Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung (9) — 1875

DOI Kapitel:
Oktober (No. 115)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.41571#0459
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Erscheint
. wöchentlich drei Mal:
Dienstag Donnerstag
und Samstag.
Alle Postanstalten
und Boten nehmen Be-
stellungen an.


AmLsverkündigungsZlalL für den Amts- und AmLsgerichLsöezirk Schwetzingen-

Vierteljcihrl Abonnement
Für's Wochenblatt 1 Marl
50 Pfennige.
Unterhaltungsblatt
Inserate:
die viergespaltene Gar-
mondzeile oder dcrsnNaurn
12 Pfennige.



Allgemeiner Anzeiger für die Sndifche und hetzerische Rheinpfalz.
Expedition, Druck und Verlag der C. W. Moriell'schm Hofbuchdruckerei in Schwetzingen.

L1S.

Samstag, den 2. Oktober 1875.

IX. Jahrgang.

Inserate vo« Auswärts nehmen für uns auch entgegen die Annoncen-Bnr-aux von Kaaseuüei« K Msgker, Rudolf Masse und H. A. AauVeL Ka., Süddeutsche Auuoncen-Grpediltott
von K. StöLi-ardt in Frankfurt, Stuttgart, Berlin, Leipzig, Mllnchm, Wien, Zürich, Basel und Straßburg, sowie das Küger'sche Eentral-Buraulfür Inserate in Frankfurt a./M.

Deutsches Reich.
— Die Nachrichten über das Befinden des Kaisers
lauten durchaus günstig. Die Reise nach Schlesien und
Mecklenburg, die dortigen militärischen Ueb-ungen und die
Floitenbesichtigung haben Se. Majestät durchaus nicht an-
gestrengt. Es ist daher kaum anzunehmen, daß ein ernst-
liches Hinderniß sich der italienischen Reise des greisen
Monarchen entgegenstellen sollte, wie es heißt, ist es der
ausgesprochene Wunsch des Kaisers, diesmal den Reichstag
in Person zu eröffnen. Ein bestimmter Tag ist hiefür in-
dessen noch nicht in Aussicht genommen.

Karlsruhe. Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben
Sich gnädigst bewogen gefunden, mittelst Höchster Entschließung vom
15. September d. I. den Professor Wilhelm Heinrich Hechler aus
seiner Stellung als Erzieher Seiner Großherzoglichen Hoheit des
Prinzen Ludwig Wilhelm, wie überhaupt als Großherzoglicher Hof-
beamtsr auf sein unterthänigstes Ansuchen zu entlassen.
— Se. Königl. Hoh. der Großyerzog hat dem beim
Festschießen zu Ehren des Allerhöchsten Geburtstages ver-
unglückten Manne in Bretzingen ein Gnadengeschenk
von 50 M. zuweisen lassen.
Bade«. Eine durch die Blätter laufende Notiz ist
dahin zu ergänzen, daß die 10- und 50-Guldenscheine der
Badischen Bank mit dem 1. Oktober d. I. allerdings
ihre Eigenschaft als Banknoten verlieren, jevoch behalten
dieselben nach Z 27 der Gcsellschaftsstatuten die Kraft ein-
facher Schuldscheine auf Inhaber. Das Forderungsrecht
aus denselben verjährt erst in 5 Jahren vom 1. Oktober
d. I. an gerechnet.
— In Karlsruhe hat sich am 27. v. ein Gärmer
in dem in der Nähe seiner Wohnung befindlichen Garten
mittelst eines Gewehres erschossen. Der Schuß ging durch
den Mund in das Gehirn, was den augenblicklichen Tod
zur Folge hatte. Ein längeres körperliches Leiden soll der
Grund des Selbstmordes gewesen sein. In der folgenden
Nacht wurde ein Tünchergeselle vor einer Restauration in
der Karlsstraße in Folge eines Streites durch einen Messer-
stich in die Brust getödtet. Der Thäter, ein Schustergeselle,
wurde alsbald gefänglich eingebracht und ist der Thai
geständig.
— In dem Orte Handschuchsheim ist ein Fall
von Hundswuih vorgekommen und es ist daher über diese
und die sonstigen nahegelegenen Gemeinden von der Polizei-
behörde die Hundesperre verhängt worben.
— Der „Beobachter" ermahnt die „Männer der kath.
Volkspariei, Leiter des Ganzen und oer einzelnen Theile,
darauf zu achten, was das Volk für einen Kalender in der
Hand hat". Also nicht einmal einen Kalender darf sich
Feuilleton.
Wer?
Fortsetzung.
Es geschah mir nichts, ich hörte nur, daß der Un-
heimliche irgend etwas vornahm. Der Zug hielt auf einen
Augenblick, die Thür des Coupee's wurde auf- und zuge-
schlagen und als ich die Binde abriß, saß eine Dame in
schwarzem Seidenkleids neben mir. Diese Dame hatte trotz
der Schminke und der schwarzen Haare viele Aehnlichkeit mit
jenem Herrn, leugnete aber, mit ihm identisch zu sein. Mir
selbst war das Ganze ein Räthscl, ich wußte es mir nicht
zu erklären. Die Mitreisende, der Beschreibung der anderen
Zeugen gemäß offenbar die Gesellschafterin, stieg ebenfalls
in D. aus. Jenem Herrn bin ich nun heute wieder be-
gegnet, ich habe ihn erkannt trotz des Bartes, den er sich
hat wachsen kaffen, an seinen Zügen, seiner Figur, seiner
Summe, — es ist der vorige Zeuge, Herr v. Holten."
Eine furchtbare Aufregung im ganzen Saale folgte
diesen Worten; der Tumult war so groß, daß dis Schelle
des Präsidenten eine Zeit lang vergebens Ruhe forderte

das freie, mündige Volk nach-seinem Belieben kaufen, ohne
daß ihm die Aufpasser der kath. VotkSpartei mit neugierigen
. über die Schulter gucke»! Der „Lahrer" ist für
i Zeob." unangreifbar, da er auf „dem Chimbarasso
d emeinheit steht". Dafür wird empfohlen der „Sonn-
t gskatender", der Sto'z'sche „für Zeit und Ewigkett" (der
b'syer nie auf einem Chimborasso stand, jordeni tief im
Schlamme der . . . Noblesse-steckie!). Der letztgenannte
soll diesmal eine schöne Lebensbeschreibung der hl.'Elisabeth
enthalten. Ob auch etwas über Mnßgürtel" darin steht?
— Wie wir dem „Weinh. 'Anz." entnehmen, dürfte
H»rr Oberingenieur Bürklin nun dock sein Mandat als
Abgeordneter wieder annehmen, was bei der anerkannten
Tüchtigkeit dieses Herrn höchst erfreulich wäre.
. — Die „Frei!,. Zg." weist auf die bevorstehende ge-
setzliche Einführung der gemischten Schule hin und begründet
vea Unterschied zwischen den oft verwechselten Begriffen von
Kirchlichkeit und Religiosität. Um die Schule recht religiös
zu machen, darum eben müsse man sie ihres kirchlichen
Charakters entkleiden.
— Am 18. dss, Abends gr .n halb 8 Uhr, ist zu
Lichte nau Feuer ausgsbrochen und sind sts andern
Morgen 16 Wohnhäuser nebst Scheunen und Stallungen
in der Mitte der Smdt niedergebmmü. Ein Kind ist in
den Flammen umgekommen, und von der Habs konnte nur
sehr wenig gerettet werden.
— Dem^ am,23. v. M..mit der I. Compagnie des
Lcibgrenadierregiments in S asbach w a l d e n emrückendm
Erbgroßherzog brachte am 23 v. die dortige Bürgerschaft
und der Veteranenoerein einen Fackelzug mit Stündchen
und Feuerwerk
— In Durlach wurde am 26. v. die neuerbaute
Kapelle der sog. „Evangsl. Gemeinschaft" eingeweiht. Die-
selbe trägt die Inschrift: „Friedm-ft.ipttle", indessen meinen
wir mit der „Bad. Landesztg.", daß es sehr fraglich ist,
ob dieselbe ihren Besuchern, die sich von der Protest. Mntter-
kirche losgetrennt haben, den Frieden bringen wird.
— In der am 29. v. m Konstanz abgehaltenen
Schwnrgerichtssitzung wurde Pfarrer Neugarb wegen
Beleidigung der Äitka!ho!ik-'n zu 5 Monate Gefänguiß
verurtheilt.
— Der „Bad. Lcmdeszig " wird aus A l t b r e i s ach
geschrieben, daß dort der betagte Geist!. Rath Lender alle
möglichen Versuche mache, um die vom „ Bubgürtel" schwer
heimgesuchte Familie zum Schweigen zu bringen. „Der ulte
Herr", fährt oas genannte Blatt fori „sandte den Sigrist
zu dem Vater der verunglückten Himmelsbraut, um diesen
zu ihm (zum Dekan) zu rufen. Besagter Sigrist wurde von
und der Vorsitzende drohte, den Saal räumen tosscn. Erst
allmälig trat die nöihige Stille wieder ein und der Prä-
. sident forderte v. Hollen auf, vorzutreten. Dieser war
kreidebleich, ein leisesZittcrn schüttelte seine Glieder, krampf-
haft umfaßte seine bebend: Rechte die Lehne des Gerichts-
tisches, auf welchem die vergilbten Ueberreste eine? Blmmn-
straußss lagen.
„Was haben Sie auf die Aussage der Zeugin zu
entgegnen?"
„Daß sie lügt, unverschämt lügt!" rief er trotzig. „Ich
bin so überrascht und empört, daß ich vor Aufregung kaum
Worte finde, diese Lüge gebührend zurückzuwcisen. Die
Zeugin mag mit einem verrückten Menschen zusammen ge-
reist sein, mi! mir aber nicht; ich habe sie nie gesehen!
Sehen Sie denn nicht ein, nuttne Herren, daß das Märchen
von der Geliebten des Angekl/rgten nur erfunden ist, um
die Schuld auf mich zu wälzen und. den Geliebten, zu retten ?
Alberne Erfindung!"
Diese Worte waren mehr in frechem als in zuversicht-
lichem Tone gesprochen worden; Angst und Unsicherheit
leuchteten aus Ton und Haltung.
„Ich wiederhole meine frühere Bitte," sagte der Vcr-

dem Vater so empfangen, wie es sich denken läßt, nämlich
abweisend; für den Kaplan Hund fielen natürlich nicht die
schmeichelhaftesten Ausdrücke; sollte der Vater des Mädchens
um Verzeihung, um Gnade bitten? Als dem Burschen die
Weisung wurde, dies dem blonden Herrn mit den langen
Beinen mitzutheilen, drohte er dem greisen Vater mit —
einer Ohrfeige. In diesem Augenblicke trat die eine Tochter
in das Zimmer um ihrem Vater beizustehen; sie hat den
5 igrist energisch zurückge niesen und cs schien, als wolle sie
ihm einen Tritt geben, da schlug sie der fromme Diener
der frommen Herren mit der Hand in's Gesicht! Die Sache
kommt nun zum Richter, wenn auch in anderer Art, als
die Redaktion des „Bad Beob." meint. Hier ist auch ein
Steinchen in's Rollen gekommen. Dis Herren sehen schon,
wen es zermalmen wird, daher ihre Regsamkeit; aber es
läßt sich so wenig aushalten, wie eine Lawine. Zum Schluß
noch Eins: Durch alte Weiber, die zum Landsturm der
Schwarzen gehören, wird hier die Nachricht verbreitet, die
ganze'heimgesuchte Familie, müsse nach Freiburg, wo sie vor
dem erzbischöflichen geistlichen Gerichte ihren — Jrrthum —
eingestehen müßte!!"
Bom Main. Während das Publikum in Baden
durch die Breisacher Sligmatistrungs-Geschichtc gegen die
J-sniten empöri ist, so haben wir hier ein schreckliches Mis-
sionsopfer zu beweinen und es macht sich allgemein der
Wunsch gellend, daß doch gegen eine solche Pri-stekschaft,
die ihren hehren Beruf und das Christcnihum in nieder-
trächtiger Wnse schänver, MN schonungsloser Mrenge emge-
schritten werden möchte. Hiezu fordert das neueste Eceigniß
jn dem mit einer sog. Mission bedachten Dürrbäch auf.
Es starb nämlich der Bruder eines jungen Mädchens von
dort, ehe ihm die Sterbsakramente konnten gereicht werden.
Gelegenheitljch der Mission erhielt die fanatische Missions-
Geistlichkeit diese Sterbeweise erzählt, machien dem Mädchen
dafür dis Hölle so heiß, daß diese Bedauernswürdige aus
Verzweiflung in' Wasser sprang und so einen jämmerlichen
Tod fand. — Die Dürrdacher Missionsgeschichte forderte
außer dem Tods des 19jährigen Mädchens noch ein zweites.
Das 28jährige Mädchen Or. versank in Folge der dämo-
nischen Thätigkeit der Missions-Geistlichen in die düstere
Nacht des Wahnsinnes. Die Dürrbacher erzählen, daß bei
dieser Mission Männer und W über eine Generalbeich e ob-
legen mußten, daß während der 8lägigen Mffsionszeit Nie-
mand arbeiten durfte, da „ja die Beiheiligung an der Mission
lOfache Früchte trage und reichlichen Segen an Feldfrüchten
bringen werde."
München, 29. Sept. Die Abgeordnetenkammer
(sämmlUche Abgeordneten waren anwesend) wählte Ow mit
theidiger, „daß Herr von Holten uns genau mitiheile, wo
er sich zur Zeit des Verbrechens befunden."
„Zu Hause!" versetzte dieser, sich in herausfordernder
Weise an den Advocaten wendend und ihn mit funkelnden
Blicken messend.
„Ich habe zwei Zeugen ans C. laden lassen," cntgeg-
nete der Bertheidiger, „den Hausbesitzer, bei welchem Herr
v. Holten wohnt, und d-ssen Stubenmagd, die uns mit-
theilen werden, daß der Neffe der Frau v. Matten am
Tage vor dem Verbrechen abgereist ist und am Morgen
nach demselben wieder znückkehrte."
Die beiden Zeugen sagten dem entsprechend aus; die
Aufregung wuchs im Saale.
„Meine Herren Geschworenen," fnhr der Anwalt fort,
„ich befinde mich heute, als Bertheidiger des Angeklagten
Jochern, in einer eigenthümlichen Lage; cs ist weniger
meine Ausgabe, die Unschuld meines Clienten nachzuweisen,
als die Schuld eines Andern darzuthun. Die Zeugin Fräu-
lein Gaten hat mir durch ihre unerwarteten und schätzens-
werthen Enthüllungen das letzte Glied in meiner Beweis-
kette geliefert. Ich hatte Material genug gesammelt, um
einen Andern, als meinen Clienten auf die Anklagebank zu
bringen, aber ich wollte den Verbrecher plötzlich, mit einem

»
 
Annotationen