^Erscheint
wöchentlich »rei M»l:
Hrenfkai, L»nnerst»z,
»ntz G«mstar.
All« Postanstalten
»Mb Baten nehmen V»-
stellun,«» an.
Amtsverkündigungsßtalt für den Amts- und Amtsgerichtsöezirk
NDK Badische s ^ .
Allgemeiner Anzeiger für die badische «nd bayerische Ryeinpsalz.
Expedition, Druck und Verlag der T. W. MorielI 'schen Buchdruckerei in Schwetzingen
Vierteljahr!. Abonaemeat'
Silr'» Wochenblatt 1 Mark
iv Pfennige.
Unterhaltnngttlatt
N Pfennige.
Inserate:
»ie »ier,«spalten» Gar.
mondjcile »der deren N„m
1» Pfennig».
^o. 26.
Donnerstag, März 1875.
IX, Jahrgang.
Aws«r«te v*n Unswürts nehmen für uns auch entgegen di° Annoncen-Bureaux von Knasenfiein L Aogler, Itudokf Waffe und K. Panöe L Knddentsch« chnndncen-Gtipedtt»»
»on G. Zttckhardt in Frankfurt, Stuttgart, Berlin, Leipzig, München, Wien, Zürich, Basel und Straßburg, sowie dar Jäger'sche Tentral-Bureaux für Inserate in Frankfurt a./M.
* Ter staatsbürgerliche Gehorsam der
Christen.
Das jüngste Rundschreiben des römischen Papstes,
welches die preußischen Kirchengesetze für nichtig und die-
jenigen Katholiken, welche sie befolgen, für exkommunicirt
erklärt, wird zwar seinen Zweck, die gedankenlosen Masten
in Deutschland zum Aufstand gegen die Staatsgewalt zu
bewegen, voraussichtlich nicht erreichen. Allein er wird ge-
wiß in manchem gewissenhaften Manne Zweifel darüber
Hervorrufen, ob und wie weit denn ein Christ zum Gehor-
horsam gegen die Gesetze und die Obrigkeit seines Staates
von Religionswegen verpflichtet sei.
Allen diesen nach Wahrheit ringenden Seelen wird
der jüngste Hirtenbrief des Bischofs Reinkens vom 20. Febr.
1875 wie ein ersehnter Leitstern erscheinen; denn eS wird
darin mit überzeugender Klarheit die christliche Lehre über
jene schwierige Frage dargelegt. Es wird zunächst davon
ausgegangen, daß der jetzt vom Papste und seinen Bischösen
angerufene Satz, man müsse Gott mehr gehorchen als den
Menschen, von den Aposteln gar nicht gegenüber der welt-
lichen Obrigkeit, sondern gegenüber dem Hohenpriester und
der jüdischen Geistlichkeit zu Jerusalem gebraucht wurde,
daß aber vollends die jetzt versuchte Deutung jenes Satzes,
als Müsse man dem Papste und den päpstlichen Gesetzen
mehr gehorchen als dem Landesfürsten und den weltlichen
Gesehen, geradezu im Widerspruche stehe mit der heiligen
Schrift, wonach daS Fundament der Kirche, das Haupt der
Christenheit, der Mittler zwischen Gott und den Menschen,
der Hirt und Bischof unserer Seelen einzig undallein Jesus
Christus ist.
Wer also in dessen Namen sich an die Völker wendet,
müsse insbesondere auch in dem Verhalten gegen die welt-
liche Obrigkeit nach dessen Lehre und Vorbild sich richten.
In dieser Hinficht steht nun fest, daß Jesus sich nicht in
Politik gemischt, daß er vielmehr jede Versuchung zu irdi-
scher Macht und zur Einmischung in die Rechtsverhältnisse
zurückgewiescn und seine Stellung durch die Worte gekenn-
zeichnet hat: Mein Reich ist nicht von dieser Welt: Jh bin
dazu geboren und in die Welt gekommen, daß ich die
Wahrheit bezeugen soll. Aber thatsächlich habe sich Jesus
der welilichen (sogar heidnischen) Obrigkeit untcrthan und
selbst bis zu dem Grad Gehorsam erwiesen daß er sich
schweigend dem ungerechten Richter unterwarf. Durch die
Antwort an Pilatus: „Du würdest keine Gewalt über mich
haben, wenn sie Dir nicht von Oben gegeben wäre," habe
JesuS die obrigkeitliche Gewalt über seine Person formell
anerkannt, obgleich der Richterspruch gegen ihn, der
Sache nach einen Justizmord zur Folge hatte. Ebenso
habe Jesus auf die verfängliche Frage der Pharisäer, ob
man dem Kaiser Steuer geben dürfe, nicht erst geprüft, ob
daS vom Kaiser ausgeübte Besteuerniigsrecht die Genehmig-
ung des jüdischen Hohenpriesters erhalten Habe, sondern le-
diglich unter Hinweis auf das Bild deS Kaisers auf den
Landesmünzen geantwortet, daß eS Pflicht sei, demselben
Steuer zu geben. Hiermit habe er demlich gesagt, daß das
Gesetz seine Kraft habe, sobald es vom Landesherrn erlas-
sen sei.
Ferner habe Jesus bei seinen Jüngern stets die Vor-
stellung von einer irdischen Herrschaft des erwartete» Mes-
sias, dann von äußerer Pracht und von Rangstufen in sei-
nem Reiche, zu zerstören gesucht, indem er z. B. sagte:
„Die Könige der Völker herrschen über diese wie Herren
über ihr Eigenthum, und die, welche die Gewalt über die
Völker haben, werden gnädige Herren genannt. Ihr aber
nicht also. Sondern wer der Größte unter Euch ist, der
sei wie der Kleinste, und der Oberste wie der Diener. Ich
bin unter Euch wie der Diener." Hiermit sei der Unter-
schied der Kirche von den Staaten deutlich gekennzeichnet
und erwiesen, daß die Leitung und Repräsentation der Kirche
von der Regierungsweise der irdischen Königreiche wesent-
lich verschieden sein solle.
Diese Lehre von der geistigen Natur deS Reiches Christi
und von der Pflicht deS ÜnterthanengehorsamS sei auch von
den Aposteln, namentlich von Petrus und Paulus, festge-
halten und angewendet worden. Insbesondere bemerke >s-
werth sind die zur Zeit deS Kaisers Nero geschriebenen
Worte deS letzteren Apostels: „Jeglicher Mensch sei Unter-
than der obrigkeitlichen Gewalt. Denn eS gibt keine Obrig-
keit als nur von Gott; welche Obrigkeiten da sind, die sind
von Gott geordnet, so daß, wer der Obrigkeit Widerstand
leistet, sich Gottes Ordnung widersetzt; die so Widersetzlichen
aber bereiten sich selbst das Gericht. Darum ist eS noth»
wendig, unterthan zu sein, nicht bloß der Strafe wegen,
sondern auch um deS Gewissens willen." Eine Prüfung
und Controle der Staatsgesetze nahmen die Apostel nie-
mals in Anspruch.
Demgemäß stellte Bischof Reinkens folgend- Grund-
sätze als die Lehre der Apostel hin: DaS Schwert führt
allein die weltliche Obrigkeit und sie hat es unmittelbar von
Gott, nicht durch einen Kirchenobern. Die staatliche Rechts-
ordnung ist unabhängig von den Kirchenobern. Die Unter-
thancnpflicht beruht auf Gottes Gebot. Hieran knüpft der
Bischof folgende beherzigungswerthen Worte: Die weltliche
Obrigkeit ist ein Gegenstand der Danksagung gegen Gott.
Nie könnte das Gute in der Welt zum Siege gelangen,
nie Großes entstehen und Schöner erblühen, wenn nicht
nach göttlichen Gedanken die politischen Ordnungen in der
Menschheit sich auSbilveten und StaatSwesen sich bildeten.
Denn die Ideen deS Rechts und der Sittlichkeit, wovon
geistiges und materielles Wohl der Völker zuletzt abhängt,
liegen denselben zu Grunde. DaS Ziel aber ist nach der
Apostels Worte, daß wir ein friedliche- und ruhiges Leben
führen mögen in aller Gottseligkeit „nd Ehrbarkeit. Daran
darf uns die Obrigkeit nicht hindern, das soll sie fördern,
und darum erheben wir für sie unsere Fürbitte. Wir nun
danken Gott, daß wir unter einer Obrigkeit leben, die uns
daran nicht hindert, sondern lobt und anerkennt, wenn wir
in aller Gottseligkeit und Ehrbarkeit wandeln.
Dies ist der Gedankengang des höchst geist- und ge-
müthvollen Hirtenbriefes, der durch seine Einfachheit und
geschichtliche Wahrhaftigkeit ein wirkliches Musterstück von
kirchlicher Polemik bildet und einen ergreifenden und erhe-
benden Eindruck macht.
Als dessen Grundgedanke aber muß hier der Satz
hervorgehoben werden, „daß vom christlichen Standpunkte
aus jedem Gesetze Gehorsam zu leisten ist, welches auf ver-
fassungsmäßigem Wege rechtmäßig entstanden ist."
Dies erscheint auch in der That als der einzige Grund-
satz, welcher den Staatsbürgern einen sicheren Anhaltspunkt
für ihr ^Verhalten im einzelnen Fall- zu geben vermag,
und er ist heutzutage um so weniger bedenklich, als in un-
seren Staaten kein Gesetz ohne die Zustimmung der Mehr-
heit der Volksvertretung entsteht und keinenfall« sich auf
die Dauer erhalten kann, wenn eS nicht dem Bedürfnisse
und der Überzeugung der denkenden Mehrheit des Volkes
entspricht.
Deutsches Reich.
Karlsruhe, 28. Febr. Se. Atznigl. Hoheit der Troßherzog
hat geruht, den Amtsrichter Karl Lederle in Triberg, unter Er-
nenn mg zum Oberamtsrichter, an das Am Sgsriht Ettlingen, den
Amtsrichter Theodor Singer in Boxberg an das Amtsgericht Tri-
berg zu versetzen; den Resrenttlr Heinrich Hott von Amserslautern
zum Amtsrichter in Boxberg zu ernennen. Die Amtsrichter Freiherr
Otto von Stockhorn zu Mällheim und Alfred Brauer zu WaldS-
hut zu OüeramtSrichtern zu ernennen.
— Die Aufstellung der Listen zu den Stadtverordneten-
wahlen in Mannheim sind nunmehr soweit vorangeschritten,
daß dieselben in der nächsten Zeit zur EinsichlSnahme der
Wahlberechtigten aufgelegt werden können. Die Zahl der
Wahlberechtigten dürfte die Zahl 6000 überschreiten.
— Einem Wirth in Pforzheim, der zugleich Metzger
ist, wurden vor etlichen Tagen am Hellen Mittag, als der-
selbe in der Wirthschaft beschäftigt war, aus seiner wohl
Ikmilrim«.
Das Mädchen von Slmßöurg.
(Schluß.)
Es war gegen Abend dieses Tages, als der Hauptmann
Noltcn zwei Frauen an der?orts äe Kavorus (dem Zaberner
Thor) erwartete und in Empfang nahm, die in Begleitung
einiger Landbewohner ankamen; cs war Clara und die Magd.
Sie konnten, von Curt unterstützt, nur mit Mühe den Ein-
gang gewinnen; zerschossenes Mauerwerk, umgeworfene Ge-
chütze versperrten das noch halb verrammelte Thor, und das
Volk drängle nach Außen, die langentbehrte Freiheit zu ge-
nießen ; man mußte auf einem Umweg das Ziel zu erreichen
juch-n; nur langsam waren die Straßen zu durchschreiten,
, e mit zerschlagenen Gewehren, mit Geröll und mit Trümmern
aller möglichen Waffen bedeckt waren; einzelne Gebäude, ja
ganze Reihen, auch eine Kirche, waren zerschossen, niederge-
brannt, zerstört; das Auge wandte sich schaudernd ab. —
Weiter und weiter, am Kleberplatz vorüber; die Spuren der
Zerstörung wurden seltener, ja verloren sich fast ganz. Hier
sah man auch kaum noch jemand von unfern Truppen, wohl
aber eine Menge wüsten Gesindels, die brüllend fluchend,
auch mit Waffen die Straßen durchzog, die bessern Häuser
bedrohte und das Wort „Verrath" klang hier und da aus
heißeren Kehlen. „Das sind die Republikaner, die rothen",
hörte der Hauptmann einen anständig gekleideten Mann neben
sich sagen, der sich eiligst von der tobenden Menge zu ent-
fernen suchte. Clara, welcher Curt den Arm gegeben hatte,
um durch das Gedränge nicht von ihr getrennt zu werden,
grüßte lächelnd nach einem großen, schönen Hause hinauf;
an dem offenen Fenster stand ihr Vater und blickte aufmerk-
sam aber besorgt auf die tosende Menge herunter; jetzt hatte
er seine Tochter erkannt und eilte herab. Aber in demselben
Augenblick schauderte Clara zurück und deutete nach einem
Menschenknäuel von Männern und Weibern, in deren Mitte
ein katholischer Geistlicher stand; sie hatte in ihm denselben
erkannt, der mit Henri und Hortense jenen Abend das Ge-
spräch im Garten geführt hatte; sie drängte ihren Begleiter
nach dem Hause zu, aber schon hörte man rohes Geschrei;
der Geistliche deutete nach dem Paare hinIund zwei entmenschte
Weiber rissen mit dem Rufe: „eine Verätherin, eine Prüßin"
Clara zu Boden, während ein ganzes Rudel roher Gesellen
mit Stöcken, zerbrochenen Säbeln und zerschlagenen Gewehren
das Leben Curt'S bedrohte. Er beachtete sie nicht; mit riesiger
Gewalt schleuderte die Megären zur Seite, und stand, den
Degen in der Hand vor der Geliebten, wie der Engel mit
dem feurigen Schwerte; einen Augenblick stutzte di« Menge,
dann aber stürzte sie wüthend auf ihn loS. Wie viel er in
dem ungleichen Kampf verwundet, er wußte eS nicht, denn
er stürzte bald, von einem schweren Schlag auf den Kopf
getroffen, nieder, nur mit erhobenen Händen noch di« Ge-
liebte deckend; wie eine Meute wüthender Hunde fiel das
Gesindel über ihn her; seine Kraft erlahm»«, er blutete aus
einer Menge Wunden und gab sich schon verloren; da hörte
man aus der Ferne laut einige Eoinmandoworte, der feste
Tritt einer geschlossenen Colonne hallte die Straße herauf
und der ganze Pöbelhaufe floh erschreckt und die Waffen weg-
werfend wie Spreu nach allen Seiten auseinander. Es war
eine Compagnie deS dritten badischen Infanterieregiments,
die heranzog; aber noch ehe sie den Schauplatz des Schreckens
erreichte, hatte Herr Schöpflin die ohnmächtige Tochter und
den verwundeten und bewußtlosen Offizier mit Hülfe einiger
Mitleidiger in sein Haus schaffen lassen.
* *
*
Monate sind seitdem vergegangen, noch manches Blut
ist geflossen, noch manches Herz gebrochen in den heißen,
heldenmüthigen Kämpfen vor Metz, Paris, .Orleans, St.
Quentin, aber jetzt — ist der Frieden gesichert; auch in
wöchentlich »rei M»l:
Hrenfkai, L»nnerst»z,
»ntz G«mstar.
All« Postanstalten
»Mb Baten nehmen V»-
stellun,«» an.
Amtsverkündigungsßtalt für den Amts- und Amtsgerichtsöezirk
NDK Badische s ^ .
Allgemeiner Anzeiger für die badische «nd bayerische Ryeinpsalz.
Expedition, Druck und Verlag der T. W. MorielI 'schen Buchdruckerei in Schwetzingen
Vierteljahr!. Abonaemeat'
Silr'» Wochenblatt 1 Mark
iv Pfennige.
Unterhaltnngttlatt
N Pfennige.
Inserate:
»ie »ier,«spalten» Gar.
mondjcile »der deren N„m
1» Pfennig».
^o. 26.
Donnerstag, März 1875.
IX, Jahrgang.
Aws«r«te v*n Unswürts nehmen für uns auch entgegen di° Annoncen-Bureaux von Knasenfiein L Aogler, Itudokf Waffe und K. Panöe L Knddentsch« chnndncen-Gtipedtt»»
»on G. Zttckhardt in Frankfurt, Stuttgart, Berlin, Leipzig, München, Wien, Zürich, Basel und Straßburg, sowie dar Jäger'sche Tentral-Bureaux für Inserate in Frankfurt a./M.
* Ter staatsbürgerliche Gehorsam der
Christen.
Das jüngste Rundschreiben des römischen Papstes,
welches die preußischen Kirchengesetze für nichtig und die-
jenigen Katholiken, welche sie befolgen, für exkommunicirt
erklärt, wird zwar seinen Zweck, die gedankenlosen Masten
in Deutschland zum Aufstand gegen die Staatsgewalt zu
bewegen, voraussichtlich nicht erreichen. Allein er wird ge-
wiß in manchem gewissenhaften Manne Zweifel darüber
Hervorrufen, ob und wie weit denn ein Christ zum Gehor-
horsam gegen die Gesetze und die Obrigkeit seines Staates
von Religionswegen verpflichtet sei.
Allen diesen nach Wahrheit ringenden Seelen wird
der jüngste Hirtenbrief des Bischofs Reinkens vom 20. Febr.
1875 wie ein ersehnter Leitstern erscheinen; denn eS wird
darin mit überzeugender Klarheit die christliche Lehre über
jene schwierige Frage dargelegt. Es wird zunächst davon
ausgegangen, daß der jetzt vom Papste und seinen Bischösen
angerufene Satz, man müsse Gott mehr gehorchen als den
Menschen, von den Aposteln gar nicht gegenüber der welt-
lichen Obrigkeit, sondern gegenüber dem Hohenpriester und
der jüdischen Geistlichkeit zu Jerusalem gebraucht wurde,
daß aber vollends die jetzt versuchte Deutung jenes Satzes,
als Müsse man dem Papste und den päpstlichen Gesetzen
mehr gehorchen als dem Landesfürsten und den weltlichen
Gesehen, geradezu im Widerspruche stehe mit der heiligen
Schrift, wonach daS Fundament der Kirche, das Haupt der
Christenheit, der Mittler zwischen Gott und den Menschen,
der Hirt und Bischof unserer Seelen einzig undallein Jesus
Christus ist.
Wer also in dessen Namen sich an die Völker wendet,
müsse insbesondere auch in dem Verhalten gegen die welt-
liche Obrigkeit nach dessen Lehre und Vorbild sich richten.
In dieser Hinficht steht nun fest, daß Jesus sich nicht in
Politik gemischt, daß er vielmehr jede Versuchung zu irdi-
scher Macht und zur Einmischung in die Rechtsverhältnisse
zurückgewiescn und seine Stellung durch die Worte gekenn-
zeichnet hat: Mein Reich ist nicht von dieser Welt: Jh bin
dazu geboren und in die Welt gekommen, daß ich die
Wahrheit bezeugen soll. Aber thatsächlich habe sich Jesus
der welilichen (sogar heidnischen) Obrigkeit untcrthan und
selbst bis zu dem Grad Gehorsam erwiesen daß er sich
schweigend dem ungerechten Richter unterwarf. Durch die
Antwort an Pilatus: „Du würdest keine Gewalt über mich
haben, wenn sie Dir nicht von Oben gegeben wäre," habe
JesuS die obrigkeitliche Gewalt über seine Person formell
anerkannt, obgleich der Richterspruch gegen ihn, der
Sache nach einen Justizmord zur Folge hatte. Ebenso
habe Jesus auf die verfängliche Frage der Pharisäer, ob
man dem Kaiser Steuer geben dürfe, nicht erst geprüft, ob
daS vom Kaiser ausgeübte Besteuerniigsrecht die Genehmig-
ung des jüdischen Hohenpriesters erhalten Habe, sondern le-
diglich unter Hinweis auf das Bild deS Kaisers auf den
Landesmünzen geantwortet, daß eS Pflicht sei, demselben
Steuer zu geben. Hiermit habe er demlich gesagt, daß das
Gesetz seine Kraft habe, sobald es vom Landesherrn erlas-
sen sei.
Ferner habe Jesus bei seinen Jüngern stets die Vor-
stellung von einer irdischen Herrschaft des erwartete» Mes-
sias, dann von äußerer Pracht und von Rangstufen in sei-
nem Reiche, zu zerstören gesucht, indem er z. B. sagte:
„Die Könige der Völker herrschen über diese wie Herren
über ihr Eigenthum, und die, welche die Gewalt über die
Völker haben, werden gnädige Herren genannt. Ihr aber
nicht also. Sondern wer der Größte unter Euch ist, der
sei wie der Kleinste, und der Oberste wie der Diener. Ich
bin unter Euch wie der Diener." Hiermit sei der Unter-
schied der Kirche von den Staaten deutlich gekennzeichnet
und erwiesen, daß die Leitung und Repräsentation der Kirche
von der Regierungsweise der irdischen Königreiche wesent-
lich verschieden sein solle.
Diese Lehre von der geistigen Natur deS Reiches Christi
und von der Pflicht deS ÜnterthanengehorsamS sei auch von
den Aposteln, namentlich von Petrus und Paulus, festge-
halten und angewendet worden. Insbesondere bemerke >s-
werth sind die zur Zeit deS Kaisers Nero geschriebenen
Worte deS letzteren Apostels: „Jeglicher Mensch sei Unter-
than der obrigkeitlichen Gewalt. Denn eS gibt keine Obrig-
keit als nur von Gott; welche Obrigkeiten da sind, die sind
von Gott geordnet, so daß, wer der Obrigkeit Widerstand
leistet, sich Gottes Ordnung widersetzt; die so Widersetzlichen
aber bereiten sich selbst das Gericht. Darum ist eS noth»
wendig, unterthan zu sein, nicht bloß der Strafe wegen,
sondern auch um deS Gewissens willen." Eine Prüfung
und Controle der Staatsgesetze nahmen die Apostel nie-
mals in Anspruch.
Demgemäß stellte Bischof Reinkens folgend- Grund-
sätze als die Lehre der Apostel hin: DaS Schwert führt
allein die weltliche Obrigkeit und sie hat es unmittelbar von
Gott, nicht durch einen Kirchenobern. Die staatliche Rechts-
ordnung ist unabhängig von den Kirchenobern. Die Unter-
thancnpflicht beruht auf Gottes Gebot. Hieran knüpft der
Bischof folgende beherzigungswerthen Worte: Die weltliche
Obrigkeit ist ein Gegenstand der Danksagung gegen Gott.
Nie könnte das Gute in der Welt zum Siege gelangen,
nie Großes entstehen und Schöner erblühen, wenn nicht
nach göttlichen Gedanken die politischen Ordnungen in der
Menschheit sich auSbilveten und StaatSwesen sich bildeten.
Denn die Ideen deS Rechts und der Sittlichkeit, wovon
geistiges und materielles Wohl der Völker zuletzt abhängt,
liegen denselben zu Grunde. DaS Ziel aber ist nach der
Apostels Worte, daß wir ein friedliche- und ruhiges Leben
führen mögen in aller Gottseligkeit „nd Ehrbarkeit. Daran
darf uns die Obrigkeit nicht hindern, das soll sie fördern,
und darum erheben wir für sie unsere Fürbitte. Wir nun
danken Gott, daß wir unter einer Obrigkeit leben, die uns
daran nicht hindert, sondern lobt und anerkennt, wenn wir
in aller Gottseligkeit und Ehrbarkeit wandeln.
Dies ist der Gedankengang des höchst geist- und ge-
müthvollen Hirtenbriefes, der durch seine Einfachheit und
geschichtliche Wahrhaftigkeit ein wirkliches Musterstück von
kirchlicher Polemik bildet und einen ergreifenden und erhe-
benden Eindruck macht.
Als dessen Grundgedanke aber muß hier der Satz
hervorgehoben werden, „daß vom christlichen Standpunkte
aus jedem Gesetze Gehorsam zu leisten ist, welches auf ver-
fassungsmäßigem Wege rechtmäßig entstanden ist."
Dies erscheint auch in der That als der einzige Grund-
satz, welcher den Staatsbürgern einen sicheren Anhaltspunkt
für ihr ^Verhalten im einzelnen Fall- zu geben vermag,
und er ist heutzutage um so weniger bedenklich, als in un-
seren Staaten kein Gesetz ohne die Zustimmung der Mehr-
heit der Volksvertretung entsteht und keinenfall« sich auf
die Dauer erhalten kann, wenn eS nicht dem Bedürfnisse
und der Überzeugung der denkenden Mehrheit des Volkes
entspricht.
Deutsches Reich.
Karlsruhe, 28. Febr. Se. Atznigl. Hoheit der Troßherzog
hat geruht, den Amtsrichter Karl Lederle in Triberg, unter Er-
nenn mg zum Oberamtsrichter, an das Am Sgsriht Ettlingen, den
Amtsrichter Theodor Singer in Boxberg an das Amtsgericht Tri-
berg zu versetzen; den Resrenttlr Heinrich Hott von Amserslautern
zum Amtsrichter in Boxberg zu ernennen. Die Amtsrichter Freiherr
Otto von Stockhorn zu Mällheim und Alfred Brauer zu WaldS-
hut zu OüeramtSrichtern zu ernennen.
— Die Aufstellung der Listen zu den Stadtverordneten-
wahlen in Mannheim sind nunmehr soweit vorangeschritten,
daß dieselben in der nächsten Zeit zur EinsichlSnahme der
Wahlberechtigten aufgelegt werden können. Die Zahl der
Wahlberechtigten dürfte die Zahl 6000 überschreiten.
— Einem Wirth in Pforzheim, der zugleich Metzger
ist, wurden vor etlichen Tagen am Hellen Mittag, als der-
selbe in der Wirthschaft beschäftigt war, aus seiner wohl
Ikmilrim«.
Das Mädchen von Slmßöurg.
(Schluß.)
Es war gegen Abend dieses Tages, als der Hauptmann
Noltcn zwei Frauen an der?orts äe Kavorus (dem Zaberner
Thor) erwartete und in Empfang nahm, die in Begleitung
einiger Landbewohner ankamen; cs war Clara und die Magd.
Sie konnten, von Curt unterstützt, nur mit Mühe den Ein-
gang gewinnen; zerschossenes Mauerwerk, umgeworfene Ge-
chütze versperrten das noch halb verrammelte Thor, und das
Volk drängle nach Außen, die langentbehrte Freiheit zu ge-
nießen ; man mußte auf einem Umweg das Ziel zu erreichen
juch-n; nur langsam waren die Straßen zu durchschreiten,
, e mit zerschlagenen Gewehren, mit Geröll und mit Trümmern
aller möglichen Waffen bedeckt waren; einzelne Gebäude, ja
ganze Reihen, auch eine Kirche, waren zerschossen, niederge-
brannt, zerstört; das Auge wandte sich schaudernd ab. —
Weiter und weiter, am Kleberplatz vorüber; die Spuren der
Zerstörung wurden seltener, ja verloren sich fast ganz. Hier
sah man auch kaum noch jemand von unfern Truppen, wohl
aber eine Menge wüsten Gesindels, die brüllend fluchend,
auch mit Waffen die Straßen durchzog, die bessern Häuser
bedrohte und das Wort „Verrath" klang hier und da aus
heißeren Kehlen. „Das sind die Republikaner, die rothen",
hörte der Hauptmann einen anständig gekleideten Mann neben
sich sagen, der sich eiligst von der tobenden Menge zu ent-
fernen suchte. Clara, welcher Curt den Arm gegeben hatte,
um durch das Gedränge nicht von ihr getrennt zu werden,
grüßte lächelnd nach einem großen, schönen Hause hinauf;
an dem offenen Fenster stand ihr Vater und blickte aufmerk-
sam aber besorgt auf die tosende Menge herunter; jetzt hatte
er seine Tochter erkannt und eilte herab. Aber in demselben
Augenblick schauderte Clara zurück und deutete nach einem
Menschenknäuel von Männern und Weibern, in deren Mitte
ein katholischer Geistlicher stand; sie hatte in ihm denselben
erkannt, der mit Henri und Hortense jenen Abend das Ge-
spräch im Garten geführt hatte; sie drängte ihren Begleiter
nach dem Hause zu, aber schon hörte man rohes Geschrei;
der Geistliche deutete nach dem Paare hinIund zwei entmenschte
Weiber rissen mit dem Rufe: „eine Verätherin, eine Prüßin"
Clara zu Boden, während ein ganzes Rudel roher Gesellen
mit Stöcken, zerbrochenen Säbeln und zerschlagenen Gewehren
das Leben Curt'S bedrohte. Er beachtete sie nicht; mit riesiger
Gewalt schleuderte die Megären zur Seite, und stand, den
Degen in der Hand vor der Geliebten, wie der Engel mit
dem feurigen Schwerte; einen Augenblick stutzte di« Menge,
dann aber stürzte sie wüthend auf ihn loS. Wie viel er in
dem ungleichen Kampf verwundet, er wußte eS nicht, denn
er stürzte bald, von einem schweren Schlag auf den Kopf
getroffen, nieder, nur mit erhobenen Händen noch di« Ge-
liebte deckend; wie eine Meute wüthender Hunde fiel das
Gesindel über ihn her; seine Kraft erlahm»«, er blutete aus
einer Menge Wunden und gab sich schon verloren; da hörte
man aus der Ferne laut einige Eoinmandoworte, der feste
Tritt einer geschlossenen Colonne hallte die Straße herauf
und der ganze Pöbelhaufe floh erschreckt und die Waffen weg-
werfend wie Spreu nach allen Seiten auseinander. Es war
eine Compagnie deS dritten badischen Infanterieregiments,
die heranzog; aber noch ehe sie den Schauplatz des Schreckens
erreichte, hatte Herr Schöpflin die ohnmächtige Tochter und
den verwundeten und bewußtlosen Offizier mit Hülfe einiger
Mitleidiger in sein Haus schaffen lassen.
* *
*
Monate sind seitdem vergegangen, noch manches Blut
ist geflossen, noch manches Herz gebrochen in den heißen,
heldenmüthigen Kämpfen vor Metz, Paris, .Orleans, St.
Quentin, aber jetzt — ist der Frieden gesichert; auch in