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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung (9) — 1875

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Juli (No. 75 - 88)
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https://doi.org/10.11588/diglit.41571#0331
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Dienstag, Donnerstag,
und Samstag.
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stellungen an.


Amtsverkündigungsötatt für den Amts- und Arntsgerichtsöezirk Schwetzingen.
Badische Hopfenzeitung.

MerteljSH' . Abonnement
Für's L- Senblxtt 1 Mar
80 Pfennige.
Unterhaltungsblatt
35 Pfennige.
Inserate:
die viergespaltene Gar»
mondzcile oder derenRanm
12 Pfennige,

Allgemeiner Anzeiger für die badische nnd bayerische Rh ein Pfalz.
Expedition, Druck und Verlag der C. W. Marie ll'schen Hofbuchdruckerei in Schwetzingen

«o «3._Dienstag, 20. Juli 1875._ IX. Jahrgang.
Inserate von Auswärts nehmen für uns auch entgegen die Annoncen-Bureaux von Haasenssein L Mogler, Zti-doks Masse und H. L. Mauöe L Ko., Süddentsche Knnoncen-Krpcdiion
von H. StSLö-rdt in Frankfurt, Stuttgart, Berlin, Leipzig, München, Men, Zürich. Basel und Strahburg, sowie das Jäger'scheL-ntral.Bureaux für Inserate in Frankfurt a/M
^ ^ - ".- ' ^ ^

Zn den Wahlen
schreibt der „Pfälzer Bote" in seiner Nummer vom Donner-
stag. den 15. Juli d. I., für die Wähler zur badischen
Kammer:
„Nach unserer Ansicht werden die Kulturkämpfer der
II. Kammer, solange ihre Mitraillensen Feuer knattern
lassen, bis alle katholischen Priester seit 1863 (Beginn der
Znt, für welche Verpflichtung zur allgemein wissenschaftlichen
Staatsprüfung besteht) todt am Boden liegen (!!) für
heute schließen wir, indem wir unseren Lesern ein Stück
Bayerisches vorführen. Ein Aufruf der bayerischen Patrioten
schließt mit den Worten: „Was wir aber, bayerische katho-
lische Männer! Euch zu allernächst und dringend an das
Herz legen wüsten, das ist: „Kommt am 15. Juli (Vor-
nahme der bayerischen Urwahlen) Alle, Alle zur Wahl!
Lastet Euch durch Nichts, durch gar Nichts abhalten. Jede
Arbeit, jedes Geschäft ruhe für die Wahlberechtigten an
diesem Tage, bis das Wahlgeschäft zu Ende ist! Es gilt
eine Entscheidungsschlacht zu schlagen. Unterliegen wir, dann
hat für die Existenz Bayerns, als eines selbständigen Staates,
nach menschlicher Berechnung die letzte Stunde geschlagen
und für die katholische Kirche in Deutschland und für uns
Katholiken alle ist die Sklavenkette fertig. Was auf dem
Spiele steht, seht Ihr! An Euch ist es nun. Euere Pflicht
zu thun!" Durch dieses elende Lügen-Sprachrohr eines
bayerischen Pfaffen wird den badischen Bürgern und Bauern
Gewissens-Moral gepredigt für die Erneuerung unserer
Volksvertretung. Die verläumderische Absicht, gegenüber
deni deutschen Reiche jede treue Pflichterfüllung als „Unter-
gang" des Heimathstaates zu bezeichnen und die Fortdauer
einer die Rechte des Staates wahrenden liberalen Regierung
als „Untergang der katholischen Kirche" und als „Anfertigung
der Sklavenketten" dem öffentlichen Zorne preiszugeben,
glotzt aus diesen Zeilen hervor. Auch ein sehr blödes Auge
wird hier die wahre Absicht und das in Wirklichkeit er-
strebte Ziel kaum verkennen können- Aber bezeichnend ist
es in hohem Grade, daß man die Munition für Bayern
auch für unsere badischen Verhältnisse ohne Weiteres als
dienlich erachtet, als ob wir, nur als ein anderer Flügel,
in der Schlacht mitzukämpfen hätten, welche im Falle des
Sieges der Partei Jörg-Sigl darüber entscheidet, daß an
Stelle der glorreichen Erneuerung des deutschen Kaiserthums
die „Pfaffenfreiheit" als KampfprciS zu treten habe. Diese
intime Allianz unserer badischen Ultramontanen mit den
bayerischen Extremen und Fanatikern beweist uns Badenern
deutlichst, wie sehr man sich irrt, wenn man in diesem
Kampfe Waffenstillstand, oder gar einen partiellen Frieden
für möglich hält. DaS find gemeinschädliche Irrungen,

sonst gar Nichts. Darum können wir nur dem Beispiele
des wohlausgcstatteten und geordneten Gegners folgen. Auch
wir müssen in Reih und Glied, den Führern folgend, wohl-
gegliedert in der Einheit, der Ziele und der Bestrebungen,
jeder sich selbst als den Mann anschend, dessen Stimme die
Entscheidung bringt, jeden Trägen oder Gleichgültigen auf-
rüttelnd und an seine Bürgerpflicht mahnend, zu den Wahl-
urnen eilen. In jeder Gemeinde soll man sich ohne
Verzug in dieser Weise sammeln und einreihen. Größere §
Versammlungen werden in Bälde Nachfolgen. Es muß noch
vor Erscheinen des eigentlichen Wahltages der Abgeordneten
den Wahlmännern aller Bezirke Gelegenheit dar-
geboten werden, mit den Parteiführern (zu denen künftig
auch Lamey wieder gehören wird) in großen Zusammen-
künften über die wichtigsten Aufgaben des kommenden Land-
tages zu berathen. „Mit dem Volke, für das
Volk!" sei der Wahrspruch unserer Partei, die das Licht
des Tages nicht zu scheuen hat, und deren mächtigster
Bundesgenosse auch heute, wie in den Tagen unserer schwer-
sten Kämpfe, die öffentliche Meinung eines patrio-
tischen, deutschgesinnten und freiheitsliebenden Volkes sein wird.

Deutsches Reich.
Karlsruhe. Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben
Sich gnädigst bewogen gefunden, dem Großh. Staatsminister vr.
Iolly die unterthänigst nachgesuchte Erlaubniß zur Annahme und
zum Tragen des ihm von Sr. Majestät dem Deutschen Kaiser und
König von Preußen verliehenen Großkreuzes des Königlich Preußischen
Rothen-Adler-Ordens zu erlheilen.
Mainau, 14. Juli. Das Obersthofmarschall-Amt
macht bekannt: Wegen Ablebens Ihrer Königlichen Hoheit
der Prinzessin Alexandra von Bayern legt der Groß-
herzogliche Hof auf die Dauer von 8 Tagen, vom 15.—22.
Juli einschließlich, Trauer nach der 4. Stufe der Trauer-
ordnung an.
* Schwetzingen, 18. Juli. Die „Nordd. All. Ztg."
schreibt jetzt, sie habe die Zusammenkunft des Kaisers mit
dem König von Bayern „auf Grund einer Privalnachricht"
vorausgesetzt. Bei dem offiziösen Charakter des Blattes
klingt das etwas sonderbar. Uebrigens ist das Jncognito
des Kaisers in München doch nicht streng gehalten worden.
Die bayerischen Prinzen machten ihm ihre Aufwartung —
Prinz Luitpold sogar in preußischer Uniform.
Kaiser Wilhelm ist gestern in Ischl eingctroffen, be-
gleitet von dem Kaiser von Oesterreich, welcher seinem hohen
Gaste bis Strobel entgegengefahren war.
Die bis heute eingelaufenen bayerischen Wahlnachrichten
berichten fast ohne Ausnahme Siege der Liberalen.
An und für sich ist daraus jedoch noch kein Schluß auf den

^ definitiven Wahlausfall gestattet. Denn die vorliegenden
' Wahlnachrichten kommen nur aus Städten, welche schon
i bisher liberal wählten- Erst die katholischen Landwahlkreise
! geben den Ausschlag und in diesen ist der Einfluß der Ul-
' iramontanen schwerlich erschüttert. Gekämpft wird überhaupt
nur zwischen der Fortschrittspartei und den Uliramontanen.
Die beiden anderen Parteien, welche den Versuch machten,,
neben obiger Kampfgruppe zur Geltung zur kommen, ver-
schwinden vollständig. Die orthodoxe Reichspostpartei hat den
ihren Protestantismus kennzeichnenden Tagesbefehl ausgegcben,
sich da der Wahl zu enthalten, wo sie nicht hoffen darf, zu
siegen. Ob die Wahlenthaltung den Ultramontanen zu
Gute kommt oder nicht, kümmert die Herren nicht, welche
sich vor dem Liberalismus genau eben so bekceuzigen, wie
die Römlinge. Auch die „Volkspartei", welche Anfangs
j Wunder zu leisten versprach, hat sich schließlich eines Besseren
i besonnen und die Welt um das Schauspiel einer glänzenden
i Niederlage gebracht. Ihr Masco wird von der national-
: liberalen Ccrrespondenz mit verdientem Hohn begossen. Die-
- selbe bemerkt zu der von der betreffenden Partei schließlich
gepredigten Wahlenthaltung: „Ein kläglicheres Bild einer
Parteiaction ist kaum denkbar. Es würde sich auch nicht
der Mühe lohnen, ein Wort über dasselbe zu verlieren, wenn
! nicht gerade diese Partei sich fort und fort als die alleinige
Inhaberin aller politischen Weisheit und Charakterstärke und
mehr noch als die allein berufene Interpretin des wahren
Volkswillens aufspielte. Keine einzige Partei ist in Deutsch-
land, die mit einer zu ihrer realen Stärke in so widerlichem
Kontrast stehenden Anmaßung auftrete, wie diese, keine ein-
zige, welche es ihr an boshafter Benergelung der besten
Errungenschaften des letzten Jahrzehnts gleichthäte. Da darf
man sich in der That die günstige Gelegenheit nicht entgehen
lassen, ihr Wesen und ihre Bedeutung im rechten Lichte zu
zeigen. Vor etwa Jahresfrist wurde pomphaft verkündet,
daß auf einem großen Kongresse zu Köln die Volkspartei
„Norddcutschlands" organisirt werde solle. Als dies Project
schmählich im Sande verlief, da verwies man zur Ent-
schädigung auf das kräftige Emporblühen der Partei in
Bayern. Dort sollte sich der starke Stamm entwickeln, dessen
Aeste demnächst ganz Deutschland überragen und unter ihrem
Schutze endlich die „wahre Volksfreiheit" gedeihen lassen
würden. Und nun, als der erste Sturm heranbravst, da
zertheilt sich der Stamm in elende Splitter, da läuft die
muthige Schaar auseinander und während die Schwarzen
und Weißen da draußen miteinander ringen, sitzen oie Helden
der „deutschen Volkspartei" im Schatten kühler Denkungsart
* Schwetzingen, 19. Juli. Auch heute ist es noch
beinahe unmöglich, auch nur ein annäherend richtiges Bild

Feuilleton.

Aorenöerg.
Fortsetzung.
Mit einem Wort der Entschuldigung wollte Heldreich
weiter eilen, als er zufällig einen Blick in das vom Licht
der GaSIaterne hell erleuchtete Gesicht des Mannes warf.
Er erkannte zu seinem Staunen und Schrecken den Baron'
Was hatte der Baron hier und zu dieser Zeit zu thun ?
— Seine Eile schien schon auffällig, sie wurde noch ver-
dächtiger durch die Absichtlichkeit, mit welcher er den Mantel,
der sich durch das Zusammenpiellen mit Heldreich etwas
verschoben hatte, dicht um sich zog und das Gesicht damit
zu verbergen suchte. Er murmelte einige unverständliche
Worte vor sich hin, dann eilte er, indem er sich dichter in
seinen Mantel hüllte, schnell vorüber, ohne sich weiter um
den verwundert stehen bleibenden Studenten zu kümmern.
Eine ernste Besorgniß stieg in Heldreich auf und er
beruhigte sich erst einigermaßen, als er, vor dem kleinen
Hause angelangt, die Thür desselben fest verschlossen und
die Fensterläden unversehrt fand. Am liebsten hätte er

geklingelt, um sich zu überzeugen, daß seinen Freunden keine
Unannehmlichkeit zugestoßen sei; das aber wäre denn doch ^
eine durch nichts gerechtfertigte Aengstlichkeit gewesen. So >
stieg er denn die engen Treppen zum seinem Stübchen hinan; !
noch einmal musterte er mit dem Fernglas das kleine Haus
auf das Genaueste und erst, als er gar nichts Auffälliges
fand, konnte er sich entschließen, sich zu Bett zu legen.
Am andern Morgen wurde Heldreich von seiner Wirthin
gegen sieben Uhr geweckt; die Frau machte ein sonderbar
ängstliches Gesicht, als sie vor seinem Bette stand und ihn
bat. recht schnell aufzustehen- „Es muß drüben bei Majors
irgend ein Unglück passirt sein," sagte sie; „das gnädige
Fräulein hat die Aufwärierin geschickt, und läßt Herr Held-
reich bitten, doch so bald als möglich hinüberzukommen.
Der Major sei noch nicht aufgestandcn, seine Stube sei fest
verschlossen und er antwortete auf alles Klopfen nicht."
In wenigen Minuten stand Heldreich vor der Thür
des kleinen Hauses. Die Aufwärlerin erwartete ihn und
führte ihn über den Flur nach dem Gartenstübchen, welches
Clara bewohnte. Er trat das erste Mal in das Gemach
der Geliebten, aber weder er selbst noch Clara bedachten
dies in jenem Augenblicke. Clara trat ihm mit bleichen

Zügen entgegen. Sie war in höchster Besorgniß um den
Vater, der sonst regelmäßig Morgens um 6 Uhr seinen,
Kaffee trank, bis jetzt aber noch kein Zeichen des Lebens ge-
gebenhatte und durch das stärkste Klopfen nicht zu erwecken war.
Eine fürchterliche Ahnung stieg in Heldreich auf; er
erinnerte sich des gestrigen Zusammentreffens mit dem Baron
und jenes Abends, der ihn in das Haus des Majors ge-
führt hatte. Er versuchte noch einmal mit Clara gemein-
schaftlich, durch Pochen an der verschlossenen Thür den viel-
leicht fest Schlafenden zu erwecken; als aber auch jetzt wieder
alle Bemühungen vergeblich waren , schickte er die Aufwär-
terin zum Hausarzt des Majors, er selbst eilte zu einem
Schlosser um die Thür erbrechen zu lassen.
Der Schlosser kam: ein leichter Druck des Dietrichs u.
das Schloß öffnete sich. Die Thür war nicht von innen
verriegelt, sondern verschlossen gewesen und der Schlüssel
fehlte.
Heldreich trat, von Clara und dem Schlosser gefolgt
in das durch die Fensterläden verdunkelte Zimmer; er
öffnete das Fenster. Sobald der erste Strahl ves Lichtes
in das Dunkel drang, hörte er einen herzzerreißenden Schmer-
zensschrei. Er wendete sich um und sah Clara, wie sie im
 
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