Vierteljahrs. Aboimrmmt
VA'» W»ch,n»l tl 1 W«r'
50 Pfennige.
UnterhaltungSbl««
35 Pfennig.
Anstr.te:
Erscheint
wvch-ntlich drei Mal:
Lienitag, Donnerst«», (
,nd Samstag-
All» Pastanstalten
nnd Boten nehmen >r-
steüungm an.
die »ier,esp,Itene G«r
msndzcile »der deren Banm
IS Pfennige.
Amlsverkündigungsßtall für den Amts- und Amtsgerichtsöezirk Schwetzingen
Allgemeiner Anzeiger für die badische und bayerische Ryeinpsalz.
Erpediti»n, Druck und Verlag der T. W. M»riell'schen Buchdruckerei in Sch»ehingen
^o. 59._ _ _ Dienstag, 25. Mai 1875.___ IX. Jahrgang.
K»s«r»te »*n Auswärts nehmen s»r uns auch entgegen di« Annoncen-Bureaux vsn Kaafcnstei« .st V-gler, Andorf Woff« und A. /. Jauste L G»., Süddeutsche -««»uce«--»pkdrto»
d»n H. SttLhardl in Frankfurt, Stuttg»rt, Berlin, Leipzig, München, Wien, Zürich, Basel und Gtraßdurg, s»»ie das Ziger'fche Central-Bureaux für Anserate in Frankfurt ,./M
auf das „Schwetzir,.
ger Woche»»blatt-,
„Bad. Hopfenzei»
jung" für den Monat Juni nehmen noch alle Postan-
stslten, Taschenboten und unsere Zeitungsträger entgegen.
* Zur Situation.
In dem verhälimßmäßig kurzen Zeitraum von sieben
Jahren haben wir drei Kriege geführt, welche in gewaltig
steigender Progression Opfer, unsagbar schwere Opfer aller
Welt und besonders uns aufcrlegten, die wir neben den Allen
gemeinsamen Lasten noch die zwar stolze, aber schwere Bürde
tragen, das kostbarste Menschenmaterial in's Feld zu schicken.
Die Ströme Blutes, welche fließen mußten, um alle die
Hindernisse hinwegzuräumen, welche der Einigung unserS
Vaterlandes im Wege standen, um daS Ziel uns erreichen
zu lassen, das schon zweier Generationen Traum und heiße
Sehnsucht gewesen, machen den endlich errungenen Besitz uns
so theuer. Heilig und untastbar sind uns die Grenzen, die
wir durch den Tod so vieler Tausende unserer Söhne und
unserer Brüder gewonnen. Heilig sei uns aber auch die
Rahe deS geeinten Vaterlandes! Die Wunden, die eS im
heißen Ringen nach nationaler Einheit — welche allein erst
ein Volk zum Volke macht — empfangen, sind ehrenvoll,
doch schmerzen sie darum nicht minder, und noch haben sie
nicht Zeit gehabt, zu vernarben. Die harte Nothwendigkeit
dreier Kriege hat unsere! Landes Wohlstand schwer geschädigt,
d e nachfolgende Gründcrpcst den Rest desselben auf lange
hinaus mi? Unfruchtbarkeit geschlagen — gönnen wir uns
Zeit zur Erholung.
Wir sehen in Bezug auf Deutschland äußere Gestaltung
und seine Machtstellung unsere Wüusche erfüllt. ES erübrigt
nur die friedliche Arbeit innerer Reform, deren Ziel nicht
minder verlockend ist. Dem geeinten Deutschland die freien
Institutionen zu geben, welche der hohe Stand seiner Ci-
vilisation erheischt, und die allein eine Bürgschaft dafür geben,
daß jeder Bürger eines möglichst großen Glückes lheilhaftig
werde — das ist jetzt unsere Aufgabe.
Zur Erfüllung dieser Aufgabe ist die unerläßliche Vor-
bedingung: der Friede.
Der Satz: »intsr krmu silent lsges« spricht ein trau-
rige Wahrheit aus, und leider noch nicht einmal die ganze
Wahrheit. Nicht blos während des Krieges selbst schweigen
die Gesetze; die organische freiheitliche Entwickelung derselben
bleibt auch noch lange nach dem Friedensschluß gehemmt —
ganz abgesehen von der Verwilderurg, welche das „rauh'
gewaltsame Handwerk" des Krieges bei den Hunderttausenden
unmittelbar Bctheiligtcn zur notwendigen Folge Hai.
Eine zweite unerläßliche Vorbedingung ist: der Glaube
an die Tauer des Friedens.
Haben unsere Siege, nach unsere! großen Schlachten-
denkers Ausspruch, uns auch nicht Europe's Liebe gewonnen,
so haben sie uns doch in die Lage gebracht, diese Liebe eine
Zeitlang entbehren und ohne Furcht nach derselben streben
zu können. Wohl, das wissen wir, „kann auch der Beste
nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbar nicht ge-
fällt." Unser östlicher und südlicher Nachbar aber sind unS
befreundet, und bei dem Westlichen ersetzt seine jetzige Schwäche,
waS ihm an gutem Willen vielleicht — aber auch nur viel-
leicht fehlt. Wir haben also, selbst friedlich gesinnt, alle
Garantien für einen dauernden Frieden, um dieses Glück
wollen wir uns nicht nehmen lassen, weder durch die Halluzi-
nationen reklamesüchtiger, noch durch die erkauften Allarm.
rufe börsebestochener Zeitungen, noch durch Orakelsprüche
gewisser Osficiöscn, an denen nichts wahr ist, als der Muth,
mit welchen sie jeden zweiten Tag bekennen, daß sie am
ersten gelogen.
Daß ein verhälinißmäßig junges Staatswesen wie daS
unsrige, welcher überdies nicht ohne gewaltsamen Bruch mit
alten Traditionen in's Leben treten konnte, innere Kämpfe
durchzumachen hat, ist selbstverständlich. UnS sind sie mehr, als
nothwendig war, erschwert worden dadurch, daß verschiedene
Regierungen noch immer nicht zu der Erkenntniß gekommen,
von der Richtigkeit deS liberalen Principes, nach welchem die
Consesfion ganz und gar Angelegenheit deS Individuums ist,
völlig zu ignoriren von dem Staat, welcher nach den allen
Konfessionen gemeinsamen Gesetzen der Moral verwaltet wird.
Diese Erkenntniß wird endlich auch nicht auSbleiben, und
wir werden dann für die oben bezeichnten friedlichen Arbeiten
völlig freies Feld haben.
Deutsches Reich.
— Das Kronprinzenpaar wird ;am 27. d. gleichzeitig
mit Fürst Bismark in Berlin zurückerwartet. Nach dem Be-
suche deS Königs von Schweden, welcher am 28. d. Morgens
eintrifft, geht Fürst Bismark nach Varzin zum Sommer-
aufenthalt.
— Die Nachricht der „Kreuzzeitung" über den beabsich-
tigten Rücktritt des Kriegsministers v. Kameke beginnt an
Wahrscheinlichkeit. General-Lienienant v. Voigts-Rhetz wäre
zu seinem Nachfolger designirt und der Rücktritt soll — so
hört man — mit der Pensionirunz des Generals v. Fran-
sccki erfolgen. General v. Kameke würde Kommandeur des
zweiten Pommerschen »der des 15. ArmeecorpS (Elsatz-Loth-
ringen) werden.
— Zu Ehren des Königs von Sachsen fand gestern
Diner bei dem Prinzen August von Württemberg statt.- Der
Kaiser, die Prinzen des königlichen Hauses, Prinz Wilhelm
von Württemberg, der sächsische Gesandte, Feldmarschall
v. Manteufsel, der Kriegsminister und Generalität wohnten
demselben an.
— Die juristische Streitfrage, ob es ein Cigmthum
an Zeitungen gibt, wurde in Uebereinstimmung mit der
französischen Geüchtspraxis und einem Urtheile des b a d i-
schen Oberhofgerichts — vom 7. Nov. 186! —
von einem Gerichte zweiter Instanz dieser Tage im bejahenden
Sinne entschieden.
— Man spricht von einer nahe bevorstehenden Ge»
sammt beleuchtung deS Heidelberger Schlosses
und Neckars zu Ehren und auf Kosten des Kaisers von
Rußland, der künftigen Monat von Jugenheim nach
Heidelberg zu kommen beabsichtigt.
— Dem „Schwäb. Merk." wird aus Karlsruhe
geschrieben: „Die Muthmaßung, daß der badischeL a nd t ag
sich in diesem Jahr besonders frühzeitig versammeln werde,
dürste kaum in Erfüllung gehen. Theils ist die Möglichkeit
durch die notwendige Dauer der Neuwahlen ausgeschlossen,
theils dürften auch die Budgetabschlüfie (ganz abgesehen von
neuen Vorlagen) nicht plötzlich auf Monate früher als bis-
her zu ermöglichen sein und endlich wäre ein Abschluß deS
Landtags selbst bis zum Zusammentritt deS Reichstags doch
nicht zu erreichen."
-- Die kaum eingeweihte Synagoge in Karls-
ruhe ist bereits Gegenstand eines Bubenstücks geworden,
indem in der Nacht vom 13. auf den 14, am Hauptportale
vier Bronce-Rosetten loSgeriffen und entwendet wurden.
— Ende voriger Woche logirte in einem Karlsruher
Gasthaus ein angebliches Ehepärchen unter falschem Namen,
wobei sich der angebliche Ehemann beigehen ließ, einen Freund
zu besuchen, bei dessen Vater er als Schreinergeselle in der
Schweiz gearbeitet halte. Dir angebliche Ehefrau diente
früher ebenfalls in der Schweiz und entwendete dort vor et-
wa Jahr 1000 Franken. Mit diesen Gelde traten sie
nun vor etwa 8 Tagen die Reise an und wurden in Karls-
ruhe von dem besuchten Freunde zur Anzeige gebracht. Bei
genauer Durchsuchung derselben fanden sich noch 128 M.
und verschiedene von dem Gelde angekaufte Gegenstände vor.
Der angebliche Ehemann ist ein Schreinergeselle aus Schlesien
und die Ehefrau ein Dienstmädchen aus dem Württem-
bergischen. Letztere ist geständig. daS Geld entwendet zu
haben und wurden somit Beide am Vorabend vor Pfingsten
in das AmtSgefängniß verbracht.
—- Wie eS heißt, wird die Kaiserin Eugrnie Ende
Bestellungen
Fruilirko».
Die Liebe kennt keine Grenze.
(Fortsetzung.)
An dem Schädel des Daliegenden, der den Schuß auf
Benno abgegeben hatte, versuchte ein Soldat die Wucht seines
Gewehrkolbens in einer solchen Weise, daß in der nächsten
Minute ein Kopf in Wirklichkeit nicht mehr existirte.
Unter kräftigem Hurrah stürzte ein neues Detachement
Soldaten in den Hof des Schlosses. Ein Hurrah der Freude
'önie den Ankommenden aus den Fenstern deS Schlosses
von Benno's Leuten entgegen. Nach wenigen Minuten war
Hauptmam, Sierchenbach an der Seite Benno's.
„Verwundet. Herr Kamerad?" fragte dieser.
„In den letz'en Minuten des Kampfes. Ein Verwundeter
schoß mir die Kugel durch die Schulder."
„Wo ist er?"
„Er hat seinen Lohn", sagte Benno, auf den mit zer-
schmettertrm Schädel Daliegendrn zeigend.
„Sie müssen verbunden werden, Herr Kamerad; Sic
bluten ganz bedeutend."
„Lassen Sie di? Herrin des Schlosses kommen!"
" „Wo ist sie?"
„In dem letzten Zimmer der anderen KoridorS."
„Großer Golt!" schrie Felice auf, als sie Benno blatend
auf dem Divan sitzen sah. „Ist die Wunde tvdtlich?"
Benno lächelte wehmüthig-
„Nein Felice", sagte er. „Du mußt mich aber ver-
binde», das Blut fließt zu stark und mir wird."
Das Gesicht Benno's überzog Leichenblässe — er sank
ohnmächtig.
Auf Sterchenbachs Befehl faßten einige Leute den Ver-
wundeten und trugen ihn unter Felice's Führung nach einem
von dem Kampfe verschont gebliebenen Zimmer. Hier legte
Felice einen kunstgerechten Verband an und eilte dann auf
Sterchenbachs Bitte zu de» anderen Franzosen und Deutschen,
um auch ihnen Hülse angedeihen zu lassen.
Daß der Kampf vorzüglich in dem letzte Stadium ein
ganz bedeutender gewesen sein mußte, ging aus der großen
Anzahl der Todten und Verwundeten hervor, denn die Franzosen
hatten drciundzwanzig Todte unk eine ähnliche Zahl mehr
oder weniger Schwerverwundete. Von den Leuten Benno's
dagegen war nur ein einziger Füsilier getödtct und etwa ein
Dutzend leicht verwundet worden.
Es dunkelte bcreit, als man etwas Ordnung in die in
dem Schlosse herrschende Verwirrung gebracht hatte. Die
schwer verwundeten Franzosen hatte man in ei» Zimmer für
sich gebracht. Unter ihnen befand sich auch der Anführer
der Frankiircurs. Ein Schuß war ihm durch den Mund
gegangen und hatte ihm dabei ein Stück Zunge uüd einen
Theil der Zähne weggerissen. Die leicht vermundeten Fanzosen
und der Sicherheit halber gefangenen una geknebelten Frank,
tireurs wurden scharf bewacht.
Hauptmann Sierchenbach war mit diesen Anordnungen
fertig, hatte auch seine Leute vntcrgebracht und wollte eben
wieder zu Benno gehen, als ein Unteroffizier meldete, daß
im Hofe eine schwere, eiserne, jedenfalls mit Geld gefüllte
Kiste aufgefunden worden sei.
Er ging nach dem Hofe und fand hier die Bestätigung
der Aussage.
Auf die Frage Sterchenbachs theilte ihm Felice mit^
daß in der Kiste daS Vermögen ihres Vaters und dessen
Kompagnon sei und bat ihn gleichzeitig, die Wertpapiere,
in welche sich, wie sie erfahren, die französischen Soldaten
getheilt hatten, denselben abzunehmen.
Sterchenbach kam sofort dem Wunsche Felice's nach.
Bei dieser Visitation stellte sich auch heraus, daß diese Frank»
tirrurbande dieselbe gewesen war, welche einige Tage zuvor