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Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung (9) — 1875

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Juli (No. 75 - 88)
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https://doi.org/10.11588/diglit.41571#0307
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Erscheint
wichentlich drei Mal:
Di-nkaz, Donnerst«?,
»n> Samstag.
Alle Pastanstalte
nnd Baten nehmen
stellungen an.

d^wchmgkl
s^mlsverkündigungsötatt für den Amts- und Amtsgerichtsöezirk Schwetzingen.


adische Hopfenzeitung.

Biertcljäh l. Abonnement
Für'z >: .„bl tt 1 Mar
50 Pfennige.
Untcrhaltungsblatt
35 Pfennige.
Inserate:
die viergespaltene Gar»
mondzcile oder dereaRaum
12 Pfennige. ^ ,

Allgemeiner Anzeiger für die badische nnd bayerische Ny ein Pfalz
Expedition, Druck und Verlag der C. W. Mo rie ll'schen Hofbuchdruckere, in Schwetzingen

_ Dienstag, 6. Juli 1875. IX. Jahrgang.
s»ser«t« vo« «uSWLrlS nehmen für uns auch entgegen die Annoncen-Bureaux von Kaasenssei« L S-gker, Rudots Masse und K. K. PauSe L Ko., Süddeutsche Annoncen-Erpedlr-U
»»» Sttckhnrdt in Frankfurt, Stuttgart, Berlin,Leipzig, München, Wien, Zürich, Basel und Straßburg, sowie das ISger'scheL-ntral.Bur-aux für Inserat- in Frankfurt a./M

Für das 3. Quartal
werden noch immer Bestellungen auf das „Schtvetzingek
Wochenblatt, Bad. Hopfenztg" vo» ollen Postan-
staltcn, unfern Zeitungsträgern und von der Expedition
entgegengenommen.
* Ein ultramontaner Schmerzensschrei aus
Baiern.
Die Neuwahlen für die baierische Kammer beschäftigen
natürlich auch unsere Ultamontanen in der Pfalz und am
Rheine sehr lebhaft, aber die Zuversicht auf einen entschei-
denden Sieg bei den Klerikalen scheint in letzter Zeit be-
deutend nachgelassen zu haben. So bringt unter Anderm
ein Jesuitenblatt einen sehr pessimistisch gefärbten Stim-
mungsbericht aus Baiern, von dem wir zur größeren Belu-
stigung unserer Leser einiges vorführen.
Der treffliche Korrespondent macht zuerst seinem gepreß-
ten und bekümmerten Herzen Luft ob des himmelschreienden
Unrechtes, das in der Befugniß der königlichen Ernennungen
zu den wichtigsten Pfründen liegt. „Alle Professuren an
den theologischen Fakultäten", so klagt er, besetzt der Staat,
sämmiliche Erzbischöfe und Bischöfe, die Hälfte der Domka-
pitulare, fast alle Stadifarrer ernennt der König", und die
Regierung befolgt den empörenden Grundsatz, „möglichst
friedsame und unbedeutende ergebene Leute für die wichtig-
sten kirchlichen Posten auszuwählen." Dieses Verfahren be-
dauern die baierischen Hetzkapiäne, deren Verdienste um das
treffliche „katholische" Volk in Baiern von Herrn von Lutz in
unbegreiflicher Verblendung so hartnäckig verkannt werde,
auf das tiefste und lebhafteste.
„Die geistige Apathie und Muthlosigkeit", meint der
Korrespondent weiter, welche den dominirenden Klerus kennt-
zeichnet, hat sich auch der erkorenen Führer bemächtigt.
Man rede einmal mit Jörg oder sonst einem hervorragenden
ultramontanen Abgeordneten, man wird Klagen in Hülle
und Fülle hören, aber nimals den Muth zu handeln fin-
den. So lesen wir denn bereits wieder die desperatesten Ar-
tikel in den ultramontanen Zeitungen. Man jammert, daß
die nächste Kammer wieder nicht aktionsfähig sein werde, da
die Majorität höchstens etliche Stimmen betragen dürfte".
Der tapfere Correspondent sucht nun das Medium der
„Reichs-Zeitung" den verzweifelnden Muth einzmeden: „81
Abgeordnete seien der ultramontanen Partei sicher. Mit einer
Majorität von 6 Stimmen könne die Partei das Ministerium
stürzen, ein conservativeS Ministerum durchsetzen, dann Neu-
wahlen ausschreiben und sich durch eine gerechte und natür-

liche Wahlkreiseinthcilung, (d. h. eine solche, die der libera-
len Partei eben möglichst ungünstig ist) sich leicht eine Zwei-
drittelmajorität sichern."
Da aber die „muthlosen Angstmeier" daS nicht gelten
lassen , sondern der richtigeren Ansicht sind, daß die Krone
sich ein ultramontanes Ministerium von einer unbedeutenden
klerikalen Majorität nicht aufzwingen lassen werde, so hat
der streitbare Patriot auf diesen Einwand keine stichhaltige
Erwiderung mehr. Denn bis j tzt besteht das Recht des
Königs, sich seine Minister n«ch freier Entschließung unab-
hängig von dem Ausfall eines Wahlkampfes zu wählen,
noch in voller Kraft, und die loyalen Patrioten denken sicherlich
nicht daran, die souveräne Krone einer parlamentarischen
Parteiregierung unlerzuordnen.
Auch stehen einer Erlangung der für ihre Ziele unbe-
dingt nothwendigen Zweidrittelmajorität noch sonstige Hin-
dernisse entgegen, die der als muih- und kraftlos geschollene
Dr. Jörg vielleicht richtiger zu würdigen weiß, als die ul-
tramontanen Heißsporne. Das baierische Volk ist eben nicht
ein ausschließlich römisch-katholisches, sondern besteht zu ^/s
aus Protestanten. Dieser protestantische Theil der baierischen
Bevölkerung hat die sonderbare Eigentümlichkeit, daß erden
Einwirkungen der römischen Klerisei, der „geborenen Führerin"
des Volkes, durchaus unzugänglich ist. Für die Papstkirche
und die Herrschaftsgelüste des Klerus hat er keinerlei Inte-
resse , und für ihre nationalen und volksbeglückendcn Stre-
bungen sehr wenig Verstäudniß. Aber auch unter den Ka-
tholiken in Baiern gibt eS sehr viele, die geistig mündig ge-
nug sind, um sich die „geborene Führerschaft" der Pfaffen
in der Politik zu verbitten. Der Franke und Pfälzer ist
gut baierisch und deutsch und voll treuer Anhänglichkeit an
den Glauben seiner Väter. Aber sein gesunder Menschen-
verstand läßt sich nicht umnebeln von dem wälschen Eigen-
sinn und Tücken, und er ist viel zu verständig, die Religion
zu verwechseln mit Pfaffentrug und römischer Arglist. Herr
Jörg weiß, wie gesagt, das sehr wohl, und daher seine
respektirte Ueberzeugung, daß, wenn nicht ein Krieg oder
sonst ein plötzliches Ereigniß den Patrioten zu Hülfe kommt,
alle ihre Anstrengungen nur verlorene Liebesmühe sind.
Wie tief übrigens die Muthlosigkeit im klerikalen Lager
ist, und wie aussichtlos die Sache ihnen selbst erscheint, geht
aus einer Aeußerung des Korrespondenten hervor, in welcher
er, um seine Parteigenossen zu äußerster Thätigkeit anzu-
spornen , folgenden Hymnus auf die Macht der liberalen
Partei anstimmt: „Gebet den Liberalen nur eine einzige
Stimme Majorität, und ihr werdet sehen, daß sie die Ver-
hältnisse auf den Kopf stellen und alle ihre Forderung durch-
setzen. Warum? Weil die Liberalen Muth und Energie

besitzen, Eigenschaften, welche auf unserer Seite nur zu sehr
mangeln." Also wirklich? Wie lange ist cs her , daß man
von dem ungefährlichen Liberalismus nicht hämisch und ge-
ringschätzend genug sprechen konnte!?

Deutsches Reich.
Karlsruhe. Seine Königliche Hoheit der Grobherzog haben
unter dem 30. Juni. d. I. gnädigst geruht, dem Diakonus Friedrich
Fritsch in Hornburg das Diakonat Kork mit der damit verbundenen
Stelle eines Vorstandes an der höheren Bürgerschule daselbst zu ver-
leihen; den an dem Progymnasium und Realgymnasium in Baden z.
Zt. provisorisch verwendeten Lehrer llr. Paul Pfeffer, unter Verleihung
der Staatsdiener-Eigenschast, zum Professor an der genannten Anstalt
zu ernennen. Dem Königlich Sächsischen Oberstallmcister Senfft von
Pilsach das Großkreuz und dem Königlich Sächsischen Oberst Frhrn.
v. Welck, Flügeladjutant Sr. Majestät des Königs und Kommandeur
des Cidetten-Corps, dem Königlich Sächsischen Kammerhc rn und Ce-
remow.enmeister v. Helldorff das Kommandeurkreuz zweiter Klasse Höchst-
Aes Ordens vom Zähringcr Löwen zu verleihen: ferner Höchstihrem
Oberstallmeister v. Holzing, Höchstihrem Oberhosmarschall Freiherrn
von und zu Gemmingen und dem Oberhofmeister Ihrer Königlichen
i Hoheit der Großherzogm, Freiherrn v. Edelsheim, die unterthänigst
! nachgesuchte Erlaubniß zur Annahme und zun. Tragen des ihm von
Sr. Majestät dem König von Sachsen verliehenen Großkreuzes des
Königlich Sächsischen Albrechts-Ordens zu ertheilcn; sodann dcnOberamts-
richter Philipp Kerkenmaier zu Lörrach auf sein unterthänigstes Ansuchen
unter Anerkennung seiner langjährigen, treu geleisteten Dienst- in den
Ruhestand zu versetzen; die Amtsrichter Karl Loes zu Adelsheim und
Theodor Nothweiler zu Waldshut an das Amtsgericht Lörrach, den
Obcrnnilsrichtcr Albert Losiugcr zu Lörrach au das Amtsgericht Walds-
hut, den Oberamtsrichier Karl Farenschon zu Meßkirch an das Amts-
gericht Adelsheim, den Amtsrichter Freiherrn Emil v. Stockhorn zu
Eberbach an das Amtsgericht Bruchsal zu versetzen; den Anwalt Karl
Mayer zu Frciburg zum Amtsrichter in Stockach, die Refendäre Otto
Wall! von Gerlachsheim und Martin Flenchaus von Gerlachsheim zu
Amtsrichtern, den Ersteren bei dem Amtsgericht- dm Letzteren bei dem
Amtsgerichte Meßkirch zu ernennen.
— Die „Karlsr. Z,g." theilt mit, daß S. K. Hoh.
der Erbgroßherzog nächstes Frühjahr die Universität Hei-
delberg beziehen und im Schloß Schwetzingen Wohnung
nehmen wird.
— Am 27. Juni fand in Mannheim die dritte
Wandersammlung von Bie n e uz ü ch i e rn statt. Vomittags
wurden im Garten des dortigen Vereins für Bienenzucht
praktische Uebungen vorgenommen, welche sehr interessant
waren und Manchem nützliche Belehrung boten. Der Nach-
mittag war Besprechungen im Saale des „Badner Hofs"
gewidmet.
— Herr Kaufmann Jakob Lindau ist zum Ritter des
päpstlichen Piusordens ernannt worden und läßt sein latei-
nisches Diplom im „Bad, Beob." veröffentlichen. Auch theilt
letzteres Blatt mit, vaß Herr Lindau in längerer Privat-
audienz vom heiligen Vater empfangen worden sei, dem er

Feuilleton.

Aorenöerg-
Fortsetzung.
Die Stunden, welche Helüreich am Neuster seines Dach-
stübchens verlebte, waren für ihn die glücklichsten deS Tages
Er hätte jetzt dies Plätzchen nicht sür eine prunkvolle Woh'
nung fortgegeben. — Oft fragte er sich, ob er wohl glück-
licher sein würde, wenn es ihm gestattet wäre, hinübcrzn-
gehen in daS kleine Haus und dort mit ihr, deren Stimme
noch nicht einmal gehört hatte, zu plaudern?" Er wußte
sich keine Antwort auf diese Frage zu geben, denn glücklicher
als er war, konnte er schwerlich werden. Er hatte kaum
einen anderen Wunsch, als den, noch Jahre lang, so lange,
bis er als rin gemachter Mann vor die Geliebte treten könne,
ihr unbekannt wohnen zu können; aber dieser Wunsch sollte
nicht erfüllt werden; früher als er eS geahnt, wurde sein
Schicksal mit dem ihrigen verflochten.
V.
An einem Abende des Februar kehrte Heldreich später

als gewöhnlich in seine Wohnung zurück. Er hatte zufällig
einen Schulfreund getroffen, war mit diesem in einem Bier- !
Haus hx; traulicher Unterhaltung länger geblieben, so daß '
es von der nahen Kirche 11 Uhr schlug, als er in die Nähe
seiner Wohnung kam. Alter Gewohnheit nach fiel sein erster
Blick auf das kleine Haus. Hinter den geschlossenen Fenster-
laden hervor strahlte noch der Schimmer eines Lichtes-
Schon dieses fiel ihm auf, denn die Bewohner des kleinen
Hauses pflegten sehr regelmäßig, gegen 10 Uhr, zu Bett zu
g hen; noch auffallender aber war es, daß die Hausthür
halb offen stand.
Heldreich blieb stehen ; er war einen Augenblick zweifel-
haft, ob er sich nicht von der Ursache der ihn in Staunen
setzenden Erscheinung überzeugen sollte. Wie leicht konnte in
dem nur von Vater und Tochter, einem schwachen Greise
und einem jungen Mädchen bewohnten Quartier ein Einbruch
verübt sein! Aber welches Recht hatte er, der Fremde, sich
um Verhältnisse zu kümmern, die ihn nicht angingen? Die
Hausthür stand wahrscheinlich mit Absicht der Bewohner
auf, dafür sprach schon daS brennende Licht in der Wohn'
stube.
Trotz aller dieser Vernunstgründe konnte sich Heldreich

doch nicht entschließen, nach seiner Dachkammer hinaufzusteigen ;
er ging ans der Straße auf und nieder, indem er stets das
kleine Haus, dem er sich nach und nach mehr näherte, im
Auge behielt. Endlich blieb erhorchend vor den geschloffenen
Fensterladen stehen. Er hörte eine laute, harte männliche
Stimme, die sich in einem drohenden Tone hören ließ, eine
andere Stimme antwortete, ebenfalls die Stimme eines
ManneZ, aber weich, milder, es lag fast ein Accent der
Furcht in dem Ton, Die Worte, welche gesprochen wurden,
waren unverständlich, denn der Schall brach sich an dem
geschloffenen Fenster. Heldreich konnte nicht weiter. Er
fühlte, daß hier irgend etwas nicht richtig war, daß seine
Hülfe bald nothwendig werden könne, und er hatte sich nicht
getäuscht. DaS Gespräch im Innern wurde lauter, die
drohende Stimme ließ sich schärfer und härter hören, plötzlich
tiefe Stille und dann — ein gellender Hülferuf.
Im nächsten Augenblick Halle Heldreich die Hausthür
ganz aufgeriffen, das Licht der Laterne vom gegenüberstehenden
Hanse fiel in den kleinen Flur und ließ ihn die linker Hand
nach der Stube, aus der der Hülferuf gekommen war, füh-
rende Thür erkennen; er riß sie aus und sah seine schlimmsten
Ahnungen bestätigt. Der Vater seiner Geliebten befand sich
 
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