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Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung (9) — 1875

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Februar (No. 13 - 24)
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https://doi.org/10.11588/diglit.41571#0075
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Erscheint
»itchentlich drei Mal:
Dieifstaz, Donnerstag,
»nd Samstag.
Alle Postanstalten
»nd Boten nehmen Be-
st llmigm an.


Amlsverkündigungsßtall für den Amis- und Arnisgerichisöczirk Schwetzingen.
Badische Hopfenzeitung.
Allgemeiner Anzeiger für die badische nnd bayerische Rheinpsalz.
Expedition' Druck und Verlag der C. W. Moriell 'schcn Buchdruckerei in Schwetzingen

Bierteljährl. Abonnement
FUr's Wochenblatt 1 Mat
5t) Pfennige.
Unterhaltungsblatt
35 Pfennige.
Inserate:
die viergespaltene Gar«
mondzeile oder deren Raum
12 Pfennig«.

M». IS.

Dienstag, 16. Februar 1875.

IX. Jahrgang,

Inserate von Auswärts nehmen sür uns auch entgegen die Annoncen-Bur-aux bon Kaasenstein L Jogler/ Audols Waffe und K. L. DauSe L Ko., Süddeutsche Knnonceu-Krpediio«
von G. StSckhardt in Frankfurt, Stuttgart, Berlin, Leipzig, München, Wien, Zürich, Basel und Straßburg, sowie das Jäger'sche Eentral-Bureaux für Inserate in Frankfurt a./M.

6. In den Fasten.
Schon seit länger als einem Jahre hört man die Kla-
gen über Abnahme des Verdienstes, Stockung des Handels,
Darniederliegen der Industrie und Verminderung des Kon-
sums. Sind diese Klagen begründet? Welches sind die
Ursachen dieser Zustände? Wie kann Abhülfe gebracht
werden? Diese drei Fragen haben sich wohl Jedem un-
zählige Male aufgedrängt, sie sind in hundertlei Arten und
Weisen beantwortet worden. Um dieselben gründlich zu er-
örtern, um alles bereits Zusammengetragene wirksam ge-
genüberzustellen, dazu gehört viel Raum und viel Zeit, das
kann die Aufgabe eines Zeitungsartikels und soll auch die
Aufgabe dieser Zeilen nicht sein! Es sollen hier nur einige
allgemeine Punkte hervorgehoben und beleuchtet werden. DaS
allgemeine Zurückgehen des volkswirthschaftlichen Verkehrs
hat unserer Ansicht nach seinen Hauptgrund in den wieder-
zunehmenden Werth des Geldes nach dessen abnormer Ent-
werthung während der s. g. Gründungsperiode. In jener
Zeit wurde Geld erstaunlich leicht verdient; verdient kann
man kaum sagen; gewonnen ist wohl der einzig richtige
Ausdruck! Alles aber, was leicht zu erlangen ist, verliert
an Werth, so auch damals das Geld! Dazu kam es, daß
denjenigen, welche jene schwindelnde Bewegung hervorriefen,
viel daran liegen mußte , einen schnellen Umsatz zu erzielen,
um im Augenblick des Rückschlags, so viel wie möglich ver-
dient zu haben und selbst in Sicherheit zu sein. Die große
Menge dachte jedoch nicht daran, daß ein Rückschlag, beson-
ders ein so schneller, eintreten könnte; und als er kam,
war das Entsetzen wie der Verlust so groß und allgemein!
Man halte oft das mühsam Erworbene auf schnelle Weise
nun mühelos vermehren wollen, häufig war es gelungen,
aber der erste Erfolg hatte zu weiteren Versuchen ange-
spornt, und dann — ging Alles verloren! Da stieg auf
einmal wieder der Werth des Geldes, denn um es nun zu
erlangen, mußte wieder etwas praktisches geleistet werden;
man mußte wieder verdienen, statt zu gewinnen! Die-
jenigen aber, welche das Ihrige aus dem Zusammenbruch
gerettet, hielten cs fester als je! Dies kann wohl als die
Grundlage zu den jetzigen Zuständen gelten. Im Handels-
verkehr kommt nun noch ein Hauptfaktor hinzu, welcher die
Peinliche Lage, die jetzt vorhanden, hat schaffen helfen: das
Mißtrauen. Die Finanzier, die Industriellen, die Han-
delstreibender!, ja sogar Ne Handwerker beargwöhnten Jeden,
mit dem sie in Verbindung traten; sie waren nicht sicher,
und konnten nicht sicher darüber sein, ob und wie viel er
gelitten hatte. Dieses Mißtrauen mußte den Credit unter-
graben und dieser ist die Seele des ganzen gegenseitigen
Handels und Verkehrs. Die Zeit muß zeigen, was auf
festen Füßen steht und mit ihr wird auch das Vertrauen

zurückkehren. Einen großen Theil der Klagen übe-r Abnahme
des Verdienstes liegt auch einer falschen Berechnung zu
Grunde. Man vergleicht sehr häufig die gegenwärtigen
Werthe und Verdienste nur mit dem Stande derselben zur
Blüthezeit des Gründungswesens, mit einem Maximalsatz,
welchem jede reele Basis fehlte, und stößt dann Ach und
Weh' aus. Man muß aber die gegenwärtigen Werthe und
Verdienste mit deren Stand vor jener Ausnahmsperiode
in einer gesunden Zeit vergleichen, um das richtige Facit
ziehen zu können. Thut man dies, so wird man zu der
Ueberzengung gelangen, daß es heutzutage noch gar nicht so
schlimm steht.
Gewaltsam ist in dem augenblicklichen Gang der Dlnge
nicht cinzugreifen, dies würde nur die verderblichsten Folgen
haben; es muß redlich gearbeitet werden, auf die Arbeit
wird der Verdienst, der Aufschwung nicht ausbleiben. Der
tolle Gewinn-Carneval ist vorübergerauscht, wir sind in
den Fasten und haben ein gut Theil Katzenjammer mit
in dieselbe genommen! Benutzen wir diese Fastenzeit gut,
dann wird auch Ostern nicht ausbleiben und Han-
del und Verkehr neu auferstehen!
Deutsches Reich.
— Das Ministerium des Innern hat in Betreff der
Unterhaltung der Soldatengräber einen Erlaß an die Be-
zirksämter und Gemeindevorstände gerichtet. Danach haben
in Ausführung des Art. 16 hes Friedensvertrages vom 10.
Mai 1871 die Regierungen Deutschlands und Frankreichs
für Respektirung i'nd Unterhaltung der Gräber der auf
ihren Gebieten beerdigten Soldaten zu sorgen und haben
nach 8 13 des Protokolls der Sitzung des BuudeSrathcs
vom 9. v. M. oie betheiligteu Bundesregierungen sich über
Regelung dieser Angelegenheit auf folgender Grundlage ver-
ständigt : u Außerhalb der ordentlichen Friedhöfen belegene
Massengräber und für französische Krieger angelegte Be-
gräbnißplätze werden dauernd unterhalten, d. Auf den or-
dentlichen Gottesäckern gelegene Grabstätten von besonderer
Bedeutung, namentlick solche, welche mit Denkmälern geziert
sind, werden erhalten, jo lange der Friedhof als solcher im
Gebrauch ist; anderen Gräbern wird ein Ruherecht von
derjenigen Dauer zugestanden, welche für die Grabstätten des
betreffenden Kirchhofes allgemein vorgeschrieben oder üblich
ist. Nach Ablauf der Exhumatiousfrist werden die Über-
reste in Massengräber vereinigt, für welche dauerndes Ruhe-
recht zu st Hern ist. o. die Unterhaltung erstreckt sich auf die
Erhaltung der Erkennbarkeit der Grabstätte als solcher, im
Besonderen auch auf die Konservirung der vorhandenen
Grabsteine, Denkmäler, Zugangswege rc.
— Das Großherzogliche Finanzministerium hat das
Von der Stadtgemeinde Mannheim für den Bau der soge-

nannten Rheinbahn im Jahre 1868 aufgenommene und zu-
folge Vereinbarung- mit Großh. Staatseiscnbahnvcrwaltung
von der Großh Eiscnbahnschuldeukilgungskaffe zur Verzin-
sung und Tilgung übernommene 4^', prozentige Anlehen von
3,200,000 fl. auf 16. August dieses Jahres zur Heimzah-
lung gekündigt. Die Eisenbahnschuldentilgungskasse ist indeß
zur sofortigen Einlösung der betreffenden Obligationen er-
mächtigt. Vom 16. Aug. ab hört die Verzinsung der bis
dahin nicht zur Einlösung gelangten Oblikationen auf.
— Der BuudeSrath hat einstimmig den vom Reichs-
tag beschlossenen Bankgesetzentwurf und die Uebereinkunft
mit Italien wegen gegenseitigen Verzichts auf die Beibrin-
gung von Trau-Erlaubnißscheinen genehmigt, und den Er-
laß eines Verbots der Einführung von Amerika, sowie die
Ausprägung von Fünfmarkstücken in Silber bis zu viei!
Millionen Stücken beschlossen. Das Reichslanzleramt schlägt
dem Bundesrath als Benennungen der Reichsgoldmünzen
vor: „Krone" und „Doppelkrone".
— In einer der letzten Bundesrathssitzungen wurde
beschlossen, daß die Reichsschulkommission für den dreijähri-
gen Zeitraum vom 1 Januar 1875 bis 31. Dezember 1877
zu bilden sei. Nach dem Anträge des AusschuffeS für Land-
Heer und Festungen sollen die Regierungen von Preußen,
Bayern, Königreich Sachsen, Württemberg, Großherzogthum
Sachsen und Mecklenburg-Strelitz ersucht werden, Mitglie-
der in die Kommission zu entsenden.
— AuS Anlaß der Feier des 50jährigen Bestehens
des Frauenvereins in Wertheim übersandte der Zentral-
ausschuß des badischen Frauenvereins dem Vorstande deS
Vereins mit einem Glückwunschschreiben im Auftrag I. K.
H. der Großherzogin ein prachtvoll gebundenes Alb im mit
der Aufschrift: „Dem Frauenverein in Wertheim zur Er-
innerung an sein fünfzigjähriges Bestehen."
— Vor wenigen Tagen feierten die Sprenglermeister
A. Kreß'schen Eheleute in Wertheim ihre goldene Hochzeit.
Am Morgen des Festtages begab sich eine Deputation in
die Wohnung des Paares, Hr. Oberamtmann v. Senger
sprach u. A. die Glückwünsche S. K. H. des GroßherzogS
aus und überreichte in dessen Auftrag eine goldene Denk-
münze.
— Am nächsten Montag den 15. d. wird der Zen-
tralausschuß des landwirthschaftl. Vereins zu seinen Bera-
thungen in Karlsruhe zusammentreten.
— Gestern Abend 7 Uhr war in dem Dachraume des
Fabrikant P. Buchmüller'schen Hintergebäudes in der Schil-
lerstraße in Bruchsal aus noch unbekannter Ursache Feuer
ausgebrochen, das jedoch in Folge rascher Hilfe und gänz-
licher Windstille bald gelöscht war und wenigen Schaden
anrichtete. Nur ein kleiner Theil der Feuerwehr kam auf
kurze Zeit in Thätigkeit.

Feuilleton.

Ste Aave».
(Schluß.)
Die jungen Leute hatten Jakob eingeholt und ihn den
Fußsteig entlang bis zum Forsthause geleitet, wo ihn Susanne,
umringt von allen Freunden, erwartete.
Es folgte eine unbeschreibliche Scene. Jakob konnte
fiiue Rührung nicht beherrschen, so daß ihn Herr von Esterac
säh en mußte, dann aber eilte er zu Susanne, welche weinend
in s ine Arme fiel.
Sir weinte nicht allein; aus Aller Augen flössen Thränen
— man umarmte sich, man lächelte, man hatte viel mit
einander zu sprechen.
Wozu diese Schilderng noch weiter ausführen? Das
Glück, sagt man, läßt sich nicht erzählen. Wenn der Roman-
schreiber seine Helden verheirathet hat, ist sein Buch zu Ende.
Wenn die Personen eines Drama's kein Unglück mehr zu be-
stehen haben, fällt der Vorhang.
„Meine Freunde," sagte Herr von Esterac zu der ver-
sammelten Menge, „ich lade Euch im Voraus zur Hochzeit
Jakobs und Susannens ein. An diesem Tage seid Ihr meine

Gäste. Hier an dieser Stelle werden wir in vierzehn Tagen
uns um große Tische setzen. Wir werden auf die Gesundheit
der Neuvermählten trinken und ich werde Euch mit gutem
Beispiel vorangehen. Für heute guten Abend! Jakob und
Susanne haben sich Vieles zu sagen. Doch ist es Euch nicht
verboten, zur Coucourde zu gehen. Trinkt, lacht, tanzt, ich
bezahle Alles."
Laute Lebehochs ertönten.
Ehe sie sich entfernten, drängten sich noch alle Dorfbe-
wohner zu Jakob, jeder wollte ihm die Hand geben.
Bald darauf waren die Gäste des Forsthauses allein
nijt dem alten Andreas Servaz.
„Dies ist Euer Haus I" sagte Herr von Esterac zu Jakob
und seiner Braut. „Hier werdet Ihr nach Eurer Heirath
wohnen. Zuweilen, wenn ich im Walde beschäftigt bin,
werde ich bei Euch einkehren und unsere liebe Susanne wird
mir einen Labetrunk vorsetzen, nicht wahr?"
„O, Herr Oberförster, unsere Dankbarkeit —"
In diesem Augenblicke kam der Landbriefträger daher;
er zog aus seiner Ledertasche zwei Briefe, der eine aus Paris
für Herrn von Esterac, der andere aus Mende für Herrn
von Ribisre.

Esteracs Brief hatte ein großes Amtssiegel; als er ihn
öffnete, stieß er einen Freudenschrei aus.
„Meine Freunde, meine guten Freunde," sagte er, „nennt
mich nicht mehr Oberförster — doch hört:
„Mein Herr.
Die Geschichte Jakob BoucardS und Susannens, welche
höchsten Orts erzählt wurde, hat zu dem Entschlüsse einer
Schadloshaltung und Belohnung geführt. Jakob Boucard
ist hierdurch von Sr. Majestät zum Förster ernannt mit
einem jährlichen Gehalt von 1000 Francs."
„Nun, Vater Andreas," sagte Herr von Estxac, „Jakob
ist jetzt ebenso reich, als Susanne."
Der Alte wußte nicht, was er antworten sollte.
„Herr vonEsterac wird zum Forstinspektor des Departe-
ments der Lozsre ernannt. Beide Ernennungen sind bereits
heute Morgen unterzeichnet."
„Siehst Du, mein braver Jacob, Du hast mir Glück
gebracht, als ich Deinetwegen nach Paris ging."
„Nachschrift: Anselm Cofferouffe wurde letzten Dienstag
vom Cassalionszerichtshof zurückgewiesen.. Dem Gnadengesuch
ist keine Folge gegeben."
Jetzt las Herr von Ribiere seinen Aries vor:
 
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