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Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung (9) — 1875

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März (No. 25 - 36)
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https://doi.org/10.11588/diglit.41571#0119
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wöchentlich drei Mal:
Dienstag, Donnerstag,
,n» Samstag.
Alle Postanstalten
und Boten nehmen Be«
stillungm an.

KchwehilM Wo


Amlsverkündigungsktalt tür den Amis- und Kmlsgerichlsöezirk Schwetzingen.
Badische Hopfenzeitung.
Allgemeiner Anzeiger für die badische und bayerische Ryeinpsalz.
Expedition, Druck und Verlag der C. W. Moriell 'scheu Buchdruckerei in Schwetzingen

Bicrteljähtl. Abonnement'.
Fitr's Wochenbl tt 1 Mar«
50 Pfennig«.
Unterhaltungsblatt
25 Pfennige.
Inserate:
die »iergcspalteue l»ar«
mandrcile »der deren Raum
12 Pfennig«.

No. 30.

Samstag, 13. März 1875.

IX. Jahrgang.

Inserat« von Auswärts nehmen für uns auch entgegen die Annoncen-Bureaux von Saasenstein L Sogker, Mudokf Waffe und ch. L. Sauve L Ha., Süddeutsch« /nnoncen-Srpedii»«
von stz. Stäckhardt in Frankfurt, Stuttgart, Berlin, Leipzig, München, Men, Zürich, Basel und Straßburg, sowie das Jäger'sche Central-Bureaux für Inserate in Frankfurt a./M

Politische Wochenübersicht.
Schwetzingen, 12. März.
Die Kaiserin wohnte gestern in Berlin der Er-
öffnung des BazarS zum Besten des hiesigen katholischen
Krankenhauses bei und befahl viele Einkäufe. Auch der
Herzog vo i Ratibor, die Gesandten Belgiens und Bayerns
und andere Mitglieder des diplomatischen Korps waren an-
wesend. Es ist dies der letzte derartige Bazar in diesem
Palast, welchen die Radziwill'sche Familie am 1. April
verläßt.
Fürst Bismarck ist von seinem letzten Unwohlsein
vollständig hergestellt und wie man hört, munterer und auf-
geräumter als seiner Zeit. Es steht zu erwarten, daß der
Fürst der ersten Lesung des neuen Gesetzes über die Dota-
ionS-Einstellung für katholische Geistliche im Abgeordneten-
hause beiwohnen wird.
Graf Frankcnberg, Mitglied des Reichstages, erläßt in
der Post einen Aufruf an die r e i ch st r e u e n Kath o l ik en,
sich zusammenzuschaaren, um den Kern einer Partei zur Ver-
söhnung der Kirche mit dem Staate zu bilden. Der Papst
habe noch in jüngster Zeit die Hand zu Verhandlungen aus-
gestreckt ; die ultramontane Partei habe unter Führung einer
gegen Preußen unversönlich erbitterten Bischofs die Hand
zurückgestoßen. Ein Mittel der Rettung aus dieser furchtbar
ernsten Lage, sagt der Aufruf, gibt es nur, und das ist
das feste Zusammcnstehen aller der Katholiken, die von der
nltramontanen Raserei sich freigehalten haben, um den Kern
für die katholische Entwicklung zu bilden, welche die Versüh-
nung der Kirche mit dem Staate finden wird, weil sie ihn
finden muß.
Die „Kreuzztg." will wissen, daß dem soeben vorgc-
legten Gesetzentwurf „behufs Abrundung" noch weitere fol-
gen werden. Darunter ist nach einer Andeutung der „Frkf.
Presse" ein Gesetzentwurf zu verstehen, welcher das „ge-
s ammte Kirchenvermögen sequestriren wird." Wenn die Ein-
stellung der staatlichen Leistungen sich, wie die „Germania"
triumphirend verkündet, als unwirksam erweist, d. h. wenn
der gesammte katholische Klerus sich mit ber päpstlichen En-
(yclica vom 5. Febr. dadurch identifizirt, daß er den
Gehorsam gegen die Staatsgesetze ausdrücklich verweigert,
dann wird der Augenblick gekommen sein, das jetzt vorge-
schlagene Gesetz in der oben bezeichneten Richtung zu ver-
vollständigen.
Wenn das „Mainzer Journal" den neuensten Gesetz-
entwurf als „Aushungerungsgesetzentwurf" bezeichnet, so ge-
mahnt das an jenen Galgenhumor, der sich über die dünne
des Stricks lustig macht, an dem das Aufhängen stattfinden

soll. Daß es übrigens mit dem Aushungern vorläufig noch
sein Bewenden hat, wffsen wir aus der „Germania", die
guten Muthes ist und Uber die lumpigen 3 Millionen Mark
spotte, mit denen die Kirche irre gemacht werden solle.
Die „G u sta v" - Af fa ire hat nun endlich Aussicht
von der Tagesordnung abgesetzt zu werden. Die spanische
Regierung hat, wie in Berlin mitgetheilt wurde, eine Unter-
suchung der Vorgänge bei der Beschießung der mecklenb.
Brigg behufs Ermittelung und Bestrafung der Schuldigen
angeordnet und die außerdem noch in Betracht kommende
Entschädigungsfrage wird schwerlich besondere Schwierigkeiten
bieten. König Alfonso hat dem Fürsten Bismarck das gol-
dene Vließ, den höchste» Orden Spaniens, verliehen, was
wohl nicht erfolgt" wäre, wenn noch besondere diplomatische
Zwischenfälle in jener Angelegenheit zu besorgen wären.
Württemberg wird die neue Reichsmünze jetzt
doch am 1. Juli d. I. einführen, wie aus dem gestrigen
Staatsanzeiger zu ersehen ist: Bayern ist dann in 4 Mo-
naten der einzige Staat, welcher das alte Geld noch für
einige Zeit als gesetzliches Zahlungsmittel festhält.
Im bayerischen A b g e o r d n e t e n h a u s e hat
der KriegSminister einen Gesetzentwurf über einen außeror-
dentlichen Mililärkredit von 3.827,000 Gulden als Ergän-
zung zu dem vor Jahren bewilligten Kredit für Ausrüstungs-
zwecke vorgelegt. In derselben Sitzung vom 8. d. ist der
Gesetzentwurf über die Rechtsverhältnisse der Militärbeamten,
wie wir gestern bereits in einem Telegramme mittheilten,
Mangels der Zweidrittelmehrheit verworfen worden. Da
die liberalen Abgeordneien Bayerns nunmehr entschlossen sind,
diese Angelegenheit vor den Reichstag zu bringen und durch
ein Reichsgesetz regeln zu lasse», so wird die Ableh-
hnuug seitens der „Patrioten" in der bayerischen Kammer
nicht dazu dienen, den Einfluß und das Ansehen ihres
Landes im Reiche zu verstärken.
Mit Recht wurde in mehreren Blätter» betont, daß der
König von Preußen allen Grund hat, als Deutscher
Kaiser von seinen Bundesfürsten eine Stütze gegen die
Anmaßungen des päpstlichen Stuhles zu erwarten, als ganz
besonders auch von dem zweitgrößten deutschen Staate Bayern.
Ein Nunzius in einem deutschen Staate, zur Vertretung
eines Papstes, der die Gesetze eines deutschen Staates für
ungültig erklärt, klingt fast wie ein Hohn auf Deutschland.
Trotzdem wird man sich keinen Illusionen in Beziehung auf
den Abbruch des diplomatischen Verkehres zwischen Bayern
und dem Vatikan hingeben dürfen; denn wenn auch die
römischen Präteusionen an entscheidend« Stelle in München
nichts weniger als eine sympathische Aufnahme finden, so
vermeidet man doch alle Schritte sorgfältig, welche als wei-

terer Verzicht auf dsS Recht einer selbstständigen Diplomatik
gedeutet werden könnten.
Endlich vernimmt man aus Wien auch wieder etwas
Anderes als von Ofenheim's Prozeß und Freisprechung.
Am 5. wurde im Abgeordnetenhaus der Bericht deS kon-
fessionellen Ausschusses über das von dem Abg. Klepsch be-
antragte Altkatholilengesetz verhandelt. Der Be-
richt erläutert die Bedeutung der vatikanischen Dekrete vom
18. Juli 1870, deren staatsfeindlicher Charakter durch den
Vortrog ves Kultusministers an den in der vom 25. Juli
1870 und die in demselben begründete Aufhebung des Kon-
kordats dargethan sei, schildert das Entstehen und die Aus-
breitung der altkatholischen Bewegung, sowie den Nothstand
der österreichischen Allkatholiken, denen die Zivilstandsbücher
verschlossen seien. In der Wiener altkath. Gemeinde allein
wurden bis jetzt ungefähr 400 Kinder geboren, über deren
Geburt in den Matrikeln nichts vorkommt, und sind bei
200 Menschen gestorben, welche nach den offiziellen Aus-
weisen noch als lebend erscheinen. Der Bericht betont die
Rechte der Altkathokcken, Mitglieder der kath. Kirche zu blei-
ben und that dar, daß dieselben sich nicht nach dem Gesetz
vom 20. Mai 1874 als selbstständige ReligionSgenoffen»
schüft koustitniren können, ohne ihren korrekten Standpunkt
aufzugeben, weil sie sonst auf die Mitgliedschaft der katho-
lischen Kirche verzichten und als Abgefallene erscheinen wür-
den. Schließlich wird beantragt, das Haus wolle dem Ent-
wurf seine Zustimmung ertheilen. Der Entwurf ist sehr
bescheiden: Er enthält nichts über die Rechte der Altkatho-
liken am Kirchenvermögen und die Mitbenützung der Kirchen,
sondern begnügt sich, ihnen das Recht zuzuerkennen, eigene
den bisherigen kirchlichen Obern nicht unterstehende Kirchen-
gemeinden innerhalb der bestehenden Pfarrsprengel, oder
auch solche, die sich über mehrere derselben erstrecken, zu
bilden. Die Mittel zur Erhaltung eines Seelsorgers und
zur Ertheilung des Religionsunterrichtes haben sie selbst
aufzubringen und deren Vorhandensein nachzuweisen, «he
die Staatsgenehmigung ertheilt wird.
Offiziöse Meldungen bekräftigen die bereits gestern in
unserer Wiener Correspondenz gebrachte, jedoch noch als
unverbürgt hingestellte Mittheilung, daß die geplante Tn»
trevue zwischen Kaiser Franz Joseph und Viktor Emanuck
zu Wasser geworden sei. Der österreichische Kaiser wird
sich auf den Besuch Dalmatiens beschränken und von dort
aus direkt nach Wien zurückkehren. Welche Tamarillageister
mögen hier wieder zwischen Lippe und KelcheSrand geschwebt
haben?
Die Nationalversammlung hat im vorigen
Jahre die Aussetzung eines Preises von 300,000 Fr. für

Jeuttlrlon.
Die Lieöe kennt keine Grenze.
Novelle von W. M.
(Fortsetzung.)
In dieser wilden Flucht mochte der Förster etwa fünf
Minuten fortgceilt sein , als ihm eine kleine Lichtung des
Waldes Gelegenheit bot, wieder aufrecht zu stehen.
Die Brust des jungen Mannes arbeitete gewaltig; in
den Schläfen pulsirte das Blut und die zitternden Hände
vermochten kaum noch das Gewehr zu halten. Er setzte es
auf den Bodev. Als er nach kurzem Verschnaufen umher-
bückte und trotz der Dunkelheit sich etwa? zu orientiren ver-
suchte, drangen verworrene Stimmen von der Gegend des
Kampfplatzes her an sein Ohr. Das sich mit dem von der
Stirne perlenden Schweiße vermischende Blut rann über die
in Fieberhitze glühenden Wangen des jungen Mannes.
Würde eS Tag gewesen sein, man würde das herab-
rinnende Blut von der Purpurröthe deS Gesichts nicht haben
unterscheiden können, als der Förster jetzt wieder seine Auf-
merksamkeit nach der Unglücksstclle richtete und mit dem ge-
übten Ohre des Forstmannes deutlich das Näherkommen der

Stimmen zu unterscheiden vermochte. Gleichsam, als wolle
er das hörbare Klopfen des Herzens unterdrücken, Presste er
krampfhaft die Linke auf die Brust und lauschte mit zurück-
gehaltenem Athem nach der Richtung, aus der jetzt ganz
deutlich die Worte zu ihm drangen: „Der Hund hat die
Fährte ... halt' Einer von Euch den Hund mit . . . sonst
muß ich ihn loslassen!"
DaS Kritische seiner Lage wurde ihm jetzt vollständig
klar. Die bluttriefende, von den Besten und Dornen vielfach
zerrissene Hand fuhr nach den Lefaucheux-Patronen in der
Jagdtasche. Die Finger zählten nnwillkührlich die zehn noch
vorhandenen Patronen. Nach wenigen Sekunden waren die
beiden Läufe deS Jagdgewehres wieder schußscrtig.
Das Gewehr hoch haltend, eilte er auf's Geradewohl
fort, um wenigstens noch einmal zu versuchen, durch Flucht
sich der unbedingten Ueberzahl seiner Verfolger zu entziehen.
Auch hoffte er bald in irgend ein ihm bekanntes Revier zu
kommen. Hatte er erst einen Anhaltepunkt in dem Walde
gefnude», so war es ihm, dem mit Weg und Steg Ver-
trauten sehr leicht, entweder seine Verfolger zu täuschen oder
doch durch die Schnelligkeit des Laufes seinen Feinden den
nöthigen Vorsprung abzugewinnen.
So schnell ihn seine Beine zu tragen vermochten, eilte

er vorwärts, seine Aufmerksamkeit ans irgend ein zu erspähen-
des Merkmal gerichtet. Dabei drang von Zeit zu Zeit das
Heulen des Jagdhundes an sein Ohr. Wieder hielt er einen
Augenblick im Laufen inne. Ein kühler Luftzug fächelte über
seine heiße Stirne. Er lauschte. Von den Verfolgern hörte
er Nichts mehr. Dagegen rauschte eS in den Wipfeln der
alten Tannen und Föhren. Der Wind hatte sich erhoben
und spielte mit den verdrehten Stämmen, daß diese jenes
unheimliche Knacken hören ließen, welches auf den mit dem
Leben des Forstes nicht Vertrauten einen so eigenthümlichen
Eindruck hervorzubringen vermag. Für Benno Brendel, den
jungen Forstadjunkt, bot dieses Geräusch keineswegs etwas
EntmuthigendeS, allein in diesem Augenblick war eS ihm
doch zuwider, denn durch dasselbe wurde seine Berechnung
über die Entfernung seiner Verfolger beeinflußt.
Als jetzt der Wind einen Augenblick zögerte, den hohen
Tannen ein Schlummerlied zu singen, hörte er plötzlich ganz
in der Nähe die Stimmen der Wilddiebe.
Die jähe Flucht begann von Neuem, diesmal mit ver-
doppelter Schnelligkeit. Kaum war er wieder einige hundert
Schritt weit vorwärts gedrungen, als eine Barriere seinen
Lauf hemmte. Die Augen des Förster irrten Uupät
umher.
 
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