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Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung (9) — 1875

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April (No. 37 - 49)
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https://doi.org/10.11588/diglit.41571#0179
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wöchentlich drei Mal:
Dienstag, Donnerstag,
»ao Seinstag.
Me Postanstalten
und Boten nehmen Be-
stellung« an.


AmlsverkündigungsölatL für den Amts- und Amtsgerichtsöezirk Schwetzingen.
Badische Hopse nzeitung.

Vierteljährl. Rbünnimeiit
Für'« Wochrnbl tt 1 Mark
50 Pfennige.
Unterhaltungsblatt
35 Pfennige.
Inserate:
die diergespaltene Sn-
nivndzcile oder deren Raum
IS Pfennig».

Allgemeiner Anzeiger für die badische nnd bayerische Ryeinpsalz.
Expedition Druck und Verlag der L. W. Moriell 'scheu Buchdruckerei in Schwetzingen
^0' 45. Dienstags 20. April 1875. IX. Jahrgang.
Jnsorate von Auswärts nehmen für UN« auch entgegen di* Annoncen-Bureaux von ^taaseufiein L Aagter, Rudolf Masse und K. F. Sauöe L K-., Süddeutsche Anuonceu-Krpedtto«
von K. Stöckhardt in Frankfurt, Stuttgart, Berlin, Leipzig, München, Wien, Zürich, Basel und Straßlmrg, sowie da« ISger'sche Lentral-Bureaux für Inserate in Frankfurt a./M

* Rede des Fürsten Bismarck
in der Sitzung des preuß. Herrenhauses am 14. d.
bei Beralhung des Dotation-Sperrgesetzes.
Wir sind in der angenehmen Lage, unfern Lesern den
Wortlaut der beiden Reden, welche der Fürst-Reichskanzler
in der Mittwochssitznng, bei Bcrathung des DotationS-Sperr-
gesetzes gehalten, vor Augen zu führen. Er sprach:
Ich will in die Diskussion der Gesetzesvorlage (Dota»
tions-Lperrgesetz) nicht eingehen, das überlasse ich dem Herrn
Kultus-Minister Ich will überhaupt mehr in meiner Eigen-
schaft als Mitglied dieses Hauses, wie des Swats-Ministers
das Wort ergreifen. Ich kann es mir aber nicht versagen,
den Ausdruck herzlicher Freude darüber laut werden zu lassen,
daß ich endlich einmal von der konservativen Seite dieses
Hauses ein freies, fröhliches Bekenntniß zu uuserm Evange-
lium der Reformation gehört habe. Wäre vorJahren das-
selbe ausgesprochen worden, so hät'e dieses Bekenntniß den
ersten schmerzlichen Beginn der Lösung zwischen mir und
der konservativen Partei bei Gelegenheit des Schulaussichts-
gesetzeS wohl verhindern können. Dann wäre auch der Kampf
mit der katholischen konservativen Partei und der kacholischm
Kirche nicht so heftig geworden, daß unser Evangelium durch
das Papstthum bedroht und gefährdet sei, daß unsere Se-
ligkeit — ich spreche als evangelischer Christ — höher steht,
als eine augenblickliche politische Idee; dann wäre dieses
nicht gekommen. Ich glaube, die Herren haben der Politik
das Evangelium untergeordnet. Ich denke, daß der Herr
Vorredner in diesem Sinne sich ausgesprochen hat. Es hat
mir herzliche Freude gemacht; es ist die Brücke für mich,
um die alten Beziehungen, die nicht ohne schwere Verletzun-
gen für mich zerrissen werden mußten, wieder anzuknüpfen.
Ich kann mich nicht Jenem als politisch befreundet oder
als Bundesgenosse beirachten, der sein kirchliches Bekenntniß
der Poli ik unterordnel. Herrn Kleist-Retzow möchte ich be-
merken, daß es doch sehr gefährlich ist, wenn es sich um Ge-
setzgebung handelt, von „Kirche" zu sprechen, Für ihn ist
also die katholische Kirche die Kirche. Was ist denn die
Kirche, von katho sicher Seite betrachtet? Die Kirche ist der
Papst, und wenn Sie von Rechten der katholischen Kirche
sprechen, so drücken Sie sich zutr-ff-nder aus: „Rechte des
Papstes". Vor dem Vatikanum konme man wohl noch
anders denken, jetzt sieht man, daß es ein Jrrthum war.
Wir Alle sind in der katholischen Dogmatik und Kirchen-
konstruktion so weit vorgeschritten, daß wir wissen, die ka-
tholische Kirche, die Gemeinde der preußischen Staatsbürger,
welche sich zu ihr bekennen, existier gor nicht, die Gemeinde
ist ebenfalls ein Stein im Pflaster, auf dem der Priester

steht, aber hat mit dem Bau der Kirche gar keine Beziehung
und Verbindung. Vor dem Vatikanum konnten wir uns
noch schmeicheln, daß 6 oder 8 preußische Unterthancn, die
Bischöfe nämlich, für unsere Auslegung waren. Seit dem
Vatikanum ist der Papst ap Stelle der Bischöfe getreten,
es ist kein Zweifel, die Bischöfe sind nur die Präfekten des
Papstes. Sie haben mit Bereitwilligkeit Überzeugungen
geopfert, ja, sie haben nicht eininal mehr das Recht, etwas
Anderes zu denken; ein Soldat hat wenigstens das Recht,
wenn ihm kommandirt wird: „Halb rechts:" zu denken, es
sei töricht, indem er dem Befehle folgt. Die Bischöfe dürfen
dies nicht einmal bei Verlust ihrer Seligkeit. Wie hier Hr.
V. Kleist-Retzow noch von Kirche sprechen kann, da er sich
so viel mit Theologie beschäftigt hat, daS begreife ich nicht.
Er hat sich gewiß schon einmal gefragt, ob es für sein See-
lenheil besser sei, wenn er katholisch würde, ich wenigstens
habe mir diese Frage vorgelegt, ich kann cs nicht verneinen;
er muß die Institutionen der Kirche doch mindestens halb so
gut kennen, als ich, wenn er unter solchen Umständen fort-
während die kath. K-rche als die „Kirche" in diesem schwe-
ren Kampfe vertheidigt, so sage ich, sagt er sich von seiner
sonst so bewährten Treue gegen König und Vaterland loS,
er steht mir als bedauerliches Bild des Unterschiedes da.
der ihn vom evangelischen Standpunkte des Herrn Vorred-
ners trennt, dem ich meine herzliche Anerkennung nicht ver-
sage. Folge ich dem Papst, so geht für mich die Seligkeit
verloren, denn die hat er nicht. Petrus war kein unfehl-
barer Papst, denn er hat seine Sünden bereut, und das
thui der unfehlbare Papst nicht. (Heiterkeit und Beifall.)
Später erwiderte Fürst Bismarck dem Grafen Brühl:
Der Herr Vorredner hat mir nur durch eine seiner Kamp-
fesweise eigenthümliche Bemerkung Anlaß gegeben, daß ich
nochmals das Wort ergreife. Ich muß eine irrtümliche
Auffassung berichtigen, damit nicht wieder Enistellungen Vor-
kommen, wie bespielsweise die von dem verstorbenen Grasen
Schwerin, daß ich gesagt haben soll : „Macht geht vor Recht",
eine Aeußerung. die ich nie ausgesprochen habe. Der Herr
Vorredner hat mich nämlich als Feind der katholischen Kirche
hingestellt und behauptet, ich selbst hätte mich als solchen
bekannt« Das ist ein Jrrthum, ich hoffe, ein unfreiwilliger,
wie d-e meisten in seiner Ausführung; wenn er ein frei-
williger wäre, so wäre es ein Resultat von der Richtung
der Schule, in der er seine Vorbereitung genossen hat. Ich
bin weit entfernt, ein Feind der katholischen Kirche zu sein,
vielmehr Halle ich den Herrn Grafen Brühl für einen Viel
größeren, das heißt, gefährlicheren Feind derselben, denn er
thui dieser mehr Schaden : doch ich hoffe, er wird Absolution
finden. Ich habe gesagt, daß der Papst ein Feind des

! Evangeliums sei, wenigstens war dies der Sinn meiner
! Worte, und das wird mir doch Herr Graf Brühl nicht de-
streiten, daß der Papst ein Feind des Evangeliums und
> somit nothwendig ein Feind des preußischen Staates ist.
! Ich gebe dem Herrn Grafen Brühl zu bedenken, daß, wenn
; der Papst vollständig zur Macht gelangt, er thun kann, was
' er will, daß sein Wille Gesetz auf Erden ist. Da sind wir
! doch alle bekannt genug mit dem Syllabus und dem Haß
: und der Verfolgung, um zu wissen, daß dann ein Herren-
haus nicht mehr möglich ist, weil konstitutionelle Einrich-
tungen nicht gestattet und nachtheilig sind, obwohl Graf
Brühl sich so unvorsichtig daran bctheiligt, ferner, weil die
Preßfreiheit verwerflich ist u. s. w. Die katholische Kirche
hat dann noch andere Mittel, wenn sie gegen Ketzer verfährt:
' man greift sie, martert sie, verbrennt sie, konfiSzirt ihre
^ Güter treibt sie aus. Wenn ich einen solchen Vertreter deS
Christenthums, der sich als Vertreter der Religion, der Liebe
und Demuth ausgibt und für uns evangelische Christen, nur
, den Zorn hat, wenn ich diesen als Feind des Evangeliums
und des preußisischen Staates nenne, so wird dies Graf
. Brühl trotz aller Dialektik, die er auf die Bühne bringt,
nicht wegdisputiren. Die Wahrheit, die Thaisachen, die ich
hier kundgebe, die sind so alt, daß ich dem Grafen Brühl
sein Wort zurückgebe: er hat noch gar nicht gelebt, als daS
schon anerkannte Thatsache war.

Deutsches Reich.
Seine König!. Hoheit der Großherzog haben unterm 15. d.
i M. gnädigst geruht, dem Hauptamts-Verwalter Ambros Wagner in
Karlsruhe die erledigte Obereinnchmcrei und Domänenverwaltung Müll-
heim zu übertragen, d.n Hauptamt-Verwalter Neumann in Konstanz
in gleicher Eigenschaft zum Haupistcueramt Karlsruhe zu versetzen, den
. Rivisions-Oberlontroleur Zollinspektor Anselm bei dem Hauptsteueramt
Konstanz zum Hauptamts-Berwa ter daselbst, den Hauptamts-Konlroleur
i Roman in Karlsruhe unter Verleihung des Titels als Zollinspektor zum
! Revisions-Oberkontroleur bei dem Hauptsteueramt Konstanz, Len Revisor
s Warth bei der Zollvirektion zum Hauptamts.Kontrolcur bei dein Haupt-
> steueramt Karlsruhe, den Hai-ptamts-Kontroleur Schamberger in Lörrach
! znm Revisor bei der Zolldirektion, und den Hauptamts-Kontroleur
i Schwörer bei der Zollabser igungs-Stelle a. B. in Basel zum Haupt-
! amtr Verwalter bei dem Haupts!eueramt Lör ach zu ernennen; ferner
l dem Oberer, nehmer und Domänmverwalter Bach in Waldlirch die er-
ledigte DomSnenvcrwaltung Btthl, dem Obereinnehmer und Domänen-
verwalter Gräff in Villingen die kombinirte Staatsverrechnung Wald»
kirch, dem Domänenverwalter Matt in Bonndorf die kombinirte Staats-
verrechnung Villingen, dem Revisor Will bei der Domänendirektion die
Domänenverwaltung Bonndorf zu übertragen, und dem Kameralpraiti-
kanten Emil Achert von Müllheim, z. Z. Dienstverweser der Domänen-
Venvaltung Heidelberg, zum Revisor bei der Domänendirektion zu er-
nennen; ferner den Bezirks-Assistenzarzt Severin Herrmann in Wolsach
zum Bezirksarzt daselbst zu ernennen.
— Die badische Zolldirektion hat, da nur die

Feuilleton.
Aie Lieöe kennt keine Kreuze.
(Fortsetzung.)
Diese hatte eine schreckliche Unruhe erfaßt. Sie drängte
zum Fortkommen.
Der Zug setzte sich in Bewegung und schlug den Weg
, nach Reichshofen ein.
Wenn auch nicht in dieser Ausdehnung und Siärke wie
auf dem Wege von Wörth nach Hagenau, so doch in noch
immer beträchtlicher Anzahl, eilten fliehende Soldaten an
ihnen vorüber.
H Kürassiere, LanzierS, Husaren, Feldgendarmen, Artille-
isten auf abgeschnittenen Zugpferden, Infanteristen aufHusarcn-
ferden, Alles im bunten Gemisch, bot sich der Beobachtung.
Munter wurde der Schwarm der Fliehenden so stark, daß
sie Wagen deS Zuges halten mußten. Durch diese Umstände
annte die Ambulance erst spät in der Nacht bei Reichshofen
intreffen. Der Schürtenhof, ein großes, verlassenes Gut,
^ »urde als Station für die Ambulance bezeichnet und man
mg sogleich an dns Werk.

Von dem Schürtenhof aufwärts zieht sich eine tiefe, z
breite Thalschlucht. In ihr lagen masscnweiS die Todten
oder die mit dem Tode Ringenden. Sie wurden durch die
Krankenträger fortwährend nach der Station gebracht und
hier von dem Arzte, so gut es ging, mit dem ersten und
nothwendigsten Verband versehen.
Die Feldflasche auf der einen Seite, auf der anderen
eine Tasche mit Scheeren, Messern und Verbandzeug eilte
Felice Manteau mit einem der Krankenträger von einem der
Daliegenden zu dem Andern, hier labend, dort Schmerzen
mildernd.
Im Osten graute der Tag, als sie über den Landsbcrg
nach Elsaßbausen hinüberschritt Eine Strecke weit fanden
sich keine Verwundeten vor; als sie jedoch mit den nachge-
kommenen Krankenträgern an das Hopfenfeld kam, an dem
gestern der Kampf so fürchterlich gcwüthet hatte, da überlief
sie ein eiskalter Schauer, denn hier lagen die Verwundeten
und Verstümmelten am zahlreichsten
„Hier sind auch schon Marodeurs gewesen!" rief jetzt
Einer oer Krankenträger, als sie bei den ersten Todten und
Verwundeten wieder anlangten und diese meist entkeidet und
beraubt am Boden liegen sahen.
„Marodeure?" fragte Felice. „Wohl von den Preußen?

„Nein, das sind Franzosen gewesen!" antwortete ihr
dieser. „Die preußischen Soldaten können nicht rauben und
plündern, denn diese sind ja jetzt noch engagirt oder ruhen
nach den ungeheuren Strapazen und preußische Einwohner
können dem Heere nicht folgen, auch sind diese ja ganz und
gar nicht mit den Örtlichkeiten hier vertraut."
Es schnitt Felice tief in's Herz, als sie Das hörte.
Sie mußte sich abwenden vor Schmerz und Abscheu und
wandte sich nach der anderen Seite deS Berges, nachdem sie
einen Theil der Krankenwärter auf der rechten Seite zurück-
gelassen hatte
Ein verwundeter deutscher Lieutenant hob sich kurz vor
ihr in die Höhe.
„Wasser!" tönte eS über seine trockenen Lippen.
Felice eilte auf den Lieutenant zu, flößte ihm eine»
Trunk ein und befahl dann dem einen Krankenträg-r, daS
zerschossene Bein des Mannes zu verbinden.
In einem grammatikalssch mühsam zusammengebrachten
Französisch dankte ihr der Lieutenant, da er aus der Unter-
haltung zwischen dem Mädchen und den Krankenträgern heraus-
gehört hatte, daß diese eine Französin sei.
„Ich spreche auch deutsch l" sagte Felice. „Sie können
! deutsch sprechen l"
 
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