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Studien und Skizzen zur Gemäldekunde — Wien, 1.1913

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I. Lieferung (März 1913)
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Malen, Gemälde und Gemäldekunde, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.20638#0014

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Ergebnis in ai! diesen Fäden der Anblick eines ßiides ist, das durch
menschdche Tätigkeit entstanden ist. Aber jedesmal ist es eine nur ver-
mittetnde, ausiösende Tätigkeit und nicht die unmitteibare Herstedung durch
den Menschen. Beim Autochrom machen Licht und Chemismus das Bild,
desgieichen bei der gewöhniiehen Photographie, und der Meßner hat doch
das Biid nicht geschaffen, das er uns sehen iäßt. Es ist iängst vorher fertig
gewesen, wie das Abziehbild, von dem die deckende Papieriage fortge-
nommen wird. Unser Denken veriangt durchaus, daß die Tätigkeit des:
Maiens sich unmitteibar auf die Hersteiiung eines bleibenden
Bildes beziehe und daß sie nicht nur eine Anweisung auf das Erscheinen,
Sichtbarwerden eines schon vorhandenen Geniäides sei. Der Hersteiier,
der Maler arbeitet ferner unmittelbar auf einer Fläche, diese mag nun
eben oder gekrümmt sein. Er stellt etwas her, wir wissen es schon, das
nach menschlichen Begriffen bleibend ist und das auch fortbesteht, wenn
der Hersteller die Hand davon läßt.
Die meist verständliche Bedeutung des Wortes: Malen bezieht
sich auf das Malen mit dem Pinsel. Doch müssen wir unbedingt auch
die übrigen Herstellungsweisen von Bildern im weiten Sinne des Wortes
zur »Malerei« mit einbeziehen, Techniken, die ganz andere Werkzeuge be-
nützen als den Pinsel. An die Spatelmalerei und das Aufstreichen der
Farbe mit dem Finger ist zu denken. Textile Techniken, Emailtechniken,
alle Oriffelarbeit von der Bleistiftzeichnung bis zur Ätzung einer Aquatinta-
platte, sogar Mosaik und Sgraffito sind in die Malerei mit einzubeziehen.
Immerhin bevorzugt der Gebrauch beim Malen den Sinn des Auf-
streichens von Farbstoffen, wogegen er sonst ausdrücklich von einem:
gestickten, gezeichneten, geätzten oder sonstwie hergestellten Bilde spricht.
Die Theorie greift etwas weiter aus.
Wir haben noch immer nicht alle Merkmale beisammen, die das
Malen von anderen Tätigkeiten unterscheiden. So versteht z. B. der meist
verbreitete Sprachgebrauch unter Malen eine Bilderherstellung, und zwar
zumeist in verschiedenen Farben. Zum mindesten darf man eine Reihe
von Stufen zwischen Weiß und irgend einer eigentlichen Farbe als not-
wendig hinstellen. Das gleichmäßige Bestreichen einer Fläche mit demselben
Farbenton heißt Färbein, Anstreichen und nur ganz uneigentlich »Malen«.
Das richtige Malen wäre also nach den bisherigen Erörterungen eine
fortgesetzte, nicht eine momentan auslösende menschliche Tätigkeit, die sich
damit befaßt, durch unmittelbare Arbeit auf einer Fläche Farben in mannig-
facher Weise für bleibende Wirkung auszubreiten. Das entstandene Er-
zeugnis, das Gemalte, heißt dann unter Umständen Gemälde. Der allge-
meine Ausdruck »Bild« ersetzt sehr häufig den besonderen. Doch wollen
wir uns auch daran erinnern, daß man z. B. von Bildern auf der Netzhaut
 
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