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Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung (9) — 1875

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Januar (No. 1 - 12)
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https://doi.org/10.11588/diglit.41571#0027
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Erscheint
H.Mff drei Wal:
'::stag^ Donnerstag,
»nd Samstag,
tlle^ Postanstalten
Baten netzmen Be<
st llungcn an.

Unterhaltung,bla«
36 Pfennig-,
e »lergespaltcne »ar-
adzcile öder deren Raun,
13 Pfennige.

AmlsverkündigungsbkatL ür den Amts- und AmLs^nchtsßczirk Schwetzingen

zeiger für die badische und bayeri
Expedition, Druck und Verlag der C. W. Moriell 'scheu Buchdruckcrei in Tchweßingen

Dienstag, t9. Januar 1875

Inserate von Auswärts nehmen für uns auch entgegen die Annoncen-Bureaux von Kaascnstern L Zioglcr, Mitdokf Masse und K./. Fantze L E-., Käddentsche Annancen
von K. Stöckhardt in Frankfurt, Stuttgart, Berlin, Lipzig, München, Wen, Zürich, Basel und Straßburg, sowie das Jäger'sche Central-Bureaux für Inserate in Frankfurt 5

* Der Prozeß Offenheim.
Die größeren Zeitungen bringen gegenwärtig spalten-
nge Referate*) über einen in endloser Länge vor den
sienrr Nssisen sich entrollenden Riesenprozeß, nämlich deZ
rozeffes Offenheim. Die Anklage in diesem die Czerno-
itzer Bahn in Galizien betreffenden Riesen Prozesse gegen
ffenheim umfaßt 10 Kardinalpunkie folgenden Inhalts:
) Der Angeklagte wird beschuldigt, die Summe von 19.000
str., welche er kontraktlich Herrn Thomas Brasset), dem
uternehmer, als „vorläufige Ausgaben" zu übermitteln
alte, in Wirklichkeit in die Taschen der fünf ursprünglichen
onzessionsinhaber, der Fürsten Sapieha und Jablonowski,
iraf Borko oski, Dr. Giskra, Baron Petrino und Offen-
eim selbst geleitet zu haben. Vorsätzlich habe er Vermal-
ingSrath und Aktionäre hintergangen. 2) Bei der Ex-
ropriation von Land längs der Eisenbahn, welche der
Unternehmer für eine bestimmte Summe leisten mußte, er-
eile er für sich auf Kosten der Gesellschaft einen Gewinn
on 12,000 Lstr., indem er dem VerwaltungSrathe ver-
hwieg, wie vorlheilhaft das Geschäft wäre, 3) Ohne
Autorisation des Verwaltungsrathes schloß er mit dem 11»'
rnehmer einen Kontrakt auf 360,009 Eisenbahnschwellen
nd profi'irte dabei 6834 Lstr. Obgleich er wußte, daß
er Bau mangelhaft^ war, erlheilte er ohne Wissen des Ver-
aaltungSrathes dem Unternehmer Decharche, wodurch die
lesellschaft 333,767 Lstr. verlor. 5) Offenheim wird be»
huldigt, 4249 Lstr. bei der Anschaffung von rollendem
Naterial,j welches er im Aufträge der Gesellschaft machte,
ewoiiiien zu haben. 6) Unter falschen Vorstellungen ver-
eitele er den Berwaltungsrath, den Unternehmer von seiner
Verpflichtung, die Linie für die ersten 3 Monate zu betret-
en , zu entbinden, in Folge dessen die Gesellschaft 5000
lstr. verlor. 7) Er verleitete den V rwaltungSrath, einen
lnspruch des Unternehmers auf 89,000 Lstr. für Extra-
rbeit anzuerkennen und diesem gleichzeitig die Ausführung
ür die Linie Czernowitz-Suczawa zu Übetragen, mit einem
Bonus von 85,000 Lstr. für vorläufige Ausgaben, 'mäh-
end zwischen dem Unternehmer und Ossenheim ein heim-
icher Kontrakt bestand, nach welchem der Erstere seine An-
prüche ans die Extraarbeit auf 54,000 Lstr. erniedrigen
wollte. D>e D fferen; hat sich Ossenheim zugeeignst. 8) Of-
enheim betrog den Staatsschatz, indem er bei Umgehung
der Stempelsteuer, welche für den in London gezeichneten
Kontrakt zu zahlen war, mithalf. Dieser Klagpunki ist
nachträglich fallen gelassen worden. 9) Ec sollte die Linie
Czernowitz-Suczawa von der rumänischen Regierung für die
Gesellschaft erlangen, verschaffte aber die Konzession einigen
* (Aus diese Referate können wir aus Raummangel keine Rü ck-
sicht nchincy.

Verwaltungsräthen, welche an Stelle der Gesellschaft den
Gewinn von 44,000 Lstr. einsteckteu. 10) Offenheim wird
beschuldigt, 1500 Lstr eingestrichen zu haben, als er für
die Gesellschaft eine Anleihe von 5B0.000 Lstr. vermittelte.
Der Gründer Offenheim zeigt sich in dem Prozesse als
ein äußerst geriebener und gewandter Mann; seine Beredt-
samkeit und Schlagfertigkeit ist glänzend, so sehr man auch
die verschlagene Sophistik aus derselben herausmerkt. Cr
kämpft nie ohne Reserven, das heißt, er hat hinter jeder
Antwort noch eine andere Antwort in Bereitschaft. Die
moralische Fäulniß, die aus diesem Prozesse herausspricht,
wirft abermals schwere Schatten auf die Zustände in den
höheren Kreisen der österreichischen Fiuanzwelt.
Deutsches Reich.
Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben unterm 14 Jan.
l. I gnädigst geruht, den Professor Adam Joseph May am Gym-
nasium zu Konstanz, seinem u iterthänigsten Ansu„,en gemäß, auf 1.
April d. I au? dem Großherzogh Staatsdienste zu entlasten.
Karlsruhe, 14. Ja». Zufolge einer Bekanntmachung
der kaiserl. Oderpostdirekiiou dahier kostet nunmehr ein ein-
facher Brief nach Frankreich. 30 Pfennig (im Grenzbezirk 25
Pf.) für je 10 Gramm, nicht aber 26 Pf. ----- 9 kr.,
wie früher.
— Die K c e, s v e rs a m m l u u g M > unheim
wird am 27. Jruuar zur Erledigung ihrer Arbeiten zu»
saminentreten.
— Der Neupriester Alois Oierle in Oberwolfach,
welcher, wie scho i gemeldet, am 11. von der Strafkammer
Offeuburg zu 200 M veru theilt wurde, weigerte sich der
Vorladung zu dieser Verhandlung Fotze zu leisten, weßhalb
der Gerichtshof einen Vo rfahr beseht gegen denselben erließ,
in Folge dessen Hc. O irrte am 10. d. durch einen Gen-
darmen in das Offenbuczer A.ntszefänzniß eingeliefert
wnrde, woselbst ec Nihtginrüer nahm, nn» dann am 11.
zur Sitzung vorgeführt wurde.
— In der N> ht vom lO. d. kam der ledige Glaser-
gehilfe Mix Margraf von Ochsstadt (Hessen) mit drei in
Mühlbu >- g (bei Karlsruhe) beschäftigten Handschuhma-
chern auf der Octsftraße von Mühlbnrg in Streit, wobei
Margraf von Handschuhmacher Georg Jnngbeck aus Mil-
cheu 5 M ff erstich.' im den Rücken erhielt, wovon ein Stich
bis jetzt a!S lebensgefährlich erscheint. Der Thäter wurde
zur Untersuchung eingeliefert.
— Die Theologie-Studireuden an der Freibur-
ger Hochschule, denen das Exilleben außerhalb den Kou-
viktsmauern sehr wohl gefallen fall, sind im Begriffe, eine
theolegische Verbindung unter dem Namen „Arm nia" zu
gründen, Der Universitäts-Senat hat bereits die Bewil-
ligung dazri gegeben.

Freiburg, 14. Jan. Vor einigrsi Mgen würde
Religioiisfoudsverwalter Bollin dahier durch einen Hm e,,t-
gegenfahrendeu HotelomnibuS auf der Kreuzung der Kaiser-
und Eagelstraße derart überfahren, daß Pferd und Rüder
über Kopf und Oberkörper hinwcggingen und derselbe tta»


selbe gestern im Älter von 54 Jahren seinen Verletzungen
erlegen. Die geg-i, den KuUcher deS betreffenden Fuhr-
werkes sofort eingeleitete Untersuchung soll ergeben hädkn,
daß hier weniger ein Außerachtlassen der erforderlichen Vor»
sichtsmaßregeln als vielmehr ein beklägenswerther Unfall
vorlictzt.
Koustirnj, 14. Jan Der Raubmörder Johann
Linder vom Schwurgericht zum Tode verurtheilt; ist von
S. K. H dem Großherzog zu lebeiiSlängkicheNi Zuchthaus
begnadigt worden.
Augsburg. 16. Jan Nach einem Privattelegraimn
der „Allgemeinen Zeitung" aus Hendaye vom 15. h. M.
wurde Zarautz gestern Nich uittag durch Kapitän Zembsch
(„Nautilus) besetzt und die Karlisten zurückgeworfen.
Fraukfurt, 16 Jan. W'lche Tragweite die Be-
setzung des kleinen Seehafens Zurauz (nahe bei Guetaeia
an der Küste von Guipuzcoa) durch die Mannschaften unse-
reS Kanonenbootes „Nautilus* haben wird, läßt sich zur
Stunde selbstredend nicht vorhersehen. Sollte es indetz noch
zu weiteren Feindseligkeiten mit den Karlisten kommen, so
wird jedenfalls unsere junge deutsche Flotte binnen Kurzem
schon mit einer ziemlich stattliche» Zahl von Schiffe« und
Geschützen an jener Küste aufzutretrn im Stande sein. Die
beiden Schrauben-Kaiioaenboote „Albatros" und „Nautilus",
welche bekanntlich nach kurzer Abwesenheit nach Santander
und Umgegend zurückzekehrt stad, besitzen eine Armirung
von je vier Geschützen. Die in der Jahde in Dienst zu
stellenden Glaitdecks-Corvetien „Louise und „Viktoria" sind
mit je 13 Geschützen ausgerüstet. Die au» W stiMen he-
rangerufeue Cqrvetke „Augusta" hat 14 Geschütz« atz Bord.
Die schraubenkanoneuboote erster Klaffe „Eomit",.„Drackk"
und „Delphin", welche ebenfalls zum Dienst an der. spätst -
scheu Küste vorbereitet werden, führen je drei Geschütze.
Im Ganzen könnten also acht deutsche Kriegsschiff' mit zu-
sammen 57 Kanonen an Bord spätestens zu Ende ch«S lau-
fenden Monat» an der Karlistenküste versammelt sein,, um
dort der deutschen Flagge mit Nachdruck Achtung zu verschaffen.
Btretttest, 15 Jan Die La sw a n der u ng über
hier hat ,m letzten Jahr um mehr als hie Hälfte gegen
das Vorjahr abgeuominen, 1873. waren 63,st43 Personen
auf 208 Schiffen näh Amerika hinübergegangen, 1874
nur 30/636 P rsouen auf 151 Schiffen; davon 21.524

Fruillclti».
^ie Waben.
(Fortsetzung.)
14.
E.- war Nacht, als Susanne bei ihrem Vaier ankam.
Andreas Servaz beunruhigte sich über dir Gewohnheiten
seiner Tochter nicht. Außerdem wußte er sie beschützt durch
Esterac und die Familie Ribiere, welche ihm ein unbedingtes
Vertrauen einflößten.
Dazu kam, daß die Körper- und Geisteskräfte des altcn
Mannes bedeutend gesunken waren. Die Katastrophen, welche
seine friedliche Existenz trübten und deren ruhiger Zeuge er
blieb, ließen in seinem Gehirn etwas Verwirrung zurück.
Er ging aus seinem Hanse fast nicht mehr heraus. Er
wußte weiter nichts von seiner Tochter, als daß sie ihre Ver-
nunft verloren habe und daß er Herrn von Esterac versprochen
hatte, ihr vollständige Freiheit zu lassen.
Andreas Servaz freute sich, als cr seine Tochter kommen
sah und er war nicht wenig entzückt» als Susanne, welche
oft ganze Tage kein Wort zu ihm sprach, sich au seinen Hais
warf und ihn kindlich umarmte^

Das Abcndbrod wurde lange nicht so fröhlich verzehrt. ,
Susanne bediente ihren Vater, lächelte und führte eine leb-
hafte Unterhaltung.
Aeußerst auffällig und überraschend für Andreas war
es, daß seine Tochter keine Spur von Wahnsinn mehr zeigte)
weder in ihrer Sprache, noch in ihrem Blick. Sie sprach
über Geschäfte, sie nannte die Nachbarn, sie erinnerte ihren
Vater an Dinge, die er längst vergessen hatte. Ihr Gedächiniß
und ihr Verstand schienen ihre ganze Klarheit wiedererlangt
zu haben.
Wie hart auch das Herz des Andreas durch seinen Geiz
war, so liebte er seine Tochter doch aufrichtig und der Zu-
stand, in welchen sie gefallen, erfüllte ihn oft mit Traurig-
keit und Vorwürfen. Er gab sich nun in dieser Stunde
einer geheimen Hoffnung hi», daß Susanne ihre Geistes-
fähigkeiteu wiedererlangt habe. Er glaubte, daß jetzt wahr-
scheinlich ein Wendepunkt eingeireten sei und daß vielleicht
die Beschützer seiner Tochter durch ein geniales Mittel ihre
Heilung veranlaßt hätten.
Andreas vermathctc eine gute Nachricht und frügt« von
ungefähr seine Tochter:
„Hat Herr von Esterac oder Frau von Ribiere einen
Brief aus Toulon oder Paris erhalten?"

„Nein."
„Es hat sich also da nichts verändert?^
„Nichts."
„Ah, das ist ettvaS Anderes. Desto schlimMr — ich
glaubte —"
Es entstand ein neues Schweigen. Susanne brach eS
zuerst.
„Mein Vater," sagte sic mit der größten Ruhe, „ständest
Du nicht in Geschäftsverbindung mit einem Basier aus der
Umgegend, Namens Cosseroufse?"
Andreas horchte auf.
Seine Tochter fuhr fort:
„Weißt Du, warum ich davon spreche? Es käNi, sein,
daß Cvffmousse seinen Hof verlasfin und vier bis füks Meilen
von hier bei einem Freund des-Herrn von Esterar einkreten
will. Man sagte zu diesem Freunde,' daß Cosssrouffe Schulden
habe, daß Du sein Gläubiger wärest und —"
„Es ist nicht-wahr, eS ist nicht wahtl" fiel der alte
Krämer lebhaft ein; „er hat mir auSgezühlk —"
„Desto besser: Das dachte ich," sagte Susanne. „Du
weißt wohl, daßp ich vom N»ta Berard beausiragt -wurde,
Dich zu benachrichtigen, daß Cofferouffe bezahlen wolle, eine
Nachricht, welche Dir Vergnügen machte, weil Du nicht sicher
wärest, ob Dein Schuldner zahlbar —"
 
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