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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung (9) — 1875

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April (No. 37 - 49)
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https://doi.org/10.11588/diglit.41571#0187
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wöchentlich drei Mal:
Dienitag, Donnerstag,
»n» Lamstag.
»lle Pspanstalten
n- Boten nehmen Be»
stellnngen an.



UW
AmtsverkündigungsökalL für den Amts- und Arntsgerichtsöezirk Schwetzingen.
Badische Hopfenzeitung.

Merteljährl. Abonnement
Für', Wochenbl tt 1 Mark
50 Pfennige.
UnterhaltungSblatt
35 Pfennig«.
Inserate:
die diergespaltenc Gar-
mondzcile oder deren Raum
12 Pfennige.

AllgemeinerAnzeiger für die badische und bayerische Nyeinpsalz.
Expedition, Druck und Verlag der T. W. Marie ll'schen Buchdruckerei in Lchwehingen

Ko. 47.

Samstag, 24. April 1875.

IX. Jahrgang.

Inserate von Auswärts nehmen für uns auch entgegen di° Annoncen-Bureaux von Kaasenstekn L Vogler, Rudolf Waffe und H. T. Aauöe L Ko., Süddeutsche Annoncen-Krpedtton
Von K. StöLtzardt in Frankfurt, Stuttgart, Berlin, Leipzig, München, Wien, Zürich, Basel und L ißburg, sowie das Jäger'sche Central-Bureaux für Inserate in Frankfurt a./M

* Politische Wochenübersicht.
Schwetzingen, 22. April
Die reichsfeindlichen Elemente haben aber-
, alS eine bittere Enttäuschung erlitten, als sie sich der
. iffnung Hingaben, das Dreikaiserbünduiß sei in die Brüche
r Zangen und Deutschland stehe nunmehr völlig fiolirt unter
Nn europäischen Mächten da. Jetzt wo Rußland und Oester-
r ich die Meinung geäußert haben, die Beschwerde Deutsch-
i nds gegenüber de-, belgischen Regierung sei durchaus bc-
r ündet, werden auch diese Unkenrufe wieder verstummen,
sittlich nur, um vielleicht einige Tage darauf irgend eine
-. ue Lüge auf's Tapet zu bringen, die keine längere« Beine
als die vorangegangenen sammt und sonders haben wird.
Auch die angeblich aggresive Tendenz deS deutschen Reichs-
kanzlers dem kleinen Belgien gegenüber ist gänzlich hinfällig
geworden, seitdem es nunmehr fcststeht, daß Fürst Bismarck
ein Einvernehmen aller betheitigten Staaten über die Fragen
herbeiführen möchte, in Betreff derer im europäischen Völker-
rechte noch große Lücken vorhanden sind und die Belgien ge-
genüber einen akuten Charakter angenommen hatten.
Daß einer Verstimmung wegen der Entrevue in Venedig,
rwvon die ultramontaae Presse so viel zu erzählen wußte,
-n den maßgebenden KreisenB e r l i n's gar nicht vorhanden
ist, geht am schlagendsten aus dem Umstande hervor, daß
er Wiener „Presse" zufolge Kaiser Wilhelm an den König
: on Italien ein im herzlichsten und freundschaftlichsten Tone
gehaltenes Handschreiben gerichtet hat, worin er seine Befrie-
igung über den „liebenswürdigen Besuch" ausdrückt, den
lkönig Viktor Emanuel in Venedig erhalten. Mit Worten
i erzlichster Sympathie für den Kaiser Franz Joseph und den
König Viktor Emanuel gebe darin der Kaiser seinen Wunsch
mnd, daß der Besuch die Bande der Freundschaft zwischen
sen Herrschern Oesterreichs und Italiens befestigen möge,
eine Aussicht, die den Kaiser mit lebhaftester Genugthuung
erfülle. Die „Presse" sagt ferner, der Besuch Kaiser Franz
Joseph'» in Venedig sei schon im Voraus den Höfen von
Berlin und Petersburg angekündigt und dort bestens ausge-
nommen worden.
In der Sitzung des preußischen Abgeordne-
tenhauses vom 19. d. hat der Abg. Windthorst endlich
einmal genau gesagt, was er eigentlich unter dem Frieden
versteht, den er bei verschiedenen Anlässen als immer noch
erreichbar bezeichnet hatte. Man möge mit der Kurie unter-
handeln, die Maigesetze revidiren und die Trennung von der
Kirche konsequent durchführen, — mit andern Worten, der
Kaiser und sein Kanzler möchten nach Canossa gehen, wo
ihnen der Papst nach auferlegter Buße Verzeihung gewähren

werde! Einen solchen Vorschlag konnte ein Mann wie
Windthorst doch nur ans Ironie machen, da eS ihm wohl-
bekannt sein mußte, daß der Kampf sich ja eben darum dreht,
daß der Staat von sich aus d>e kirchenpol tischen Dinge zu
regeln gewillt ist und den Weg des Konkordats verschmäht,
auf dem er nicht mehr Herr seiner eigenen Entschlüsse bleibt,
sondern an die Zustimmung eines Mitkontrahenten gebunden
ist, den er zum zweiten Faktor in seiner Gesetzgebung anneh-
men müßte. Allerdings würde der Papst die revidirten Mai-
gesetze gerne annehmen, wenn er im Prinzip Recht beh elte
und seine Mitwirkung dabei garantirt sähe; aber gerade das
ist es ja, was man sich im modernen Rechtsstaate nicht ge-
fallen lassen kann. Und was vollends die Trennung
Von Kirche und Staat angehl, so will der Papst da-
von am allerwenigsten wissen und hat dieselbe ausdrücklich ver-
dammt. Oder will Herr Windthorst vielleicht dafür sorgen,
daß die Sätze des Syllabus im Geiste der modernen Zeit
einer Revision unterworfen werden? Schwerlich; im Gegen-
theil sind wir ganz sicher, daß sobald der preußische Senat
jenes Prinzip „konsequent" durchführen wollte und der Vati-
kan, wie ohne Zweifel der Fall wäre, dagegen protestirte,
die gesammte Zentrumspartei sich auf die Seite des Papstes
stellen und allerwärts einen neuen, nicht minder heftigen Kampf
gegen den „gottlosen, heidnischen Staat" organisiren würde.
Berliner Blätter behaupteten, die Vorlage des Gesetzes,
betr. Aufhebung der Klöster und Kongregationen in
Preußen sei wieder zweifelhaft geworden. Nach der „natio-
nal-liberalen Korrespondenz" ist diese Behauptung vollkommen
unbegründet. Auch der „Magd. Zeitung" wird geschrieben,
die Einleitung der Vorlage habe sich nur deshalb verzögert,
weil einige Modifikationen nothwendig geworden wäre«. Ob
diese Modifikationen darin bestehen, wie angedeutet worden
ist, das für gewisse Fälle eine Ausnahme statuirt werden soll,
lassen wir vorläufig dahin gestellt.
Aus Anlaß der Iubelfeier deS Fürstbischofs
von Breslau gibt die „Schlesische Ztg." einen kurzen
Lebenslauf desselben. Dem zufolge war im Jahre 1848 der
Jubilar von dem Wahlkreise Ahaus-Stcinsurt in Westfalen
zum Abgeordneten in die deutsche National-Versammlung ge-
wählt, wo er der äußersten Rechten angehörte und in der-
selben im sogsnannten steinernen Hnuse mit Pliill'pps, Döl-
linger, Sepp und Nolly eine klerikale Fraktion bildete. In
der Versammlung ergriff Förster nur einmal daS Wort, als
bei der Diskussion der Grundrechte das Verhällniß von Kirche
und Staat berathen wurde. Er sprach hierbei, indem er für
die Unabhängigkeit der Kirche eintrat, nach Ausweis der ste-
nographischen Berichte,die sehr wahren, leider aber in unseren
Tage» schon gänzlich vergessenen Wort: Der Staat hat in

seinem Gebiete feste und unveräußerliche Rechte, die ihm nicht
genommen werden sollen, am wenigsten von der Kirche. Er
hat solche Rechte auch über die Kirche, sofern sie eine von
ihm anerkannte Korporation ist, er hat z. B. das Recht der
Verwahrung, das sogenannte jus oavsnäi, um die Kirche
in ihrer Wirksamkeit nicht über ihre Grenze hinausschreiten
zu lassen, um nicht zuzugeben, daß sie seinem Staatszwccke
irgennwie schadet. Er hat ein Recht der Aufsicht, er hat
ein Recht der Besteuerung." Dieses Zeugniß verdient gewiß
heute in Erinnerung gebracht zu werden
Der „Neuen fr. Presse" zufolge beschäftigt sich jetzt
die Diplomatie ernstlich mit der künftigen P a p st w a h l, um
bei Zeilen Vorsorge zu treffen, daß dem aufregenden und so
viele Verhältnisse verwirrenden Kulturkämpfe ein gründliches
Ende verbreitet werde. Dies sei die Krisis, von welcher
der infallibilistische Manning, der selbst den päpstlichen Stuhl
besteigen wolle, gesprochen habe. Für den Frieden der Welt
würde es ein unersetzlicher Verlust sein, wenn der Nachfolger
Pius' IX. wiederum unter dem Einfluß der Jesuiten stehen
sollte. „Die Staaten haben nicht mehr das alte Interesse,
sich gegenseitig ihre Kandidaten auszuschließen; sic haben am
allerwenigsten ein Interesse, die Papstwahl den Jntriguen
des Jcsuitengenerals zu überlassen; durch das Jnfallibilitäts»
dogma in allen Ländern, wo es Katholiken gibt, zum Bischof,
zum unmittelbaren Beherrscher aller kirchlichen Interessen ge-
worden. Deshalb ist die Papstmahl der kritische Angelpunkt
für die Entwickelung der nächsten Zeitverhältnisse und die
Annahme ist wohl berechtigt, daß in dem jetzt so rege» di-
plomatischen und fürstlichen Verkehr der Großmächte diese
Angelegenheit in erster Linie verhandelt wird."
Der Kaiser von Oesterreich dürfte bei seiner dal-
matischen Reise gegen Ende dieses Monats in Cattaro ein-
treffen. Dort will sich ihm nach neuen Mittheilungcn aus
Cennje Fürst Nckita am 2. Mai vorstellen. In Begleitung
des Fürsten werden sein: dessen Schwiegervater, der Woj-
wode von Drobnjak, der Chef des Kriegsdepartemems, der
Chef UuterrichtSdepartements und der fürstliche Adjutant
Petrovich. Das übrige Gefolge werden Leibgarden und
sonstige fürstliche Hausdiener bilden. Man sieht hieraus,
daß es Nikita darum zu thun ist, der Zusammenkunft einen
politischen Anstrich zu verleihen.
In französischen Blättern dauern die F r i e d e n s a b-
sichten fort, aber eine bessere Friedensbürgschaft, als die
französischen Zeitungen bieten uns die neuen Meldungen
über das ungetrübte Frcundschaftsverhältniß zwischen Deuts ch-
land und Italien. Wir erhalten Kunde von zwei
Handschreiben des deutschen Kaisers, an Vikar Emanuel,
die diese Gewißheit über allen Zweifel erheben. In dem

Iruiilklon.
Die Lieöe kennt keine Grenze.
(Fortsetzung.)
Der Tag der Krisis war eingetrcten. Wenn der Ver-
wundete heute zur vollständigen Besinnung gelangt und durch
sein Verlangen nach Speise oder Trank zu erkennen zielt,
daß sich die Funktionen der inneren Organe wieder einge-
stellt haben", sagte der Arzt, als am neunten Tage Felice
den Arzt aus Guebweiler über den Zustand Benno's befragte,
„so ist Hoffnung vorhanden, daß er gerettet wird, im andern
Falle. . ."
Der Arzt zuckte bedenklich mit den Achseln.
Die Sonne stand schon hoch am Firmamcitte und hatte
den Mittagsbogen längst überschritten, als Felice, heute wohl
zum zwölften Male, in die Stube trat und nach dem Ver-
wundeten sah.
Der Körper Benno's, der noch bis vor wenigen Stunden
konvulsivische Zuckungen geäußert hatte, lag ruhig und lang
auSgestreckt auf dem Lager.
Werden jungen Mann in seinem schmucken Jägeranzuge
im Thäringerwalde gesehen und den Daliegenden jetzt ange-

blickt hätte, würde ihn in der elend aussehenden und einer
Leiche mehr als einem lebendigen Menschen ähnelnden Gestalt
nicht wieder erkannt haben.
Trotzdem hing das Auge Felice's an den Zügen Benno's
Mit einer Hingebung, die auf tiefere Regungen schließen ließ.
Sie bog sich über den Körper Benno's und lauschte auf die
Athemzüge desselben. Sie waren langsam und schwer und
auf der Stirne perlte ein kalter Schweiß.
„Es geht zu Ende!" flüsterte sie, als sie sich abwandle
und an das Fenster trat.
In ihrem Innern löste sich eine eigentümliche weiche
Stimmung loS, über deren Wesen sie sich nicht klar war-
War es nur Interesse, welches sie zu Benno hinzog? . . . -
oder war eS eine tiefere Regung?
Die reine, wahre, auf wirklicher Zuneigung beruhende
Liebe wird heimlich geboren, im Herzen gepflegt und genährt,
ohne daß es der betreffende Gegenstand ahutt Tritt sie dann
plöplich als erhabene Gestalt vor uns und sagt: Du hast
mich geboren und erzogen, jetzt sorge weiter für mich, so er,
schrecken wir, denn der Anblick ist uns noch fremd. Fühlen
wir aber dann den Schmerz im Innern, preßt un§ die Lücke,
welche im Herzen entstanden ist und ausgesüllt sein will, so
fühlen wir, daß das Phantom wahr gesprochen.

Dieser Zustand halte Felice jetzt erfaßt, als sie sich
Rechenschaft über ihre Handlungsweise abzulegen versuchte.
Sie fühlte es, daß eine Satte in ihrem Innern ange-
schlagen worden war und daß diese Saite in außergewöhn-
licher Weise fortschwirrte und daß die Schwingungen bedeuten-
der wurden. Schon glaubte sie dieser Gewalt nicht mehr
widerstehen zu können, .... eben wollte sie stch willig unter
diese göttliche Macht beugen, als ein unbestimmtes Etwas von
Neuem ihr Inneres durchzog. „Du bist eine Französin und
er ein Feind Frankreichs!".Felice preßte die Hände
vor ihre glühende Stirn, denn der Kampf, den Stolz und
Liebe so oft mit einander beginnen, war in seiner ganzen
Heftigkeit in ihr entbrannt.... es war ihr, als wenn ein
gewaltiger Sturm die lieblich tönende Saite in ihrem Herzen
zerrissen.
Der Kampf in ihr würde wohl noch eine geraume
Weile gewüthet haben, hätte sic nicht in diesem Augenbl cke
ein schwerer und tiefer Athemzug Benno's aus ihrem Ge»
dankengange gerissen.
Als sie an das Lager Benno's trat, überzog sie ein
tiefer Purpur, denn aus den eingefallenen Augenhöhlen
Benno's leuchtete ein milder Glanz mnd sein Blick hing an
ihr in einer Weise, in dem sich wohl alle Verwunderung
 
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