Erscheint
wöchentlich drei Mal:
Dienstag, Donnerstag,
»ni> Samstag.
All- Pastanstaltcn
irnd Boten nehmen Be
stellungm an.
AmtsverkündigungsökaLL für den Amts- und AmlsgerLchtsöezirk
Vierteljührk. Abonnement
FUr'r Wochenblatt 1 Mar
50 Pfennige.
Unterhaltungsblatt
35 Pfennige.
Inserate:
die viergespaltene Gor»
mondzcilc oder deren Raum
12 Pfennige.
Allgemeiner Anzeiger f ir r die b n d i s ch e und hetzerische Ntzeirrtzfnlz.
Expedition, Druck und Verlag der C. W. Moriell 'scheu Buchdruckcrei in Schwetzingen
«o. 8«.
Donnerstag, 27. Mai 1875.
IX. IatnMng.
Inserate v»» Auswärts nehmen für uns auch entgegen dis Annoncen-Bureaux von Laasenfies« <L Nsstker, R«doks Wssse und H. ,L. Danke L Go., Süddeutsche Annoncen-Grpediion
»,n K. Stöckhardt in Frankfurt, Stuttgart, Berlin, Leipzig, München. Wien, Zürich, Basel und Siraßburg, sowie das Zäqer'sche Central?Bur«mx für Inserate in FraMurt a./M.
auf das „Schwedin
gcr Wochenblatt",
„Bad. Hopfenzei-
Bestellungen
tung" für den Monat Juni nehmen noch alle Postan-
stulten, Taschenboten und uusere Zeitungsträger entgegen, j
Der Streitpunkt zwischen Kirche «L Staat. !
Die wiederholten, ausführlichen Erklärungen der dcut- -
schen Bischöfe über die Beweggründe für ihre Auflehnung '
gegen die Staatsgewalt stellen die eigentlichen Streitpunkte i
zwischen der römischen Kirche und den Staaten in so klares
Licht, datz selbst der einfachste Verstand sie deutlich zu erken-
nen vermag
In dieser Beziehung mutz insbesondere die jüngste Er-
widerung der preußischen Bischöfe an das Staotsministerium
gegen die Abweisung ihres früheren Protestes gegen das
Sperrgesetz als ein schätzenswerther Beitrag zur Aufklärung
begrünt werden. !
Hierin beharren die Bischöfe zunächst auf der Behaup- ^
tung, datz kein Christ unbedingten Gehorsam gegen die staat-
lichen Gesetze schuldig sei, sondern daß es ihm freistehe zu
prüfen, ob dieselben nicht dem göttlichen Gesetze widersprächen.
Es ist nun aber klar, datz nach diesem Grundsätze eine staat-
liche Ordnung überhaup! nicht möglich wäre, weil hicnach
jeder einzelne Staatsangehörige über und nicht unter dem
Gesetze stünde. Allerdings erscheint heutzutage in. den ver-
fassungsmäßigen Staaten Niemand zu unbedingtem Gehorsam
gegen die Obrigkeit gleichwie in den asiatischen Despotien
verpflichtet, so daß jede Laune deS Herrschers auch gütiger
Befehl wäre. Dagegen hat dasjenige, was in den verfas-
sungsmäßigen Formen als Ausdruck des Gesammtwillens
von Herrscher und Volk, ols Gesetz, kundgegeben wird, für
Jedermann als verbindliche Vorschrift zu gelten. Dieser
ges.tzmäßigc Gehorsam gehört zum Wffen des Rechtsstaates.
Er steht überdies im vollen Emklang mit der Lehre des
ChristenkhumS, indem es heißt: Jeglicher Mensch sei unter-
ihan der obrigkeitlichen Gewalt, nicht bloß der Strafe wegen,
sondern auch des Gewissens willen.
Dieser einfachen Wahrheit suchen nun die Bischöfe sich
dadurch zu entziehen, daß sie sagen, es gibt rin „göttliches
Gesetz," welches allen weltlichen Gesetzen vorgehk, und dieses
G setz ist, „die von Gott gewollte Selbstständigkeit und Ver-
fassung" der Kirche. Die Verfassung der römischen Kirche
besteht nach den Beschaffen des vatikanischen Konzils vom
18. Juli 1870 in der unbeschränkten Alleinherrschaft des
Papstes sowohl bezüglich der Regierung der kirchlichen Ge-
meinschaft als bezüglich des Glaubens und des Handelns
Feuilleton.
Me Lieöe kennt keine Grenze.
(Fortsetzung.)
Ach, wie süß klang das Wort „Frieden!" Uebcrall hob sich
die Brust freier, als dieser Ruf erscholl. Auch in dem Garten-
hause in Mühlhausen, aus dem eben ein Verwundeter am
Anne einer in Schwarz gekleideten Dame lrat, war dieser
Klang mit Freuden begrüßt worden.
Ich verzweifelte schon an Ihrer Rettung, Herr Brendcl",
sagte Felice Manteau zu dem preußischen Lieutenant, der den
linken Arm in den ihrigen gestützt hatte. Der Arzt wenigstens
hatte Sie ganz und gar aufgegebeu."
„Ich glaube cs, mein Fräulein, daß man daran ge-
zweckt. Ich selbst weiß bon allen den Vorgängen von
allen den Vorgängen vom Ende Dezember bis Ende Januar
auch nicht ein Wort. Um so mehr mutz ich Ihnen meine
Anerkennung zollen, daß Sie so viele Beweise Ihrer Auf-
opferung mir gegeben. Und dies Alles ihaten Sie an einem
Feinde Ihres Vaterlandes?"
„Herr Brendcl, wiederholen Sie doch dieses Wort nicht
aller Einzelnen, und diese Papstgewalt ist die höchste aus
Erden und a's solche Vollkommen frei und unabhängig.
Diese Vorstellung von der Svuverainetät der Kirche
Widerspricht allen unseren gewohnten Anschauungen und den
bestehenden Einrichtungen. Üm nnn trotzdem dieselbe glanbbar
zu machen, sagen die Bis öfe, sie sei von Gott gewollt, von
Golt gestiftet. Als Beweis dafür können sie freilich nicht
die heilige Schrift anführen. Denn dort sieht geschrieben:
„Mein Reich ist nicht von dieser Welt," und die Stellen, !
welche man zur Begründung des Papstchums anzieht, lassen !
sich kaum auf einen Vorrang des Petrus, geschweige denn !
ans eine ausschließliche Herrschaft desselben und noch weniger -
auf die Bischöfe von Rom deuten Allein man beruft sich t
jetzt auf den Beschluß des vatikanische» Konzils und gibt !
diesen als einen Ausspruch des heiligen Geistes, als Gottes '
Willen aas. Nun haben aber wir Alle es miterlebt, wie j
dieser Beschluß zu Stande gekommen ist. Wir wissen, daß s
nicht nur eine ansehnliche Zahl von Bischöfen, gerade aus
den gebildeten Ländern, eine andere Anschauung gehabt -
hat, als der heilige Geist, sondern auch datz die Mehrheit
der Stimmen auf die gcwaltthäligste Weise durch Beseitigung
der Berathungssreiheit und Beiziehmig einer Menge unbe- '
rechtster und abhängiger Stimmführer herbeigeführt worden
ist. Jener Beschluß leidet daher schon an formeller Ungül-
tigkeit Allein er steht auch in innerem Widerspruche mit i
den Grundwahrheiten des Christsnthums, insbesondere mit -
der sittlichen Freiheit der Menschen, und er widerstreitet auch
der bisherigen Lehre der Kirche, wie wir aus dem Zeug- i
nisse der angesehensten Kirchenlehrer, wie Hefele und Hane- j
berg. und überdies aus dem Katechismus wissen. Deshalb i
haben die preußischen Bischöfe Unrecht, wenn sie in dem
neuesten Schreiben behaupten, daß sie sich der Entscheidung
des Konzils hätten unterwerfen müssen, falls sie nicht vom ^
katholischen Glauben abfallen wollten. Denn die Konsea lenz i
dieser Auffassung von der absoluten Verbindlichkeit eines Kon- i
zilsbeschluffes würde dahin führen, daß ein Konzil au h die f
Anbetung des goldenen Kalbes anbefehlen könnte, und daß i
jeder Katholik sich dem fügen müßte. Uebrigens ist ja auch f
bekannt, daß die Bischöfe der Opposition unmittelbar nach i
dem Konzile lange Zeit in Zweifel waren, ob sie sich dem-
selben unterwerfen sollten und daß sU sich deshalb das Ver-
sprechen gaben, nur gemeinsam zu handeln, von welcher
Ü bereinkunft sie dann freilich Einer nach dem Ändern ab-
fielen. Außerdem wird die jetzige Behauptung der Bischöfe,
daß nach der Entscheidung des Konzil« für sie die ausge-
sprochene Wahrheit mit absoluter Glaubeusgewißheit feststand, ^
durch ihr Verhalten im höchsten Grabe erschüttert. Denn
wenn dieselben, anstatt der Konzilsabstimmung als der
immer. Sie glauben nicht, wie tief es mir in die Seele
schneidet."
„ES verletzt Sie?"
«Ja l"
„Und doch sagten Sie es einst zu nur."
Felice seufzte. — „Damals standen wir uns ferner."
„Ich wüßte nicht, daß wir uns jetzt näher ständen!"
„Herr Lieutenannt, haben Sie mich nicht vom sicheren
Tode befreit. Haben Sie nicht Ihr Leben für mich in die
Schranke gesetzte? Haben Sie nicht meinem Vater und mir
das Vermögen gerettet?"
„Es ist das nichts Anderes, als ein Ausgleich der
Dienste, welche Sie mir erwiesen, als Sie mich vom Schlacht-
felde retteten "
„Das ist nicht Ihre Meinung; Sie sprechen anders
als Sie denken."
„Gewiß — ich denke so!"
„Das haben Sie wirklich gedacht, als Sie mich aus
der Gewalt des schändüchichen Menschen befreit hatten und
zu mir sagten: „„Auf, Felice, zeige uns den Weg!?""
Benno wurde verlegen. Er blickte in das Auge Felice's.
Das Auge hielt diesmal Stand, als er seinen Blick mit d«m
ihrigen kreuzte.
Offenbarung des heiligen Geistes anzuwohnen, heimlich aus
Rom sich entfernten, wenn dieselben ferner, anstatt die neue
göttliche Wahrheit sofort freudig den Gläubigen zu verkünde»,
die Konzils'oeschlüsse höchstens in lateinischer Sprache in ihren
Diözesanblättern veröffentlichten, jede Erörterung derselben
vor dem Volke aber vorsichtig vermieden, so muß es doch
mit ihrer Glaubensstärke nicht besonders bestellt sein.
Eben wegen dieses ihres Verhaltens dürfen die Bischöfe
aber auch nicht auf die Zustimmung von Millionen Staats-
bürgern sich berufen, wie sie es am Schluffe ihrer Eingabe
thun. Denn die überwiegende Mehrzahl der Katholiken
weiß gar nichts von den neuen Konzilsbeschlüffen; ja selbst
die Geistlichen kennen dieselben gar nicht, wie aus verschie-
denen Beispielen und Zugeständnissen erhellt. Diejenigen
aber, weiche selbst davon Kenntniß haben, täuschen sich größ-
tenteils über die Tragweite derselben, indem sie lediglich
das oberste Enffcheiüungsrscht des Papstes in Glaubens-
streitigkeit anstatt die absolute Weltherrschaft desselben darin
erblick u; oder sie sind in Folge der inneren Entfremdung
von ihrer Kirche 'so gleichgiltig, daß sie sich gar nicht die
Muhe n hmen, über solch' anscheinend bloß religiöse Dinge
nachzudenken. Die ungebildete Masse des Volkes ist aber
selbstverständlich für Hohe Fragen nicht zugänglich und be-
gnügt sich dabei, daß am äußeren Kultus keine Aenderung
eingetreten ist.
Durch solche Veröffentlichungen wie das erwähnte bi-
schöfliche Schreiben muß indessen jedem Menschen, der etwas
nachdenkt, klar werden, daß die katholische Kirche eine wesent-
liche Umgestaltung erfahren hat. indem für dieselbe die völlige
Unabhängigkeit vom Staate und für den Papst sie unfehl-
bare Leitung über alle Staaten und Völker beansprucht
wird. Er wird erkennen, daß diese neu erfundene, als göttlich
ausgegebeue Kirchen-Verfassnng der eigentliche Streitpunkt
in dem ausgebrochencn Kampfe zwischen Kirche und Staat
ist, und daß die beiderseitigen Schlachtrufe lauten:
Geistliche Herrschaft oder staatliche Ordnung.
Es kann dann aber auch nicht zweifelhaft sein, auf
welche Seite er sich schlagen soll, wenn er sein deutsches
Vaterland liebt und das Glück desselben zu befördern wünscht.
(N. Frkf. Pr.)
Deutsches Reich,
— Der Kaiser begab sich am 21. d. mit dem in
Berlin anwesenden König von Sachsen nach dem Tem-
peihofer Felo zur Trnppenbesichtigung. Alsdann besuchte
der König das Museum. Des Nachmittags reiste der König,
vom Kaiser bis zum Bahnhof begleitet, nach Dresden zurück.
„Allerdings schlug mein Herz hörbarer, als ich ich Sie
nach langer Trennung und unter so eigenthümlichen Umständen
wieder traf, aber auch nur einen Augenblick, denn konnte
überhaupt in mir ein anderer Gedanke aufsteigen? Ich frage
Sie selbst.war es möglich, Felice, nachdem Sie mir
kurz vor meinem Abschiede gesagt: „„Benno, halt' ein, ich
eine Französin und Du ein Feind meines Vaterlandes.""
Sie wissen, Felice, Sie sagten damals die mir ewig unver-
geßlichen Wort in diesem freundschaftlichen Tone."
Felice sprach nicht. Ueber die hochgerötheten Wangen
perlten Zähren der Schmerz wand ihr das Herz — sie
schluchzte.
Benno ließ es ruhig zu, daß sie ihm den stützenden
Arm entzog und mit dem Spitzentuch ihr Gesicht verhüllte.
Er fühlte, daß in vem Innern des Mädchens ein Schmerz
wüthen mußte, der ihr ganzes Sein erfüllte. Auch in seinem
Herzen löste sich ein Gefühl ab, über dessen Wesen er sich
keine Rechenschaft zu geben vermochte.
„Friede! Friede!" sagte der Fabrikant Manteau, hinter
dem großen Bosquet, das ihn bis jetzt dem Anblicke der
Beiden entzogen hatte, Plötzlich hervortretend. „Ich habe
Ihren Streit mit meiner Tochter angehört. Sie verzeihen,
daß ich mich dieses kleinen Vergehens Ihnen gegenüber schuldig
wöchentlich drei Mal:
Dienstag, Donnerstag,
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Allgemeiner Anzeiger f ir r die b n d i s ch e und hetzerische Ntzeirrtzfnlz.
Expedition, Druck und Verlag der C. W. Moriell 'scheu Buchdruckcrei in Schwetzingen
«o. 8«.
Donnerstag, 27. Mai 1875.
IX. IatnMng.
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auf das „Schwedin
gcr Wochenblatt",
„Bad. Hopfenzei-
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tung" für den Monat Juni nehmen noch alle Postan-
stulten, Taschenboten und uusere Zeitungsträger entgegen, j
Der Streitpunkt zwischen Kirche «L Staat. !
Die wiederholten, ausführlichen Erklärungen der dcut- -
schen Bischöfe über die Beweggründe für ihre Auflehnung '
gegen die Staatsgewalt stellen die eigentlichen Streitpunkte i
zwischen der römischen Kirche und den Staaten in so klares
Licht, datz selbst der einfachste Verstand sie deutlich zu erken-
nen vermag
In dieser Beziehung mutz insbesondere die jüngste Er-
widerung der preußischen Bischöfe an das Staotsministerium
gegen die Abweisung ihres früheren Protestes gegen das
Sperrgesetz als ein schätzenswerther Beitrag zur Aufklärung
begrünt werden. !
Hierin beharren die Bischöfe zunächst auf der Behaup- ^
tung, datz kein Christ unbedingten Gehorsam gegen die staat-
lichen Gesetze schuldig sei, sondern daß es ihm freistehe zu
prüfen, ob dieselben nicht dem göttlichen Gesetze widersprächen.
Es ist nun aber klar, datz nach diesem Grundsätze eine staat-
liche Ordnung überhaup! nicht möglich wäre, weil hicnach
jeder einzelne Staatsangehörige über und nicht unter dem
Gesetze stünde. Allerdings erscheint heutzutage in. den ver-
fassungsmäßigen Staaten Niemand zu unbedingtem Gehorsam
gegen die Obrigkeit gleichwie in den asiatischen Despotien
verpflichtet, so daß jede Laune deS Herrschers auch gütiger
Befehl wäre. Dagegen hat dasjenige, was in den verfas-
sungsmäßigen Formen als Ausdruck des Gesammtwillens
von Herrscher und Volk, ols Gesetz, kundgegeben wird, für
Jedermann als verbindliche Vorschrift zu gelten. Dieser
ges.tzmäßigc Gehorsam gehört zum Wffen des Rechtsstaates.
Er steht überdies im vollen Emklang mit der Lehre des
ChristenkhumS, indem es heißt: Jeglicher Mensch sei unter-
ihan der obrigkeitlichen Gewalt, nicht bloß der Strafe wegen,
sondern auch des Gewissens willen.
Dieser einfachen Wahrheit suchen nun die Bischöfe sich
dadurch zu entziehen, daß sie sagen, es gibt rin „göttliches
Gesetz," welches allen weltlichen Gesetzen vorgehk, und dieses
G setz ist, „die von Gott gewollte Selbstständigkeit und Ver-
fassung" der Kirche. Die Verfassung der römischen Kirche
besteht nach den Beschaffen des vatikanischen Konzils vom
18. Juli 1870 in der unbeschränkten Alleinherrschaft des
Papstes sowohl bezüglich der Regierung der kirchlichen Ge-
meinschaft als bezüglich des Glaubens und des Handelns
Feuilleton.
Me Lieöe kennt keine Grenze.
(Fortsetzung.)
Ach, wie süß klang das Wort „Frieden!" Uebcrall hob sich
die Brust freier, als dieser Ruf erscholl. Auch in dem Garten-
hause in Mühlhausen, aus dem eben ein Verwundeter am
Anne einer in Schwarz gekleideten Dame lrat, war dieser
Klang mit Freuden begrüßt worden.
Ich verzweifelte schon an Ihrer Rettung, Herr Brendcl",
sagte Felice Manteau zu dem preußischen Lieutenant, der den
linken Arm in den ihrigen gestützt hatte. Der Arzt wenigstens
hatte Sie ganz und gar aufgegebeu."
„Ich glaube cs, mein Fräulein, daß man daran ge-
zweckt. Ich selbst weiß bon allen den Vorgängen von
allen den Vorgängen vom Ende Dezember bis Ende Januar
auch nicht ein Wort. Um so mehr mutz ich Ihnen meine
Anerkennung zollen, daß Sie so viele Beweise Ihrer Auf-
opferung mir gegeben. Und dies Alles ihaten Sie an einem
Feinde Ihres Vaterlandes?"
„Herr Brendcl, wiederholen Sie doch dieses Wort nicht
aller Einzelnen, und diese Papstgewalt ist die höchste aus
Erden und a's solche Vollkommen frei und unabhängig.
Diese Vorstellung von der Svuverainetät der Kirche
Widerspricht allen unseren gewohnten Anschauungen und den
bestehenden Einrichtungen. Üm nnn trotzdem dieselbe glanbbar
zu machen, sagen die Bis öfe, sie sei von Gott gewollt, von
Golt gestiftet. Als Beweis dafür können sie freilich nicht
die heilige Schrift anführen. Denn dort sieht geschrieben:
„Mein Reich ist nicht von dieser Welt," und die Stellen, !
welche man zur Begründung des Papstchums anzieht, lassen !
sich kaum auf einen Vorrang des Petrus, geschweige denn !
ans eine ausschließliche Herrschaft desselben und noch weniger -
auf die Bischöfe von Rom deuten Allein man beruft sich t
jetzt auf den Beschluß des vatikanische» Konzils und gibt !
diesen als einen Ausspruch des heiligen Geistes, als Gottes '
Willen aas. Nun haben aber wir Alle es miterlebt, wie j
dieser Beschluß zu Stande gekommen ist. Wir wissen, daß s
nicht nur eine ansehnliche Zahl von Bischöfen, gerade aus
den gebildeten Ländern, eine andere Anschauung gehabt -
hat, als der heilige Geist, sondern auch datz die Mehrheit
der Stimmen auf die gcwaltthäligste Weise durch Beseitigung
der Berathungssreiheit und Beiziehmig einer Menge unbe- '
rechtster und abhängiger Stimmführer herbeigeführt worden
ist. Jener Beschluß leidet daher schon an formeller Ungül-
tigkeit Allein er steht auch in innerem Widerspruche mit i
den Grundwahrheiten des Christsnthums, insbesondere mit -
der sittlichen Freiheit der Menschen, und er widerstreitet auch
der bisherigen Lehre der Kirche, wie wir aus dem Zeug- i
nisse der angesehensten Kirchenlehrer, wie Hefele und Hane- j
berg. und überdies aus dem Katechismus wissen. Deshalb i
haben die preußischen Bischöfe Unrecht, wenn sie in dem
neuesten Schreiben behaupten, daß sie sich der Entscheidung
des Konzils hätten unterwerfen müssen, falls sie nicht vom ^
katholischen Glauben abfallen wollten. Denn die Konsea lenz i
dieser Auffassung von der absoluten Verbindlichkeit eines Kon- i
zilsbeschluffes würde dahin führen, daß ein Konzil au h die f
Anbetung des goldenen Kalbes anbefehlen könnte, und daß i
jeder Katholik sich dem fügen müßte. Uebrigens ist ja auch f
bekannt, daß die Bischöfe der Opposition unmittelbar nach i
dem Konzile lange Zeit in Zweifel waren, ob sie sich dem-
selben unterwerfen sollten und daß sU sich deshalb das Ver-
sprechen gaben, nur gemeinsam zu handeln, von welcher
Ü bereinkunft sie dann freilich Einer nach dem Ändern ab-
fielen. Außerdem wird die jetzige Behauptung der Bischöfe,
daß nach der Entscheidung des Konzil« für sie die ausge-
sprochene Wahrheit mit absoluter Glaubeusgewißheit feststand, ^
durch ihr Verhalten im höchsten Grabe erschüttert. Denn
wenn dieselben, anstatt der Konzilsabstimmung als der
immer. Sie glauben nicht, wie tief es mir in die Seele
schneidet."
„ES verletzt Sie?"
«Ja l"
„Und doch sagten Sie es einst zu nur."
Felice seufzte. — „Damals standen wir uns ferner."
„Ich wüßte nicht, daß wir uns jetzt näher ständen!"
„Herr Lieutenannt, haben Sie mich nicht vom sicheren
Tode befreit. Haben Sie nicht Ihr Leben für mich in die
Schranke gesetzte? Haben Sie nicht meinem Vater und mir
das Vermögen gerettet?"
„Es ist das nichts Anderes, als ein Ausgleich der
Dienste, welche Sie mir erwiesen, als Sie mich vom Schlacht-
felde retteten "
„Das ist nicht Ihre Meinung; Sie sprechen anders
als Sie denken."
„Gewiß — ich denke so!"
„Das haben Sie wirklich gedacht, als Sie mich aus
der Gewalt des schändüchichen Menschen befreit hatten und
zu mir sagten: „„Auf, Felice, zeige uns den Weg!?""
Benno wurde verlegen. Er blickte in das Auge Felice's.
Das Auge hielt diesmal Stand, als er seinen Blick mit d«m
ihrigen kreuzte.
Offenbarung des heiligen Geistes anzuwohnen, heimlich aus
Rom sich entfernten, wenn dieselben ferner, anstatt die neue
göttliche Wahrheit sofort freudig den Gläubigen zu verkünde»,
die Konzils'oeschlüsse höchstens in lateinischer Sprache in ihren
Diözesanblättern veröffentlichten, jede Erörterung derselben
vor dem Volke aber vorsichtig vermieden, so muß es doch
mit ihrer Glaubensstärke nicht besonders bestellt sein.
Eben wegen dieses ihres Verhaltens dürfen die Bischöfe
aber auch nicht auf die Zustimmung von Millionen Staats-
bürgern sich berufen, wie sie es am Schluffe ihrer Eingabe
thun. Denn die überwiegende Mehrzahl der Katholiken
weiß gar nichts von den neuen Konzilsbeschlüffen; ja selbst
die Geistlichen kennen dieselben gar nicht, wie aus verschie-
denen Beispielen und Zugeständnissen erhellt. Diejenigen
aber, weiche selbst davon Kenntniß haben, täuschen sich größ-
tenteils über die Tragweite derselben, indem sie lediglich
das oberste Enffcheiüungsrscht des Papstes in Glaubens-
streitigkeit anstatt die absolute Weltherrschaft desselben darin
erblick u; oder sie sind in Folge der inneren Entfremdung
von ihrer Kirche 'so gleichgiltig, daß sie sich gar nicht die
Muhe n hmen, über solch' anscheinend bloß religiöse Dinge
nachzudenken. Die ungebildete Masse des Volkes ist aber
selbstverständlich für Hohe Fragen nicht zugänglich und be-
gnügt sich dabei, daß am äußeren Kultus keine Aenderung
eingetreten ist.
Durch solche Veröffentlichungen wie das erwähnte bi-
schöfliche Schreiben muß indessen jedem Menschen, der etwas
nachdenkt, klar werden, daß die katholische Kirche eine wesent-
liche Umgestaltung erfahren hat. indem für dieselbe die völlige
Unabhängigkeit vom Staate und für den Papst sie unfehl-
bare Leitung über alle Staaten und Völker beansprucht
wird. Er wird erkennen, daß diese neu erfundene, als göttlich
ausgegebeue Kirchen-Verfassnng der eigentliche Streitpunkt
in dem ausgebrochencn Kampfe zwischen Kirche und Staat
ist, und daß die beiderseitigen Schlachtrufe lauten:
Geistliche Herrschaft oder staatliche Ordnung.
Es kann dann aber auch nicht zweifelhaft sein, auf
welche Seite er sich schlagen soll, wenn er sein deutsches
Vaterland liebt und das Glück desselben zu befördern wünscht.
(N. Frkf. Pr.)
Deutsches Reich,
— Der Kaiser begab sich am 21. d. mit dem in
Berlin anwesenden König von Sachsen nach dem Tem-
peihofer Felo zur Trnppenbesichtigung. Alsdann besuchte
der König das Museum. Des Nachmittags reiste der König,
vom Kaiser bis zum Bahnhof begleitet, nach Dresden zurück.
„Allerdings schlug mein Herz hörbarer, als ich ich Sie
nach langer Trennung und unter so eigenthümlichen Umständen
wieder traf, aber auch nur einen Augenblick, denn konnte
überhaupt in mir ein anderer Gedanke aufsteigen? Ich frage
Sie selbst.war es möglich, Felice, nachdem Sie mir
kurz vor meinem Abschiede gesagt: „„Benno, halt' ein, ich
eine Französin und Du ein Feind meines Vaterlandes.""
Sie wissen, Felice, Sie sagten damals die mir ewig unver-
geßlichen Wort in diesem freundschaftlichen Tone."
Felice sprach nicht. Ueber die hochgerötheten Wangen
perlten Zähren der Schmerz wand ihr das Herz — sie
schluchzte.
Benno ließ es ruhig zu, daß sie ihm den stützenden
Arm entzog und mit dem Spitzentuch ihr Gesicht verhüllte.
Er fühlte, daß in vem Innern des Mädchens ein Schmerz
wüthen mußte, der ihr ganzes Sein erfüllte. Auch in seinem
Herzen löste sich ein Gefühl ab, über dessen Wesen er sich
keine Rechenschaft zu geben vermochte.
„Friede! Friede!" sagte der Fabrikant Manteau, hinter
dem großen Bosquet, das ihn bis jetzt dem Anblicke der
Beiden entzogen hatte, Plötzlich hervortretend. „Ich habe
Ihren Streit mit meiner Tochter angehört. Sie verzeihen,
daß ich mich dieses kleinen Vergehens Ihnen gegenüber schuldig