Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung (9) — 1875

DOI chapter:
Juni (No. 62 - 74)
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.41571#0291
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext


Erscheint
j»dchmtlich drei Mal:
Dienstag, Donnerstag,
»nd Samstag.
Ulle Pastanstalten
»ad Baten nehmen Be-

Arnlsverkündigurrgsölalt für den Amis- und Amtsgerichlsöczirk



adische Hopfenzeitu

Vierteljäh Abonnement
Für's Lv ^nblUt 1 Mar
S0 Pfennige.
UnterhaltungLblatt
35 Pfennige.
Inserate:
die viergespaltene Gar»
mondzcile oder dereaRanm
12 Pfennige.

Allgemeiner Anzeiger für die badische nnd bayerische Nyeinpsalz.
Expedition, Druck und Verlag der C. W. Marie ll'schen Hofbuchdruckerei in Schwetzingen

So. 73. Samstag, 26. Juni 1875. _IX. Jahrgang.
Jrrs«r«t« von AnSwLrtS nehmen für uns auch entgegen die Annoncen-Bureaux von Kaasenstein L Sogler, Itudoks Wolle und H. L. AauSe L Ho., Süddeutsche Annoncerk-Krpedlio«
»,n G. StöLhardl in Frankfurt, Stuttgart, Berlin, Leipzig, München, Wien, Zürich, Basel und Straßburg, sowie das Aäger'sche Central-Bureaux für Inserate in Frankfurt a./M.

* Vortrag des Hrn Pros. Holzer von Schwe- ,
Itinaen über die zweite aitkatholische Synode
in Bonn.
Wir sind in der angenehmen Lage, diesen Vortrag
wörtlich hier wiedergeben zu können und glauben hiermit,
vielen unserer Leser einen Dienst zu erweisen, da der strö-
mende Regen Manchen abgehalten haben mag, den interessanten
Bericht zu hören:
Der Redner begann: Durch meine persönlichen Ange-
legenheiten bislang in Anspruch genommen, kam ich erst in
letzter Stunde dazu, mich zur Betheiligung an der zweiten
altkathol. Synode in Bonn zu entschließen, ich wurde dazu
theilS von der hiesigen altkathol. Gemeinde ermuntert und
speziell ermächtigt, in ihrem Namen auf der Synode zu
sprechen, theils und dies mehr noch, war es ein innerer
Trieb, der mich dahin führte, um die Bewegung, die so viel
von sich reden macht und die uns so nahe geht, in ihrem inner-
sten Kern, um die bewegenden Kräfte kennen zu lernen.
Und befriedigt kam ich zurück, erquickt und gekräftigt,
beruhigt und ermulhigt. Wenn vordem noch leise Zweifel
in mir waren, so wurden sie zerstreut, wie der Nebel vor
dem ausgehenden Tagesgestirn: Wohlthuend und wärmend
schien mir diese Sonne in's Herz. Es war denn doch eine
herrliche Versammlung, diese Männer aus allen Gauen
Deutschlands, Geistliche und Laien, die da beisammen waren,
beseelt von dem einmüthigen Wunsch, für die schönste Ziele
der Menschen, für Wahrheit und Gewissensfreiheit in einen
Kampf hier einzutreten. Ein Geist der Liebe und Brüder-
lichkeit schien über die ganze Versammlung ausgegosscn, reli-
giöser Ernst und frohe Hoffnung war auf jedem Gesichte
zu lesen.
Ehe ich jedoch daran schreite. Ihnen das Weitere hier-
über mitzuthcilen, halte ich es für angemessen, für diejenigen
unter Ihnen, die vielleicht weniger mit den Ursachen und
mit dem Gang der altkathol. Bewegung bekannt sind, einen
kurzen Rückblick zu thun auf die noch junge Geschichte des
Altkatholizismus.
Das dürfte Ihnen wohl allen bekannt sein, daß der
Altkatholizismus unter diesem seinem Namen, als ein neuer
Factor, als eine neue bewegende Kraft im religiösen und
socialen Leben erst seit 1870 auftritt. Ihrem Wesens
und ihrer Tendenz nach gehören aber auch schon alle die,
jenigen Bestrebungen dazu, die schon früher darauf abzielen,
dem immer mehr einreißenden Verderbniß in der Röm. kathol.
Kirche Einhalt zu setzen. Das ganze Streben dieser, der
Röm. kathol. Kirche, ging namentlich seit den Jahren 1815
und ganz besonders in den Reactionsjahren seit 1850 dahin,
auf der «inen Seite durch falsche Vorspiegelungen in den

Fürsten willige Werkzeuge ihrer Pläne zu gewinnen, auf
der andern durch einen immer mehr scholastisch zugestutzien
und zugespitzten Religionsunterriche und durch eine immer
mehr nur auf Aeußerlichkciten basirte Goitesverehrung den
Geist des Volkes in Fesseln zu schlagen — überall aber die
Wissenschaft und ihre Vertreter durch Verleumdung und nicht
selten durch gemeine Beschimpfung besonders bei der urtheils-
losen gläubige Menge in Mißkredit zu bringen. Wenn
Leute von wahrem Christenthum, wenn gulmüthige Träumer
bis dahin sich noch der Hoffnung Hingaben, daß doch eine
friedliche Einigung der verschiedenen christlichen Bekennt-
nisse möglich sei, wenn gute Katholiken eine Verbesserung
der Kathol. Kirche von innen heraus erhofften, so mußten
all diese Hoffnungen schwinden mit dem verhängnißvollen
Jahre 1870, wo Rom, das stolze Papstthum (vielleicht des
Sieges der mit ihm Verbündeten Franzosen über Deutschland
gewiß —), sich selbst bis zum Himmel erhebend, der Welt
sagte, daß es keinen Vergleich, keine Compromiß, daß es
nur — Unterwerfung suche.
Wersen wir nur einen Blick auf das Conzil selbst,
nicht um uns auf dogmatische Diskussionen einzulassen, nein,
nur um Ihnen mit unw d.rleglichen Beweisen, mit einfachen
Zahlen zu zeigen, daß das Conzil nicht als ein allgemeines,
als ein ökumenisches gelten kann, sondern daß es nur ein
Scheinconzil war, darauf berechnet, die unbequemen
Konzilien ganz zu beseitigen, um endlich alle Lehrgewalt
und damit alle wirkliche Gewalt, einem sterblichen Menschen
und was vielleicht schlimmer ist, seinen fanatischen Rathge-
bern in die Hände zu geben. Es waren zum Conzil 1037
xatrss oder Väter als stimmberechtigt eingeladen worden.
Davon waren, als die Zahl am höchsten war, in Rom an-
wesend 759, später im Mai 702, und am 18 Juli endlich
da die feierliche Verkündigung der Unfehlbahrkeit des Papstes
erfolgen sollte und wirklich erfolgte, waren uur noch 535
Väter anwesend, so daß Antonelli der Welt verkünden konnte,
mehr als fünfhundert Väter (Bischöfe?) hätten den
neuen Glaubenssatz anerkannt. Es fehlten von der Total-
summe also 502. das ist fast die Hälfte. Doch untersuchen
wir erst diese Stimmen, so finden sich da 51 Ordcnsgenerälc
und 58 Cardinale, die in den früheren Konzilien im ersten
Jahrtausend nach Christus nicht mit zu stimmen hatten. Es
kommen nun die Erzbischöfe und Bischöfe i. x. 1. (in xur-
tidns inüäölinin) d. h. Bischöfe, die keine Heerde zu ver-
treten und daher auch keine Verantwortung haben. Ein
solcher Bischof z. B. war der Herr Weihbischof v. Kübel,
der unter dem Titel: Bischof von Leuca nirgends wirklicher
Bischof war.
Es versteht sich von selbst, daß diese, vom Papst ernannt,

Feuilleton.
Dorenöerg.
Fortsetzung.
Bei solchem Leben kann man es aushalten, und bis
mein Geld ganz verzeht ist, werde ich schon Arbeit finden.
Also zuerst eine billige Wohnung."
Gesagt, gethan. — Mit frischem Muth trat Heldreich
seine Wohnungsreisc an. Anfangs sank ihm das Herz, als
er die Preise für ein einfaches Zimmer hörte, monatlich 10
Thaler und mehr; aber je mehr er sich aus dem Mittel-
punkte der Stadt entfernte, und sich entlegeneren Gegenden
zuwendete, je mehr sanken auch die Preise, mit ihnen frei-
lich auch die Eleganz und Bequemlichkeit der Wohnungen."
Endlich fand er, was er suchte, fast am Ende der Stadt
im Dachgeschoß eines himmelhohen Hauses, ein friedliches ^
Stübchen mit reizender Aussicht auf weit sich hinstreckende .
Gärten für 2 Thaler monatliche Miethe. Die Wirthin, eine !
behäbige sprachselige Frau, versicherte ihm, er sei bei ihr >
aufgehoben, wie in Abrahams Schoost. Bei ihr wohnten

immer Herren und Alle seien zufrieden. Die Zeitung könne
er obenein umsonst lesen, die halte ihr Sohn mit dem Schnei-
der auf dem Hofe zusammen, ihr Sohn bekomme sie um 10
Uhr, und Um 11 Uhr sollte sie täglich auf dem Tische lie-
gen. Mehr könne kein Mensch für 2 Thaler monatlich ver-
langen !
Das fand Heldreich auch. Der Handel wurde abge-
schlossen mit einem Thaler Draufgeld, den sich die weltkluge
Frau Schröder wohlweislich bedungen hatte. Und eine
Stunde später zog unser junger Freund mit seinem ganzen
Hab und Gut in die neue Residenz ein, in der er schon die
Zeitung auf dem Tische fand. — Frau Schröder machte
ein etwas zweifelhaftis Gesicht, als sie das leichte Ränz-
chen ihres neuen Miethers sah; aber sie fand sich in das
Unvermeidliche, das Draufgeld sicherte sie ja für 14 Tage.
Kurze Haare sind bald gebürstet, sagt ein altes Sprüch-
wort. Heldreich brauchte zum auspacken seiner gesammten
Habseligkeiten und zum Einräumen seiner Sachen nicht be-
sonders lange Zeit. Nachdem die Wäsche, der Anordnung
der Mutter gemäß, hinten in den Kommodekasten gelegt und
damit das Ordnungswerk vollendet war, trat er an das
Fenster, um sich von seinem hohen Standpunkte aus die

wie die Vorgenannten auch für ihn stimmen werden. Es
folgen dann die Vorsteher vieler neugegründeter Bisthümer,
(in Amerika allein sind von Pius IX. 112 gegründet wor-
den) die vorher Missionäre oder Mönche waren und nun da
oder dort so und soviel Tausend zum Theil uncivilisirter
Menschen zur Herde haben. Am schwersten aber wenige die
276 italienischen Bischöfe, aus den ehemals päpstlichen Staaten
allein 143. In dem kleinen Italien sind 12 Bischöfe mehr,
als in allen übrigen europäischen Ländern zusammen (Ruß-
land ausgenommen). Daß auch die meisten dieser Herren
sich dem Papste gefällig zeigten, bedarf keiner näherer Er-
klärung. —
Und die Deutschen Bischöfe, die Bischöfe der civili-
sirten Länder, die ihre Heerde nach ynnderttausenden zählen,
wo waren sie? — Sie hatten während des ganzen Konzi-
liums gegen den unrechtmäßigen Geschäftsgang und gegen
die Definition der Unfehlbarkeit protestirt; sie hatten in
mehreren Eingaben dem Papst ihre Bedenken vorgelegt —
ohne darauf auch nur eine Antwort zu erhalten; endlich
waren fast alle vor dem 18. Juli in demonstrativer Weise
von Rom abgereist, um nicht gegen ihr Gewissen
zu stimmen. Hinterher aber, um nicht ein neues Schisma,
eine neue Spaltung hervorzurufen, schrieben sie einer nach
dem andern ihr Brieflein nach Rom, daß sie sich nachträg-
lich unterwerfen wollten.
So das Conzilium im Jahre 1870, von dieser Seite be-
rschtet. Es ist keine weitere Erklärung nöthig; dem gewissen-
haften Mann, der die Wahrheit im Ernste sucht, muß das
Blut in Wallung kommen, wenn er sieht, daß jetzt dieselben
Bischöfe, die offenbar selbst nicht daran glauben, ihre gläu-
bige Heerde zum Glauben an die Unfehlbarkeit des Papstes
zwingen wollen, und daß er das, was so und soviele welsche
und Scheinbischöfe für gut gehalten haben, glauben soll,
während die meisten Bischöfe der civilisirten Völker, deren
Stimme mehr hätte wiegen sollen, während unsere Bischöfe,
der scheinbaren Majorität gegenüber ihren Posten verlassen
haben.
Die Bischöfe selbst haben jetzt nichts mehr mit zu reden
in Glaubenssachen; man braucht jetzt keine Konzilien mehr,
da nun der Papst allein unter directer Assistenz des heil.
Geistes (wer's glaubt) Hüter der Wahrheit ist. Die Oppo-
sition wäre wahrscheinlich eine ganz andere, wenn die Leute
wüßten, wie sehr sie betrogen sind. Der gemeine Mann
lacht darüber oder schüttelt höchstens den Kopf und meint,
die Sache hätte ja am Ende nicht soviel zu bedeuten; die
gebildeten Laien sind theils ganz gleichgiltig, d. h. sie
haben sich nach den vielen Verkehrtheiten, die ihnen zugemuthet
wurden, daran gewöhnt, gar nichts mehr zu glauben, theils
Nachbarschaft genauer anzusehen, als dies durch den flüch-
tigen Blick beim Miethen möglich gewesen war.
Eine Reihe niedriger Häuser bildete die gcgenüberstehende
Straßenreihe, so daß Heldreich über die Häuser hinweg in
die sich weit bis zur Stadtmauer hin ausdehnenden Gärten,
welche im bunten Schmucke der Georginen Prangten, schauen
konnte. Das war für den Großstädter eine große Annehm-
lichkeit, den Provinzialen aber interessirte mehr das groß-
städtische Leben, von dem in der entlegenen Straße wenig
zn spüren war. Heldreich's Blick schweifte über lange Reihen
uninteressanter Häuser fort, er blieb endlich haften auf einem
kleinen Hause gerade gegenüber, dem kleinsten der ganzen
Straße, denn es bestand nur aus einem Stockwerke und
hatte im Ganzen eine Stcaßenbreite von zwei Fenstern und
der Hausthür. Das Haus selbst bot des Interessanten nicht
gar viel und hätte wohl schwerlich Heldreich's Aufmerksam-
keit auf sich gezogen, denn es war einfach grau gemalt und
gebaut, wie fast alle solche kleine Häuser, wohl aber zeigten
sich die mit schönen und sorgfältig gepflegten Blumen auS-
geschmückten Fenster der Betrachtung um so mehr Werth, als
hinter dein einen Fenster, halb versteckt von dem Blumen-
gcbüsch, ein liebliches junges Mädchen saß, welches eifrig
mit einer weiblichen Arbeit beschäftigt war.
 
Annotationen