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Allgemeiner Anzeiger für die badische nnd bayerische Ryeinpfalz.
Expedition, Druck und Verlag der C. W. Morie ll'schen Buchdruckcrei in Schwetzingen
kio. 64. _Samstag, 5. Juni 1875. . IX. Jahrgang.
J»s«rat« von Auswärts nehmen für uns auch entgegen die Annoncen-Bureaux von Hänfenster» L Wogker, Rudolf Masse und ch. T- PauSe ^ ?«., Süddeutsche A«»»»-,N-G«,»»U„
von K. StSckhardt in Frankfurt, Stuttgart, Berlin,Leipzig, München, Wien, Zürich, Basel und Ltratzburg, sowie da, Jäger',«-- Eentral-Bureaux für Inserate in Frankfurt ä./M
Politische Wocheuüberficht.
Schwetzingen, 3. Juni 1875.
Es wird jetzt auch offiziös bestätigt, daß der Besuch
des Königs von Schweden und Norwegen am deut-
schen Hoflager nicht ohne politische Bedeutung ist. Der
Freunvschaftsbund zwischen Deutschland und dem schwedisch-
norwegischen Königreiche, welcher durch die Reise unseres
Kronprinzen zur Krönung des Königs Oskar in Drontheim
seinen Ausdruck fand, wird jetzt von Neuem bestätigt. Die
gleichgültige, oft sogar feindliche Haltung, welche das Stock-
holmer Kabinet unter König Karl gegen Deutschland ange-
nommen hatte, ist seit der Thronbesteigung des jetzigen Königs
aufgegeben und hat sich in offene Sympathie für das deutsche
Kaiserreich verwandelt. König Oskar fühlt das Bedürfniß,
daß Schweden aus der Jsolirung, in welcher es lange sich
befand herauslrete und dem Dreikaiserbündniß sich anschließe,
welches König Viktor Emanuel gegeben hat. Für die nor-
dischen Kaiserreiche ist es gewiß Gcnugthuung, daß die von
ihnen inaugurirte Friedenspolitik immer größeren Anklang
findet und mächtige Staaten derselben beitrcten.
Einer Mittheilung der „AugSb. Allgem. Ztg." aus
Berlin zufolge besteht außer der bekannten telegraphischen
Benachrichtigung des Fürsten Gortschakoff von Berlin an
die diplomatischen Agenten Rußlands im Auslande, in welcher
mitgelheilt wurde: Kaiser Alexander habe die deutsche Haupt-
stadt mit der Ueberzeugung verlassen, daß daselbst die per-
söhnlichsten, die Erhaltung deS Friedens verbürgenden
StimmUi gen und Absichten herrschen, noch ein weiteres aus-
führliches Aktenstück, welches auf die jüngste Krisis Bezug
hat. Dasselbe ist vor der Abreise des Kaisers Alexander
von St. Petersburg erlassen, und eröffnet den befreundeten
Mächten, daß der Czar der Reichsregierung betreffs Erhal-
tung des Friedens seine guten Dienste zur Beilegung etwaiger
D ff-renzen mit Frankreich angeboten habe. Von dieser
Absicht des Kaisers Alexander war das Berliner Kabinet
übrigens bereit- auch von dem Grafen Schuwaloff benach-
richtigt worden, der sich auf der Rückreise nach London kurz
vor der Ankunft des Czaren einige Zeit in Berlin aufhiclt
und viel mit dem Fürsten-Reichskanzler verkehrte. Das be-
kannte Friedenstelegramm des Fürsten Gortschakoff von Berlin,
dessen Erlassung so großes Aufsehen gemacht hat, namentlich
im Ausland, erklärt sich demnach durch die frühere Note des
St. Petersburger KabinetS.
In der Verhandlung des preußischen Herren-
hauses vom 22. Mai hat der Kultusminister vr. Falk
sich auf ein katholisches Urtheil über die geistlichen Orden
berufen, das nunmehr in der Presse veröffentlicht wird. Als
Milleton.
Der Student von Bologna.
(Fortsetzung.)
Es waren die Erlogen, welche der junge Student eben
aufgeschlagen und mit Bewegter Stimme las er halblaut
zum zweiten Male die Verse jener bekannten Lieblingsklage
des Corydon:
»0! oruäolis Hlexi, mlül ms» varmiim ouras?
M uostri missrsre? wart ms ösniyns oogss.«
Bewegt legte er das Pergament bei Seite und und
stützte nachdenkend und traurig den Kopf in die Hand.
„Und zwingst mich endlich zu sterben," sprach er, He
letzten Worte des VerseS wiederholend; „o Virgil, Deine
Dichlerseelc fühlte die Schmerzen unerhörter, inniger, glühen-
der Liebe, sie begriff lebendiger wie andere Menschenseelen,
daß nur in der Liebe das Leben und außer ihr der Tod
und die Vernichtung wohnt." Er erhob sich und ging im
Selbstgespräch im Zimmer auf und ab. „Wie seltsam,"
sprach er, „ist doch des Menschen Herz. Als ich gestern bei
der Signora war, ihre Stimme hörte, den Glanz ihrer
Augen sah und ihr Odem mich berührte, da fühlte ich nicht
nämlich die Verhandlungen über das Klostergesetz in dem
Abgeordnctenhause bereits abgeschlossen waren, hat sich ein
angesehener katholischer Geistlicher veranlaß! gefunden, seine
Meinung über diesen Entwurf der Staalsregierung vorzu-
iragen. Derselbe schildert das Klosterwesen in einem außer-
ordentlich ungünstigen Lichte. Die Richtung der Klöster
sei seit der Mittigkeit der Jesuiten zu Anfang der fünfziger
Jahre eine durchaus fanatische geworden -und unter der
MaSke der Humanität und christlichen Charitas würden
meist ultramontane Zwecke zu erreichen gesucht. Sehr tref-
fend schildert der Verfasser den jesuitischen Ultramontanismus,
wenn er von ihm sagt: „Derselbe ist theilS religiöser Fana-
tiSmus mit seiner Unduldsamkeit gegen Andersgläubige, ja
selbst gegen Glaubensgenossen, wenn sie nicht in allen Dingen
mit ihm gehen, theils Aversium gegen den preußischen Staat
und das Deutsche Reich und theils Ueberhebung der Papst-
macht auf Kosten des Staates und seiner Fürsten und frei-
sinnigen Institutionen."
Der Erzbischof von Köln hat vor wenigen Tagen
einen Erlaß veröffentlicht, worin er die Andacht „zum gött-
lichen Herzen Jesu" während des Monats Juni und dir
vom Papst dafür bewilligten Ablässe seinen «chäflein drin-
gend anempfiehlt und zwar mir besonderer Bezugnahme auf
den in Deutschland immer mehr übcrhandnehmenden Abfall
vom Glauben. Daraufhin wird nun der Erzbischof Paulus
Melchers an seinen im März 1870 der Konzilskommission
über die päpstliche Unfehlbarkeit überreichten Protest von den
liberalen Blättern erinnert, in welchem er nicht blos seine
gewichtigen Bedenken gegen jene theologische Monstrosität
aussprach, sondern auch geradezu erklärte, man könne die
Unfehlbarkeit" nicht ohne schwere Schuld allen Gläubigen
bei Strafe der ewigen Verdammung zu glauben vorschreiben
und auflegen." „Vor fünf Jahren", bemerkt die „N. Frkf.
Pr.", die beide Kundgebungen mittheilt, dazu, „hielt der
Erzbischof dafür, man könne die Gläubigen nicht ohne schwere
Schuld zum Glauben an das Unfehlbarkeiisdogma zu zwingen.
Heute bezichtigt er dieselben Gläubigen des Abfalls vom
Glauben l DaS ist nicht blos ein Opfer des Intellekts, son-
dern ein Opfer des erzbischöflichen Gewissens!"
Die Freisinnigen Mecklenburgs zeigen sich sehr
rührig, um das Land endlich aus seinen feudalen Zuständen
herauszureißen. Sie haben eine Eingabe an den Bunde--
rath gerichtet, welche diesen angeht, die Einführung einer
konstitutionellen Verfassung in Mecklenburg soweit alSthunlich
zu fördern. Der BundeSralh hat die Eingabe seinem Ver-
faffungSauSschuffe überwiesen Hoffen wir, daß sie dort
nicht zu lange im Aktenschranke schlummert; denn was dis
jetzt von Seiten des Reiches in dieser leidigen Sache
jene Todessehnsucht, die mich jetzt beschleicht, nicht jenes
traurige Gefühl des Alleinseins, das ich so gern im Grabe
vergessen möchte — und ich wußte, daß meine Liebe von
der Stolzen verschmäht, die Sprache meiner Seele von ihr
nicht verstanden und zurückgewiesen wurde; und doch war
ich noch glücklich, denn ich sah sie . . .. jetzt aber bin ich
ganz allein und verlassen!" Er sank auf den Sessel und
bedeckte sein Gesicht mit den Händen. Lange saß er still
und stumm da, plötzlich sprang er auf und rief: „Aber nein?
nein, Franz, Du darfst nicht sterben, nicht wie ein liebes-
siecher Knabe dahin wellen. unbekannt und nnbcwcint von
diesem Schauplatz abtreten!"
ES war Tag geworden, die Lampe erloschen und ein
Heller goldener Sonnenstrahl fiel durch des Fensters runde
Scheiben auf das in Begersteiung erglühende Gesicht des
jungen Dichters und glänzte wie eine Aureole um sein Haupt
. . . War es ein Zeichen des Schicksals, daß einst auf seinem
Haupte die goldene Lorbeerkronc des Dichicrs ruhen sollte ? .. .
Mehrere Wochen waren verflossen, in welcher der Student
und Mathilde einander nicht wieder gesehen; der Gras Für-
laiii war mit seinen Beloerbungeii nm die schöne Barbiano
offener hervorgetreten und man sprach in Bologna von der
baldigen Vermählung der vornehmen Paares. ..
geschehen ist, kann nicht als besonders ermuth gend weisen.
Das klerikale W jener „Vale,land", indem es de
bisher erschienenen Darstellungen über d n Aiientatsplan
gegen Bismarck in der Haup-sache bestätigt, resumirt den
Sachverhalt folgendermaßen: In ver letz en Hälfte des April
erhielt der Provinzial Bülow mittelst Siadtpost das bewußte
Schreiben mit dem beigeschossenen Briefe an den General
Pater Beckx. Der Provinzial, dem die ganze Affäre äußerst
verdächtig erschien, erbat sich schriftlich vom General die Er-
laubniß zur Eröffnung des an den Letzteren adresfiricn Briefes.
Pater Bülow mußte inzwischen von Wien nach Böhmen
abreiscn, so daß er die gewünschte Ermächtigung erst in
Böhmen erhielt, worauf er den Brief eröffnte und denselben
zur sofortigen Mittheilung an die Polizeibehörde dem Tu-
perior übersendete. Ferner wird zugleich bemerkt, daß so-
wohl die Gcsammiforderung Wiesingcr'S, als der verlangte
Vorschuß nicht in Gulden sondern in Thalern angegeben
war, sowie der Umstand erwähnt, daß das an den General
gerichtete Schreiben die Unterschrift „Graf M." trug. Darnach
erklärte es sich von selbst, daß der Jesntren-General in Rom
von dem Allentats-Ai.trage keine Keuntniß erhallen.
Auf telegraphischem Wege erhallen wir Nachricht von
einer Vorlage derBerner CuntonSreg erung. wie die Sörung
des religiösen Friedens strenger Ahndung unterwirft. Die
Erregung von Haß gegen Andersgläubige, die Herabwür-
digung staatlicher Einnchiungen undähnl:che Fncdensstörnngrn
durch die Kultendemagogen, welche hierbei goüesbieustliche
Handlungen als Deckmantel ihres verbrecherischen Treiben«
verwenden, werden mit Gefängnitzstrafen von ein b S zwei
Jahren oder mit Geldbußen von ei - bis zweitausend Francs
belegt. Desgleichen wird dir Vornahme religiöser Ceremo-
nien außerhalb der Kirchen verboten und werden Versamm-
lungen von Religionsgesellschaften. welche die öffentliche Ord-
nung gefährden, mit Auflösung, die Theilnehmer aber mit
Strafen bedroht. Wenn nach zwei Monaten die jurassischen
Hctzpfaffen, Dank der bundesräthlicher Initiative, wieder als
Hechte in de» heimathlichen Teich zurückkehren, so fehlt rS
wenigstens nicht mehr an Angeln, mit denen man sie auf's
Trockene setzen kann, falls sie bei ihrer Brussags aus uner-
sahrene Gewissen gar zu toll sich geberdrn sollten. Freilich
wäre es besser, wenn man die ungeladenen Sendlinge Rom's
gar nicht wieder aufzunehmen brauchte. Der Kampf auf
eigenem Boden ist auch für den Sieger mit gößeren Opfern
verbunden.
Die unlängst gebrachte Nahricht der Bläticr, der Va-
tikan denke ernstlich an eine Versöhnung mit der italieni-
schen Regierung, um Deutschland zu isoliren, wurde von
ultramontane: «eile aus in Abrede gestellt, aber alsbald
Francesco hatte nichts von diesen Gerüchten gehört; ex
! hatte einsam und zurückgezogen in seiner Zelle gelebt, ,«r
die Musen und die Wissenschaft hatten seine Einsamkeit ge-
theilt. In dieser Zeit dichtete er einige jener herrlichen So-
nette und Canzonen, welche mehrere Jahre später ganz Ita-
lien mit Entzücken und Wonne erfüllten und bald von den
Ufern der blauen Adria bis hinunter zu den blumenreiche
- Gestaden des Neaplischen Golfstroms Klangen. Da hörte
er, als er eines Abends in einer Locanda bei einem Becher
Wein saß, die Namen Barbiano und Furlani aussprechen.
Er stutzte, und vernahm, wie sich zwei Bürger von der Ver-
mählung der stolzen Barbiano und des mächtigen Grafen
Furlani unterhielten und den Glanz dieser beiden Geschlechter
rühmten. Heftig erregt von der Nachricht sprang er auf
und eilte hinaus inF Freie.Seine Schritte führten
ihn ob bewußt oder unbewußt — nach dem Palast Bar-
biano; er blickte empor und sah in dem Gemache der Sig-
nora Licht schimmern. Auf einmal erwachten alle Gewalten
der unterdrückten Liebe und entsetzlicher Eifersucht in ihm;
! dämonische Gedanken flogen durch seine Seele.. . Aber der
Kampf dex finstern Mächte dauerte nicht lange, sein guter
1 Engel siegte und neu gekcäftigt ging seine Seele aus dem
! Sturm hervor. Nur der Wunsch, Mathilde noch einmal zu