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Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung (9) — 1875

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Januar (No. 1 - 12)
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https://doi.org/10.11588/diglit.41571#0023
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wöchentlich drei Mal:
Dienstag, Donnerstag,
»nd Lamstag.
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stellungen an.

Mwchmgtr


Amlsverkündigungsökalt für den Amts- und Amlsgerichtsöezirk Schwetzingen.



adische Hopfenzeitung.

Bierteljährl. Abonnement:
Für's Wochenblatt 1 Mark
5« Pfenniae.
Unterhaltungkblatt
3S Pfennige.
Inserate:
die diergrspaltene Gar-
mondzcile oder deren Rauch
12 Pfennige.

llgemeiner Anzeiger für die badische und bayerische Ryeinpsalz.
Expedition, Druck und Verlag der C. W. Moriell 'schen Buchdrucker« in Schwetzingen

No. 6.__ Samstag, 16. Januar 1875. IX. Jahrgang.
Inserat« von Auswärts nehmen für uns auch entgegen die Annoncen-Bureaux von Kaaseirstein L Dogker, Rudolf Waffe und H. Daube L Go., Süddeutsche Knnoncen-GLptdiio«
von H. StSLHardt in Franlsurt, Stuttgart, Berlin, Lipzig, München, Wien, Zürich, Basel und Straßburg, sowie das Jäger'sche Central-Bureaux für Inserate in Franlfurt a./M.

Wochenschau.
Schwetzingen, 16. Januar 1875.
Mit staunenswerthem Fleiße wird das noch restirende
Pensum des Reichstages erledigt; finden doch fast täglich
langandauernde Sitzungen statt, in deuen man sich strenge
an die Sache hält, während die geräuschlosere Arbeit der
Kommissionen ihren unverdrossenen Fortgang nimmt. Be-
dauert wird nur, daß der Reichstag immer noch erhebliche
Lücken in seinen Reihen aufweist, so daß die „Köln. Ztg."
es sogar für nothwendig erachtet, die dringende Mahnung
an alle liberalen Abgeordneten zu erlassen, bei den nun be-
ginnenden bedeutungsvollen Sitzungen auf ihren Plätzen zu
erscheinen.
In dem Arnim'schen Prozesse soll das Stadtgericht
I beiden Theilen, dem Staatsanwalt und dem Angeklagten,
eine Frist von vier Wochen vom Tage der Behändigung
>des erstinstanzlichen Erkenntnisses an zur Einreichung der
! Appellationsrechtfertigung gewährt haben. Dem zu Folge
werden die Verhandlungen vor dem Kammergericht nicht
vor Ende Februar oder Anfang März beginnen.
Dem jüngst in Dresden verstorbenen Bischof Vorwerk,
apostolischen Vikar von Sachsen, wird nachgerühmt, daß er
ein milder, toleranter Mann gewesen sei, der von sich aus
und so weit eS auf ihn ankam, keinen Konflikt mit dem
Staate und seinen Gesetzen oder mit andern Konfessionen
erregte oder erregt wünschte. Er hat es jedenfalls verstan-
den, in Sachsen priesterliche Auflehnungen gegen die Gesetze
des Staates ferne zu halten, und man darf daher gespannt
sein, wer ihm zum Nachfolger bestimmt wird. Wie die
Dinge heute liegen, dürfen wir kaum daran zweifeln, daß
dies ein starrer Infallibilist sein wird; denn der Ruf der
ultramontanen Presse: „Gott sei Dank, wir haben einen
Konflikt I" ist jetzt Parole auch in den höheren klerikalen
Regionen geworden und Leuten wie Hefele hat man es schon
lange übel vermerkt, daß sie noch nicht einmal ein kleines
Confliktchen auf die Bahn gebracht haben. Nur die Bischöfe,
die den Staat in die unangenehme Lage versetzen, sie ihren
Diöcesen entziehen und dem Gefängniß überantworten zu
müssen, ohne daß sie dadurch auch nur irgend einen denk-
baren Nutzen für ihre Kirche erhalten, erfreuen sich der
überschwenglichsten Lobesfanfaren der ultramontanen Presse,
während milder angelegte Naturen unter den Inhabern der
Bischofssitze nicht einmal nach ihrem Tode vor den Jnvek-
tiven einer gewissen Sorte von Pnblicisten ultramontanen
Schlages gesichert sind. So hat das „Vaterland" Sigl's sich
nicht eutblödet, sogar an dem offenen Sarge des Erzbischofs
Deinlein von Bamberg sich einige hämische Bemerkungen
über die Abstimmungen des Verewigten in die Reichsraths-

kammer, wie über seine Haltung auf dem Konzil zu gestat-
ten. So wenig Respekt haben diese Leute vor den Bischöfen
einer Kirche, die sie vorzugsweise vertheidigen zu müssen sich
berufen glauben. Kann doch nichts lauter iu dieser Be-
ziehung sprechen, als das Geständniß des Bischofs von
Würzburg, daß er selbst die klerikalgesinnten Laien gegen
das von dem Priester Rittler redigirte „Fränkische Volks-
blatt"-nicht zu schützen vermöge, wohl wissend, daß von
Rom der Segen des hl. Vaters dem Blatte zu Theil würde,
sobald er sich erlauben wollte, einem Rittler, Sigl u. s. w.
seine Autorität fühlbar zu machen.
Zu den unzähligen Konstitutionen, die Frankreich seit
dem Jahr 1789 hat über sich ergehen lassen müssen, wäre
daS bisherige Machwerk, das überdies nur provisorischer Na-
tur ist, die neueste Eintagsfliege der Weisheit französischer
Politiker. Inzwischen dauert die Rathlosigkeit in den offiziel-
len Kreisen mit unverwüstlicher Hartnäckigkeit fort. Der
Herzog von Broglie ist zwar zum Marschall berufen worden,
um ein neues Kabinet zu bilden, allein er hat erklären
müssen, er sei dazu nicht im Stande, bevor die Versamm-
lung sich über die konstitutionellen Gesetze ausgesprochen
habe. Es scheint, daß Niemand Lust hat, sich im gegen-
wärtigen Stadium der Dinge die Finger zu verbrennen und
so wird der Marschall sich noch manche Körbe holen und
manche letzte Versuche machen müssen, bis über kurz oder
lang ein ähnliches Ereigniß, wie das in Spanien, ihn von
weiterer Mühewaltung dispenstrt. Dieser Hoffnung geben
sich auch mit größter Lebhaftigkeit dermalen die Bonapar-
tisten hin, welche am Todestage ihres Napoleon UI am 9.
d. in einer weit größeren Zahl als im vorigen Jahre die
Seelenmesse in der Kirche St. Augustin zum Gegenstände
ihrer Demonstration gemacht haben. Mit der größten Zu-
versicht wurde bei dieser Gelegenheit behauptet, daß die Sache
Napoleons IV. vortrefflich stehe und daß selbst die Faubourgs
von Paris bereits für ihn gewonnen seien. Bekanntlich hat
Alfonso gerade ein Fußbad genommen, als ihm die Nach-
richt von seiner Proklamirung zum König überbracht wurde;
um die sanguinischen Hoffnungen der Bonapartisten anschau-
lich zu machen, läßt daher der schelmische „Kladderadatsch"
Frau Euzenie reden: „Lulu, nimm schnell ein Fußbad, viel-
leicht hilft eS!"
Unterdessen werden die Dinge immer verwirrter', bis
endlich ein kraftvoller Alexander den gordischen Knoten mit
dem Schwerte durchhaut. Dieser ist Mac Mahon nicht;
denn er zeigt sich immer hilfloser in den Händen seiner
Rathgeber, wobei bald Der, bald Jener sein Vertrauter ist.
Am bezeichnendsten ist es für ihn, wenn der „Augsb. Allge-
Zeitung" a cs Paris geschrieben wird, daß kein Mensch
darnach fragt, wie er sich über die Krisis äußere, sondern
daß man sich nur darüber erkundigt, wie srine geheimen

Feuilleton.
DieHven.
(Fortsetzung.)
Diese Worte waren so unwiderstehlich gesprochen, daß
H au von Ribiöre und Esterac ihre Thränen nicht zurück-
halten konnten; sie riefen zugleich:
„O, das kannst Du nicht abschlagen!"
„Und wer spricht davon?" antwortete Ribiöre. „Ja,
mein Kind, ich werde Dich morgen erwarten. Aber ich be-
schwöre Dich, keine neue Unklugheit. Möge Dich Gott führen
und erleuchten! Willst Du, daß wir Dich zu Deinem Vater
bringen?"
„Nein, nein! Der Abend gehört noch mir," antwortete
sie mit fieberhafter Erregung.
Herr von Ribiöre betrachtete seine Frau; aber diese war
ganz in das fast Wunderbare versunken, was sie gesehen
nnd gehört hatte.
„Laßt sie gehen," sagte sie, „ich habe Vertrauen zu ihr.
Dieses junge Mädchen sieht vielleicht in ihrem Unglück weiter
und schärfer wie wir; sie ist vielleicht das Werkzeug einer
höheren Gerechtigkeit, als der menschlichen."

Susanne ging hinaus.
„Sie ist ein Wunder!" rief Frau von Ribiöre mit Be-
geisterung.
Im nächsten Augenblicke hörten sie eine reine melodische
Frauenstimme, welche unter dem Fenster sang:
„Berge, über deren Abgrund
Schwebt der Adler und der Geier,
Eure hohen Gipfel trennen
Mich auf ewig von dem Freier/
Esterac, von einer schmerzlichen Erinnerung getrieben,
eilte an das Fenster und öffnete es.
Susanne stand auf der Terrasse. Sie wendete ihre
schönen Augen zu ihm, von Schwärmerei und Hoffnung
glänzend. Ein Künstler, der eine Frau voll Hingebung und
Heroismus hätte malen wollen, konnte kein anderes Modell
wählen.
„Guten Muth," sagte sie zu Esterac, „und auf Wieder-
sehen!"
Er grüßte sie, und sich zu seiner Schwester und deren
Gatten wendend, sagte er:
„Vor einem Jahre sprach ich zu Euch: Jakob ist nicht
schuldig! Jetzt sage ich: Susanne ist nicht wahnsinnig."

und offenen Räthe darüber denken. Am meisten jubeln
über die lustige Konfusion die französischen Ultramontanen
und das „Univers" ruft laut in die Welt hinaus: „Hier
ist das parlamentarische System in seiner ganzen Schönheit
zu schauen!" „Ja, hier ist zu schauen", entgegnet die
„Köln. Ztg.", „was aus einem Lande wird, wenn seine
brillantesten Köpfe ein parlamentarisches System L Io, Brog-
lie emporbringen und dem Lande eine „moralische Ordnung"
aufzwängen wollen, die mit der Moral so wenig wie mit
der Ordnung zu thun hat."
Die Londoner „Times" bringt an hervorragender
Stelle folgende hoch interessante Mittheilung: „Wir haben
Grund anzunehmen, daß Fürst Bismarck der spanischen Re-
gierung zu verstehen gegeben hat: Deutschland werde so
lange den neuen König von Spanien nicht anerkennen, als
die Madrider Regierung nicht das zwei Protestantische Jour-
nale in Madrid unterdrückende Dekret wird zucückgenommen
haben und die Wiedereröffnung der protestantischen Kapelle
zu Cadix gestattet hat."
Seit der Proklamation Alfons' zum König von Spa-
nien ist der Karlistenkrieg vollständig zum Stillstand ge-
kommen. Die republikanischen Truppen liegen ruhig in
ihren Cantounemenls und bereiten sich zu Paraden vor
dem neuen Throninhaber vor. Die Karlisten verbreiten
zwar im Auslande die Na hricht, daß Elio auf Burgos und
Dorregaray auf Madrid marschire, inzwischen beschränkt sich
aber alles, was aus Burgos und den weiteren Umkreisen
zu melden ist, auf die Mittheilung der dortigen Militär-
behörde, daß ein Theil der Besatzung von Castro UrdialeS
eine Karlistenbande bei Otannez überfallen und mit Ver-
lust an Verwundeten und Gefangenen in die Flucht ge-
schlagen habe. Ueber Dorregaray'S jetzigen Aufenthalt
scheint noch keine Gewißheit zu herrschen.
Bis unsere heutige Wochenschau unfern Lesern zu Ge-
sicht kommt, wird der neugebackene König Alfons XII. seinen
Einzug in Madrid schon beendet haben. Schon jetzt zeigen
sich Zerwürfnisse und trübe Aussichten für ihn, die gehoffccn
Tage von Aranjuez werden wohl für ihn nie zur Wirklich-
keit kommen. Auch Jsabella hat noch immer ihre Anhänger
und diese wollen die verjagte Königin selbst wieder aut den
Königsthron erheben. So sehen wir denn unter den Schild-
knappen des jüngsten Staatsstreiches selbst zwei Parteien,
Alfonsisten uno Jsabellisten an der Wiege des KönigthumS
sich lebhaft bekämpfen. Mittlerweile macht auch Don KarloS
keineswegs Miene, auf seine Ansprüche zu verzichten. Schöne
Aussichten!
Alfonso möchte die liberalen Ideen und den Ultromon-
tanismus gerne unter einen Hut bringen, ein Kunststück,
das ihm jedoch noch bittere Erfahrungen genug eintragen
dürfte. Den Segen deS Papstes hat er auch neuestens,

13.
Wohin ging Susanna? Was wollte sie? Sie ging mit
eiligem Schritt, gleichsam als gehorche sie einer geheimen
Stimme in ihrem Innern.
Der Tag war schön gewesen. Die Sonne versank am
wolkenlosen Horizonte; die Landschaft war verlassen. Su-
sanne begegnete Niemandem und diese Einsamkeit begünstigte
ihre Pläne.
Sie hatte anfangs gedacht, Matteo in der Umgebung
des Gehöftes zu finden. Sie suchte ihn einige Zeit, er war
nicht da. Auf eine kurze Entfernung erblickte man daS
Haus halb hinter einer Gruppe von Eichen und Tannen
versteckt.
Susanne ging in dieser Richtung vorwärts, recht» und
links blickend, wie wenn sie fürchtete, überrascht zu werden.
Sie war ganz allein. Kaum ihr leiser Schritt störte dieses
große Schweigen, nicht einmal der Wind wehte und se>n
Wehen in den Zweigen glich dem Athem eines schlafenden
Kindes.
Als Susanne etwa noch zehn Schritte vom Gehöft ent-
fernt war, hörte sie zwei Stimmen, die sie sogleich erkannte:
es war Cojserouffe und Perondi, welche sich zankten.
 
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