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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung (9) — 1875

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Januar (No. 1 - 12)
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https://doi.org/10.11588/diglit.41571#0039
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wöchentlich drei Mal:
Dieitstag, Donnerstag,
»nd Samstag.
Alle Postanstalten
«nd Boten nehmen Be-
st klungen an.


AmlsverKündigüngsßtalL für den Amis- und Amtsgerichtsöezirk Schwetzingen.

5


adische Hopfenzeitung.

Vierteljahr!. Abonnement:
FUr's Wochenblatt 1 Mark
50 Pfennige.
Unterhaltungsblatt
Z5 Pfennig«.
Inserate:
die viergespaltene Gar-
mondzcile oder deren Raum
12 Pfennige.

Allgemeiner Anzeiger für die badische und bayerische Rhein Pfalz.
Expedition, Druck und Verlag der C. W. Moriell 'schen Buchdruckerei in Schwetzingen

No. IN.

Dienstag, 26. Januar 1875.

H Jahrgang.

Jns«r«te von Auswärts nehmen für uns auch entgegen die Annoncm-Bureaux von Kaasenstcin L Kogler, Indols Masse und H. /. AanSc L Ko., Süddeutsche Auuoncen-Hrpedtton
von G. Stöckhardl in Franlsurt, Stuttgart, Berlin, Lfpzig, München, Wien, Zürich, Basel »nd Strasjburg, sowie das Jäger'sche Eentral-Bureaux für Inserate in Frankfurt a./M.

durch folgende Miitheilungen illustrirt: Die auf de» grie-
chischen DreiköuigStag (18. Januar) einberufene Versamm-
lung der Stammhäupter, Aeltestc» und militärischen Führer
wurde mit einem Gottesdienste „zum Gedächtnisse aller
montenegrinischen Opfer türkischer Verfolgung" eröffnet, an
dem aus allen Theilen des Landes herbeigcströmte Volks-,
Massen theilnahmcn. Bei dem darauf folgenden Gelage,
welchem auch Fürst Nikita beiwohnte, waren die Ansprachen
Von dem Gedanken erfüllt, sich blutige Gcuugthuung zu
verschaffen. Es läßt sich die passive Haltung, welche Nikila
gegenüber diesen Manifestationen eingenommen, nur da-
durch erklären, daß er vorläufig nicht Ursache' zu haben
glaubt oder es noch, nicht uuternehuieu darf, der Stimmung
seines Volkes Dämpfer aufzusitzen, welche momentan sich in
einem einsilbigen Racheschrei Luft macht. Hingegen würde
es in direktem Widerspruch mit den oben erwähnten Zu-
sicherungen des Fürsten an den Consul stehe» , wenn die
über Agram kommende Nachricht wahr wäre, daß Fürst
Nikita die Montenegriner zu den Waffen gerufen habe und
daß viele croatische Freiwillige bereit seien, in die monte-
negrinische Armee einzutreten.
Sollte trotz der vorbeugenden Schritte der nordischen
Mächte sich der Waffeügang nicht vermeiden lassen, so wird
die Diplomatie derselben jedenfalls bestrebt sein, den Krieg
zu localisiren. So lange sich an den Grenzen der schwar-
zen Berge Türken und Montenegriner niedermetzeln und das
düstere Epos der schon hundertmal bis zum letzten Athem-
zug durchgekämpften Schlachten in diesen F-lswüsteneieu
wieder aufnehmen, so lange ist mindestens der Friede Eu-
ropas nicht bedroht. Die ebenso tapferen als grausamen
Ohren- und Nasenabschneider mögen Hekatomben von Leichen
häufen, die türkischen Heerführer in dem zwar opfer- aber
selten ruhmreichen Streite gegen das wilde Bergvölklein
Blut verschwenden, der Kriegsfunke wird jedenfalls nicht in
die civilisirien Staaten überspringen. Schlimmer stünde die
Sache, wenn das Aufflammen des Brandes an der monte-
negrinisch-türkischen Grenze zu einem Signal für die zwei
größeren Vasallenstaaten Serbien und Rumänien würde und
wenn dieselben unterstützt von einer allgemeinen Bewegung
der christlichen Slaven auf der Balkanhalbinsel einen Stoß
gegen das morsche Gebäude türkis her Herrschaft ausführen
wollten. Es heißt zwar, daß auch in diesem Falle die
ausschlaggebenden Mächte sich einer direkten Einmischung
enthalten und die Türkei selbst die Probe ihrer Lebensfähig-
keit werden ablegen lassen. Wir bezweifeln aber stark, daß
diese Absicht dann Stich halten dürfte, denn man gibt sich
nicht zum bloßen Zuschauer bei Ereignissen her, welche mit
den eigenen Interessen und Zuknnftsplänen verknüpft sind,
Wenn man die Macht hat, auf sie bestimmend einzuwirken.
Hoffen wir übrigens, daß die gegenwärtig unzweifelhaft

aufrichtigen Bemühungen der heutigen Wächter der orien-
talischen Frage auch von dem Erfolge gekrönt sein werden,
Couflagrationcn vorzubcugcn, die den Frieden Europa'» ge-
fährden müßten. lieber den Ausgang, welchen der türkisch-
montenegrinische Conflikt nimmt, werden wir übrigens nicht
lauge im Zweifel sein. Vorgestern wurde, nach einer Pri-
vatdcpesche der „A. Z.", die erste montenegrinische Natio-
nalversammlung eröffnet, welche jedenfalls mit oder auch
gegen den Fürsten Nikila wesentlichen Einfluß auf die Wei-
tergestaltung der Dinge nehmen dürfte.
Deutsches Reich.
Seine König!. Hoheit der Groß Herzog haben unterm 20.
Januar d. I. gnädigst geruht, den Verwaltungsgcrichts-Rath Karl
Fröhlich, unter Anerkennung seiner langjährigen treuen Dienste und
unter Verleihung ves Titels als Geheimerath III. Klasse, aus sein
unterthSntgstes Ansuchen in den Ruhestand zu versetzen; den derzeitigen
Amtsvorstand in Achern, Oberäurtmann Adolf v. Feder, unter Ernen-
nung zum Verwaltungsgerichts-Rath, dem V-rwaltungsgerichtshofe als
Kollegialmitglicd beizugeben und dem Oberschulrath vr. Ludwig Arn-
sperger von Karlsruhe, unter Ernennung desselben zum Oberamtmann,
die Stelle des Amtsvorstands bei dem Bezirksamts Achern zu übertragen.
— Ja Karlsruhe geht Man mit dem Gedanken um,
die Einwohnerschaft von den Drangsale > der Straßenreini-
gnng zu entbinden, und dieses Geschäft, wie in den meisten
größeren Städten, von eigens dazu aufgestellten Straßen-
kehrern besorgen zu lassen. Die „Landesztg." bemerkt dazu:
„Wir können diesem Vorhaben nur beipflichtcn, denn eine
Unzahl von Reibereien unter der Einwohnerschaft selbst, w'u
auch mit dem zur Aufsicht über die Straßenreinignng auf-
gestellten Polizeipersonate könnten dadurch vermieden werden."
— Am letzten Sonntag zwischen 5 und 7 Uhr wur-
den in Karlsruhe drei Metzgerburschen aus ihrem gemein-
schaftlichen Zimmer die besten Anzüge nebst Uhren und Geld
im Gesamnitwerthe von etwa 142 fl. entwendet, wobei der
Dieb noch den Koffer eines der Beschäoigten erbrach. Als
Thäter wird ein mehrfach bestraftes Individuum bezeichnet,
das erst vor einigen Wochen ans dem Znchthanse zurückge-
kehrt und nach eingetroffenem Drahtberichl in Mannheim
verhaftet wurde. — Am 16. d. Vormittags wurde ein
Mtzgerbursche von seinem Herrn mit Fleisch in die Kunden-
häuser geschickt, wofür er elwa 16 — 18 fl. einzukassiren halte,
kehrte aber bis jetzt nicht zu seinem Meister zurück. Der
Bursche hatte seinen Koffer bei einem Spediteur versetzt und
verwendete das unterschlagene Geld theilweise zur Auslösung
desselben und mnthmaßlich zur Bewirkung seiner Abreise von
dort, indem er sich den Koffer an den Bahnhof .befördern
ließ, um zu geeigneter Stunde abzureisen. Der geprellte
Metzgermeister erfuhr dies noch rechtzeitig, um an dem Bahn-
hof den Koffer als einstweilige Entschädigung abfosscn zu
können.
— Ans dem Breisgan schreibt man: Günstiger als

Für Februar und März
Werden von allen Postonstalten Bestellungen auf das
„Schwetziuger Wochenblatt" angenommen.

* Die orientalische Frage
gelangt neuerdings wieder zur politischen Tagesordnung.
An der untern Donau und besonders an den schwarzen
Bergen der Balkan-Halbinsel ziehen sich schwarze Gewitter-
wolken zusammen. Der türkisch - montenegrinische Conflikt
ist durch die Niedermetzclung von montenegrinischen Uuter-
thanen durch türkische Soldaten aufs heftigste entbrannt,
und das Rachegcschrei der wilden Bewohner der schwarzen
Berge wird immer lauter. Die jüngsten Berichte lassen uns
keinen Zweifel darüber, daß die Leidenschaften des wilden
Bergvolkes, welches den Türkenhaß mit der Muttermilch
cinfäugt, auf das Höchste gestiegen sind und daß man jeden
Momeüt einen Ausbruch derselben erwarten muß. Anderer-
seits trifft aus Konstantinopel die Meldung ein, die Pforte
habe sich auf das Andringen von Oesterreich und Rußland
zur Nachgiebigkeit entschlossen. Ob dieselbe nicht bereits zu
spät kommt, müssen wir abwarten. Es steht leider zu be-
fürchten, daß das Abstchen von der übertriebenen Forde-
rung, Angehörige Montenegros von türkischen Gerichten ab-
urtheilen zu taffen, jetzt innerhalb der schwarzen Berge nicht
mehr als ein Zeichen des Friedens, sondern als eines der
Schwäche aufgefaßt werden dürfte. Auch ist eS fraglich, ob
sich die Nachgiebigkeit des Divans so weit erstrecken wird,
daß derselbe die von der Podgoritza-Commission verhängte
Todesstrafe über türkische Theilnehmer des Blutbades nun
vollziehen lassen wird, das einzige Mittel, welches mög-
licherweise zu einer Beschwichtigung der empörten Gemüther
führt. Viel, wenn auch nicht Alles, hängt hiebei von der
Haltung des Fürsten Nikita ab. Dieselbe scheint bis jetzt
eine befriedigende zu seiu. Eine Wiener Correspondenz der
„Karlsr. Ztg." gibt uns über dieselbe, sowie über die von
deutscher Seite unternommenen Vermittlungsversuche folgen-
den Aufschluß: Die Sendung eines deutschen Consular-
beamten aus Dalmatien (vermülhlich Frhrn. v. Lichtenberg,
deutscher Consul in Ragusa) nach Cettinje hat einen erfreu-
lichen Eindruck gehabt. Der Fürst von Montenegro gab
mit dem Ausdruck seines festen Vertrauens, daß das deutsche
Reich ihm nichts ansinnen werde, was seines Landes und
seiner eigenen Ehre nachtheilig sein könnte, die bestimmte
Zusicherung, die Schritte der Mächte in Konstantinopsl ab-
wartcn und sich bis dahin strengstens auf die Abwehr einer
etwaigen türkischen Offensive beschränken zu wollen. Die
Pforte wurde von dieser Zusicherung sofort in Kenntuiß ge-
setzt. Die kriegerische Stimmung der Czernagoren wird
Feuilleton.
Pie Waöen.
(Fortsetzung.)
„Darauf entfernte ich mich schleunigst, voll Hoffnung
und Gott dankend, welcher alle Dinge lenkt."
O, das ist etwas Wunderbares, etwas Ucbernatür-
liches!"
„Ribiöre," sagte Esterac mit ernstem Tone, „Du bist
einer der ehrenhaftesten Menschen und der uneigennützigsten
Beamten, die ich kenne. Wohlan, hier ist die Wahrheit,
sie spricht durch den Mund dieses wachsamen Mädchens;
Deine Pflicht ist cs, sie zu hören und sie trinmphiren zu
lassen."
„Ja, aber es ist noch keine Verhaftung motivirt.
Nichts wäre schädlicher, als cine Uebereilung. Ich wiederhole
eS, man muß warten und nachspüren. Der Piemontese
ist von heftigen Leidenschaften, er wird sich vielleicht ver-
lachen."
„Aber er geht fort, er reist morgen ab!" rief Susanne
ängstlich. „Ist er fort, dann ist Alles vorbei und meine
letzte Hoffnung ist verloren, sobald er über der Grenze

ist. Ich glaubte, sie würden Perondi heute arretiren
lassen."
„Das geht nicht so, mein armes Kind. Ihn verhaften?
ES liegt bis jetzt kein Grund dazu vor."
„Ich habe nun," sagte Susanne, Alles gethan, was
ein schwaches Geschöpf thun kann, ich habe ein Jahr der
Tortur bestanden, ich habe mich selbst in den Verdacht der
Unehre gestürzt. Das Alles habe ich gethan, und nun, da
ich den Lohn für meine Leiden ernten will, ist es noch nicht
genug. Man kann einen braven Mann verhaften, aber nicht
einen Mörder. Doch cs scheint mir, daß Gott dennoch mit
mir ist.
Auf dem Tische des Richters lag das Gesetzbuch; sie
ergriff es und blätterte mit fieberhafter Aufregung darin.
„Dieses Buch," sagte sie, „das mir so viel Böses zu-
gefügt hat, wird mir jetzt auch Gutes thun."
Die Zeugen dieser Scene begannen sich jetzt mit Unruhe
zu betrachten. War das nicht wieder ein Aufall von Wahn-
sinn? Sie blätterte immer weiter.
„Ja, ich besinne mich," fuhr sie fort. „In jener Zeit
— meine Liebe zu Jakob ärgerte meinen Vater. Einmal
hatte ich den Gedanken durchblicken lassen, mit meinem Ge-
liebten zu entfliehen. Da antwortete er mir: „Gesetzbuch,

Artikel 354: Entführung Minderjähriger: Wer ein
minderjähriges Mädchen entführt, wird Verhaftet." Nicht
wahr?"
„Ohne Zweifel."
„Nun, ich bin noch nicht zwanzig Jahre."
„Was willst Du damit sagen?"
„Daß Sie morgen Mittag einen Polizeicommissar nebst
Gensd'armen an einen Ort des Weges hinschicken können,
den ich mir zu bezeichnen bitte — das Andere besorge ich."
„Meinctivegen," sagte der Richter, der Alles verstand.
„Vier bis fünf Meilen von Villefort liegt der Ort Chastagnier.
Dort giebt es ein Wirthshaus „Zur schwärzen Kugel."
Der Wirth heißt Bardin, ich kenne ihn, er ist ein braver
Mann. Morgen Mittag werden die Gensd'armen an seine
Thür klopfen."
„Gut, weiter verlange ich nichts. Ich werde dort sein
und Perondi auch, ich verspreche es Ihnen."
„Aber wenigstens keine unnütze Unklügheit."
„Keine Gefahr, wir gehen zum Gottesgericht," sagte
Susanne stolz und ruhig.
 
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