß
den kirchlichen Gesetzen, welche für die Papstwahl bestehen.
Darunter wird allerdings auch eine Konstitution unseres
glorreich regierenden Papstes PiuS sein, welche besondere
auf die gegenwärtigen schwierigen Zeitverhältnisse bezügliche
Anordnungen trifft. Affo hat Pins IX. nach dem Geständ-
niß der „Germania" in der That die alten kirchlichen Be-
stimmungen über die Pnpstwahl nach Willkühr geändert!
In Oesterreich herrscht gegenwärtig viel Geschrei
über die paar Groschen, welche als „Nationalgeschenk" den
Mitgliedern der Nordpol-Expedition ausgeworfen wurden.
Weyprecht und Payer haben je 6000 fl, Kepes 5000 fl.,
Brosch und Orel je 3600 fl., die Mannschaft als kleinsten
Antheil je 600 fl. einzelne von 800 bis zu 1500 fl., die
Erben des in Franz Josephsland begrabenen Krisch 2000
fl. erhalten.
lieber den Eindruck, welchen die neueste Veränderung
in Spanien auf unsere höchsten Rcgierungskreise gemacht
hat, und die Stellung, welche das deutsche Reich gegenüber
dem neuen Königreich cinnehmen wird, gehen die Ansichten
und Vermuthungen weit auseinander. Die Einen sehen in
der unblutigen Revolution ein Werk Bismarck's, welcher ans
diese Art zwei Fliegen, die Karlisten und die Ultramontanen,
mit einer Klappe getroffen habe. Die Anderen schließen
aus dem Stillschweigen der officiösen Blätter, daß man an
höchster Stelle noch nicht einig ist über die Bahn, welche
einzuschlagen sei. Dritte endlich möchten in dem Falle
Serrano's geradezu eine Niederlage der deutschen Politik
wittern.
Uns scheint die Sache sehr einfach zu liegen. Die j
Thronbesteigung Alfonso's ist eine Niederlage der Karlisten ^
und Ultraniontanen. Insofern muß sie dem Leiter unserer .
auswärtigen Politik erwünscht sein. Scho» die Rücksicht !
ans den voraussichtlich noch längere Zeit als Guerillakrieg ^
fortdauernden Kampf gegen Don Karlos zwingt die neue
Regierung zu einer versöhnlichen und zuvorkommenden Hal-
tung gegenüber den Liberalen, um nicht von vornherein die
oppositionellen Elemente, welche an dem Sturze Jsabellen's
mithalfen ^ zu entschiedenen Gegnern zu haben. Das wird
freilich nicht hindern, daß König Alfons trotz aller consti-
tutionellen Versprechungen nach und nach in das Fahrwasser i
der römischen Kurie geräth. Die Ultramontanen sind nicht
heikel in der Wahl der Personen, von denen sie Unter- ^
stützung erwarten. Thut es HanS nicht, so thut es Kunz, i
Geht es nicht mit Don Karlos, so wird auch Alfons nicht j
verschmäht, genau so, wie wir es in Frankreich erleben i
werden, daß sie von den eifrigsten Patronen des Lilienrit- !
ters Chanchord zu Parteigängern Lulu's bekehrt werden, ^
wenn Mac Mahon demselben einst so gütig Platz macht,
wie Serrano dem Asturier. Das deutsche Reich wird des-
halb nie auf eine über das Maß der gewöhnlichen conven- ^
tionellen Höflichkeit hinausgehenüe Zuvorkommenheit der Re- '
gierung Alfons XII. rechnen dürfen. Es hat dieselbe aber !
auch nicht nöthig Für die europäische Politik ist Spanien ^
auf lange, lange Jahre hinaus ein todter Factor. Weder ^
in Haß noch in Liebe läßt sich auf dasselbe stützen, und wer ^
auf seine Allianz rechnen wollte, würde bald die Erfahrung
machen, daß das in Wahrheit olrübaa-rr sind.
Der neugebackene König Alfons hat bereits offizielle Besuche
von Seiten des Herzogs DecazeS und der meisten Miiglie- -
der des diplomatischen Corps in Paris erhalten. Er soll !
sich schon heute nach Marseille begeben, wo er d e spani-
schen Fregatten, welche sein Geleite bilden werden, vorfin-
den wird. Er wird nun den Thron seiner vor 7 Jahren
fortgeschickten Mutter besteigen uiw ein constitulionclles Re-
gime um sich versammeln. Sein Wille mag gut sein, aber
— . . Spanien ist so lief zerrüttet, es blutet aus so vielen
Wunden und hat so durchaus anormale Zustände, daß die
constitutionellc Schablone für dasselbe nicht genügt. Ein
starker Wille und zugleich ein echt moderner Geist muß seine
Regierung durchdringen, wenn sie der obwaltenden Schwie-
rigkeiten Herr werden will: beide sind von dem jugendlichen
Monarchen allein nicht zn erwarten, werden aber auch bei
seinen Rathgebern, so wie wir sie von hier aus kennen,
schwerlich zn finden sein. Die Canovas del Castillo, die
Velasco, die Primo de Rivera, um von den anderen Erb-
stücken aus den Zeiten des Narvaez und O'Donnell gar nicht
zu sprechen, stecken bis an den Hals in römisch-katholischen
iVorurtheilen und zählen gewiß in erster Reihe auf den
Klerus, um sich der Republikaner einer- und der Karlisten
andererseits zu erwehren. — Die spanischen Gesandten in
Wien und in Paris haben ihre Entlastung eingereicht. Hin-
gegen würden die übrigen der neuen Regierung ihre Dienste
anbietcn. Der spanische Geschäftsträger in Bern hat dies,^
wie aus unserem Telegramm hervorgeht, bereits gethan.
Das Verbleiben des Grafen Rascon in Berlin wird gleich-
falls als gesichert betrachtet. — Die Nachricht vom Abfall
carlistischer Truppen, welche von Madrid aus in die Welt
geschickt wird, harrt noch immer einer offiziellen Bestätigung,
welche die bis jetzt hierüber auftauchenden Zweifel verscheucht.
— Die „Times" bringt einen StimmungSberich aus Madrid,
welcher zugleich Urtheile über einzelne Männer des spani-
schen Direktoriums enthält. Derselbe hebt hervor, daß der
Bevölkerung der Hauptstadt der plötzliche Dekorationswechsel
doch sehr überraschend kam. Die Aristokratie und der Be-
amtenstand sind sehr befriedigt, während die Führer der
Altrepublikaner und der Radikalen aller Färbungen sich in
düsteres Schweigen hüllen. Ueberhaupt ist die Ruhe zu
groß, als daß man überzeugt sein dürfte, daß die alte Ar-
beit der geheimen Verschwörung nicht wieder anfanzcn sollte.
Das diplomatische Corps hält in der Mehrzahl die ganze
Sache für übereilt, und schon jetzt möchten viele Alfonsisten
lieoer gewartet haben, bis der Prinz etwas älter geworden
wäre. Das neue Ministerium besteht hauptsächlich aus Mo-
derados von der Schule Narvaez. Lopez Ayala und Ro-
mera Robledo, die beide im Jahre 1868 bedeutenden An-
thcil bei der Revolution gehabt, sind starke Gegner der
Abschaffung der Sklaverei und ausgesprochene Feinde des
allgemeinen Stimmrechts. Letzteres wird sicher eingeschränkt
werden. Sodann soll noch das Concordat wiederhergestcllt,
der heilige Stuhl mit Spanien in's Einvernehmen gebracht
und m'iiches Andere abgestelll oder umgekehrt werden.
Eines nur wird allgemein mit Vergnügen in Spanien be-
grüßt, nämlich das Aufhören der Diktatur Serrano's.
Wie der Telegraph signalisirt, veröffentlichen jetzt die
italienischen Blätter den Beschluß des königlichen Ge-
richtes, wodurch die Verfolgung gegen die Verhafteten in der
Villa Ruffi eingestellt wird. — Die langen Vacanzen, welche
sich die italienische Depulirtenkammer gegönnt, rufen in allen
Kreisen die übelste Stimmung hervor, welche sich zu förm-
lichen Mißtrauensvoten zu verdichten scheint. — Die natio-
nalgesinnte Presse commentirt mit einem Gefühle berechtig-
ter Genugthuung die Neujahrs-Worte Viktor-Emanuel'S; In
Rom sind wir und hier bleiben wir. Nur wäre es nützlich,
daß sie hiebei auch Regierung wie Parlament daran erinnern
würde, daß cS noch gilt, durch den geistigen Kilt einer guten
Nationalerziehnng dos neue Gebäude italienischer Einheit
für die Dauer zu festigen.
Aus Amerika treffen Nachrichten von neuerlichen
Fntillrtü».
Die Waben.
(Fortsetzung.)
Unterdessen verbreitete sich im Dorfe das Gerücht, daß
0 sseroufse und sein Knecht in großem Unfrieden lebten, daß
sic sich fast alle Tage zankten, daß Perondi auf dem Punkte
stunde, seinen Herrn zu verkästen und in seine Heimath zurück-
zukehren. Man wunderte sich übrigens darüber nicht, da
man Beide für schlechte Subjekte hielt; viel erstaunlicher
war es, daß sie vier Jahre mit einander ausgehalten hatten.
Aber man fügte hinzu, daß es sich um Geldstreitig-
kciten handele, was freilich schließlich auch wieder erklärlich
schien.
In der That, Niemand konnte zweifeln, daß Cosserouste's
Angelegenheiten schlecht standen. Man sagte zwar, ohne es
jedoch sicher zu wissen, daß er seine seit 1823 aufgesammelte
Ernte zu einem guten Preise verkauft habe. Aber hatte er
sich nicht ein Pferd kaufen müssen? War er nicht mit seinem
Pachtgeld im Rückstand ? Und die Schulden? Und die dringende
Nothwendigkeit, einige Baureparaturen vorzunehmen, weil das
Gehöft zur Ruine zu werden drohte.
Aus Allem ging augenscheinlich hervor, daß Anselm
kein Geld hatte, um Perondi seinen Lohn zu zahlen. Und
hieraus erklärte man sich die fortwährenden Streitigkeiten.
Weil aber der Herr, sowie der Knecht wenig beliebt waren,
so rieben sich die Einwohner der Gemeinde die Hände. Sie
ahnten fast, daß es eine Skandal geben würde.
Bis jetzt Halle man sich so wenig als möglich mit Cosse-
rouste und Perondi beschäftigt, eben so wenig, wie man selten
an ihrem Gehöft vorbeiging, denn Jeder vermied das Haus.
Aber von dem Augenblicke an, wo sie Stoff für die Unter-
haltung des Dorfes boten, traten sie aus ihrem dunklen
Schatten heraus und wurden beachtete Persönlichkeiten.
Was hierzu viel beitrug, war die Besorgniß, Susanne
in der Umgebung des Hofes umherirren und Gelegenheiten
aufsuchen zu sehen, um Matteo zu begegnen. Es waren
die Gefahren, welche sie lief, die augenscheinliche Liebe des
Piemonlesen für das arnie junge Mädchen, die Furcht, daß
diese Liebe eine neues Unglück herbeiführen könnte, die Ge-
wohnheit, den geachteten Namen Susannens mit dem ver-
dächtigen Perondi's in Berührung zu bringen.
Alle diese Gerüchte mit den unvermeiolichen Ueber-
treibungen konnten nicht verfehlen, bis zu Herrn von Esterac,
dessen Schwester und Schwager zu gelangen. Peter Vialat
war cs, welcher sich zum Dolmetscher des öffentlichen GeredeS
machte; der junge Bewunderer Susannens that natürlich
viel hinzu. Sie beunruhigten sich; endlich, um die Wahr-
heit zu erfahren und Maßregeln zu treffen, die Gefahr zu
beschwören, veranstalteten sic eine Landpartie nach dem Forst-
haus von Mercoire.
Es war Allerseclentag; aber durch eine Gunst des
Himmels, so selten in diesen Bergen, schien die schöne Jahres-
zeit sich bis zum November zu verlängern.
Susanne hatte Villefort mit Tagesanbruch verlassen.
Sie lenkte ihre Schritte wie gewöhnlich nach diesem finsteren
und gefährlichen Orte, wohin sie eine unbesiegbare Anziehungs-
kraft zog. Obwohl man noch am Rande der Gräben und
in den Abgründen einige verspätete Blumen sah, deren Kelche
der Reif versilberte, hielt sie sich doch nicht auf, um sie zn
pflücken oder zu betrachten.
Sie ging vorsichtig spähend und horchend vorwärts.
Wenn ein fernes Geräusch sie fürchten ließ, einem Hirten
zu begegnen, so zauderte sie und verbarg sich hinter einer
Gruppe von Bäumen oder einer Hecke. Das war das Er-
staunliche, daß diesem unglücklichen Kinde, welches kein Be-
wußtsein von seinen Handlungen zu haben schien, doch noch
die Scham blieb.