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Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung (9) — 1875

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August (No. 89 - 101)
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https://doi.org/10.11588/diglit.41571#0395
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Erscheint
wöchentlich drei Mal:
Dienstag Donnerstag
und Samstag.
Alle Postanstalten
und Boten nehmen Be-
stellungen an.


V>c tetjährl. Abonnement
Mr's Wochenblatt I Mark
50 Pfennige.
Unterhaltungrblatt
-Sb Pfennige.
Jns«ra.P.e;^
die v'ergespalienr, Gar-
mondzeilc oder deren Raum
IS Pfennige.

AmlsverKündigungsölalL für den Amts- und Amtsgerichlsöezirk Schwetzingen

Allgemeiner Anzeiger für die badische «nd bayerische Aheinpsalz.
Expedition, Druck und Verlag der C. W. M o r i el I'schen Hosbuchdruckeret in Schwetzingen.

Xo. 99.

Donnerstag, den 26. August 1875.

IX. Jahrgang.

Inserate von Auswärts nehmen für «ns auch entg gen
von H. StöLijardt in Frankfurt, Stuttgart, Berlin,

die Annoncen-Bureaux von KaafenlleiN L Dogker, Atzdokf Moffe und G. L. Z»a«0e L-o., Süddeutsch« Annenten-KrPediti««
Leipzig, München, Wien, Zürichs Bas,t und Strätzburg, sowie >ÄlS KLgerlchr Tenkal-Buroux für Inserate in Frankfurt a./M.

----

L Är ÄS» 8vptvi«1l»v^
werden Bestellungen aus das »Schwetzittger Wochen-
blatt, Bad. Hopfenztg. von allen Postanstalten, un-
fern Zeitungsträgern und von der Expedition entgegen,
genommen.
Ansprache an die badischen Wähler!
Mitbürger!
Der Tag ist nahe, an dem Ihr berufen werdet, mehr
als die Hälfle der Mitglieder unserer zweiten Kammer neu
zu wählen.
Eine glückliche Lösung dieser Aufgabe ist von höchster
Bedeutung für das Wohl des Landes.
Die große und gesegnete Zeit, in welcher das deutsch«
Volk unter den gewaltigsten Kämpfen seine staatliche Einheit
in dem mächtigen deutschen Reiche errang, hat die Sicherheit
unserer schönen Heimath gegen jede Friedensstörung fest-
gestellt. Viele unserer innern Staatsangelegenheiten sind
an das Reich, zur gemeinsamen Berathung und Beschließung
mit den Vertretern aller andern deutschen Siämme, über-
tragen worden. Aber zahlreiche und bedeutende Gebiete
sinü uns zur ausschließlichen Fürsorge durch die eigene
Lhätigkcit verblieben.
Auf sie hat sich bei den bevorstehenden Landtagswahlen
vorzugsweise unsere Aufmerksamkeit zu richten.
Tie hochherzige Treue und Hingebung, in der Baden-
Fürst und Volk mltwirkten zur Gründung des deutschen
Reiches, enthält die mit der That bewährte Zusage, daß
wir auch künftighin stets zur Stelle sein werden, wenn e»
sich darum Handel,, die einheitliche Macht des deutschen
gleiches zu vefessige« und seine Hinrichtungen fort-
schreitend auszuvanen
-roiche Äenunuilgen werden als ein Eharakterzug un-
sere» Fürstenhauses und Volke» auf die kommenden Ge-
schlechter übertragen werden.
Aber auch für die Sonderausgaben der badischen Hei-
Math btsitzen wir eine ehrenvolle, unser vaterländisches
Selbstgefühl erhebende und im Vo.ke forttebende Ueberlieferung.
Kein deuischeS Land hat einen besseren Kampf gekämpft
um die Ausstattung unsere» öffnlttchcu Lebens mit dem
Geiste deS bürgerlichen Fortschrittes und einer auf der Selbst-
thäiigkeit der Bürger beruhenden Freiheit, als das mit
Jngkndmulh in seinem Verfaffungsleden sich bewegende
Baden.
Die Opfer solcher Kämpfe, oft schwer und schmerzlich,
sind durch segensvollc Errungenschaften belohnt worden

So möge es denn auch unser erneuter Entschluß sein, i
tapfer und hingebend für das geistige und materielle Auf- -
blühen der Heimath zu wirken, keinen müßig feiernden Still, ^
stand eintreten zu lassen und in den Tagen der Kämpfe des ^
edeln Vorbildes jener badischen Volksvertreter eingedenk zu
bleiben, welche so manche unserer heurigen werthoöllsten
Besitzrhümer erstritten haben.
Auch uns sind bedeutende Ausgaben zur Lösung Vor-
behalten Der letzte Landtag vermochte einzelne derselben
nicht der erstrebten Erledigung zuzufstyren, wenn auch die
auf sie verwandte Arbeit nicht vergeblich geleistet ist.
Sie werden der Gegenstand erneuter sorgfältiger Prü-
fung sein.
D e wichtigste dieser Aufgaben ist eine zeitgemäße, den
im Verlaufe der letzten Jahre vielfach veränderten Verhält-
nissen sich anschließend« Weröesseruugen «nserrk Steuer-
gesetze, Es wird der Beruf des kommenden Landtag» sein,
ohne Gefährdung des seit langer Zeit geordneten Stande»
unserer Finanzen und ohne Schmälerung nothwendiger, mit
Hilfe des Staates zu vollziehender Leistungen, die über-
lieferien Steuergesetze zu prüfen, im Geiste einer auSgtei-
chenden und billigen Berücksichtigung aller Verhältnisse der
steuerzahlenden Bevölkerung
Hierbei wird es sich der Aufmerksamkeit unserer Volks-
Vertretung nicht entziehen, daß der Ackerbau treibende Tgeil
v .serer Mitbürger vielfach mit besonder» großen Schwierig-
keiten des Erwerbes zu kämpfen hat uno daß er sich, in
Anerkennung dieser fortwirkenden Umstände, einer verhältniß-
mäßigen Erleichterung empfi hlt.
Die schweren und langwierigen Kämpfe, welche Baden
— meist alleinstehend, aber muthiq seiner guten Sache »er-
trauend — um die sichere Aessssekkuug der Grenze»
staatlicher und kirchlicher Zuständigkeiten geiu,« hat,
gewähren uns heute den Bonveil, uw Besitze ein« den
Forderungen der Neuzeit genügenden Gesetzgebung zu sein,
welche den staatlichen Interessen und Rechten Schutz verleiht.
Der heiße Kampf, welcher anberwärt» in deutschen
Landen um dasselbe Zul heute noch geführt wird, ko inte
Baden in seiner U.-deiz-ngung nur befest:zen, daß es richug
erkannte Aufgaben auf dem rechten Wege und zur rechten
Z it zu verwirklichen verstanden hat.
Da laßt uns denn. Mitbürger, auch künftighin unserer
bewährten eigenen Erfahrung folgen, daß der hiebei zu de-
kämpfende, mit einer Fülle von Agita'ionsinitteln ausgerüstete
und durch auslänoische Gewalten einheitlich geleitete Gegner
durch zögernde Haliung oder durch das Bemühen um ver-
frühte Friedensschlüsse nie zu versöhnen, sondern stets nur
durch die fortdauernde Kraft einer fest auf den Rechten deS

Staates beharrenden Politik zu besiegen ist.
Nie hat die Gesetzgebung Badens bei: ihr« Orduung
dieser Gebiete eine Einmischung in die Zuständigkeiten der
Kirchen und ihrer Behörden begangen. Sie hat dem Staate
gegeben was dem Staate gebühtt. Wohl aber hat man
mehrfach Verhältnisse von zweifellos staatlichem Wesen, zur
Schonung deS herkömmlichen Bestände» und in der Absicht
wohlmeinender Friedensliebe, bi» heute aufrecht erhalten,
obschou sie dem Grundgedanken der erneuerten Gesetzgebung
widersprechen. Dahin gehören die Vorschriften de- Holks-
schulgesetzer wornacki die all-in dem Wesen des Staate»
gemäße gemischte Volksschule --- eine Anstalt zur Heran-
bildung der Jugend im Geiste der Duldsamkeit — nur
auf Grund der Zustimmung der im OcrTdestehenden Con-
fessionsgemeinden eingeführt werden darf. Diese Einrichtung
hat nicht den Frieden gefördert. ssondern den Streit in
sein« persönlich widrigsten Weist im Schooße d« Gemeinden
hervorgerufen. . t' f ,. ,,
Die höheren Aufwendungen, welche die Gemeindekaffen
zur Unterhaltung der Volksschulen aufbringen müssen und
di« es uni« Umständen zu einer drückenden Last machen,
verschiedene CoufessionSschulen nebeneinander zu unterhalten,
haben die öffentliche Meinung allerwärts im Lande dahin
begründet, daß es Z-it sei. durch eine gekietende Vor-
schrift des Gesetzes die gemischte Schule als die einzig
verechtigte Korm drr öffentlichen Volksschule unseres
«Landes zu erkläre»
Aach die Frage einer zeitgemäßen Verbesserung
»userer Staatsuerfassung hat den letzten La»omg de-
schärt'gt, oyue zu einem befriedigenden Ergebnisse zu führen.
Es bedarf woyl kaum der Erwähnung, daß nicht der Wunsch
nach Neuerungen, sondern vor Allem da» berechtigte Ver-
langen. die Einrichtungen unserer Verfassung den Verhält-
niffen deS neugegründelen Reiches harmonisch anzunähern,
diese Bestrebungen hervorgerufen hat. Jagleichen wird der
Uebergang so vieler uno wichtiger Gebiete an die gesetz-
gebenden Organe de» Reiche» da» Bemühen um ein« zweck-
mäßige Vereinfachung unserer bisherigen Einrichtungen —
ovne Schädigung der vou ihnen zu erfüllenden staatlichen
Becüfe» — genügend rechtfertigen.
Von ganz oorzngswelser Berechtigung werden aber
gewiß die Bemühungen sein, welche eine wirksame Förderung
unsere» SiaatSlebens durch eine möglichst nahe und unver-
zögerte Wechselbeziehung zwischen Rn-erung und Volksver-
tretung. im Sinne friedlicher Verständigung und wahrhaft
konstitutionellen Zusammenwirkens, zu leisten im Stande sind.
Niemand wird sich hiebei der Einsicht verschließen, daß
Verfassungsänderungen nur mit Schonung altbewährter Ein-

Feuilleton.

Schlosser als Kheprocuralor.
Fortsetzung.
Die Geheimräthin erwiderte mit der klugen und ge-
b, eteu Damen eigenen Gewandtheit: sie könne sehr wohl
P, eisen, daß ei» Mottke besonderes Vertrauen zu Herrn
Von Lißdahl haben müsse, und könne ihm zu seiner Wahl
nur Glück wünschen. Daß aber Schlosser'S Weltgeschichte
in ihrem B-dliothekzimmer die Ursache oder Veranlassung an
diesem Erfolge der Leistungen deS ritterlichen Schriftstellers
sei, wollte ihr doch nicht so leicht in den Sinn.
„MöM Sie, Herr Rittmeister, dem wackeren Schlosser
verdanken, wa» und wie viel Sie wollen," fuhr die Dame
fort, .jedenfalls wird mir j tzt da» Exemplar in dem Lücher-
saal noch von besonderem Werthe sein. Fridchen, zeig' mir
doch morgen die Stelle, welche Herrn von Roßdahl zum
Günstling deS Feldmarschalls von Mottle gemacht hat. Ver-
giß es nicht, Kind."
„Gewiß nicht, Mütterchen l" erwiderte rasch die Tochter,
fast beleidigt durch dl» Ermrurung, - -

„Und von mir, Fridel, legst Du ein Extra-Lese, und
Denkzeichen ein!" fitsie der Oberst hinzu, „war,' da. ein
Blatt von der prachtvollen Centifotic in Deinen Händchen!"
Ja, ja, ja, ja! Daß das AlleS der Merwells-Schlosser
und Geschichtschreiber fertig gebracht hat! Hätte Vas den
ehrwü digen 14 oder 15 Bänden gar nicht angesehen.
Aber Ihr habt Recht, alier Freund; es ist ein M-^sterstück
deutscher Gcfchichls^reibung, cs ist ein Werk, davon der
Verstand klar und das Herz weit und der Aerger über alle
Dummheit und Bosheit des Menschengeschlechtes und die
Liebe zu unserem in TrüKsalen stark gewordenen deulschen
Vaterlande groß wird. N rr schade, jammerschade, daß der
alte Schlosser mit 1815 abschließt. Da hat ja doch di«
deutsche Geschichte eine ganz neue Seite angefangen."
„Bitte sehr, verehrtest« Herr Oberst/ enigegnete Roß-
dahl, „da ist Jhxe LlteraturkennMiß hinter der Zeit zurück
geblieben. Im vorigen Jahre erschttn in Oberyausen eine
neue Ausgabe dieses unübertrefflichen Werkes, und Prof.ssor
Oscar Jaeger in Cöln Hat, ganz im Geiste und würdig de»
Meisters', die Weltgeschichte der Gegenwart bis zu unseren
Tagen herab hinjugeschrieben."
«HortreWch, h-rkffsich, dann schaffe ich mir morgen

am Tage den gegenwärtigen Schlosser an und penfionire
den alten, una ich will noch einmal ihn durchstudiren, wie
ich e« sdon öfter gethan. Jh erbaue mich wahrhaft an
diesem klassischen Werke. Aber — wo ist das «schienen?
In Oderhausen? Wo liegt denn da» Nest?"
„Au dem großen, offenen Schienenwege von Cöln nach
Berlin," erwiderte von Roßdahl; „eS ist allerdings eine
der allerjüngsten Städte, aber ein schon sehr bedeutender
Industrie«», der in seiner Mitte die große Buchdruckerei
und LcrlagShandlung von Ad. Spaarmann als besonder»
schätzmswerthe» Institut besitzt."
„Große Verlag-Handlung?" fragte der «Oberst köpf-
schüttelnd. „Habe noch niemal» davon gehört. Ich denke,
alle großen Verleger müssen in Leipzig oder Berlin wohnen
und wirken."
„Dem scheint doch nicht so," erwiderte der Rittmeister.
„In dieser neu und wunderbar schnell auf sandigem Heide-
gruude hervorgewachsenen, von der Kohlen- und Eisenin-
dustrie bevölkenen Stadt, am Knotenpunkte der westdeutschen
und bolländischeu Bahnen, erscheinen zwei so bedeutsame
literarische Werke, daß dies» allein schon jener Stadt den
. WchM MsgMm PMW» vnjchaffen.
 
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